Spiegelreflexkamera, Systemkamera

Testbericht: Olympus E-30

2009-01-22 Mit der E-30 hat Olympus ein wahres Ausstattungswunder der Mittelklasse vorgestellt. Gegenüber dem Topmodell E-3 ist die E-30 kaum abgespeckt, teilweise sogar moderner. LiveView mit Autofokus sowie dreh- und schwenkbarem Display, großer, heller Sucher, Drahtlosblitzsteuerung und Blitzsynchronbuchse sowie andere Funktionen – und solche umfangreichen Menüs findet man so bei keinem anderen Hersteller. Doch auch das Autofokussystem – eines der modernsten – und die Gehäuseverarbeitung (trotz Kunststoff) brauchen sich nicht zu verstecken. Wie sich die Kamera insgesamt schlägt, zeigt unser Testbericht.  (Benjamin Kirchheim)

Olympus E-30 [Foto: MediaNord] Ergonomie und Verarbeitung Die Olympus E-30 sieht der E-3 zum Verwechseln ähnlich. Die Gehäuseform ist identisch, der Batteriegriff als Zubehör passt genauso wie der Akku. Und doch ist die E-30 anders, nämlich "nur" aus Kunststoff. Dieser ist aber sehr hochwertig und präzise verarbeitet. Die Kamera hat eine angenehme Größe und liegt sehr gut in der Hand. Dies ist nicht zuletzt auch dem ausgeprägten Griffwulst mit Gummiüberzug, der in genarbter Lederoptik gehalten ist, zu verdanken. Viele Tasten, Räder und andere Bedienelemente liegen in Reichweite der rechten Hand, einige sind dagegen nur mit Links zu bedienen. Auch von der Gewichtsverteilung – selbst mit Standardobjektiv – ist die E-30 eindeutig keine Einhandkamera. Man muss die Balance schon mit der linken Hand unterstützen, wenn die Rechte mit der Bedienung beschäftigt ist.

Eines der wichtigsten Elemente der E-30 ist – obwohl es sich um eine Spiegelreflexkamera handelt – der Bildschirm. Er ist 2,7" (6,9 cm) groß und löst 230.000 Bildpunkte auf. Am praktischsten ist aber seine "Aufhängung" – er kann frei geschwenkt und gedreht werden und erlaubt dank LiveView-Funktionalität auch ein Fotografieren aus ungewöhnlichen Perspektiven. Darüber hinaus lässt er sich auch zur Kamera hin anklappen, so dass man auch ganz klassisch "analog" völlig ohne Monitor arbeiten kann. Bei der verbauten Monitortechnologie handelt es sich um HyperCrystal II, was gleichbedeutend mit einer guten Farbbrillanz, hohem Kontrast und vor allem einem großen Einblickwinkel von 176° ist. In grellem Sonnenlicht hingegen lässt sich der Monitor nur leidlich ablesen, das Motiv ist allenfalls schemenhaft zu erkennen.

Spätestens dann schlägt die Stunde des Suchers, an dem Olympus auch kaum gespart hat. Er deckt nicht nur 98 % des später aufgenommenen Bildes ab, sondern bietet auch einen Vergrößerungsfaktor von 1,02. Dieser ist auch nötig, da das FourThirds-Sensorformat und damit auch der Sucher bei gleichem Vergrößerungsfaktor kleiner sind als ein Spiegelreflexsucher einer Kamera mit größerem Sensor. Wie bei der E-3 ist die Einstellscheibe austauschbar. Der Sucher bietet ein helles, kontrastreiches Bild; auch wenn er nicht auf manuelles Fokussieren ausgelegt ist, lässt sich das damit durchaus bewerkstelligen. Neben den Autofokusfeldern werden zahlreiche Sucherinformationen in einer Statusleiste eingeblendet, so dass viele Parameter einstellbar sind, ohne das Auge vom Sucher nehmen zu müssen – sofern man die Tasten "blind" findet.

