Kompaktkamera mit großem Sensor, Kompaktkamera

Testbericht: Canon PowerShot G9 X

Seite 2 von 2, vom 2015-12-11 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Bei der Videofunktion gibt es erweiterte Standardkost. Die Auflösung erreicht maximal Full-HD. Etwas ärgerlich ist die Tatsache, dass 50 und 60 Bilder pro Sekunde erst nach Einstellung des Videomodus auf dem Programmwählrad zur Verfügung stehen, in den anderen Programmen wird mit maximal 30 Bildern pro Sekunde gefilmt. Immerhin erlaubt der "richtige" Videoaufnahmemodus auch eine manuelle Einstellung von Blende, ISO und Belichtungszeit. Auch ein manueller Fokus steht wie für Fotos zur Verfügung. Der Fokus wird während der Aufnahme sanft und lautlos nachgeführt. Der optische Bildstabilisator verrichtet klaglos seinen Dienst. Auch das optische Zoom kann eingesetzt werden. Es arbeitet während der Aufnahme äußerst langsam, dafür hört man den Zoommotor kaum.

Die G9 X verfügt über WLAN und NFC. Trotzdem dauert der Verbindungsaufbau mit dem Smartphone eine Weile und auch die Bedienung ist trotz der neuen App "Canon Camera Connect" etwas holprig. So lassen sich die Kamerabedienelemente während der Fernsteuerung nicht verwenden – auch nicht der Zoomhebel oder der Auslöser. Bedient wird die Kamera ausschließlich per App. Will man das Aufnahmeprogramm wechseln, so muss man erst die Fernsteuerung in der App beenden und mit richtiger Stellung des Programmwählrads erneut starten. Immerhin lassen sich beispielsweise Autofokus, Blende, Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit beeinflussen. Auf zahlreiche Einstellungen hat man allerdings keinen Zugriff. Die App verhindert auch nicht den Standbymodus des Smartphones, sodass die Verbindung auch mal unterbrechen kann. Es lassen sich nur JPEGs übertragen, keine Raws. Da ein Raw nicht in der Kamera in ein JPEG gewandelt werden kann, kommt man an diese Bilder unterwegs ohne Laptop mit Raw-Konverter nicht heran. Videos werden für die Übertragung zusätzlich komprimiert, die Originalqualität landet somit nicht auf dem Smartgerät.

Bildqualität

Inzwischen ist Canon der Hersteller mit der größten Bandbreite an Edelkompaktkameras mit 1"-Sensor. Doch ob die Bildqualität halten kann, was der 20-Megapixler verspricht, zeigt unser Labortest. Für einen Betrag von 1,40 (oder kostenlos in der Labortest-Flatrate enthalten) kann der gesamte Labortest mit allen Diagrammen abgerufen werden, auf dem die folgenden Betrachtungen beruhen. Zunächst zum Objektiv: Das Dreifachzoom bietet bei allen Brennweiten und Blenden von der Bildmitte bis zum Bildrand eine ausreichende Schärfe für Ausbelichtungen in 20 mal 30 Zentimeter. Zudem ist die Randabdunklung mit maximal einer halben Blendenstufe in den Bildecken gering und Farbsäume spielen praktisch keine Rolle. Im Weitwinkel und bei mittlerer Brennweite sorgt die Korrektur für Verzeichnungsfreiheit, in Telestellung gibt es ungewöhnlicherweise eine leichte, aber kaum störende tonnenförmige Verzeichnung.

