Bridge-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Sony DSC-F707
2001-10-15 Nicht lange hat Sony seinem Mitbewerber Minolta die Alleinherrschaft über die 5 Megapixel-Klasse überlassen. Knapp drei Monate nach der Markteinführung der Dimage 7 folgt Sony mit der DSC-F707, deren Design dem Erfolgsmodell DSC-F505(V) ähnelt. Dieser Erfahrungsbericht soll nicht in erster Linie die beiden Kameras gegenüberstellen, sondern zeigen was die DSC-F707 allgemein leistet – und was nicht. (Yvan Boeres)
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Dabei könnte man die DSC-F707 schon fast als "den letzten
Mohikaner" bezeichnen, ist Sony doch (neben Casio) die einzige Firma, die
noch am Konzept der drehbaren Gehäusehälften festhält. Nikon hat sich mit der
angekündigten 5 Megapixel-Kamera Coolpix 5000 – vorübergehend oder endgültig
– von diesem Design verabschiedet. Sonys DSC-F-Serie war schon immer
unverkennbar: Während Agfa (einer der ersten Hersteller von Kameras mit
drehbaren Gehäusehälften), Casio und Nikon auf eine eher kompakte Grundform
setz(t)en, erkennt man die Sony DSC-F-Reihe an der deutlich L-förmigen Statur.
Diese Gehäuseform hat die DSC-F-Serie hauptsächlich dem Objektiv zu verdanken.
Das ist schon seit dem "Ur-Modell" DSC-F505 ein Carl Zeiss Vario
Sonnar-Zoomobjektiv mit einem Brennweitenbereich von 38 bis 190 mm (entspr.
Kleinbild), was immerhin einem 5 fachen-Zoomfaktor entspricht. Bei der DSC-F707
erreicht das Objektiv eine Lichtstärke von F2,0 (in Weitwinkel-Position) bis
F2,4 (in Tele-Stellung); ein hervorragender Wert für diesen relativ großen
Zoombereich. Trotz motorisierter Zoomsteuerung erfolgt die
Brennweitenverstellung bequem: Die Zoom-Wippe ist seitlich am Objektivtubus
platziert und ohne Fingerakrobatik bedienbar. Die motorische Zoom-Verstellung
erfolgt sogar mit zwei Geschwindigkeitsstufen. Wird die Wippe nur leicht in die
eine oder andere Richtung getippt, ist eine Feineinstellung der Brennweite
möglich. Hält man aber die Zoomwippe länger gedrückt, beschleunigt das Zoom
nach kurzer Zeit auf ein höheres Tempo – und das praktisch geräuschlos! Nicht
optimal ist die Weitwinkelstellung der DSC-F707. Zum einen fällt es bei 38 mm
(umgerechnet auf Kleinbild-Format) schon fast schwer, von einem richtigen
Weitwinkel zu sprechen, zum anderen könnte die Verzeichnung bei der DSC-F707 in
dieser Zoom-Position besser korrigiert sein. Mitbewerber Minolta liefert hier
mit seiner Dimage 7 mit 28 mm einen wesentlich weiteren Bildwinkel –
und das
sogar mit geringeren Verzeichnungen.
Hologramm-AF und NightShot-Modus
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Eine sehr gute Figur zeigt die DSC-F707 beim Autofokus. Die Kamera stellt nicht
nur schnell und unter allen Lichtbedingungen zuverlässig scharf, sie kann im
Makromodus sogar bis auf zwei Zentimeter herunter fokussieren. Die Kombination
aus schwenkbarem Objektiv/Kamerateil (77 Grad nach oben, 36 Grad nach unten) und
extrem kurzer Nahgrenze macht die DSC-F707 zum Werkzeug erster Wahl für
Makro-Aufnahmen. Wo der Autofokus vieler Digitalkameras bei schwachem Licht
versagt, kann der Autofokus der DSC-F707 sogar in totaler Dunkelheit scharf
stellen. Dazu bedient sich die DSC-F707 eines neuartigen "Hologramm"-AFs,
der per Laser ein Muster (siehe Bild) aus feinen Strichen, in alle Richtungen
geneigt, auf das Motiv projiziert. Der Laser der Klasse I ist gesundheitlich
unbedenklich für das menschliche Auge. Seine Reichweite beträgt etwa 5 Meter.
Schade nur, dass die DSC-F707 über einen einziges – wenn auch breites – AF-Messfeld verfügt. Mittlerweile verfügen die Hauptkonkurrenten Canon, Casio,
Minolta und Nikon über mindestens drei wählbare vorgegebene oder ein
bewegliches AF-Messfeld.