Olympus E-30 [Foto: MediaNord] Wer dagegen eher auf Status-LCDs abfährt, wird ebenfalls befriedigt. Ein solches – und das mit sehr umfangreichem Informationsangebot – bietet die E-30 ebenfalls. Auch hier kann "direkt" bedient bzw. abgelesen werden, was gerade auf welchen Wert verstellt wird. Am angenehmsten ist es jedoch, die Informationsanzeige auf dem rückwärtigen Bildschirm zu nutzen. Drückt man die OK-Taste, können die eingeblendeten Parameter – wie von allen aktuellen Olympus-DSLRs gewohnt – verstellt werden. Etwas gewöhnungsbedürftig ist allerdings, dass beim Verstellen einer Funktion mit einer mehrzeiligen Parameterauswahl mit dem Cursor nur nach links/rechts gesprungen werden kann, nicht aber nach oben/unten.

Das Menü hingegen ist weniger übersichtlich. Es ist nicht nur in Haupt- und Unterreiter geteilt, sondern darüber hinaus muss man auch noch den Bildschirminhalt scrollen. So sucht man manchmal recht lange nach selten verwendeten Funktionen. Es gibt weder ein Favoritenmenü noch eine angenehme, logische Struktur. Es wäre an der Zeit, dass Olympus die Menüstrukturen einmal grundlegend vereinfacht, auch wenn das angesichts der üppigen Zahl von Einstellmöglichkeiten keine leichte Aufgabe darstellt.

Wesentlich geordneter geht es da schon bei den Anschlüssen und "Klappen" zu. Rechts das Speicherkartenfach mit großer Klappe – der Doppelschacht nimmt gleichzeitig eine CompactFlash- (Typ I und II) und eine xD-Speicherkarte auf. Man kann zwischen den Karten umschalten oder Inhalte kopieren, ein simultanes Speichern auf Beiden ist dagegen nicht möglich. Überhaupt ist das xD-Interface mehr eine Notlösung für diejenigen, die noch eine Olympus Kompaktkamera haben, denn xD-Speicherkarten sind nicht nur verhältnismäßig teuer, sondern auch langsam. Ganz anders das CF-Interface, das sogar den schnellen UDMA-Modus unterstützt.

Auf der Rückseite verbirgt sich hinter einer etwas widerspenstigen Gummiklappe ein USB/Video-Kombianschluss. Per Kabel gibt es nicht nur eine Bildausgabe auf dem Fernsehbildschirm (leider ohne HD-Unterstützung, von HDMI ganz zu schweigen), sondern auch Anschluss an Computer oder PictBridge-Drucker. Beim Computeranschluss kann man nicht nur Bilder übertragen, sondern mit der optionalen Olympus Studio Software (rund 100 EUR) die Kamera fernsteuern – inkl. Livebild, Autofokus und Parametereinstellung auf dem Computerbildschirm –, vorbildlich und praktisch. Dabei darf natürlich die DC-Spannungsversorgungsbuchse nicht fehlen, die allerdings einen herstellerspezifischen Stecker besitzt, so dass man auf das 9V-Netzteil von Olympus zurück greifen muss. Aber auch der Akku, der über das Fach an der Kameraunterseite eingelegt wird, hat ausreichend Puste für rund 400 Bilder (ohne LiveView). Ihn kann man auch wechseln, wenn die Kamera auf dem Stativ montiert ist, zumindest wenn die Wechselplatte nicht zur ganz großen Sorte gehört. Vorbildlich ist das Stativgewinde in der optischen Achse und aus Metall.

Olympus E-30 [Foto: MediaNord] Ausstattung Die größte Stärke der E-30 ist sicher die umfangreiche Ausstattung mit Funktionen – hier kann man kaum etwas vermissen. Über das Programmwahlrad links neben dem Blitz kann der Benutzer aus einigen Motivprogrammen wählen, sogar einen Panoramamodus unter Zuhilfenahme des LiveViews und einer xD-Speicherkarte gibt es. Oder aber man stellt klassische bzw. kreativere Modi wie Blendenautomatik, Zeitautomatik oder die manuelle Belichtung ein. In den Modi dienen dann die zwei Einstellräder (Daumen/Zeigefinger) zur Einstellung von Belichtungszeit, Blende, Belichtungskorrektur oder Blitzbelichtungskorrektur – welches Rad welchen Parameter verstellt und in welcher Drehrichtung, all das kann man selbst im Menü definieren. Die Einstellungen der Kamera gehen selbst in so feine Bereiche wie eine Fokuskorrektur oder – erstmalig – sogar eine Belichtungsmessungskorrektur. Für jede Belichtungsmessmethode (49-Zonen-Mehrfeld, mittengewichtet integral oder Spot) kann man einstellen, ob die Belichtung generell heller oder dunkler sein soll. Die generelle Belichtungstendenz von Digitalkameras ist genauso unterschiedlich wie das, was die Fotografen bevorzugen. Die Entscheidung, dies getrennt von der Belichtungskorrektur einstellen zu können, ist also sehr weise von Olympus, sollte aber mit Vorsicht angewendet werden.

