Budget-Porträt-Festbrennweite

Viltrox 85 mm F1.8 Mark II FE im Test

2023-04-26 Wenn sich ein Gespräch um klassische Porträtbrennweiten dreht, dann wird zwangsläufig auch 85 Millimeter als Festbrennweite genannt und das zu Recht. Immerhin ist man nur etwas über der Normalbrennweite und noch nicht voll im Telebereich, zumindest wenn Kameras mit Vollformatsensor genutzt werden. Mit dem AF 85 mm F1.8 FE Mark II scheint der chinesische Hersteller Viltrox auf den ersten Blick alles richtig gemacht zu haben: Metallgehäuse, Autofokus, ausgesprochen schönes Bokeh und ein attraktiver Preis sollten jeden Sony-E-Mount-Vollformat- und Fujifilm-XF-Fotografen aufhorchen lassen. Was die lichtstarke Festbrennweite sonst noch so kann, verraten wir in diesem Test.  (Harm-Diercks Gronewold)

Verarbeitung

Das schwarz eloxierte Aluminium-Gehäuse des Viltrox 85 mm F1.8 Mark II FE hat einen Durchmesser von etwa acht Zentimetern und ist etwa 9,5 Zentimeter lang. Dabei bringt es etwa 484 Gramm auf die Waage. Am vorderen Ende sind ein 72 Millimeter großes Filtergewinde sowie ein Bajonett für die Streulichtblende untergebracht. Die Frontlinse bewegt sich dank der Innenfokussierung nicht nach vorne oder zurück.

Das Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II ist mit mit den Anschlüssen Sony FE und Fujifilm XF erhältlich. Da Fujifilm nur Kameras mit APS-C-Sensoren mit XF-Bajonett im Sortiment hat, ändert sich der Bildwinkel des 85 mm Objektivs und der entspricht dann dem eines 130 Millimeter Objektivs an Kleinbild Sensoren. Das liegt immer noch im Bereich klassischer Brennweiten für Porträt-Aufnahmen.

Das Bajonett besteht, ebenso wie das Gehäuse, aus Metall und im Bajonett befindet sich eine Micro-USB-Schnittstelle. Im von uns zuvor getesteten Viltrox AF 50 mm F1.8 FE handelt es sich hingegen eine modernere USB-C-Schnittstelle. Das ist aber auch recht egal, denn die Schnittstelle wird sowieso nur für Firmwareupdates genutzt. Besonders kurios ist, dass das Objektiv als Massenspeicher unter Windows erkannt wird und man neue Firmware-Versionen einfach per Explorer ins Objektiv überträgt. Auf einen Spritzwasserschutz und auch auf eine Gummilippe am Bajonett wurde bei der Konstruktion des Viltrox AF 85 mm F1.8 Mark II FE verzichtet.

Neben den üblichen Front- und Rückdeckeln gehören auch eine Streulichtblende in Blütenform sowie ein kleiner Transportbeutel zum Lieferumfang des Viltrox AF 85 mm F1.8 Mark II FE .Die Streulichtblende lässt sich zum Transport auch um 180 Grad drehen und befestigen.

Ausstattung und Fokus

Am Objektiv ist genau ein Bedienelement anzutreffen, nämlich der vier Zentimeter breite und recht fein geriffelte, angenehm leichtgängige Fokusring. Wie üblich bei modernen Autofokus-Objektiven ist der Fokusring mechanisch nicht mit der innenliegenden Fokuseinheit verbunden. Das ist auch beim 85 mm F1.8 Mark II FE von Viltrox so. Der Ring liefert elektrische Signale zur Ansteuerung des Schrittmotors im Objektiv. Der Fokus ring arbeitet linear. Damit ist der Drehwinkel für die Größe der Fokusdistanz zuständig und nicht die Drehgeschwindigkeit.

Die automatische Fokussierung ist recht flott, aber nicht rasend schnell. Neben der Single-Autofokus-Funktion kann das 85 mm F1.8 Mark II auch mit den Erkennungs- und Verfolgungsfunktionen bei kontinuierlichem Autofokus eingesetzt werden. Das funktionierte beim Test mit der Sony Alpha 7R III ziemlich gut, schnell und präzise.

Fokus-Atmung (Focus-Breathing) ist ein Effekt, der besonders bei Videoaufzeichnung negativ auffällt. Er äußert sich darin, dass sich der Bildwinkel durch die Fokussierung ändert. Dieser Effekt kann sich subtil äußern oder wirken, als hätte man am Zoomring gedreht. Das Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II besitzt den Effekt des Fokusatmens leider ziemlich deutlich.

Die Naheinstellgrenze des Viltrox beträgt laut Hersteller 80 Zentimeter, wir konnten die geringste Entfernung allerdings erst bei etwa 84 Zentimeter Abstand vom Sensor ermitteln. Von der Frontlinse sind es dann 73 Zentimeter. Das ist genug Platz, um zusätzliche Beleuchtung unterzubringen und versehentliche Abschattungen zu verhindern.

Das Bildfeld bei geringster Naheinstellgrenze beträgt 29,3 x 19,5 Zentimeter, also etwas weniger als ein DIN-A4-Blatt Papier. Der Abbildungsmaßstab ist 1:8,1, also minimal schlechter als das 1:8, was Viltrox in den technischen Daten angegeben hat. Der Vergrößerungsfaktor des Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II ist 0,12-fach.

Bildqualität

Im Inneren des Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II verrichten zehn Linsen in sieben Gruppen ihre Arbeit. Darunter befinden sich Linsen mit niedrigem Brechindex. Wie viele Linsen aus Spezialglas enthalten sind, verrät der chinesische Hersteller allerdings nicht. Asphärische Linsen kommen dagegen nicht zum Einsatz.

