Lichtstarkes Ultraweitwinkelzoom

Testbericht: Sony FE 12-24 mm F2.8 GM (SEL-1224GM)

2020-08-05 Das Sony FE 12-24 mm F2.8 GM (SEL-1224GM) ist das lichtstärkste 12-24mm-Superweitwinkelzoom am Markt. Es eröffnet damit neue Möglichkeiten in der Superweitwinkel-Available-Light-Fotografie sowie in der Astrofotografie. Doch um die hohe Lichtstärke nutzen zu können, muss man mit 3.300 Euro nicht nur eine Stange Geld investieren, sondern das Objektiv muss auch bei Offenblende eine hohe Bildqualität liefern, um diese Investition zu rechtfertigen. An der über 60 Megapixel auflösenden Sony Alpha 7R IV haben wir das einzigartige Objektiv getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Bisher gab es F2,8-Superweitwinlkelzooms nur mit längerer Anfangsbrennweite oder man bekam diesen oder sogar einen größeren Bildwinkel nur mit geringerer Lichtstärke, etwa beim Canon 11-24 mm F4. Normalerweise sind Objektive mit so kleiner Brennweite, vor allem in Kombination mit hoher Lichtstärke und dem großen Vollformat-Bildkreis, sehr groß. Bei spiegellosen Systemkameras mit ihrem geringen Auflagemaß, im Fall von Sony E sind es 18 Millimeter, können Weitwinkelobjektive aber bedeutend kompakter ausfallen als vergleichbare DSLR-Objektive.

Verarbeitung und Zoomfunktion

Das Sony FE 12-24 mm F2.8 GM kann man zwar nicht unbedingt als klein bezeichnen, aber ein riesiger Trümmer ist es auch nicht gerade. Knapp unter zehn Zentimeter misst es im Durchmesser, die Länge beträgt etwa 13,5 Zentimeter. Auch das Gewicht von rund 850 Gramm ist durchaus noch tragbar, in Kombination mit der Alpha 7R IV kommen gut 1,5 Kilogramm zusammen. Das Gehäuse besteht teilweise aus Metall, größtenteils aber aus hochwertigem Kunststoff.

Die Frontlinse ist stark gewölbt, die Streulichtblende ist Teil der Objektivkonstruktion und nicht abnehmbar, ein Filtergewinde gibt es nicht. Oben und unten steht die Streulichtblende nur leicht über die Frontlinse hinaus, viel mechanischen Schutz bietet sie also nicht. Dank einer Fluorvergütung haftet Schmutz schlecht an, entsprechend einfach lässt sich die Frontlinse reinigen. Beim Transport kommt ein zehn mal drei Zentimeter großer Stülpdeckel zum Einsatz, der sich an den Rillen auf der Innenseite der Streulichtblende festhakt und damit sehr sicher sitzt.

Als Notbehelfsersatz für das fehlende Filtergewinde legt Sony eine Schablone bei, mit deren Hilfe man sich leicht aus einer Folie einen Filter schneiden kann, der hinten am Objektiv eingesetzt wird. Das ist aber wirklich nur ein Notnagel, denn einerseits ist die Lösung fummelig und andererseits ist eine Folie nicht mit einem vergüteten Glasfilter vergleichbar und damit der Bildqualität sicher nicht zuträglich. Mit Glück nehmen sich Zubehörhersteller dieser (sehr kleinen) Marktlücke an und stellen passende, hochwertige Filtereinsätze her. Sony hat dagegen nicht die Absicht, das zu tun, sonst läge keine Schablone bei.