Genauso umfangreich sind die Blitzeinstellungen. Hier ist auch alles an- und abschaltbar, was man sich wünschen kann. Z. B. ob der Blitz automatisch aufklappen soll, wenn die Belichtungssituation es erfordert, oder ob der Fotograf dies manuell machen soll. Das Autofokushilfslicht, das per indiskreter – manche würden sagen nervtötender – Blitzsalve erfolgt, ist ebenfalls abschaltbar. Zum Autofokussystem an sich im Abschnitt "Objektiv" mehr. Die Stärke des Blitzes ist mit einer Leitzahl von 13 recht kräftig. Diese Herstellerangabe konnten wir in der eigenen Messung auch nachvollziehen. An Blitzbelichtungsmodi bietet die E-30 alles, was man braucht: automatische Blitzzündung, erzwungene Blitzzündung, einen Vorblitz gegen rote Augen, eine Langzeitsynchronisation und eine Blitzzündung zum Anfang oder Ende der Belichtung. Selbst die bevorzugte Blitzsynchronzeit kann man von 1/60 bis zu 1/250 s einstellen – je nachdem wirkt dann das Umgebungslicht oder das Blitzlicht stärker. Daneben gibt es sogar eine manuelle Blitzregelung, die die Blitzmessung mit Vorblitz gänzlich umgeht. Extern ist ebenfalls einiges möglich: Der Aufsteckschuh nimmt sowohl Systemblitzgeräte als auch welche mit Mittenkontakt auf, über die Synchronbuchse lassen sich Blitzanlagen anschließen, und schließlich kann man Systemblitzgeräte (die mit einem "R" in der Typenbezeichnung) drahtlos steuern – praktischerweise mit dem internen Blitz (per Lichtsignalen) als Steuergerät, so dass kein großes, leistungsstarkes Blitzgerät auf der Kamera "verschwendet" wird. Dabei können drei Blitzgruppen getrennt geregelt werden, und damit man sich mit anderen Kameras nicht ins Gehege kommt, gibt es vier Kanäle, auf denen drahtlos "gepulst" werden kann.

Olympus E-30 [Foto: MediaNord] Ganz andere kreative Naturen finden ebenfalls Potenzial in der E-30: In den speziellen "Art"-Modi können bestimmte Bildeffekte simuliert werden. Pop-Art z. B. sorgt für sehr poppige, neonartige Farben, Soft Focus, blasse Farben und weiches Licht sind hingegen für zurückhaltendere Fotostimmungen brauchbar. Der Monochrommodus ist dagegen nicht nur ein einfacher Schwarzweiß-Modus, sondern er rechnet auch noch Korn ins Bild – die Körnigkeit lässt sich dabei leider nicht verstellen. Als Letztes gibt es noch einen Lochblenden-Simulationseffekt. Daneben verfügt die E-30 sowohl für JPEG- als auch RAW-Bilder über einige Bearbeitungsmöglichkeiten. Neben einer Änderung des Seitenverhältnisses, dem Beschnitt oder der Bildverkleinerung können auch rote Augen entfernt oder das Bild in SW oder Sepia konvertiert werden. RAW-Bilder lassen sich hingegen direkt in JPEG konvertieren – einige Parameter wie beispielsweise der Weißabgleich sind dabei anpassbar. Das Seitenverhältnis muss man nicht erst im Nachhinein einstellen, sondern kann gleich damit aufnehmen – die Einstellung ist in den Individualfunktionen unter dem Reiter "G" recht versteckt. Dort stehen die Formate 4:3 und (bei entsprechender Auflösungsminderung) auch 3:2, 16:9, 1:1 (6:6), 5:4, 7:6, 6:5, 7:5, und 3:4 zur Verfügung. Sinnvoll ist die Verwendung allerdings nur im Zusammenhang mit dem LiveView, da im optischen Spiegelreflexsucher keine entsprechenden Rahmen eingeblendet werden. Auf RAW-Bilder hat die Wahl darüber hinaus keinen Einfluss.