Das Aussehen des unscharfen Bereichs vor und hinter der Schärfeebene wird als Bokeh bezeichnet. Es gibt dafür keine allgemeingültigen Regeln, wie der Bereich auszusehen hat. Allgemein sind aber weiche Farbverläufe gewünscht und Spitzlichter sollten möglichst eine homogene Lichtverteilung aufweisen. Unerwünscht sind beispielsweise ringförmige Helligkeitsunterschiede in Spitzlichtern und Doppelstrukturen an feinen Objekten im Bildhintergrund.

Das AF 85 mm F1.8 FE Mark II von Viltrox kann in allen Bereichen punkten. Das Bokeh ist sehr weich und von seiner Helligkeit homogen. Doppelte Strukturen zeigen sich bei feinen Details im Hintergrund in keiner Situation. Damit eignet sich die Festbrennweite ideal für Porträtaufnahmen und andere Aufnahmen, bei denen ein weicher Hintergrund gewünscht ist. Darüber hinaus ist es recht unempfindlich gegenüber Streulicht, das von der Seite auf die Frontlinse trifft. Bei direkter Lichteinstrahlung tritt ein großflächiger Kontrastverlust im Bild auf. Die mitgelieferte Streulichtblende bietet bei frontalem Licht nur wenig Schutz.

Im Testlabor erreichte das Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II bei F8 seine maximale Auflösung von 71 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Motivkontrast. Der Auflösungsabfall zum Bildrand ist mit zehn Prozent auf 63 lp/mm erfreulich gering. Bei offener Blende zeigt das Objektiv leider nur eine eher mäßige Auflösung von 41 lp/mm in der Bildmitte, am Bildrand ist die Auflösung mit etwa 46 lp/mm etwas höher. Das Objektiv zeigt in allen Blendeneinstellungen einen sehr geringen Auflösungs-Randabfall.

Die Randabdunkelung ist bei offener Blende mit einem EV am höchsten. Wird die Blende geschlossen, fällt sie auf 0,4 EV und ab Blende 5,6 auf 0,1 EV. Farbsäume machen sich mit etwa zwei Pixeln Größe an starken Kontrastkanten leicht bemerkbar. Abseits davon sind Farbsäume kleiner als ein Pixel und damit quasi unsichtbar. Die Verzeichnung zeigt sich mit 1,5 Prozent Kissenform recht stark (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Die Verzeichnung wird ab einem radialen Abstand von etwa 60 Prozent sichtbar. Man sollte sich daher überlegen, die Verzeichnung über die Bildbearbeitung nachträglich auszugleichen.

Vergleich

Sony selbst bietet mit dem FE 85 mm F1.8 ein relativ preisgünstiges Porträt-Objektiv an. Es ist jedoch etwa 150 Euro teurer als das Viltrox. Es besitzt ebenfalls ein hochwertiges Metallgehäuse und bietet zusätzlich zum Fokusring sogar einen AF-MF-Schalter sowie eine Funktionstaste. Optisch ist das Sony dem Viltrox klar überlegen, vor allem bei Offenblende (siehe Test in den weiterführenden Links). Nicht ganz optimal ist dagegen das Bokeh. Es geht zwar in Ordnung, kann aber nicht ganz mit dem Viltrox mithalten.

Das Samyang AF 85 mm F1.4 FE zeigt sich im Test (siehe weiterführende Links) trotz höherer Lichtstärke schon bei offener Blende mit 80 lp/mm als recht hochauflösend, allerdings wird die gute Auflösung bis F4 vom hohen Randabfall geschmälert, auch wenn diese bei Porträts oft weniger relevant ist. Immerhin ist das Samyang schon für etwa 550 Euro zu haben und liegt damit nur etwa 200 Euro über dem Viltrox-Objektiv.

Fujifilm-Fotografen sollten sich dagegen das Viltrox AF 75 mm F1.2 Pro genauer ansehen. In unserem Test (siehe weiterführende Links) zeigte es eine hervorragende optische Qualität mit hoher Auflösung bereits ab Offenblende. Allerdings ist es auch gut 200 Euro teurer als das 85 mm F1.8, die jedoch aufgrund der höheren Lichtstärke und vor allem besseren Bildqualität sehr gut angelegt sind.

Fazit

​Das Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II hinterlässt bei der Verarbeitung und dem Handling einen tadellosen Eindruck. Auch das Bokeh ist wunderschön und die Streulichtempfindlichkeit wird nur bei direktem Gegenlicht problematisch. Die Auflösung könnte jedoch, besonders bei offener Blende, besser sein. Immerhin ist der Auflösungs-Randabfall gering und Farbsäume halten sich in Grenzen. Insgesamt erfüllt das Viltrox AF 85 mm F1.8 FE Mark II alle Erwartungen, die man bei einer Autofokus-Festbrennweite für 370 Euro haben kann.

Kurzbewertung

  • Hochwertiges Metallgehäuse
  • Micro-USB-Schnittstelle für Firmwareupdates
  • Schönes Bokeh
  • Geringe Streulichempfindlichkeit
  • Geringer Auflösungs-Randabfall
  • Hohe Verzeichnung
  • Auflösung bei offener Blende gering
  • Kontrastverlust bei direktem Gegenlicht

Viltrox AF 85 mm F1.8 Mark II mit Sony Alpha 7R III

Verzeichnung


Hersteller Viltrox
Modell AF 85 mm F1.8 Mark II
Unverbindliche Preisempfehlung 399,00 €
Bajonettanschluss Fujifilm XF, Sony E
Brennweite 85,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
KB-Vollformat ja
Linsensystem 10 Linsen in 7 Gruppen
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 800 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 72 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 85 x 110 mm
Objektivgewicht 482 g

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.