AGS Technik
Testbericht: AGS Technik FDRTools 1.6 und FDRCompressor Plug-In 2.2
2006-08-09 In der High Dynamic Range (HDR)-Fotografie verwandelt man mit der entsprechenden Software unterschiedlich belichtete Einzelaufnahmen zunächst in ein unansehnliches HDR-Bild, aus dem anschließend durch Reduzierung des Kontrastumfangs (Tonwertkomprimierung/Tone Mapping) ein einwandfrei belichtetes, alle dunklen und hellen Bildpartien und -details wiedergebendes Foto entsteht. Mit FDRTools und dem FDRCompressor Plug-In stehen nun weitere HDR-Software-Module zur Verfügung, mit denen man die Grenzen der fotografischen Gerätschaften und Ausgabemedien – Kamera, Bildschirm, Drucker – überschreiten kann. (Dr. Bernd Schäbler)
Jeder hat schon einmal die Ernüchterung erlebt, wenn sich aus einer buchstäblich viel versprechenden, kontrastreichen Szene, die das Auge des Fotografen scheinbar mühelos als Ganzes und in allen Nuancen erfasst, bereits auf dem Kamera-Monitor, auf dem Bildschirm oder im Ausdruck ein Bild ergibt, in dem in den Licht- und Schattenpartien keine Details mehr sichtbar sind. Es gibt viele praktische Hinweise, wie mit Hilfe der Ebenentechnik und der Maskierungsmethode in Photoshop je ein auf die Lichter und ein auf die Tiefen hin belichtetes Bild zusammenfügt werden kann; eleganter und flexibler (sowie kostengünstiger als Photoshop) sind aber spezielle Programme, die aus unterschiedlich belichteten Einzelbildern durch Exposure Blending eine Synthese bilden: ein so genanntes HDR-Bild (High Dynamic Range). Erst recht für Panoramabild-Enthusiasten bieten solche Programme eine Alternative zur mühsamen (und selten wirklich erfolgreichen) Reparatur von über- bzw. unterbelichteten Bildpartien.
FDRTools, so kann man der gleichnamigen Website entnehmen, ist primär aus der Auseinandersetzung mit letzterem Problem hervorgegangen. Es vereinigt drei auf der DOS-Ebene ablaufende Programme unter einer einfach zu bedienenden grafischen Benutzeroberfläche, so dass sich das Erlernen von Befehlscode erübrigt: FDRProfiler (zur Erstellung kameraspezifischer Tonwertkurven), FDRExposer (hier werden die unterschiedlich belichteteten Bilder bzw. die jeweils relevanten Tonwertbereiche miteinander verrechnet) und FDRCompressor (damit wird das erstellte HDR-Bild durch Tonwertkomprimierung wieder darstellbar, außerdem kann man noch vor der Ausgabe als 8- oder 16-Bit Tiff-Datei Parameter wie Sättigung, Gamma, Kontrast und Kompressionsgrad durch kleine Schieberegler steuern).
Ausgangslage und Arbeitsablauf: Mit den FDRTools (Exposer) können die Dateiformate RAW (Canon und Nikon), TIFF und JPEG verarbeitet werden. Die Erstellung und Zwischenspeicherung des HDR-Bildes erfolgt in den 32-Bit Formaten OpenEXR/RGBE oder in 16-Bit TIFF. Diese werden mit FDRCompressor wieder in 8- oder 16-Bit TIFF-Dateien oder die Formate BMP, OS2, PBM oder TGA zurückverwandelt. Ein typischer Arbeitsablauf könnte so aussehen: Mit der im Kamera-Menü einstellbaren Belichtungsreihen-Funktion (AEB/Automatic Eposure Bracketing) werden drei Bilder (möglichst schnell hintereinander!) aufgenommen (- 2 EV, 0 EV, + 2 EV; EV = Blendenstufe). Es sollte unbedingt ein Stativ verwendet und jegliche Verwacklung vermieden werden. FDRTools ist erfreulicherweise toleranter als etwa Photoshop, PhotoImpact oder Photomatix, was die Verarbeitung von Differenzen in einer Belichtungsreihe – ausgelöst etwa durch im Wind sich wiegende Äste – anbelangt, und zudem gibt es eine Korrekturmöglichkeit über Schieberegler, aber optimal ist es in der HDR-Fotografie, wenn alle Aufnahmen – bis auf die Belichtungszeit – identisch sind; auch der automatische Weißabgleich und die Autofokus-Funktion sollten deaktiviert werden.