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Eine echte Neuheit bei Standbild-Digitalkameras sind die beiden besonderen
Aufnahmemodi der Sony DSC-F707: den sogenannten NightShot-Modus (bereits von
Sony Camcordern bekannt) und den NightFraming-Modus, zwischen denen man per
Schiebeschalter an der Kameraoberseite wechselt. Beim NightShot-Modus agiert die
DSC-F707 wie ein Nachsichtgerät: Zwei Infrarot-Leuchtdioden an der
Objektivfront senden für das menschliche Auge unsichtbares Infrarotlicht aus,
das bei automatisch weggeklapptem Infrarot-Sperrfilter vom CCD-Sensor in
grünliche Monochrombilder (Stand- oder Bewegtbilder) umgewandelt wird. Wie beim
Hologramm-AF haben die IR-Leuchtdioden ihre eingeschränkte Reichweite (etwa
drei Meter) und einen recht eng gebündelten Radius, d. h. in Weitwinkelstellung
wird nur ein innerer Kreis von den IR-LEDs ausgeleuchtet, der nicht einmal der
Höhe des Bildformates entspricht. Für Spanner und Hobby-Detektive, aber auch
für seriöse Anwendungen wie z. B. Tierfotografie bietet Sony aus dem
Camcorder-Bereich die aufsteckbare IR-Leuchte HVL-IRC als optionales Zubehör
an, die auf dem Blitzschuh der DSC-F707 Platz findet und den Aktionsradius des
NightShot-Modus auf etwa 20 Meter erhöht.
Während der NightShot-Modus eher dem Gebiet der Spezialanwendungen bzw. der
Spielereien zugeordnet werden kann, kommt der NightFraming-Modus auch der
Alltagsfotografie zugute. Hier wird der NightShot-Modus nämlich nur zum
Anvisieren bzw. bei der Bildgestaltung genutzt. Wenn man dann den Auslöser
drückt, macht die Kamera ganz normale Bilder in der ganzen Farbenpracht und
keine grünlich-monochromen Bilder wie im NightShot-Modus. In diesen Situationen
ist das Licht meist so schwach, dass der Blitz zugeschaltet wird. Der eingebaute
Pop-Up-Blitz klappt im Automatikmodus bei Bedarf automatisch aus dem Gehäuse.
Zur Dosierung der abzugebenden Lichtmenge wird vor der eigentlichen Aufnahme ein
Messblitz gezündet und die zurückgeworfene Lichtmenge ausgewertet. Das
funktioniert bei der DSC-F707 gut. Im Nahbereich mussten wir die Blitzleistung
zuvor im Kameramenü auf die unterste der drei verfügbaren Stufen drosseln. Im
normalen Aufnahmebereich (ab 50 cm) sind derartige Korrekturen aber nicht
erforderlich. Für Motive außerhalb der Maximalreichweite des eingebauten
Blitzes (ca. 5 Meter) empfiehlt sich der Einsatz eines externen Blitzgerätes.
Die DSC-F707 besitzt dazu keinen Blitzschuh im eigentlichen Sinne, sondern einen
Zubehörschuh. Dieser dient allein der mechanischen Befestigung des
Blitzgerätes und hat im Gegensatz zu einem Blitzschuh keine elektrischen
Kontakte. Diese findet man in Form einer Klinkenbuchse unmittelbar unter dem
Zubehörschuh. Sony spricht ganz klar von einer Zubehörbuchse und einem
Zubehörschuh, da dort nicht nur externe Blitzgeräte, sondern auch anderes
Zubehör wie etwa die bereits erwähnte Infrarotleuchte HVL-IRC oder die
Kabelfernbedienung RM-DR1 Anschluss finden. Der Nachteil ist, dass eben nur ein
Zubehörteil gleichzeitig an der DSC-F707 angeschlossen werden kann. Wer also
zum Beispiel den externen Blitz und die Kabelfernbedienung gleichzeitig benutzen
möchte, ist aufgeschmissen. Fremdblitzgeräte mit Sony-Zubehörstecker gibt es
zur Zeit nicht. Die Firma Metz will zwar mit dem SCA-Modul SCA-3602 seine
Blitzgeräte kompatibel machen; allerdings ist – laut Metz – mit diesem Modul
nicht vor Frühjahr 2002 zu rechnen. So ist man derzeit allein auf das Sony
Blitzgerät HVL-F1000 (gemessene Leitzahl: 21) angewiesen, das jedoch im
Funktionsumfang ziemlich eingeschränkt ist.