Im LiveView-Betrieb ist nicht nur das praktische Display nutzbar, sondern auch damit verbundene Helferlein wie ein Histogramm, Gitternetz oder eine Belichtungsvorschau. Eine Gesichtserkennungsfunktion gehört ebenfalls mit dazu, so dass man mit der E-30 durchaus wie von einer Kompaktkamera gewohnt fotografieren kann. Eine weitere, nette Hilfe ist die eingebaute digitale Wasserwaage, die nicht nur anzeigt, ob der Horizont gerade ist, sondern auch, ob man die Kamera gerade nach unten oder oben kippt – besonders bei Stativverwendung ist das sehr praktisch.

Neben Einzelbildern, Belichtungsreihen (auch erweitert, z. B. Weißabgleichsreihen) können Serienbilder aufgenommen werden. Olympus gibt bis zu 5 Bilder/s an, gemessen haben wir etwas weniger, etwa 4,5 sind es. Ist das zu schnell, lässt sich einstellen, wie viele Bilder pro Sekunde man gerne hätte – und diese Zahl wird dann auch genauer eingehalten. 4, 3, 2 Bilder oder eines pro Sekunde sind möglich. Der Autofokus arbeitet währenddessen weiter.

Objektiv Olympus hat das FourThirds-System, zu dem auch die E-30 gehört, inzwischen recht gut ausgebaut. Vom Einsteiger über die Mittelklasse bis hin zu absoluten Profiobjektiven gibt es eine reichhaltige Auswahl. Darunter sind wahre Lichtriesen und einige richtige optische "Schmankerl", die allerdings auch ihr Olympus E-30 [Foto: MediaNord] Geld kosten. Nur die Auswahl an Objektiven mit Ultraschallfokussierung lässt sich an einer Hand abzählen. Dem System kommt zugute, dass keine Rücksicht auf analoge Altlasten genommen werden musste. Die Objektive sind allesamt vom Strahlengang und anderen Eigenschaften auf Digital getrimmt, der Bajonettdurchmesser des E-Systems in Anbetracht des "Brennweitenverlängerungsfaktors" von 2, der korrekterweise "Bildwinkelverkleinerungsfaktor" heißen müsste, ungewöhnlich groß. Digitale Sensoren haben gegenüber dem Film zwei entscheidende Nachteile: Von den schräg einfallenden Lichtstrahlen registrieren sie nur die senkrecht gerichtete Komponente, d. h. weniger Energie und damit eine geringere Helligkeit. Zum Zweiten muss die Fokuslage des Objektivs sehr genau stimmen, da digitale Sensoren weniger tolerant bei der Schärfe sind.

Eines seiner ältesten Objektive, das F2,8-3,5/14-54 mm, hat Olympus mit der Einführung der E-30 neu aufgelegt. Es ist ein sehr gutes Mittelklasse-Standardzoom, allerdings in der neuen IIer-Version leider weiterhin ohne SWD- (Ultraschall-)Antrieb. Bewährt hat sich die alte Version schon, was optisch in der Neuen steckt, ist im Abschnitt "Bildqualität" nachzulesen. Etwas ungewöhnlich an den Olympus-Objektiven ist, dass der Fokusring im Gegensatz zum Zoomring nicht direkt mechanisch gekoppelt ist. Bei ausgeschalteter Kamera lässt sich das Objektiv nicht manuell fokussieren. Praktischerweise fokussiert die Kamera aber beim Ausschalten hörbar das Objektiv stets auf unendlich, um bei Modellen ohne Innenfokussierung für ein möglichst kleines Packmaß zu sorgen. Auch eingeschaltet hat der Fokusring keinen spürbaren Endanschlag, sondern "dreht durch". Die manuelle Fokussierung fühlt sich aber trotzdem sehr gut an, und man kann sehr präzise und feinfühlig damit arbeiten.