Die Auflösungsmarke von sehr guten 50 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kantenkontrast (MTF50) knackt die PowerShot bei jeder Brennweite spielend. Man muss je nach Brennweite schon auf F5,6 bis F8 abblenden, um die Auflösung beugungsbedingt unter diese Marke zu drücken. Doch selbst bei F11 bleiben knapp 40 oder mehr lp/mm übrig. Dies gilt allerdings nur für das Bildzentrum, am Bildrand sieht es nicht ganz so gut aus. Im Weitwinkel pendelt die Randauflösung zwischen lediglich 36 und 26 lp/mm, die 40er Marke erreichen nur die längeren Brennweiten. Auffällig werden die Defizite also vor allem im Weitwinkel, allerdings erst bei größeren Ausbelichtungen. Enttäuschend ist der Blick auf den Signal-Rauschabstand: Der erreicht selbst bei niedrigster ISO-Stufe nur 38 dB und liegt bereits bei ISO 800 leicht unter der kritischen Marke von 35 dB. Bei ISO 3.200 sind es nur noch 30 dB und bei ISO 12.800 sogar nur noch knapp über 25. Gleichzeitig wird ab ISO 3.200 Helligkeitsrauschen sichtbar und steigt mit höheren Empfindlichkeiten immer mehr an, nur das Farbrauschen hat die Canon gut im Griff. Trotz des steigenden Rauschens greift eine gehörige Rauschunterdrückung in die Bildaufbereitung ein. Das kostet sichtbar Details. Schon bei ISO 400 wirken die Bilder weich und gegenüber ISO 125 deutlich detailärmer (etwa bei der Maserung von Holz), ab ISO 1.600 werden die Fotos sichtbar matschig (praktisch keine Holzmaserung mehr sichtbar). Von den Leistungen anderer Kameras mit 1"-Sensor ist die G9 X meilenweit entfernt. Man könnte meinen, in ihr wäre ein 1/2,3"-Sensor oder maximal ein 1/1,7"-Sensor verbaut. Das ist wirklich enttäuschend und schade.

Immerhin bietet die Canon eine sehr gute Eingangsdynamik. Bis ISO 400 sind es über elf Blendenstufen, bei ISO 800 nur knapp weniger. Erst oberhalb von ISO 3.200 knickt die Eingangsdynamik deutlich auf unter zehn Blendenstufen ein. Die Tonwertkurve verläuft typisch für eine Point-and-Shoot-Kamera sehr steil, die Bilder zeigen dadurch knackige Kontraste. Der Ausgangs-Tonwertumfang ist jedoch nur bei niedrigen ISO-Empfindlichkeiten gut. Ab ISO 800 ist der Wert nur noch akzeptabel, ab ISO 3.200 schlecht. Bei der tatsächlichen Farbtiefe sieht es bis ISO 3.200 mit mindestens zwei Millionen Farben gut aus, darüber aber sinkt auch dieser Wert. Die Farbgenauigkeit hingegen kann sich sehen lassen. Die Abweichung von der Originalfarbtafel ist im Mittel gering und nur bei wenigen Farben überhaupt nennenswert, etwa dem stärker gesättigten Rot und Orange, dem Gelb mit leichtem Hang ins Grün und dem Cyan mit dem Hang ins Blaue. Insgesamt sorgt das aber für "schöne" Fotos, etwa indem der Himmel etwas blauer wirkt als in Wirklichkeit.

Fazit

Insgesamt punktet die Canon PowerShot G9 X vor allem mit ihrem kompakten Gehäuse und der guten Verarbeitung. Die Ausstattung bietet viel, lässt aber hier und da Kleinigkeiten vermissen. Die Ergonomie leidet etwas unter den zu glatten Gummiapplikationen. Wer sich nicht mit einer Touchscreenbedienung anfreunden kann, ist bei der G9 X definitiv falsch, denn sie kommt nicht ohne aus. Freundet man sich hingegen damit an, gelingt die Bedienung der Kamera gut, zumal es auch ein Programmwählrad und einen Objektivring gibt. Das Objektiv zoomt zwar nur dreifach, bietet aber vor allem im Bildzentrum eine hohe Auflösung. Wahrlich enttäuschend fällt die Bildqualität dennoch aus. Wer eine Kamera mit 1"-Sensor kauft, erwartet auch eine entsprechende Bildqualität bei höheren ISO-Empfindlichkeiten. Die Canon kann dies aber nicht abliefern. Schon bei ISO 400, erst Recht bei noch höheren Empfindlichkeiten, sind die Bilder detailarm und matschig – fast so, als wäre ein viel kleinerer Bildsensor verbaut. Bleibt nur zu hoffen, dass Canon dieses niederschmetternde Defizit im Nachfolgemodell behebt, denn das Konzept der edel verarbeiteten, äußerst kompakten Kamera mit moderner Bedienung und großem Sensor zu einem vergleichsweise niedrigen Preis ist klasse.