Bildqualität von erster Güte
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Auch bei Tageslicht-Aufnahmen macht die DSC-F707 eine gute Figur. Die DSC-F707
verfügt nicht nur als erste Sony-Digitalkamera über eine Matrixmessung (7 x 7
Messfelder), sondern auch über die bereits auf neueren Sony
Digitalkameramodellen bewährt Verschlusszeit- und Blendeneinstellung per
Jog-Dial. Diese ist für "Quereinsteiger" aus dem
Kleinbild-Fotobereich etwas gewöhnungsbedürftig: Das Jog-Dial-Rad dient bei
der manuellen Belichtungssteuerung sowohl als Umschalter (durch Niederdrücken
des Rades) zwischen Verschlusszeiteneinstellung und Blendeneinstellung und auch
(durch Drehung des Rades) zur eigentlichen Einstellung der Belichtungswerte.
Nach einiger Einarbeitungszeit dürfte jedoch jeder schnell und bequem die
Belichtung einstellen können. Zur Verfügung stehen Verschlusszeiten von
1/1.000 bis 2 Sekunden und – dank Irisblende – Blendenwerte von F2 bis F8 in 13
Stufen. Die Kamera bietet programmgesteuerte, semi-automatische (Blenden- und
Zeitenautomatik) und manuelle Steuerung der Belichtung. Langzeitbelichtungen bis
30 Sekunden sind ebenfalls möglich. Bei diesen wird übrigens eine
Rauschunterdrückungsfunktion automatisch zugeschaltet.
Eine Eigenart besitzt
die DSC-F707 jedoch in der Programmautomatik. Dort ist nämlich die längste
Verschlusszeit auf 1/30 Sekunde beschränkt, länger will die Kamera in diesem
Modus nicht belichten. Auf Nachfrage teilte uns Sony mit, dass dies aus Gründen
der Verwacklungssicherheit so gewollt sei. Was nun besser ist, eine solche
"Idiotensicherheit" oder – wie bei anderen Kameras – eine optische
und/oder akustische Warnung; da scheiden sich die Gemüter. Will man bei der
DSC-F707 mit längeren Belichtungszeiten als 1/30 Sekunde fotografieren, muss
man zwangsläufig die Kamera auf Blenden- oder Zeitenautomatik umschalten (oder
beide Werte ganz manuell vorgeben). Davon abgesehen ist die Bildqualität aber
von erster Güte. Hier helfen hohe Auflösung (maximal 2.560 x 1.920
Bildpunkte), ausgezeichnete Signal- bzw. Datenverarbeitung (u. a. 14 bit-Analog/Digital-Wandlung
und Rauschunterdrückung) sowie präzise Belichtungsmessung. So sind die Bilder
sehr fein durchzeichnet und nahezu rauschfrei, in den meisten Fällen perfekt
belichtet und die Farben ziemlich naturgetreu (wenn auch mit etwas starker
Farbsättigung). Lediglich in den Rottönen neigt die DSC-F707 ein bisschen
dazu, zuviel des Guten zu tun. Leider lässt sich bei der DSC-F707 weder die
Sättigung noch die Farbbalance (wie z. B. bei der Canon PowerShot G2)
einstellen. Etwas beschränkt ist auch die Wahl der Voreinstellungen beim
Weißabgleich, da man dort nur zwischen Innenaufnahmen und Außenaufnahmen
wählen kann.
Glücklicherweise lässt sich der Weißabgleich dank
One-Touch-Messung manuell sehr schnell und einfach einstellen, so dass man in
den meisten Fällen gleich zur manuellen Weißabgleichmessung zurückgreifen
wird.
Was gibt es noch an der DSC-F707 hervorzuheben? Zunächst mal den elektronischen
Videosucher, den man an der DSC-F505(V) vermisst hat. Über Sinn und Unsinn
solcher Videosucher wird noch immer heftig gestritten. In der Praxis erweist
sich der Videosucher der DSC-F707 dank recht hoher Auflösung von 180.000
Bildpunkten aber als durchaus brauchbar – zumal er sich noch mit dem
eigentlichen Kamerabody in alle Richtungen bewegt. Dann wäre noch die
Stromversorgung über Sony InfoLithium-Akkus, die sich schon in der
Vergangenheit bei anderen Sony-Digitalkameras und Camcordern in Sachen Leistung
und Präzision bei der Anzeige der Akku-Restlaufzeit vorbildlich gezeigt haben.
