Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Bildbearbeitung, Grundlagenwissen

Was zeigt eigentlich das Histogramm?

2003-11-03 Immer mehr höherwertige Digitalkameras besitzen mittlerweile eine Histogramm-Anzeige, die dem erfahrenen Bildbearbeiter oder Digitalfotografen Hinweise auf eine korrekte oder falsche Belichtung geben kann. Auch für Anwender, die nur in ihrem Bildbearbeitungsprogramm mit Histogrammen in Berührung kommen, ist es nützlich zu verstehen, was diese Darstellung bedeutet.  (Jan-Markus Rupprecht)

   Histogramm-Anzeige einer Fujifilm FinePix S7000 [Foto: MediaNord]

Ein Histogramm zeigt die Helligkeitsverteilung eines Bildes an in Form eines fein gestuften Balkendiagramms von Schwarz (am linken Rand) bis Weiß (am rechten Rand). Dazwischen bekommt jede angezeigte Helligkeitsstufe einen Balken, dessen Höhe angibt, wie häufig dieser Helligkeitswert im Bild vorkommt. Ein vollständig schwarzes Bild hätte nur einen einzigen Balken mit einem maximalen Ausschlag am linken Rand des Histogramms. Besäße ein Histogramm eine ganz gleichmäßige Verteilung von tiefstem Schwarz bis hellstem Weiß mit allen dazwischen liegenden Werten, würde das Bild vermutlich einen Farb- oder Grauverlauf zeigen. Normalerweise hat ein Histogramm zahlreiche Zacken oder sanfte Kurven; bestimmte Helligkeitswerte kommen in dem Bild also häufiger vor als andere. Fotos mit überwiegend hellen Anteilen weisen in der rechten Hälfte ausgeprägte "Hügel" im Histogramm auf, Fotos mit großen Schattenanteilen oder von überwiegend dunklen Motiven haben ihren Schwerpunkt eher im linken Teil des Histogramms.

Aus der Verteilung der verschiedenen Helligkeitsanteile eine korrekte Belichtung oder eine Fehlbelichtung zu erkennen, ist nicht ganz einfach und erfordert etwas Erfahrung. Diese erlangt man am besten, indem man die Histogramm-Anzeige an seiner Kamera häufig einschaltet und die Histogramme missglückter Aufnahmen im Bildbearbeitungsprogramm analysiert. Das oberste Foto zeigt die LCD-Monitor-Darstellung einer Fujifilm FinePix S7000; im gelben Rahmen können Sie die Histogramm-Anzeige erkennen.

Grundsätzlich kann man sagen, dass das angezeigte Histogramm zum Motiv passen sollte. Fotografiert man also einen Gegenstand auf einem weißen Hintergrund, sollte das Histogramm ausgeprägte Ausschläge im ganz hellen Farbbereich haben. Reichen die höchsten Ausschläge nicht bis dicht an den rechten Rand des Histogramms, deutet dies auf eine Unterbelichtung hin, die bei einer solchen Aufnahmesituation häufig vorkommt (bei weißen Hintergründen muss häufig die Belichtungskorrektur benutzt werden).

   Beispielfoto für Histogramm-Tipp [Foto: MediaNord] Histogramm für Beispielfoto [Screenshot: MediaNord]
  
  Beispielfoto für Histogramm-Tipp [Foto: MediaNord] Histogramm für Beispielfoto [Screenshot: MediaNord]
  

Weist das fotografierte Motiv deutliche Kontraste auf, sollte auch die gesamte Breite des Histogramms mit nennenswerten Ausschlägen gefüllt sein. Hat bei einem normalen Foto, wie unserem Leuchtturm, das Histogramm gar keinen Ausschlag mehr im hellen Bereich, obwohl doch ein schöner weißer Leuchtturm und flauschige Wolken auf dem Bild sind bzw. sein sollten, dann ist das Foto unterbelichtet. Es wirkt "matschig" und flau, besitzt zu wenig Kontrast. Hier ist glücklicherweise noch viel zu retten: Ein einfacher Mausklick auf den Auto-Knopf im Tonwertkorrektur-Dialog von Photoshop bzw. Photoshop Elements korrigiert die Aufnahme bereits nahezu perfekt. Anschließend verteilen sich die Ausschläge im Histogramm über die gesamte Breite. Allerdings weist das Histogramm aufgrund der erforderlichen starken Korrektur nun zahlreiche Lücken auf. Etliche Helligkeitswerte sind also im korrigierten Foto überhaupt nicht mehr vorhanden. Da die Zwischentöne fehlen, können Helligkeitsverläufe bei näherem Hinsehen stufig wirken. Bei unserem Leuchtturm können wir damit ganz gut leben (müssen wir ja auch, denn die Beispiele in diesem Fototipp sind authentisch).

   Beispielfoto für Histogramm-Tipp [Foto: MediaNord] Histogramm für Beispielfoto [Screenshot: MediaNord]
  
  Beispielfoto für Histogramm-Tipp [Foto: MediaNord] Histogramm für Beispielfoto [Screenshot: MediaNord]
  

Weitaus schlimmer als Unterbelichtungen sind Überbelichtungen. Bei einer deutlichen Überbelichtung bleibt die Aufnahme auch nach der Korrektur meist unbrauchbar, wie unser zweites Beispiel zeigt. Das Stadttor erscheint zu hell und wenig kontrastreich, der Himmel ist praktisch weiß (dabei war er doch strahlend blau). Das Histogramm zeigt entsprechend ausgeprägte Ausschläge am ganz rechten Rand. Dort ist nichts mehr zu retten, da keine Zeichnung mehr vorhanden ist. Auch der linke Bereich des Histogramms ist nicht in Ordnung. Hier reicht die Helligkeitsverteilung nicht bis zum linken Rand, obwohl doch das Motiv ausgeprägte Schattenpartien aufweist, bis hin zu tiefschwarz gestrichenen Holzbalken an rechten Haus. Hier kann eine Korrektur zumindest noch etwas Kontrast "herbeizaubern". Angesichts der starken Überbelichtungen in der Straße und im Himmel rettet diese Maßnahme das Foto aber leider auch nicht. Wie man an dem Beispiel sieht, hätte dieses Malheur mit einer Histogrammanzeige während der Aufnahme und etwas Erfahrung gut vermieden werden können. Größere hellweiße Flächen sind in unserem Motiv überhaupt nicht enthalten, insofern hätten große Ausschläge am rechten Rand des Histogramms den Fotografen während der Aufnahme stutzig machen können. Zur Sicherheit hätte er dann mehrere weitere Aufnahmen (Belichtungsreihe) mit unterschiedlicher, knapperer Belichtung gemacht.

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Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 58, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.