Kompaktes Vollformat-Weitwinkel

Testbericht: Tamron 20 mm F2.8 Di III OSD M1:2 (Modell F050)

2021-09-22 Ende 2019 stellte Tamron ein lichtstarkes Objektiv-Trio für spiegellose Vollformatkameras mit Sony-E-Mount vor. Darunter auch das 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 (Modell F050). Wir haben das Vollformat-Weitwinkel im Labor und der fotografischen Praxis genau geprüft. Ob die starke Verzeichnung das einzige Problem des Weitwinkels ist, verraten wir in diesem Test.  (Harm-Diercks Gronewold)

Das Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 bildet mit dem 24 mm F2,8 Di III OSD M1:2 und dem 35 mm F2,8 Di III OSD M1:2 ein Trio. Alle drei Objektive teilen sich bis auf die Brennweite nämlich das gleiche Gehäuse. Zudem sind alle drei für Vollformatkameras mit Sony-E-Bajonett vorgesehen. Darüber hinaus hat jedes Objektiv des Trios dieselbe unverbindliche Preisempfehlung von knapp 550 Euro. Die Straßenpreise liegen jedoch teilweise um mehr als die Hälfte darunter. Während das 20 mm mit Preis ab ca. 280 Euro am teuersten ist, kosten das 24er und 35er bei einigen Händlern sogar weniger als 200 Euro.

Das Di III auf dem Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 bedeutet, dass es sich um die dritte Generation des "Digitally integrated design" handelt und dass diese auf spiegellose Systemkameras abgestimmt sind. Das zweite Kürzel in der Objektivbezeichnung ist "OSD" und diese bezeichnet den Autofokus-Antrieb. Dieser "Optimized Silent Drive" soll leise, präzise und schnell sein.

Das Gehäuse besteht aus einem mattiertem Kunststoff, der sich nicht sonderlich hochwertig anfühlt. Das Bajonett des Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 ist aus Metall gefertigt. Mit 220 Gramm ist das Objektiv angenehm leicht und auch die Länge von 64 Millimetern bei einem Durchmesser von 73 Millimeter geht in Ordnung.

Ausstattung

Das Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 bietet dem Fotografen einen Fokusring als Bedienelement. Dieser besteht aus geriffeltem Kunststoff, lässt aber eine Gummierung vermissen. Immerhin bietet er genug Traktion, ist aber wegen der Materialfestigkeit bei der Reinigung durchaus problematisch. Eine kleine Gummilippe am Objektivbajonett verrät, dass ein Staub- und Spritzwasserschutz besteht. Allerdings wird dieser nicht gewährleistet.

Im Inneren des 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 arbeiten zehn Linsen in neun Gruppen. Darunter asphärische Linsen und Linsen aus Spezialglas mit geringem Brechindex. Der Einsatz dieser Sonderlinsen soll Farbsäume verringern und eine hohe Auflösung bis an den Bildrand gewährleisten. Wie gut das funktioniert, verraten wir im Abschnitt "Bildqualität" dieses Tests.

Um Innenreflektionen wie Blendenflecken und Streulichtprobleme zu vermeiden, sind die Linsen mit der BBAR-Vergütung versehen (Broad Band Anti Reflection). Streulicht, das im spitzen Winkel in auf die Frontlinse trifft, erzeugt dennoch in der Praxis Innenreflektionen, die sich als durchaus deutliche Blendenflecke (Lens Flares) zeigen. Auch ist eine Kontrastreduktion zu beobachten. Allerdings muss der Winkel schon sehr spitz sein. Es ist daher generell angebracht, die mitgelieferte, minimalistische Kunststoff-Streulichtblende auf das entsprechende Kunststoffbajonett des Objektivs zu montieren.

Am vorderen Ende des Objektivs sind ein 67 Millimeter großes Filtergewinde und ein Kunststoffbajonett für die zum Lieferumfang gehörende Streulichtblende zu finden. Beide drehen sich bei der Fokussierung nicht mit, so dass Polfilter und auch Rechteckfilter eingesetzt werden können. Trotz des großen Bildwinkels von etwa 93 Grad diagonal hat man für die Montage von Filtern einiges an Platz, was vor allem am recht kleinen Linsendurchmesser liegt. Denn vom 60 Millimeter großen Innendurchmesser entfallen gerade einmal etwa 30 Millimeter auf die eigentliche Linse.

Zur Fokussierung kommt, wie bereits eingangs erwähnt, ein Optimized Silent Drive (OSD) zum Einsatz. Dieser soll laut Hersteller Präzision, Geschwindigkeit und geringes Betriebsgeräusch vereinen. Während des praktischen Tests haben wir nichts Gegenteiliges beim Einsatz feststellen können. Während der Motor grundsätzlich leise ist, kommt es immer wieder zu mechanischem Klicken im Objektiv während der Fokussierung. Dies lässt sich zwar minimieren, wenn man den Vor-AF in der Kamera deaktiviert, aber ganz abschalten lässt es sich nur im manuellen Fokusmodus. Das Klicken ist nicht spezifisch für das Tamron-Objektivtrio 20 mm, 24 mm und 35 mm. Es wirkt bei diesem jedoch lauter als beispielsweise beim Tamron 70-180 mm 2.8 Di III VXD (A056SF).

Wird die Fokussierung manuell durchgeführt, arbeitet der Fokusring nicht linear. Das bedeutet, dass die Drehgeschwindigkeit des Fokusrings darüber entscheidet, wie groß die zurückgelegte Fokusdistanz ist. Das ist ein von Fotografen sehr geschätztes Ausstattungsmerkmal. Videografen bevorzugen hingegen eher die lineare Fokussierung, die unabhängig von der Drehgeschwindigkeit die Fokusdistanz verstellt.