Das gilt auch bei der DSC-F707, bei der der NP-FM50-Akku mit einer Ladung etwa
drei bis vier Stunden Betrieb bzw. 300 bis 400 Bilder ermöglicht. Der
MPEG-EX-Modus ermöglicht Videosequenzen, deren Aufnahmezeit allein von der
Kapazität der verwendeten Speicherkarte abhängig ist. Der Serienbild-Modus ist
leider auf drei Bilder in Folge bei zirka zwei Bildern pro Sekunde beschränkt.
Das Objektivgewinde von 58 mm Durchmesser dient zur Aufnahme von optischem
Zubehör (Konverter, Filter, Nahlinsen, LSF-H58 Sonnenblende). Drei
Motivprogramme liefern die richtigen Voreinstellungen für Dämmerung,
Landschafts- und Portrait-Aufnahmen. Außerdem bietet die Kamera zwei
alternative Messmethoden (mittenbetont integral und Spot), die manuelle
Scharfeinstellung nach dem "Fly-by-Wire"-Prinzip (motorische
Verstellung) und drei einstellbare Lichtempfindlichkeitsstufen (ISO 100/200/400). Es besteht die Möglichkeit, Sprachnotizen mit einer Länge von
fünf 5 Sekunden zum Bild aufzunehmen. Qualitativ optimale Bilddateien erhält
man mit dem alternativen TIFF-Speicherformat. Bei der Wiedergabe können
Belichtungsdaten eingeblendet oder die Bilder gedreht werden
(Hoch/Querformat).
Flinke Kamera: Einschalten – Auslösen – Anzeigen – Speichern
Sehr angenehm fallen die geringen Ansprechzeiten der DSC-F707 auf: Sowohl beim
Einschalten (etwa zwei Sekunden) als auch beim Auslösen (unter 0,3 Sekunden)
und beim Anzeigen/Speichern der Bilder ist die DSC-F707 ziemlich flink – besonders wenn man es bedenkt, dass bei einer 5 Megapixel-Kamera die anfallende
Datenmenge erheblich ist. So ist die DSC-F707 wesentlich schneller als die
derzeit einzige Konkurrentin Minolta Dimage 7. Wie sich die Sony mit anderen 5
Megapixel-Kameras (z. B. die angekündigte Nikon Coolpix 5000) schlägt, wird
die nahe Zukunft zeigen.
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Die Speicherung der Bilder erfolgt – wie von Sony nicht anders zu erwarten
– auf
Memory Sticks; der mitgelieferte 16 MByte-Stick ist allerdings eher als Witz zu
bezeichnen. Wann hören die Hersteller endlich auf, Mini-Speicherkapazitäten
mitzuliefern, die später sowieso kein Anwender nutzt? Angesichts der
mittlerweile schon zweiten drastischen Preissenkung dieses Jahres bei Memory
Sticks kann man nur zum Kauf eines 64 oder 128 MByte-Modells raten. Die
Übertragung der Bilder auf den PC erfolgt über die USB-Schnittstelle der
DSC-F707, die nicht nur auf die herkömmliche Weise, sondern auch – via
spezielle Menü-Einstellung – über das neue PTP-Protokoll (Picture Transfer
Protocol) angesprochen werden kann. Das PTP-Protokoll soll – ähnlich dem TCP/IP-Protokoll
für Internetverbindungen – bei entsprechend kompatiblen Betriebssystemen (u. a.
das neue Windows XP) eine Treiber- und Software-unabhängige Übertragung der
Bilder ermöglichen. Sogar untereinander sollen PTP-fähige Geräte in Zukunft
Daten austauschen können. Insofern ist die DSC-F707 bereits gut für die
Zukunft gerüstet. Bei Gelegenheit werden wir die Möglichkeiten des
PTP-Protokolls testen. Bereits von uns getestet wurde die Print Image
Matching-Technologie von Epson, die die DSC-F707 ebenfalls unterstützt.
Die Sony DSC-F707 zeigt, dass mit jeder neuen Pixelgeneration die Kameras nicht
nur hochauflösender werden, sondern auch in Ausstattung und Funktionalität
gewinnen. Die DSC-F707 jedenfalls lässt kaum Wünsche offen und ist im Alltag
ohne Einschränkungen zu gebrauchen. Sie ist eine interessante Alternative zu
den Mitbewerbermodellen Minolta Dimage 7 und Nikon Coolpix 5000 oder Olympus
E-20P und hat durch ihre Eigenständigkeit sicherlich das Potential zum
Verkaufsschlager.