Auf den ersten Blick mag es als Nachteil wirken, dass man bei Olympus keine Objektive mit optischem Bildstabilisator findet. Doch seit über einem Jahr setzt Olympus einen beweglich gelagerten Sensor zur Bildstabilisierung ein, so dass auf einen Schlag alle Objektive davon profitieren und man eine solch große bildstabilisierte Auswahl Olympus E-30 [Foto: MediaNord] bei Herstellern mit Bildstabilisatoren im Objektiv nicht findet. Die E-30 hat dabei den äußerst effektiven Stabilisator der E-3 geerbt, der bis zu 5 Belichtungswertstufen ausgleichen soll. Ganz so optimistisch sollte man damit nicht umgehen, realistisch sind aber Werte von 3,5 bis 4. Mit dem 14-54mm-Objektiv sollte also eine Belichtungszeit von 1/8 s in Telestellung möglich sein – ohne Bildstabilisator undenkbar, es wäre eher mindestens 1/100 s erforderlich.

Der Autofokus der E-30 ist derselbe wie in der E-3. D. h. er ist nicht nur bis zu -2 LW empfindlich, wodurch er fast bei völliger Dunkelheit noch sein Ziel findet, sondern vor allem auch sehr schnell – erst recht, wenn man ein SWD-Objektiv mit Ultraschallantrieb an die Kamera setzt. Zusammen mit dem 12-60 mm setzte die E-3 vor etwa einem Jahr neue Geschwindigkeitsmaßstäbe, die auch die E-30 bietet. Die 11 Autofokusfelder (Kreuzsensoren) sind zwar gut verteilt, und das mittlere Feld entwickelt bei Objektiven mit einer Lichtstärke von F2,8 sogar eine besondere Genauigkeit und Empfindlichkeit, aber bei der Anzahl ist das mit 11 "nur" Durchschnitt. Im Menü können sogar Autofokusfehler der Objektive ausgebügelt werden, dies ist aber bei Olympus nur selten nötig. Mit dem 14-54 mm II Standardobjektiv erreicht der Autofokus eine Geschwindigkeit von durchschnittlich 0,56 Sekunden und ist bei besserem Licht und geringerer Brennweite tendenziell etwas schneller. Rattenschnell ist die Kamera hingegen bei der gemessenen Auslöseverzögerung, hier braucht die Kamera nur 0,06 s vom Durchdrücken des Auslösers bis zur Bildaufnahme und schlägt damit so manche Profikamera der Konkurrenz.

Wer nicht dem Autofokus die Arbeit überlassen möchte, kann auch selbst aktiv werden – oder die Autofokuseinstellung nachträglich korrigieren. Besonders hilfreich ist dabei die LiveView-Funktion, denn hier kann man den manuellen Fokuspunkt frei auf dem Bildschirm verschieben und bei 5-, 7- oder 10-facher Vergrößerung pixelgenau auf dem Sensor fokussieren. Auch der Autofokus arbeitet im Live-Betrieb, allerdings gibt es hier Einschränkungen. Bei Objektiven, die nicht für diese Betriebsart ausgelegt sind, muss der normale Autofokus noch mal nachhelfen, d. h. vor dem Auslösen klappt der Spiegel noch einmal herunter, und die Kamera fokussiert neu. Das ist technisch zwar unumgänglich, aber trotzdem ärgerlich und stellt den Hauptgrund dar, warum Olympus das bewährte 14-54 mm durch eine neuere, mit römischem II gekennzeichnete Version ersetzt hat; diese ist nämlich Live-AF-fähig. Ansonsten gibt es nur wenige Objektive, die diesen Modus unterstützen, hier muss Olympus noch das eine oder andere Modell ersetzen – ärgerlich für diejenigen, die eines der "alten" Objektive haben. Aber sie sollten sich nicht zu sehr ärgern, denn der Live-AF ist nach wie vor sehr langsam. Die einzige Kamera mit Wechselobjektiven und schnellem Live-AF ist und bleibt aktuell die Panasonic Lumix DMC-G1.

