Ichikawa Soft Laboratory

Testbericht: Ichikawa Soft Laboratory Silkypix Developer Studio 2.0

2006-06-26 Langsam wächst der Markt an reinrassiger RAW-Konverter-Software. Wer nicht nur mit der Herstellersoftware arbeiten möchte, die normalerweise nur RAW-Dateien einer Kameramarke verarbeitet, findet somit immer mehr Alternativen sowohl zur Herstellersoftware als auch z. B. zum teuren Photoshop. Silkypix ist eine solche reinrassige RAW-Software, die von einer kleinen Softwareschmiede in Japan entwickelt wird.  (Benjamin Kirchheim)

Silkypix – Hauptfenster mit Schärfeeinstellung [Screenshot: Benjamin Kirchheim]"Reinrassige RAW-Software" bedeutet, dass es sich um kein EBV-Programm handelt, sondern lediglich wichtige Bildparameter der RAW-Konvertierung beeinflusst werden können bzw. noch ein bisschen mehr (Bild drehen z. B.). Nicht möglich sind hingegen Bildmanipulationen, Arbeiten mit Ebenen, Pinseln etc. Dennoch ist es mit so einer "einfachen" Software möglich, praktisch druckfertige Bilder von äußerst hoher Qualität zu erzeugen. Insbesondere werden alle Änderungen an Farben, Weißabgleich, Belichtung, Kontrasten etc. ohne verlustbehaftete Zwischenschritte direkt an der Rohdatei vorgenommen, wobei letztere natürlich unverändert erhalten bleibt. Silkypix speichert lediglich die zuletzt eingestellten Parameter zum jeweiligen Bild bzw. natürlich auf Wunsch ein fertig konvertiertes Bild als JPEG oder TIFF. Ganz selbstverständlich ist, dass Silkypix hier mit 16 Bit pro Farbkanal arbeitet, um eine möglichst feine Abstufung der Tonwerte zu erreichen – bei der Speicherung als JPEG gehen selbstverständlich Abstufungen verloren, denn das JPEG-Format beherrscht nur 8 Bit pro Farbkanal, beim TIFF-Format können hingegen 16 Bit gespeichert werden.

Silkypix verfügt über eine Thumbnailübersicht, in der alle Bilder eines Verzeichnisses übersichtlich dargestellt werden. Dabei werden nicht nur RAW-Dateien berücksichtigt, sondern auch JPEG- und TIFF-Bilddateien, wobei jedoch nur RAW-Dateien bearbeitet werden können. Unterstützt werden laut Herstellerwebseite RAW-Dateien von allen mehr oder weniger namhaften Kameraherstellern bis auf eine Ausnahme – Nikon. Wir können an dieser Stelle nur spekulieren, ob das als Protest gegen Nikons Verschlüsselung einiger RAW-Dateiparameter bei bestimmten Kameras zu verstehen ist. Klickt man mit der Maus doppelt auf einen der Thumbnails, so wird dieses Bild zur Bearbeitung geöffnet, wobei man es bis zu 16-fach zoomen kann.

Nach dem Öffnen stehen dem Benutzer jetzt zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, die vor allem Anfänger erst einmal "erschlagen" können. Sieht man sich die Silkypix – Weißbalanceeinstellung [Screenshot: Benjamin Kirchheim]Benutzeroberfläche bzw. die Parameter aber genauer an, so finden sich sowohl einfache Einsteiger- als auch Profi-Einstellungen, so dass man sich Schritt für Schritt an die Bearbeitung wagen kann und vielleicht anfangs erst einmal nur die verschiedenen Voreinstellungen nutzt, um dann später auf deren Basis mit den einzelnen Reglern Hand anzulegen. Für jede bildwichtige Einstellung vom Weißabgleich über die Belichtung bis hin zum Kontrast gibt es sowohl einige Einstellungen, die man aus einer Liste wählen kann, als auch fein abgestufte Regler für die einzelnen Parameter. Wählt man also beim Weißabgleich z. B. das Preset "Sunset" aus, so kann man anschließend noch die Farbtemperatur (Blau bis Rot), Farbdefinition (Grün bis Magenta) und die Farbdefinition der Tiefen (dunkle Farbtöne) einstellen. Zusätzlich gibt es eine Pipette, mit der man einen farbneutralen Punkt (möglichst einen grauen) anklicken kann, um die Weißabgleichsparameter zu setzen. Letztlich gibt es auch noch einen Farbkreis mit vielen Abstufungen und zwei Reglern, in dem man die genaue Farbbalance einstellen kann. Auf ähnliche Art gibt es für jeden weiteren einstellbaren Parameter zahlreiche Grob- und Feineinstellungen.

