Open source software

Testbericht: Open source software Hugin

2003-12-23 Wer sich jemals mit Panoramafotografie beschäftigt hat, dem werden sicherlich Helmut Derschs Pano-Tools begegnet sein. Wie sollte man auch Programme ignorieren, die umsonst in den Betriebssystemen Windows und Linux hervorragende Panoramen basteln. Die Tools hatten bislang nur einen Nachteil: Die einzelnen Anwendungen wie etwa "Linsenkorrektur" oder "Stitchen" lagen getrennt vor. Ob als Filter für Gimp oder als alleinstehendes Java-Programm – ihre Aufgabe im Gesamtprozess war wenig durchsichtig. Dies machte Laien den Einstieg schwieriger und störte gelegentlich den Arbeitsfluss.  ( PhotoWorld)

   Hugin [Screenshot: Photoworld]
 

Die Not hat jetzt ein Ende, denn mit Hugin sind alle notwendigen Werkzeuge übersichtlich unter einer Oberfläche versammelt. Der Benutzer wandert von einer Registerkarte zur nächsten, am Ende steht dann das fertige Panorama. Das Programm ist sowohl unter Windows als auch unter Linux einsetzbar. Allerdings trägt die Software die relativ niedrige Versionsnummer 0.3beta. Man muss daher immer damit rechnen, dass Hugin mit Abstürzen oder Fehlermeldungen reagiert.

Ein Parforceritt durch die Reiter  Eine Panorama-Software wie Hugin muss mehr können als nur mehrere Fotos aneinander zu kleben. Sie muss unterschiedliche Blickwinkel ausgleichen, Linsenverzerrungen korrigieren, Brennweiten berücksichtigen, Farbunterschiede zwischen den Bildern mildern und statt eines flachen Bildes einen Rundblick erschaffen, der sich sogar interaktiv am Monitor erwandern lässt.

Die Einzelbilder in das Programm zu laden, ist im Handumdrehen erledigt. Die größten Hürden jedoch stellen die zahlreichen Felder dar, die mit Zahlen gefüllt werden wollen. Wie der Programmierer selbst sagt, wird erst der erfahrene Fotograf sämtliche Zahlenspiele nutzen. So weiß er etwa dank eines speziellen Stativkopfes mit Skalen, wie die Werte für "roll" (rotieren in Blickrichtung), "pitch" (kippen nach oben oder unten) und "yaw" (Drehung der Kamera um eine vertikale Achse) sind. Ansonsten erzielt man bei gutem Bildmaterial auch ohne solche Feinheiten akzeptable Ergebnisse.

Den Tab "Lens Setting" etwa wird man weitestgehend ignorieren, wenn man schnelle Resultate wünscht. Warum f|ü Pflichtfelder wie "Degrees" bevorzugt ein Wert wie 40 einzutragen ist, macht Helmut Dersch einsichtig. Wenn man dagegen wissen will, was sich hinter den übrigen Einstellungen verbirgt, sollte man sich einige der von ihm empfohlenen Tutorien zu Gemüte führen.

Hugin - Bilderserie laden [Screenshot: Photoworld]    Hugin - Feld Degree [Screenshot: Photoworld]

Ein problemloser Einstieg - die
Bilderserie wird per Knopfdruck
geladen.

 

Wer's einfach haben will, muss sich nur
um das Feld "Degrees" kümmern.

Sehr effizient für Weitwinkel-Verzerrungen sind die "Lens Correction Parameters". In Kürze funktionieren sie folgendermaßen: Buchstabe c ist der Dreh- und Angelpunkt der Aktion. Gibt man c eine negative Zahl, dann werden tonnenförmige Deformationen bekämpft. Da jedes Kameramodell seine eigenen Schwächen hat, hilft tatsächlich nur mit verschiedenen Zahlen zu experimentieren, bis die Aufnahme wieder zurechtgerückt ist. Mehr über die Linsenkorrektur verrät wiederum Helmut Dersch.

Die entscheidenden Einträge macht man in der Registerkarte "Control Points". In den beiden Fenstern lädt man die aufeinander folgenden Fotos einer Bilderserie. Wie in jedem Panorama-Programm markiert man nun die Punkte, die beide Aufnahmen gemeinsam haben. So erkennt die Software beim Zusammenfügen, wo genau die überlappenden Bereiche liegen.

Hugin - Panorama settings [Screenshot: Photoworld]    Hugin - Kontrollpunkte setzen [Screenshot: Photoworld]

Da nur eine Einstellung wirklich
notwendig ist, muss man für den
letzten Reiter kein Studium absolvieren.
  

 

Die Kontrollpunkte zu setzen, ist
auch für Panorama-Neulinge
nachvollziehbar.
  

Hugin - Optimizer [Screenshot: Photoworld]   Hugin - Vorschau [Screenshot: Photoworld]

Der spröde Charme des Optimizers
begeistert eher Mathematiker.

 

Dafür liefert die Vorschau einen
ersten Eindruck, so dass man
Fehler rechtzeitig berichtigen kann.

Nach dieser Exkursion in vertraute Gefilde verbreiten der Menüpunkt "Optimizer" und der Reiter "Panorama Settings" wieder das Wohlgefühl eines Mathematik-Examens. Manches lässt sich von alleine erschließen, wie etwa die Wahlmöglichkeit für ein rechteckiges, flaches Panorama oder für einen Film im Format Quick Time Virtual Reality. Für andere Einträge wie "Horizontal Field of View" muss man sich zuerst einiges Hintergrundwissen aneignen.

Hugin - Ausgangsbild 1 [Screenshot: Photoworld]    Hugin - Ausgangsbild 2 [Screenshot: Photoworld]    Hugin - Ergebnis [Screenshot: Photoworld]

Aus 2 mach 1

 

Das zusammengefügte
Foto

Nützliche Links für Wissbegierige  Die Online-Hilfe gibt dem Laien zumindest eine Ahnung davon, was man mit den Feldern anstellen kann. Englischkundigen steht zusätzlich die Panorama-Tools mailing list offen. Ansonsten wird man sicherlich in den Newsgroups rec.photo.digital oder comp.graphics.apps.gimp fündig. Eine Hilfequelle sind auch die Tutorien von Tom Striewisch (deutsch), Max Lyons (englisch) und Sascha Kerschhofer (englisch), die viele Begriffe erklären.

Fazit  Es gibt einen guten Grund, warum sich zahlreiche Fotografen in die sperrigen Werkzeuge von Helmut Dersch einarbeiten: Sie fügen ein Panorama außergewöhnlich präzise zusammen. In dieser Hinsicht kann das kostenlose Programm neben jedem kommerziellen Produkt mühelos bestehen. Mit Hugin ist seine Handhabung ein gutes Stück bequemer geworden. Wer die Pano-Tools bereits nutzt, wird daher freudig zugreifen. Blutige Anfänger dagegen werden eher für PTgui bezahlen, das ebenfalls auf den Pano-Tools basiert, sich aber intuitiv bedienen lässt. Der schwierige Zugang zu den Funktionen hat aber noch lange nicht zur Folge, dass Hugin für den Laien völlig unbrauchbar wäre. Unser Beispielbild etwa entstand in Minutenschnelle ohne jedes Finetuning und ist trotzdem recht ansehnlich.

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