Olympus E-30 – Einstellungsmenü [Foto:MediaNord]
Olympus E-30 – Belichtungsmessung [Foto:MediaNord]
Olympus E-30 – Infobildschirm  [Foto:MediaNord]
Olympus E-30 – LiveView  [Foto:MediaNord]

Um die Bildqualität zu evaluieren, haben wir die E-30 mit bisher drei verschiedenen Objektiven in unser Testlabor (DCTau) geschickt: Als Bildqualitätsreferenz mit dem 50mm-Makro, mit dem Standardzoom 14-54 mm II, mit dem auch die Autofokusgeschwindigkeit sowie die Auslöseverzögerung in einem komplizierten Verfahren ermittelt wurden, sowie mit dem "besseren" und ultraschallangetriebenen 12-60 mm SWD Standardzoom. Die Testergebnisse können separat im Einzelabruf für 1,40 EUR oder als Flatrate, deren Preis auch Zugriff auf sämtliche andere Prüfprotokolle bietet, gekauft werden. Die folgenden Ausführungen basieren dagegen nur auf dem 14-54 mm II Standardzoom.

Dieses zeigt vor allem in der Bildmitte eine sehr gute Auflösung, die abgeblendet auch kaum einen Randabfall aufweist. Bei Offenblende ist die Auflösung hingegen in der Bildmitte sogar noch etwas höher, fällt aber zu den Rändern hin auch mehr ab und ist bei mittlerer Brennweite am stärksten ausgeprägt. An den beiden Brennweitenextremen hingegen zeigt das Objektiv aufgeblendet einen etwas geringeren Abfall zum Bildrand hin. Die Bildecken sind allgemein das größte Problem bei der Bildqualität, und hier ist fast bei jedem Objektiv mit Einbußen zu rechnen – das ist einfach die Natur der Physik bzw. Optik. Hier kann sich aber auch zeigen, wie gut ein Objektiv insgesamt auskorrigiert ist. Und da gehört das 14-54 zu den besseren Standardzooms. Auch die Randabdunklung ist bei Offenblende nicht allzu stark und weist einen recht homogenen Helligkeitsabfall von maximal 1,5 Blendenstufen auf. Blendet man das Objektiv hingegen ab, verschwindet auch die Randabdunklung zusehends, so dass sie praktisch nicht mehr vorhanden ist. Ebenfalls ungewöhnlich niedrig, wenn auch nicht unsichtbar, ist die Verzeichnung. Mit nur 1,1 % Tonnenform im Weitwinkel, praktischer Verzeichnungsfreiheit bei mittlerer Brennweite und nur 0,2 % in Telestellung ist das Objektiv sehr gut auskorrigiert.

Dass das Objektiv darüber hinaus zu noch mehr optischer Leistung in der Lage ist, zeigen die Artefakte an feinen Strukturen besonders in der Bildmitte. Hier zeigen sich "lilienartige" Signalinversionen, die darauf hindeuten, dass das Objektiv höher auflöst als der Sensor. Die feinen Strukturen zeigen aber auch andere Probleme wie Aliasing, auch Helligkeits- und Farbmoirés findet man, je nach Richtung der Struktur. Zumindest die korrekte Wiedergabe allerfeinster Bilddetails ist somit eingeschränkt. Überraschend gut fällt hingegen das Rauschverhalten aus. Und das gilt nicht nur für die absolute Rauschmenge (die Kamera ist bis ISO 800 sehr gut brauchbar), sondern auch für die Art des Rauschens. Zum einen spielt das unangenehmere Farbrauschen praktisch keine Rolle, zum anderen arbeitet die Rauschunterdrückung sehr homogen, so dass keine Bildhelligkeitsbereiche überproportional an Details verlieren. Bei ISO 1.600 und 3.200 steigt das Rauschen zwar merklich an, aber auch hier bleibt die Rauschunterdrückung "vernünftig" dosiert.