Aus den drei Bildern werden in den FDRTools automatisch unterschiedliche Tonwertbereiche ausgewählt, im Programm jeweils als grau unterlegte Histogramm-Segmente kenntlich gemacht, zu einem HDR-Bild zusammengerechnet und gespeichert, z. B. im RGBE-Format (*.hdr). Öffnet man dieses wiederum in FDRTools mit der Einstellung "pure HDR", erscheint zunächst ein wie gänzlich unterbelichtet wirkendes Bild, das aber einen größeren Detailreichtum beinhaltet und eher dem Sehvermögen des Auges entspricht als ein Bild mit niedrigem Kontrastumfang (LDR), wie es Kameras und Ausgabegeräte normalerweise liefern. Letzten Endes ist der Schritt der Reduzierung von HDR auf LDR (32-Bit Datei auf 16-/8-Bit Datei), der den Tonwert- und Kontrastreichtum auf ein darstellbares Niveau herunterschraubt, im wahrsten Sinne des Wortes eine "Verschlimmbesserung", weil erst durch Tone Mapping/Tonwertreduktion ein ansehnliches Bild entsteht. Im Programmfenster "Navigator", das sich bei der Verrechnung der Einzelbilder öffnet, kann man diesen Umwandlungsprozess steuern, indem unter "Tone Mapping" die Einstellung "FDRCompressor" gewählt wird. Durch Vergrößerung des Navigator-Fensters bzw. Initiierung der Vorschau-Funktion durch Doppelklick auf das Bild wird die Anpassung des Bildes über eine Veränderung der Werte für Sättigung, Kontrast, Gamma und Tonwertkomprimierung sowie Schwarz- und Weißpunkt-Setzung vorgenommen. Bei der Rückverwandlung von HDR- zu LDR-Bildern ist darauf zu achten, dass nicht der Eindruck eines allzu synthetisch-künstlichen, letztendlich "flach" und unnatürlich wirkenden Detailreichtums entsteht, denn kräftige Hell-Dunkel-Kontraste sind unmöglich als Gestaltungs- und Strukturierungsmittel aus der Fotografie zu verbannen und würden den Grundprinzipien der "Lichtbildnerei" – egal ob analog oder digital – zuwiderlaufen.
Neben den FDRTools bietet AGS Technik das FDRCompressor Plug-In für Photoshop an, mit dem man den Tonwertumfang eines Bildes komprimiert und das auf zweierlei Art eingesetzt werden kann: Zum einen werden damit in RAW- oder JPEG-Dateien der Kontrast gesteuert und Schatten aufgehellt. Zum anderen kann der Dynamikbereich in den mit den oben vorgestellten FDRTools oder etwa mit der Funktion "Zu HDR zusammenfügen" in Photoshop errechneten HDR-Bildern so komprimiert werden, dass sie über Monitor oder Drucker ohne Verlust von Details in Lichtern und Schatten direkt ausgegeben werden können.
Back to the roots: Insbesondere in der Panoramafotografie wird die "Zähmung" großer Hell-Dunkel-Kontraste zum Kriterium für das Gelingen einer solchen Aufnahme. Zwar lässt sich, wie das beigefügte Beispielbild zeigt, auch nach Fertigstellung des Panoramabildes mit Hilfe des FDRCompressor Plug-Ins noch einiges an zu starken Kontrasten und zulaufenden schwarzen Bildpartien verändern, angezeigt ist aber folgende, wenn auch aufwändigere Vorgehensweise: In der Kamera ist über die AEB-Einstellung von jedem Einzelbild eine Belichtungsreihe (+ 2 EV, 0 EV, - 2 EV) zu erstellen (möglichst zügig; manche empfehlen sogar wegen der Verwacklungsgefahr im Querformat zu bleiben), dann werden jeweils aus den unter-, normal und überbelichteten Aufnahmen Panoramabilder zusammengesetzt und diese im letzten Schritt wie drei Einzelbilder zu einem HDR-Bild verrechnet, per Tonwertkomprimierung weiterbearbeitet und dann als 8- oder 16-Bit Datei (JPEG/TIFF) gespeichert.
Fazit: In der Szene wird gemunkelt, dass das Interesse an der HDR-Fotografie in den nächsten Jahren noch gewaltig zunehmen wird. Insofern dürfte auch die Nachfrage nach einschlägiger Software merklich anwachsen, und so bleibt zu hoffen, dass sich die FDRTools auf dem Markt behaupten können und kontinuierlich weiterentwickelt werden.