Farbmanagement

Testbericht: Spyder X Elite

2019-02-11 Vorbei ist die Zeit, als das Farbmanagement nur im Profibereich eine Rolle spielte. Mit den ersten bezahlbaren Farbmanagement-Lösungen wurden auch ambitionierte Hobbyfotografen von dem komplexen Thema eingefangen. Der erste Schritt zum Farbmanagement ist die Kalibrierung des Monitors, wozu ein Colorimeter benötigt wird. Mit dem neu vorgestellten Spyder X geht Datacolor mit einer vollständig neuen Colorimeter-Konstruktion ins Rennen und wir haben uns dieses Gerät genauer angeschaut.  (Harm-Diercks Gronewold)

Beim Farbmanagement geht es prinzipiell nur um eine einzige Sache und zwar, dass die Farben und Helligkeit von dem aufgenommenen Bild über die Bildbearbeitung bis hin zur Ausgabe gleich sind. Kurz gesagt: der Druck soll der Darstellung am Monitor so ähnlich wie möglich sein. So ähnlich wie möglich? Ja, so ähnlich wie möglich. Eine hundertprozentige Reproduktion ist nicht möglich, da das Monitorbild von hinten "durchleuchtet" wird und das gedruckte Bild Licht reflektiert und absorbiert.

Der erste Schritt zum Farbmanagement ist gleichzeitig der wichtigste. Er legt nicht nur den Grundstein für das Wissen, das man sich aneignen sollte, sondern er liefert auch die Basis, von der alles ausgeht. Das Colorimeter ist hierbei die Hardware, die im Mittelpunkt steht. Die Sypder X ist eine solche Hardware und sie wird in der Pro- und Elite- Version ausgeliefert. Während die Hardware beider Versionen identisch ist, unterscheidet sich der Funktionsumfang der Software. Zwar bringt die knapp 180 Euro teure Pro-Version alle für Fotografen notwendigen Funktionen mit, aber mit der etwa 280 Euro teuren Elite Version kann man noch einiges mehr machen, wie zum Beispiel Projektoren kalibrieren, erweiterte Einstellungen vornehmen et cetera.

In welchen Details sich die Versionen unterscheiden, erfährt der Leser auf der datacolor-Website (siehe weiterführende Links). Zu den größten Unterschieden gehört aber die Anzahl der Kalibrierungseinstellungen. Diese beträgt bei der Pro-Version maximal zwölf und ist bei der Elite-Version unbegrenzt. Auch die Softprooffunktion sowie die Möglichkeit des Einsatzes von Kalibrierungsvorlagen für Videoformate sind der Elite-Version vorbehalten. Sollen Monitore für den fotografischen Einsatz kalibriert werden, so reicht die SpyderX Pro problemlos aus. 

Das Gehäuse des SpyderX ist glänzend weiß und mit einem roten Zierstreifen versehen. Letzterer ist dann auch eher schnell verarbeitet, so dass er auf einer Seite recht passgenau ist und auf der anderen Seite weniger. Das Gehäuse besitzt an einer Seite ein aus Messing geschnittenes 1/4 Zoll Gewinde, um es auf einem Stativ montieren zu können. Das ist beispielsweise nötig, wenn ein Projektor zu kalibriert werden soll.

Auch wenn das Gehäuse des SpyderX bis auf die Farbe dem Spyder 5 zum verwechseln ähnlich sieht, hat sich dennoch einiges an der Hardware getan. Die Wabenstruktur auf der dem Monitor zugewandten Seite ist verschwunden und eine große Glaslinse dominiert den Mittelpunkt des SpyderX. Die Linse liegt etwas tiefer im Gehäuse. Das verhindert zum einen, dass die Linse zerkratzt, wenn der SpyderX auf dem Monitor angebracht wird. Zum anderen wird die Streulichgefahr reduziert.

Mit dem Einsatz einer Linse ist dann auch der Wabenfilter verschwunden. Dieser hatte bei den vorherigen Spyder-Modellen die Aufgabe, den empfindlichen Gelatine-Filter zu schützen und Streulicht  abzufangen. Die Abdeckung der Linsenseite übernimmt eine Kappe, die gleichzeitig das Gegengewicht ist, mit dem der SpyderX vor dem Monitor gehalten wird. Damit die Kappe/Gegengewicht nicht verloren geht, wird ist sie am Kabel befestigt, kann aber noch an diesem bewegt werden, um optimal als Gegengewicht eingesetzt werden zu können.

Nachdem die Software installiert wurde, kann es auch schon losgehen. Die Software erlaubt dem Bildbearbeiter verschiedene Wege, um den Monitor zu kalibrieren. Die Software führt den Bildbearbeiter zunächst durch die Grundlegenden Auswahlmöglichkeiten. Diese beginnen mit dem Vorwärmen des Monitors, gehen über die  Auswahl der Monitor-Hintergrundbeleuchtung bis zur Auswahl, ob ein Assistent genutzt, die Expertenkonsole eingesetzt oder Multi-Monitor-Arbeitsplätze aufeinander angepasst werden sollen. Einsteigern sei der Assistent ans Herz gelegt, denn dieser führt durch den Kalibrierungsprozess und erklärt die einzelnen Arbeitsschritte genau.