Etwas zurück – zumindest im Vergleich zu DSLRs mit größeren Sensoren – bleibt die Eingangsdynamik. Sie hat bei ISO 100 und 200 ein Maximum mit 8,3 Blendenstufen, bis ISO 800 bleibt sie mit dann 7,9 Blendenstufen passabel, bei ISO 3.200 sind hingegen nur noch magere 6,4 Blendenstufen übrig. Bis ISO 800 kann man also recht gut mit der Kamera arbeiten, sofern man vorsichtig bzw. bewusst belichtet, was die Kamera in der Automatik mit ihren 49 Messfeldern bereits sehr gut macht. Bei der Ausgangsdynamik, also der Ausnutzung der 256 zur Verfügung stehenden Bildhelligkeitsstufen, zeigt sich ein anderes Problem: Die Schatten sind deutlich zu weich und zeigen kein tiefes Schwarz. Dieses Problem ist aber das praktisch einzige, das sich in der Bildbearbeitung Olympus E-30 Datails [Foto: MediaNord] spielend leicht korrigieren lässt. Die Scharfzeichnung ist hingegen insgesamt wohl dosiert, am Übergang von hellen zu dunklen Kanten ergibt sich allerdings eine leichte "Übersteilung", d. h. es zeigt sich eine dunklere Linie. Diese wird aber unsichtbar, wenn man die Schatten in der Bildbearbeitung korrigiert.

Wer gerne verschiedene Komprimierungs- und Auflösungsstufen nutzt, um Platz auf der Speicherkarte zu sparen, findet zum Teil reichlich und gut dosierte Einstellungsmöglichkeiten bei der Olympus E-30. Die zweithöchste Auflösungsstufe ist mit 5 Megapixeln zwar viel zu weit weg von der Maximalauflösung von  12,2 Megapixeln, aber die Abstufung der vier Komprimierungsfaktoren ist recht gut dosiert. Die beiden höchsten Qualitäten (geringste Komprimierung) sind visuell praktisch verlustfrei, doch auch die dritte Stufe ist nutzbar, erst die vierte zeigt deutlichere Artefakte der Komprimierung.

Für den Weißabgleich besitzt die E-30 wie auch ihre größere Schwester E-3 einen separaten (d. h. zusätzlich zum Bildsensor im Gehäuse verbauten) Sensor, der aber auch abgeschaltet werden kann. Der Weißabgleich ist bei fast allen Lichtverhältnissen sehr gut. Die Farbwiedergabe gelingt der E-30 auch insgesamt sehr natürlich und gefällig. Seine Schwächen zeigt er nur – wie so viele andere Kameras auch – bei warmen Lichtverhältnissen wie etwa Kerzenschein oder Glühlampenlicht. Da nützt auch der zusätzliche Sensor wenig. Den Einen wird es freuen, denn die Lichtstimmung wird ganz gut eingefangen, wer dagegen lieber weißes statt orangerotes Weiß möchte, sollte auf die entsprechenden Weißabgleichsvoreinstellungen mitsamt Feinkorrektur oder auf einen manuellen Abgleich mittels Neutral-Graukarte zurückgreifen.

Fazit Die Olympus E-30 ist die wohl am besten ausgestattete Mittelklassekamera am Markt. Der ambitionierte Fotograf findet praktisch alles an Funktionen, was er benötigt. Nicht nur Aufsteiger werden von dem Modell angesprochen, sondern auch diejenigen, die eine Alternative oder ein Zweitgerät zur E-3 suchen. Neben der Verarbeitung (wenn auch im Kunststoffgehäuse) und der Ausstattung weiß die E-30 aber auch in Sachen Geschwindigkeit und Bildqualität zu überzeugen. Das Rauschen ist unerwartet niedrig, die Auflösung hoch. Einzig die Eingangsdynamik könnte besser sein, die Schwäche der zu grauen Schatten ist dagegen leicht in der EBV zu beheben. Fraglich bleibt, ob Olympus mit dem angepeilten Preis von 1.350 EUR nicht doch etwas zu hoch gegriffen hat – dies wird der Markt aber regeln.

