Drei Festbrennweiten in einem lichtstarken Zoom

Testbericht: Sigma 24-35 mm F2 DG HSM Art

2015-09-25 Das Sigma 24-35 mm F2 DG HSM Art soll gleich drei Wünsche auf einmal erfüllen: 24 mm, 28 mm und 35 mm mit hoher Lichtstärke auf Festbrennweiten-Bildqualitätsniveau in einem Objektiv vereint. Vor allem aber will der japanische Hersteller damit einmal mehr unter Beweis stellen, dass er auch sehr hochwertige Objektive bauen kann. Wir haben das Sigma 24-35 mm F2 DG HSM Art, das es mit Canon-, Sigma- und Nikon-Anschluss gibt, an der 36 Megapixel auflösenden Nikon D800E in der Praxis und im Labor getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Das wuchtige Sigma bringt fast 950 Gramm auf die Waage, misst gut zwölf Zentimeter in der Länge fast neun Zentimeter im Durchmesser. Zusammen mit der Nikon D800E und der beim Objektiv mitgelieferten Sonnenblende sind es fast zwei Kilogramm, die den Bizeps beziehungsweise die Nackenmuskulatur trainieren. Dabei kann man sich durchaus die grundlegende Frage stellen, ob so ein 1,46-fach-Zoom überhaupt gebraucht wird. So ließen sich beispielsweise per Bildbeschnitt aus 24 Millimetern leicht 35 Millimeter im Äquivalent ausschneiden, von den 36,2 Megapixeln der Nikon D800E blieben immerhin noch 17 Megapixel übrig. Bei der Canon EOS 5DS wären von 50,3 Megapixeln sogar noch 23,6 Megapixel übrig.

Wer natürlich bei 35 Millimeter die volle Auflösung seiner Kamera braucht, kann über den Bildbeschnitt nur müde lächeln. Sigma bietet mit dem 24 mm F1,4 DG HSM Art und dem 35 mm F1,4 DG HSM Art zumindest die beiden Zoomenden des 24-35 mm auch als eigene Festbrennweiten an, wenn auch zugegebenermaßen eine Blende lichtstärker. Diese beiden Objektive kosten zusammen 799 Euro mehr als das 24-35 mm, das eine unverbindliche Preisempfehlung von 1.149 Euro hat. Auch wiegen diese beiden Objektive gemeinsam 390 Gramm mehr als das Zoom und sie nehmen zusammen auch deutlich mehr Platz in der Fototasche ein. Braucht man also ein 24-35mm-1,46-fach-Zoom? Wenn man mindestens zwei der drei abgedeckten Festbrennweiten benötigt, kann diese Frage aus Gewichts-, Größen- und Preisgründen schon einmal eindeutig mit "Ja" beantwortet werden. Nur auf eine Blende Lichtstärke muss man verzichten, mindestens dieser Vorteil bleibt den Festbrennweiten. Ob sie auch bei der Bildqualität besser sind, schauen wir uns weiter unten im entsprechenden Abschnitt an.

Konstruktion

Die Bauqualität des Sigma 24-35 mm F2 DG HSM Art ist über jeden Zweifel erhaben. Dabei kommt eine Kombination aus Metall und hochwertigem Kunststoff sowie Gummierungen zum Einsatz. Bajonett und der hinterste Teil des Tubus bestehen aus Metall, dann kommt schon der Zoomring, der ebenfalls aus Metall gefertigt und mit einer griffigen, geriffelten Gummierung versehen ist. In der Mitte folgt ein Kunststofftubus – der Kunststoff ist wirklich sehr hochwertig. Warum dieser ebenfalls großteils geriffelt ist, erschließt sich nicht, höchstens verwirrt es bei der Blindbedienung. Im Kunststofftubusteil sind die Fokusskala und der AF-MF-Wahlschalter zu finden, eine Schärfentiefenmarkierung fehlt leider. Dann kommt der breite Fokusring, der wie der Zoomring aus Metall besteht und mit einer griffigen, geriffelten Gummierung versehen ist. Der leichte, keineswegs unangenehme Geruch des Gummis erinnert an Taucherbrillen oder Taucherflossen. Spritzwasser- und staubgeschützt ist die gesamte Konstruktion indes nicht. Der vorderste Teil des Objektivtubus' besteht wieder aus Kunststoff. Hier ist auch das Bajonett für die Streulichtblende zu finden, die ebenfalls aus Kunststoff besteht und wie eine Tasche zum Lieferumfang gehört. Damit besteht auch das 82mm-Filtergewinde aus Kunststoff. Aber um dieses mit einem entsprechenden Filter zu überdrehen, bedarf es schon roher Gewalt. Zoom und Fokus sind übrigens innenlaufend konstruiert, das heißt rein äußerlich bewegt sich nichts.

Als Fokusmotor kommt der Ultraschallantrieb HSM zum Einsatz, der jederzeit einen manuellen Fokuseingriff durch Drehen des Fokusrings erlaubt. Über den optionalen USB-Dock ist dieses Verhalten übrigens einstellbar (siehe Fototipp in den weiterführenden Links). Der Fokusschalter erlaubt aber auch eine schnelle Aktivierung des manuellen Fokus' ohne "störenden" Autofokus. Allerdings steht nur etwa eine Drittel Umdrehung des Fokusrings zum Scharfstellen zur Verfügung. Durch den großen Durchmesser des Objektivs sind aber durchaus feine Fokusschritte möglich. Die geringe Naheinstellgrenze von lediglich 28 Zentimetern ab Sensorebene, das sind ca. zehn Zentimeter ab Objektivfront, erlaubt einen beachtlichen Abbildungsmaßstab von 1:4,4. Damit lassen sich auch recht kleine Motive in dramatischen Weitwinkel-Perspektiven abbilden. Über einen optischen Bildstabilisator verfügt das Sigma übrigens nicht.

Praxis

Der Fokus reagiert an der verwendeten Testkamera Nikon D800E rasant und flüsterleise, er stellt zudem auch präzise scharf. Die hohe durchgehende Lichtstärke von F2,0 erlaubt trotz der geringen Brennweite durchaus Freistelleffekte, die neun Blendenlamellen erzeugen ein weiches Bokeh. Neben den hohen Kontrasten fällt vor allem die hohe Bildschärfe des Objektivs auf, ohne dass eine nennenswerte Randunschärfe den Qualitätseindruck trüben würde. Bei Offenblende dunkeln die Ecken leicht ab. Was auffällt, beziehungsweise nicht auffällt, sind Farbsäume. Weder Farblängs- noch Farbquerfehler kann man in den Bildern entdecken, das Sigma 24-35 mm F2 DG HSM Art ist äußerst gut auskorrigiert. Dies gilt nicht vollends für die Verzeichnung, die zoomtypisch bei kurzer Brennweite tonnenförmig und bei langer kissenförmig ausfällt. Dazwischen, so um 28 Millimeter, tritt praktisch keine Verzeichnung auf. Bei Gegenlicht ist zwar kaum ein Kontrastverlust auszumachen, es kann allerdings zu Blendenreflexen kommen. Diese sind nicht dominant, aber zumeist in grüner Farbe je nach Motiv und Gegenlichtsituation durchaus leicht sichtbar.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.