Nach der Auswahl beginnt der Kalibrierungsprozess, in dessen Zuge auch Monitoreinstellungen vom Bildbearbeiter verändert werden müssen, wie beispielsweise die Einstellung der Hintergrundbeleuchtung. Diese ist abhängig vom Umgebungslicht, die vom SpyderX mit dem Rückwärtigen Sensor ermittelt wird. Je heller es an einem Bildbearbeitungsplatz ist, desto heller muss die Hintergrundbeleuchtung sein. Je heller allerdings die Hintergrundbeleuchtung ist, desto schlechter kann das menschliche Auge Helligkeitsunterschiede in den Tiefen eines Bildes erkennen. Das führt dann dazu, dass Bilder, die auf diesem Monitor bearbeitet wurden, auf anderen Monitoren, Drucken oder Ausbelichtungen zu Dunkel dargestellt werden.

Nachdem die Vormessung, die Umgebungslichtmessung und die Einstellung der Hintergrundbeleuchtung abgeschlossen sind, erfolgt die Hauptmessung. Beim Spyder 5 war das der Zeitpunkt, wo man sich in aller Ruhe einen Kaffee holen konnte, da die Geschwindigkeit der Messungen sehr gemütlich war. Genau hier unterscheidet sich dann der SpyderX deutlich von seinen Vorgängern. In einer wirklich rasanten Geschwindigkeit wechseln sich die zur Messung verwendeten Farbtafeln ab und schon nach kurzer Zeit ist die Messung abgeschlossen. Danach kann das Kalibrierungsprofil benannt und gespeichert werden. Zudem lässt sich eine Vorher/Nachher-Umschaltung nutzen.

Eine kleine Funktionen mit dem Namen SpyderTune findet sich ebenfalls am Ende des Kalibrierungsprozesses. Mit dieser Funktion lässt sich ein zweiter Monitor (etwa ein Zweitmonitor für die Werkzeugleisten etc., der sich beispielsweise aufgrund seines Alters oder der abweichenden Paneltechnik ohnehin nicht identisch zum Hauptmonitor kalibrieren lässt) mit Hilfe von Schiebereglern manuell auf den zuvor kalibrierten Monitor anpassen. Dabei ist zu beachten, dass diese Anpassung subjektiver Natur ist und der zweite Monitor danach nicht automatisch kalibriert ist. Auch darf SpyderTune nicht auf dem kalibrierten Monitor eingesetzt werden, da es den Kalibrationsprozess ad Absurdum führt.

Weiß der Bildbearbeiter, was er will und soll der Monitor auf ein bestimmtes Ziel (Target) kalibriert werden, dann ist die Experten-Konsole genau der richtige Ort, das zu tun. In diesem Bereich stehen verschiedene Optionen und Targets zur Verfügung, auf die mit dem SpyderX kalibriert werden kann.

Wie schaut es mit der Kompatibilität der SpyderX zu hardwarekalibrierbaren Monitoren aus? Diese berechtigten Frage sind wir nachgegangen und haben den Senior Manager Global IMS Support von Datacolor, Oliver Mews. gefragt. Seine Antwort war kurz und knackig, dass es bei Produktlaunch noch keine Kompatibilität des SpyderX mit den Monitor-Hersteller-Softwarelösungen geben wird. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Kompatibilitäten bei den großen Herstellern zeitnah implementiert werden, wie es auch schon bei den Vorgängern der SpyderX geschehen ist. Solange, bis das der Fall ist, kann der Bildbearbeiter die Spyder-X-Software zum Kalibrieren einsetzen, auch wenn die Daten nicht in die Lookup-Table (LUT) des Monitors geschrieben werden.

Fazit

Die Datacolor-Kalibrierungssoftware ist seit einigen Generationen schon leicht zu bedienen und trotz der optionalen Komplexität auch für Einsteiger verständlich. Das hat sich auch mit der SpyderX nicht geändert. Einsteiger werden durch die verschiedenen Arbeitsschritte geführt und Profis erhalten eine Vielzahl von Einstellungsoptionen zur Anpassung. Drastisch geändert wurde hingegen die Arbeitsgeschwindigkeit des Colorimeters. Vorbei sind die Zeiten des gemütlichen Messens der Farbtafeln. Diese wechseln sich dermaßen schnell ab, dass man meinen könnte, eine Demonstration der Software würde ablaufen und nicht eine echte Messung. Rein visuell konnten die Ergebnisse der Kalibrierung überzeugen. Alles in Allem ist SpyderX ein gelungener Einstieg in das Farbmanagement und ein überzeugendes Upgrade, wenn ein neues Colorimeter angeschafft werden soll.

Kurzbewertung

  • Sehr hohe Messgeschwindigkeit
  • Einfache Handhabung
  • Visuelle Anpassung für Werkzeugmonitor
  • Kalibrierungsvorlagen für Videoformate (Elite)
  • Gehäuse könnte besser verarbeitet sein

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.