Kurzbewertung

  • Gute Ergonomie und Bedienung der wichtigen Fotoparameter
  • Sehr gute Bildqualität mit unerwartet niedrigem Rauschen
  • Schneller, hoch empfindlicher und treffsicherer Autofokus
  • Schwenk- und klappbarer Bildschirm
  • Etwas unübersichtliches Menü
  • Schatten nicht "schwarz" genug (aber in der Bildbearbeitung leicht korrigierbar)
  • Für eine DSLR etwas niedrige Eingangsdynamik
  • Kontrast-Autofokus im LiveView-Betrieb nur mit wenigen Objektiven möglich

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Testnoten

Note Anteil  Punkte
Verarbeitung 12,5 % 84 %
Ausstattung 12,5 % 95 %
Handhabung 12,5 % 89 %
Geschwindigkeit 12,5 % 94 %
Bildqualität 50,0 % 83 %
Gesamtnote 87 %

Steckbrief

Steckbrief
Hersteller Olympus
Modell E-30
Preis ca. 1.800 EUR**
Sensor Auflösung 13,1 Megapixel
Max. Bildauflösung 4.032 x 3.024
(Seitenverhältnis) (4:3)
Objektiv Zuiko Digital 14-54mm 1:2,8-3,5 II
Filtergewinde 67 mm
Sucher optisch
  Sichtfeld 98%
  Vergrößerung 1,02-fach
  Dioptrienausgleich -3 bis +1 dpt.
LCD-Monitor 2,7"
  Auflösung 230.000
  drehbar ja
  schwenkbar ja
  als Sucher ja
Videoausgang PAL/NTSC
  als Sucher ja
Programmautomatik ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
manuelle Belichtung ja
  BULB-Langzeit-
  belichtung
ja, bis 30 Min.
Motivprogramme
  Porträt ja
  Kinder/Baby ja
  Landschaft ja
  Makro ja
  Sport/Action ja
  weitere 11
Belichtungsmessung    Mehrfeld, mittenbetont Integral, Selektiv, Spot, Lichter, Schatten
Blitz ja
  Leitzahl 13 (Messung)
  Blitzanschluss Systemblitzschuh, Synchronbuchse
Fernauslöser Infrarot
Intervallaufnahme
Speichermedium xD, CompactFlash Typ I und II
Videomodus
  Format
  Codec
  Auflösung (max.)
  Bildfrequenz (max.)
Empfindlichkeit
  automatisch 200-3.200
(einstellbar)
  manuell ISO 100-3.200
Weißabgleich
  Automatik ja
  Sonne ja
  Wolken ja
  Leuchtstofflampe 3
  Glühlampe ja
  Sonstiges Schatten, Blitz, manuelle Farbtemperaturwahl, WB-Feinkorrektur
  Manuell ja
Autofokus
  Anzahl
  Messfelder
11
  AF-Hilfslicht Blitzsalve
  Geschwindigkeit < 0,4-0,6 s
Sprachen Deutsch
  weitere 33
Einschaltzeit 2,2 s (inkl. Sensorreinigung)
Einhandbedienung
(Zoom und Auslöser)
Gewicht
(Betriebsbereit)
733 g (nur Gehäuse)
1189 g (mit Objektiv**)
Serienbildfunktion*
  Serienbildanzahl 24 (JPEG)
15 (RAW)
  Frequenz
    (Bilder/s)
4,6 (JPEG)
4,5 (RAW)
  Dauerlauf
    (Bilder/s)
3,1 (JPEG)
2,1 (RAW)
  mit Blitz mit internem Blitz nur beim ersten Bild
Zoom
  Zoomverstellung am Objektiv
  Zoomstufen stufenlos
  Zeit WW bis Tele
Speicher-
geschwindigkeiten*

  JPEG 1,2 s (4,5 MByte)
  RAW 1,2 s (11 MByte)
Auslösung während
d. Speicherns mögl.
ja
Akkulaufzeit ca. 400 Bilder

– = "entfällt" oder "nicht vorhanden"
* mit Lexar 4 GB 300x UDMA CompactFlash Speicherkarte
** mit Objektiv Zuiko Digital 14-54mm 1:2,8-3,5 II

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.