Eine weitere Anfängerhilfe ist die Anordnung der Korrekturparameter – hier kann man sich für einen optimalen Workflow einfach von oben bis unten durcharbeiten – angefangen bei der Belichtung über Weißabgleich, Schärfe, Kontraste, Farben, Rauschunterdrückung bis hin zu zwei weiteren Highlights von Silkypix: den Einstellungen der Objektivkorrektur und der Drehung bzw. dem Shift. Mit Hilfe der Objektivkorrektur ist es möglich, Vignettierungen (Randabschattungen) zu beseitigen, aber auch die Silkypix – Weißbalancefeineinstellung anhand eines Farbkreises [Screenshot: Benjamin Kirchheim]Verzeichnung (gebogene Linien) und die chromatische Aberration (Farbsäume) können hier korrigiert werden. Sehr nützlich ist auch die Möglichkeit, die Bilder nicht nur in 90°-Schritten drehen zu können, sondern auch in 1/100°-Schritten, was oft für das waagerechte Ausrichten des Horizonts gebraucht wird. Ebenfalls eingebaut ist ein "digitaler Shift", was bedeutet, dass perspektivische Verzerrungen wie z. B. stürzende Linien mit drei Parametern (horizontal, vertikal und Drehung) korrigiert werden können. Sämtliche Korrekturen finden dabei mit den Rohdaten als Basis statt, was in einer bestmöglichen Qualität resultiert. Was neben dem Abspeichern der bearbeiteten Bilder auch nicht fehlt, ist die Möglichkeit, diese zu drucken – auch wenn der Druckdialog, im Gegensatz zum Rest des Programms, eher etwas umständlich zu handhaben ist. Die Stärken liegen eindeutig bei der RAW-Konvertierung und den entsprechenden Parametern und Korrekturmöglichkeiten.

Das Programm gibt es ausschließlich per Download im Internet. Es wird in Japan entwickelt und liegt, wie die Webseite, in japanischer und englischer Sprache vor, eine Deutsche Version sucht man vergeblich. Etwas ärgerlich ist, dass die Software in Yen bezahlt werden muss, was ausschließlich über PayPal möglich ist – so benötigt man einen entsprechenden Account. Andererseits ist die Bezahlung so (fast) überall auf der Welt möglich – auch ohne Kreditkarte. Bevor man die Software bezahlen muss, hat man 14 Tage lang Zeit, diese ausführlich im kompletten Funktionsumfang zu testen, bevor sie sich in den Free-Mode schaltet, in dem zahlreiche Funktionen nicht mehr oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Der RAW-Konverter kann dann zwar trotzdem benutzt werden, es fehlt aber an vielen Feintuningmöglichkeiten. In jedem Fall ist Silkypix einen Blick wert, zumal man es kostenlos testen kann.

Kurzbewertung

  • Feinrotation und Shift
  • Korrektur von Objektivfehlern
  • Logische Sortierung der Korrekturparameter ist eine gute Workflowgrundlage
  • Umfangreiche und feine Parametereinstellungen
  • Bezahlung nur per PayPal möglich
  • Keine Deutsche Version

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.