Das Objektiv wird von hinten nach vorne immer breiter. Hinten am Bajonett misst es lediglich sechs Zentimeter im Durchmesser. Während das Bajonett aus Metall besteht, folgt dann ein Kunststofftubus, der 2,4 Zentimeter breite Zoomring wiederum besteht aus Metall. Davon bemerkt man aber nicht viel, denn auf einer Breite von 1,8 Zentimetern sorgt ein geriffeltes Gummi für den nötigen Grip. Mit weniger als einer viertel Umdrehung kann von 12 auf 24 Millimeter gezoomt werden, was einem zweifachen Zoomfaktor entspricht. Bei 12, 14, 16, 18, 21 und 24 Millimeter sind Brennweitenmarkierungen in allerdings relativ kleiner Schrift angebracht. Damit lassen sich alle "klassischen" Brennweiten zielgenau einstellen. Auf dem Kameradisplay hingegen wird die Brennweite leider nicht angezeigt.

Der Tubus zwischen Zoom- und Fokusring besteht wiederum aus Kunststoff, der Fokusring ebenfalls. Dann folgt ein Metalltubusteil, der dem Objektiv eine höhere Stabilität gibt, die fest verbaute Streulichtblende hingegen besteht wieder aus Kunststoff und kann damit Stöße an der Objektivfront besser abfedern. Sowohl der Zoom- als auch der Fokusmechanismus arbeiten rein intern, das heißt, dass sich die Länge des Objektivs nicht ändert, womit auch keine Luft gepumpt wird. Das ist für die Abdichtung gegen Staub und Spritzwasser wichtig, die damit weniger leisten muss, um effektiv zu wirken. Ein Dichtring am Bajonett fehlt selbstverständlich nicht. Insgesamt wirkt das Objektiv mit seinem Materialmix solide und langlebig konstruiert.

Fokussierung

Der Fokusring ist 1,8 Zentimeter breit, die geriffelte Gummierung 1,2 Zentimeter. Das ist zwar recht schmal, aber zum Arbeiten ausreichend. Der Fokusring bietet einen ähnlich angenehmen Widerstand wie der Zoomring, man spürt dabei aber, dass keine Mechanik bewegt wird. Auch einen festen Anschlag gibt es nicht und aufgrund der elektronischen Arbeitsweise auch keine Entfernungsanzeige. Diese wird lediglich in Form einer Skala und einer digitalen Entfernungsangabe auf dem Kameradisplay beziehungsweise im elektronischen Sucher eingeblendet, aber die Werte sind nicht besonders genau. Eine bessere Fokushilfe sind die Lupen- sowie die Peaking-Funktion, mit diesen Einstellhilfen lässt sich präzise manuell fokussieren.

Umgeschaltet zwischen manuellem und Autofokus wird bequem über einen mechanischen Schalter an der Objektivseite. Zudem gibt es eine Fokus-Haltetaste, die aber auch als Funktionstaste umprogrammiert werden kann. Gleich vier XD-Linearmotoren treiben die beiden im Floating-Elements-Design angeordneten Autofokusgruppen an. Das sorgt nicht nur für einen präzisen und leisen, sondern auch einen rasanten Autofokus und hält gleichzeitig die Bildqualität über den gesamten Entfernungsbereich hoch. Das Fokusatmen (minimale Bildwinkeländerungen beim Fokussieren) ist ebenfalls sehr gering.

Die Naheinstellgrenze liegt bei 28 Zentimetern ab Sensorebene, ab Objektivfront (Streulichtblende) sind es 12,5 Zentimeter. In der Praxis konnten wir sogar auf bis zu elf Zentimeter ab Streulichtblende fokussieren, das minimale Bildfeld betrug dabei 24 mal 16 Zentimeter, was einem maximalen Abbildungsmaßstab von 1:6,7 entspricht. Sony verspricht mit "nur" 1:7,1 also nicht zu viel. Ein Bildstabilisator ist zwar nicht im Objektiv verbaut, aber alle neueren Alpha-Vollformat-Modelle bieten einen Sensor-Shift-Bildstabilisator, der mit einem Weitwinkel sehr gut harmoniert. Eine Belichtungszeit von gut einer Sekunde ist durchaus haltbar, eine bessere Pixelschärfe erhält man aber im Bereich von 1/2 bis 1/4 Sekunde Belichtungszeit und natürlich kürzer.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.