Aller guten Dinge sind vier

Testbericht: Sony FE 35 mm F1.4 GM (SEL35F14GM)

2021-01-13 Aller guten Dinge sind vier, könnte man beim Sony FE 35 mm F1.4 GM meinen, denn es ist bereits das vierte 35mm-Objektiv im Sony-FE-Programm und das zweite mit einer Lichtstärke von F1,4. Daher mag man es vielleicht für ein Update des FE 35 mm 1.4 Distagon T* ZA halten, aber tatsächlich ist es ein komplett neues Objektiv und ergänzt das FE 24 mm F1.4 GM um eine längerbrennweitige Alternative beziehungsweise macht aus dem Einzelobjektiv eine Serie, in der hoffentlich auch noch weitere Brennweiten, etwa ein 50er, 28er oder gar ein 100er folgen. Sony schickte uns freundlicherweise bereits ein Serienexemplar des FE 35 mm F1.4 GM, das wir an der 61 Megapixel auflösenden Alpha 7R IV testen durften.  (Benjamin Kirchheim)

Auf den ersten Blick sieht das Sony FE 35 mm F1.4 GM dem FE 24 mm F1.4 GM (Testbericht siehe weiterführende Links) zum Verwechseln ähnlich, aber es gibt durchaus kleinere Unterschiede. So ist das 35er mit 9,6 Zentimetern etwa vier Millimeter länger, vor allem aber wiegt es mit 524 Gramm fast 80 Gramm mehr. Das Gehäuse besteht aus Metall- und Kunststoffkomponenten und macht einen hochwertig verarbeiteten Eindruck. Die Kunststoffoberflächen sind matt gesprenkelt. Der schwarze Metallring an der Objektivfront hat hingegen eine eher seidenmatte Struktur, die ein tieferes Schwarz aufweist. Vielleicht soll er darüber hinwegtäuschen, dass das Gegenlichtblendenbajonett und das 67mm-Filtergewinde aus Kunststoff bestehen. Letzteres ist der einzig wirkliche Kritikpunkt am Kunststoff, man sollte tunlichst darauf achten, Metallfilter gerade einzuschrauben (siehe auch unseren Fototipp in den weiterführenden Links).

Das Gehäuse wirkt nicht nur robust, es ist auch gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, auch wenn Sony wie immer einschränkt, dass kein vollständiger Schutz gewährleistet werden kann. Das Bajonett besteht jedenfalls aus Metall und wird von einer Gummilippe umgeben, damit auch hier möglichst kein Staub und Spritzwasser eindringen kann.

Ausstattung

Direkt hinter dem bereits erwähnten Metall-Zierring sitzt der knapp über zwei Zentimeter breite Fokusring, der mit einer geriffelten, griffigen Gummierung versehen ist. Er arbeitet rein elektronisch und bietet einen angenehmen Widerstand. Sony betont die lineare Übersetzung des Fokusrings, das werden vor allem Videografen begrüßen. Das bedeutet, dass ein Zurückgelegter Weg den Fokus immer gleich weit verstellt, egal ob man schnell oder langsam dreht. Fokushilfen beziehungsweise eine Entfernungsanzeige bietet das Objektiv nicht, das wird alles über die Kamera geregelt. Die von uns verwendete Sony Alpha 7R IV bietet neben einer Fokusskala, deren Werteanzeige aber nur zur groben Orientierung dient, auch eine Fokuslupe sowie Fokus-Peaking an, womit sich wunderbar manuell fokussieren lässt.

Angetrieben wird der intern arbeitende Fokus von zwei XD-Linearmotoren. Das ist ein technischer Unterschied zum 24 mm F1.4 GM, das über einen Ultraschall-Direktantrieb verfügt. In der Praxis macht das aber keinen Unterschied, denn der Autofokus arbeitet schnell, leise und präzise. Dank des links am Gehäuse angebrachten AF-MF-Schalters kann man jederzeit zwischen automatischer und manueller Fokussierung wechseln. Direkt darüber sitzt ein Funktionsknopf, der standardmäßig mit der Fokus-Halte-Funktion belegt ist, aber über die Kamera auch umprogrammiert werden kann.

Die Naheinstellgrenze beträgt mit Autofokus laut Sony 27 Zentimeter ab Sensorebene und mit manuellem Fokus sogar nur 25 Zentimeter, was einen nicht unerheblichen Einfluss auf den maximalen Abbildungsmaßstab hat. Während dieser mit Autofokus beachtliche 1:4,3 beträgt, steigt er bei manuellem Fokus sogar auf 1:3,8. In der Praxis konnten wir identische Naheinstellgrenzen erreichen. Als minimales Bildfeld haben wir 13 x 8,7 Zentimeter gemessen, was sogar einem Abbildungsmaßstab von 1:3,6 entspricht – äußerst beachtlich für ein Weitwinkelobjektiv! Die Entfernung der Objektivfront zum Motiv beträgt dabei etwa 13,5 Zentimeter, mit Streulichtblende sind es knapp über zehn Zentimeter.

Das Sony FE 35 mm F1.4 GM bietet darüber hinaus einen 1,3 Zentimeter breiten Blendenring. Er ist auf einer Breite von sieben Millimetern mit einer griffigen Kunststoffriffelung versehen, der hintere glatte Teil trägt die gut lesbaren, eingravierten und weiß ausgelegten Beschriftungen. Von F1,4 bis F16 sind alle vollen Blendenstufen beschriftet und die Drittelschritte dazwischen markiert. Zwischen F16 und der A-Stellung, die rot ausgelegt ist, befinden sich keine Zwischenschritte, der Abstand ist trotzdem so groß wie zwischen zwei vollen Blendenstufen. Das soll wohl helfen, den Ring nicht versehentlich aus oder in die A-Stellung zu bringen. Eine weitere Sicherung außer der knackigen Rastung gibt es nicht. Der Klick zwischen F1,4 und F16 lässt sich mit einem Schiebeschalter an der rechten unteren Seite des Objektivs deaktivieren, die Blende arbeitet dann sogar tatsächlich stufenlos beziehungsweise in sehr viel Feineren als den Drittelschritten.

Die "A"-Beschriftung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass man nicht zwischen automatischer und manueller Blendenwahl umschaltet, sondern lediglich zwischen der Kontrolle durch die Kamera ober über den Blendenring. Dieser funktioniert nämlich ohnehin nur in den Programmen, die eine Blendenverstellung durch den Fotografen erlaufen, also die Zeitautomatik und den manuellen Modus. Mit Blendenring auf A wird die Blende über die Funktionsräder der Kamera eingestellt.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.