JPEG-Rivale von Microsoft: Bessere Qualität bei halber Dateigröße?

Microsoft greift nach den Standards: Nach dem PDF-Konkurrenten XPS kündigte der Konzern jetzt ein eigenes Fotoformat namens WMP an, das JPEG ablösen soll.

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Microsoft greift nach den Standards: Auf der letztjährigen WinHEC brachte der Hersteller sein geräteunabhängiges Dokumentenformat XPS – vormals Metro – gegen Adobes Quasi-Standard PDF in Stellung. Mit dem Bildformat Windows Media Photo (WMP) scheint der Hersteller nun auch das betagte JPEG in Rente schicken zu wollen – ein ambitioniertes Unterfangen, wie beispielsweise die Entwickler des designierten Nachfolgers JPEG2000 seit geraumer Zeit feststellen müssen.

Von Microsoft Deutschland war weder Genaueres zum Kompressionsalgorithmus noch zum geplanten Lizenzmodell zu erfahren, die publizierte Spezifikation skizziert das Format lediglich grob: Der in WMP verwendete Algorithmus soll Bilddaten sowohl verlustfrei als auch verlustbehaftet eindampfen können. Dabei sei die erzielte Bildqualität vergleichbar mit JPEG2000, Rechen- und Speicherbedarf kämen eher dem genügsamen JPEG nahe. Mit der verlustlosen Variante könne man Bilder auf etwa 40 Prozent ihrer Originalgröße schrumpfen und die verlustbehaftete Kompression liefere eine visuell bessere Qualität als JPEG bei nur halber Dateigröße. Die "visuell bessere Qualität" lässt allerdings viel Interpretationsspielraum. Vergleicht man beispielsweise JPEG2000 mit JPEG, so relativieren sich die für JPEG2000 proklamierten Qualitätsvorteile recht schnell: Sie treten erst bei Kompressionsraten auf, die ein Digitalfoto so oder so auf einen Schatten seiner selbst reduzieren – mit ein Grund, warum das "neue JPEG" sich nicht gegen das alte durchsetzen konnte.

Bilder können in den Farbmodi RGB, CMYK und Graustufen vorliegen oder bis zu acht beliebige Kanäle enthalten. Zudem ist ein Alphakanal vorgesehen, der für jedes Pixel einen Transparenzwert mitführt. Pro Kanal unterscheidet das Format 8 oder 16 Bit Helligkeitsstufen; 32-Bit-Bilder lassen sich nur verlustbehaftet komprimieren, wodurch sich die Farbtiefe faktisch auf 24 Bit pro Kanal verringern soll. Ähnlich wie TIFF kann das Format darüber hinaus XMP- oder EXIF-Daten sowie ICC-Profile bei sich führen.

Insbesondere aufgrund der höheren möglichen Farbtiefe sowie der besseren Unterstützung diverser Farbmodelle könnte WMP einen Bedarf im Digitalkamera-Markt decken, der derzeit eigentlich nur zwei Alternativen kennt: JPEG oder die Rohdatenformate der Kamerahersteller. Für Ersteres werden die 12 Bit Helligkeitsstufen auf 8 Bit reduziert. Wer alle Bilddetails erhalten und insbesondere bei der Nachbearbeitung ausschöpfen möchte, muss sich mit den Tücken der RAW-Konvertierung beschäftigen, was die Masse der Fotografen eher abschreckt. Für die hoch auflösenden Digitalkameras kommen auch 16-Bit-TIFF oder -PNG nicht mehr in Frage, da sie lediglich verlustlos komprimieren und zu viel Platz auf der Speicherkarte beanspruchen. Man darf also gespannt sein, wie WMP den Spagat zwischen hoher Farbtiefe und möglichst geringer Dateigröße hinbekommt – und ob dies spürbar detailreichere Bilder liefert als JPEG, sodass beispielsweise mehr Spielraum für die Nachbearbeitung bleibt. (atr)