Kurzbewertung

  • Konsequente Touchbedienung, auch bei den Menüs
  • Äußerst kompaktes, hochwertig verarbeitetes Gehäuse
  • Komplett manuell bedienbar inklusive praktischem Objektivring
  • Hohe Auflösung im Bildzentrum bei niedrigen ISO-Empfindlichkeiten
  • Für einen 1"-Sensor enttäuschende Leistungen oberhalb von ISO 400
  • Zu glatte "Belederung"
  • Deutlicher Randabfall der Auflösung
  • Nur 3-fach-Zoom mit lediglich 28mm-Weitwinkel
Kommentare

5 Kommentare aus dem alten Forum anzeigen

laziffer 2015-12-12

Laut Canon und anderen Tests kann der USB Anschluss sehr wohl mit einem üblichen Handynetzgerät zum Laden der Kamera genutzt werden.

Beste Grüße

Benjamin Kirchheim 2015-12-12

Hm, vielleicht ist das wie bei Nikon: Mit einem 500 mA USB-Netzteil gehts, und mit einem 2000 mA (das wir probiert haben) gehts nicht? Das probieren wir Montag nochmal aus. Eine Einschränkung wäre das trotzdem, denn welches Smartphone-Ladegerät hat heutzutage nur 500 mA?

Benjamin Kirchheim 2015-12-14

Die Datenübertragung auf den Computer funktioniert per USB. Das Laden funktioniert hingegen nicht. Probiert an einem Desktoprechner, einem Laptop, einem USB-Ladegerät mit 1000 mA und an einem USB-Ladegerät mit 2.000 mA (die orange LED blinkt jeweils nur einmal kurz beim Einstecken auf). Selbst wenn es mit irgendeinem originalen Canon-Gerät o. ä. gehen sollte, ist eine so zickige USB-Ladefunktion nicht praxistauglich.

Drifter69 2015-12-12

auf diesen Test hatte ich gewartet. Vielen Dank dafür, Herr Kirchheim! Es sieht wohl ganz so aus, als wäre ich mit einer Sony RX 100 der ersten Generation keinesfalls schlechter bedient, die zumal für um die 300 Euro zu haben ist. Man kann auch ohne Touchscreen und Wifi ganz gute Fotos machen.

Schade, die G9 X wirkte  sehr viel versprechend. Aber da könnte ich anscheinend auch meine alte PS S100 munter weiter verwenden.

schöne Grüße!

RHL 2015-12-30

Die Canon 1'' Serie wird ihre Käufer finden. Ganz einfach, weil sich viele Canon Nutzer in einem ganz eigenem Universum befinden und mit Marken wie Sony, Panasonic, Samsung (sind das nicht Radio oder TV Hersteller?) nichts anfangen können. Allenfalls Nikon ist noch als Marke präsent, man bleibt aber in der Familie. So erlebt man es, wenn man mal in den Fotoabteilungen der großen Handelsketten die potenziellen Kunden beobachtet oder die Rezensionen auf Amazon liest. Erstaunt und erfreut nehmen dort G5 X Nutzer den ersten EVF ihres Lebens wahr, nach Jahren grausiger OVFs an diversen Canon Gs. Diese Technologie hatte sie bis dahin noch gar nicht erreicht, haben doch alle "seriösen" Fachmagazine bis vor kurzem jeglichen EVF regelrecht diffamiert.

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Steckbrief

Hersteller Canon
Modell PowerShot G9 X
Sensor CMOS 1" 13,2 x 8,8 mm (Cropfaktor 2,7)
20,9 Megapixel (physikalisch)
20,2 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 2,4 µm
Auflösung (max.) 5.472 x 3.648 (3:2)
Video (max.) 1.920 x 1.080 60p
Objektiv F2,0-4,9/28-84mm
Filtergewinde
Monitor 3,0" (7,5 cm)
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar
  drehbar
  schwenkbar
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 58
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion
Belichtungsmessung Mehrfeld, mittenbetont Integral, Spot
kürzeste Verschlusszeit 1/2.000 s
Blitz eingebaut
  Synchronzeit 1/2.000 s
  Blitzanschluss
WLAN ja
NFC ja
GPS extern, Smartphone als GPS-Logger
Fernauslöser ja, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
  automatisch ISO 125-12.800
  manuell ISO 125-12.800
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 31 Kontrastsensoren
  Geschwindigkeit 0,27 bis 0,35 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen (BxHxT) 98 x 58 x 31 mm
Gewicht (betriebsbereit) 205 g
Stativgewinde außerhalb der optischen Achse
  Zoomverstellung Objektivring (motorisch), Ringwippe (motorisch)
Akkulaufzeit 220 Aufnahmen gem. CIPA-Standard

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.