Der minimale Aufnahmeabstand des 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 liegt bei elf Zentimetern von der Sensorebene gemessen. Ab Objektivfront sind es sogar nur 2,5 Zentimeter. Das minimale Bildfeld ist dabei etwa 70 Millimeter breit, was einem 0,6-fachen Vergrößerungsfaktor beziehungsweise einem Abbildungsmaßstab von etwas mehr als 1:2 entspricht. Damit eignet sich das Objektiv grundsätzlich für Makro-Aufnahmen. Allerdings ist man dabei so dicht am Motiv, dass es zu Abschattungen durch Kamera und Objektiv kommt.

Interessant bei der Objektivkonstruktion ist, dass sich die Länge des Objektivs nicht ändert, die Frontlinse sich aber trotzdem vor und zurück bewegt. Das Gehäuse wurde einfach etwas länger konzipiert, als es für den maximalen Fokusweg notwendig ist. Deswegen haben alle drei Objektive des Trios auch die gleiche Länge und Durchmesser.

Bildqualität

Die Beurteilung der Bildqualität umfasst zum einen unsere Labor-Messergebnisse zur Auflösung, Randabdunklung und mehr. Aber auch subjektive Eindrücke wie die Bewertung des Bokeh, also dem unscharfen Bereich vor und hinter der Schärfenebene, gehört dazu.

Das Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 zeigt ein erstaunlich weiches Bokeh im Vorder- und Hintergrund der Schärfenebene. Die Lichtplättchen sind fast komplett homogen und zeigen nur bei etwas dunkleren Lichtern einen minimalen Hang zu "Zwiebelringen". Farben von ungleichmäßigen Strukturen "fließen" nahezu ineinander. Das sieht besonders bei Makro-Aufnahmen sehr ansprechend aus.

Für unseren Labortest prüfen wir, ob das Objektiv mit den automatischen Korrekturfunktionen der Kamera zusammenarbeitet. In der Werkseinstellung sind die Korrekturen für Farbsäume und Randabdunklungen aktiviert, die automatische Verzeichnungskorrektur hingegen nicht.

Leider war es ohne die Verzeichnungskorrektur nicht möglich, die Auflösung des Objektivs zu messen. Der Grund dafür sind die starken Verzerrungen der Messquadrate durch die überdurchschnittliche tonnenförmige Verzeichnung des Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 von knapp acht Prozent. Um die Auflösung dennoch ermitteln zu können, haben wir die interne Verzeichnungskorrektur aktivieren müssen, auch auf die Gefahr hin, dass der Auflösungs-Randabfall dadurch steigt.

Die geringe Randabdunklung von maximal 0,8 Blendenstufen bei offener Blende und die faktisch nicht vorhandenen Farbsäume zeigen, wie gut Kamera und Objektiv aufeinander abgestimmt sind. Auch die Verzeichnung wird gut auskorrigiert und erreicht nur noch 0,5 Prozent Tonnenform.

Die höchste Auflösung erreicht das Objektiv bei F4 mit 84 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Bildzentrum. Dabei zeigt es jedoch einen recht saftigen Auflösungsverlust zum Bildrand von knapp über 50 Prozent. Wie viel davon auf die elektronische Verzeichnungskorrektur zurückzuführen ist, lässt sich leider nicht beurteilen. Die Auflösung ist im Bildzentrum jedenfalls ordentlich und macht sich in einer guten Detailwiedergabe bemerkbar. Blendet man das Objektiv auf F8 bis F11 ab sinkt zwar die Auflösung im Bildzentrum auf 77 beziehungsweise 75 lp/mm, erreicht aber am Bildrand sein Maximum von knapp 59 lp/mm, so dass der relative Randabfall hier nur noch knapp über 20 Prozent liegt, was für ein so preisgünstiges Weitwinkel völlig in Ordnung geht.

Fazit

Das Tamron 20 mm F2,8 Di III OSD M1:2 (F050) ist ein ziemlicher Preisknaller für ein Vollformat-Weitwinkelobjektiv mit hoher Lichtstärke. Die Auflösung ist recht hoch und der minimale Aufnahmeabstand erstaunlich gering. Der Autofokus ist flott und die Makrofunktion macht, auch in Bezug auf das Bokeh, viel Spaß. Weniger gut zeigen sich dagegen der hohe Auflösungsverlust zum Bildrand und die massive Verzeichnung in Tonnenform. Immerhin lässt sich letztere durch die interne Korrektur der Kamera in den Griff bekommen.

Kurzbewertung

  • Leicht und Handlich
  • Gute Auflösung in der Bildmitte
  • Gutes Bokeh
  • Prima Abstimmung mit der Kamera
  • Über 50 % Auflösunsgverlust zum Bildrand
  • Keine Gummierung am Fokusring
  • Objektivgehäuse wirkt billig

Tamron 20 mm F2.8 Di III OSD M1:2 (F050) mit Sony Alpha 7R III

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Tamron
Modell 20 mm F2.8 Di III OSD M1:2 (F050)
Unverbindliche Preisempfehlung 549,00 €
Bajonettanschluss Sony E
Brennweite 20,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F2,8
Kleinste Blendenöffnung F22
KB-Vollformat ja
Linsensystem 10 Linsen in 9 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 110 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 67 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 73 x 64 mm
Objektivgewicht 220 g

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Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.