Lichtstarkes Ultraweitwinkel

Testbericht: Sigma 20 mm 1,4 DG HSM Art

2015-12-18 Sigma erweitert stetig seine Serie an lichtstarken, hochwertigen Festbrennweiten "Art". Der jüngste Spross deckt einen besonders großen Bildwinkel ab: Das Sigma 20 mm 1,4 DG HSM Art. Dabei bietet es eine einzigartig hohe Lichtstärke. Vor allem das 50 mm Art gehört zu den besten 50mm-Objektiven überhaupt, eventuell ist es sogar das beste 50mm-Autofokus-Objektiv. In unseren Tests mussten wir jedoch feststellen, dass je weitwinkliger die Art-Objektive wurden, desto offensichtlicher die Mängel der Bildqualität vor allem am Bildrand auffielen. Ob das 20 mm 1,4 DG HSM Art diesem Trend entgegen steht, ist in unserem Testbericht zu lesen.  (Benjamin Kirchheim)

Das Sigma Sigma 20 mm 1,4 DG HSM Art ist ein wahrer Klopper: Fast ein Kilogramm drückt es auf die Waage und misst bei einem Durchmesser von neun Zentimetern fast 14 Zentimeter in der Länge. Man bekommt für seine 1.000 Euro, die man für die Festbrennweite auf die Ladentheke legen muss, also einen ordentlichen Gegenwert in die Hand; dazu gehört auch eine passende Objektivtasche. Die Kunststoffsonnenblende ist fest mit dem Tubus verbunden, der aus hochwertigem Kunststoff und teilweise auch aus Metall besteht. Leider fehlt aber ein Staub- und Spritzwasserschutz. Die Objektivfrontlinse ist stark gewölbt, dementsprechend gibt es kein Filtergewinde. Der breite, griffige, geriffelte Gummiring erlaubt jederzeit eine manuelle Fokussierung. Zudem gibt ein Fokusfenster Auskunft über die eingestellte Entfernung und lässt auch die Schärfentiefe erahnen. Als weiteres Bedienelement erlaubt ein Schalter die Wahl zwischen manuellem und mit Ultraschall angetriebenem Autofokus. Der hinterste Teil des Tubus samt des Bajonetts besteht wiederum aus Metall. Als Testkamera kam die neue Canon EOS 5DS R zum Einsatz, die uns freundlicherweise von Canon zur Verfügung gestellt wurde. Bei der 5DS R handelt es sich um die mit über 50 Megapixeln derzeit höchstauflösende Vollformat-DSLR am Markt. Diese 50 Megapixel aufzulösen ist eine Herausforderung für jedes Objektiv, das gilt auch für Festbrennweiten. Auch dem Fotografen wird präzises Arbeiten abverlangt, um von der Auflösung profitieren zu können.

An der ebenfalls wuchtigen Kamera macht das Sigma eine gute, ausgewogene Figur, allerdings zerren immerhin knapp 1,9 Kilogramm am Kameragurt. Der Autofokus arbeitet innenliegend und sehr leise, schnell und auch präzise. Mit der Naheinstellgrenze von 27,6 Zentimetern ab Sensorebene, das sind etwa zehn Zentimeter ab Sonnenblendenvorderkante, lässt sich lediglich eine maximale Vergrößerung von 1:7,1 erzielen. Das entspricht einem etwa 25 mal 17 Zentimeter großen Motiv, das sich noch formatfüllend aufnehmen lässt. Naturgemäß ist die Schärfentiefe eines 20-Millimeter-Objektivs relativ groß, dank der großen Blendenöffnung von F1,4 können dennoch gewisse Unschärfeeffekte erzielt werden. Die neun Blendenlamellen lassen den Hintergrund auch in einer entsprechend sanften Unschärfe verschwinden. Gegenlicht ist für das Sigma Art 20 mm übrigens kein Problem, weder wenn die Lichtquelle im Bild noch knapp außerhalb ist. Kontraste und Farben werden stets gut wiedergegeben.

Bildqualität

Im Labortest zeigt das Sigma eine kräftige Randabdunklung von fast zwei Blendenstufen bei Offenblende. Beim Abblenden auf F2 sinkt diese auf etwa eine Blendenstufe, bei F4 bleibt noch eine halbe Blendenstufe Randabdunklung übrig. Die Verzeichnung ist mit 1,6 Prozent Tonnenform zwar gut messbar und auch leicht sichtbar, aber für ein derart weitwinkliges Objektiv durchaus gering. Sigma verspricht, dass die vielen Spezialgläser, etwa zwei FLD-Elemente und sogar fünf SLD-Elemente chromatische Aberrationen gering halten sollen. Dieses Versprechen wird eingehalten: Im Mittel betragen die Aberrationen lediglich einen Pixel, im Maximum zwei Pixel. Angesichts der enormen Auflösung des Bildsensors ist das wenig.

Bei der Auflösung legt das Sigma 20 mm 1,4 DG HSM Art zunächst zaghaft los. Im Bildzentrum werden bei Offenblende F1,4 lediglich 46 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast (MTF50) aufgelöst. Eigentlich kein schlechter Wert, aber der 50-Megapixel-Sensor sollte gut das Doppelte auflösen können. So nimmt die Auflösung beim Abblenden auch stetig zu (siehe Diagramm aus dem Labortest unten): Bei F2 sind es schon über 60 lp/mm und bei F2,8 über 70 lp/mm. Bei F4 und F5,6 schrammt das Sigma knapp unter der Marke von 80 lp/mm vorbei. Beim weiteren Abblenden nimmt die Auflösung wieder leicht ab, bleibt aber selbst bei der kleinsten einstellbaren Blende F16 noch über 60 lp/mm.

Am Bildrand hingegen sieht es leider nicht nur bei der Vignettierung düster aus, sondern auch bei der Auflösung. Magere 19 lp/mm sind es bei Offenblende, es braucht schon F8, um die Marke von 50 lp/mm zu überschreiten. Bei einigen Blenden beträgt der Randabfall der Auflösung über 70 Prozent! Das Auflösungsmaximum am Bildrand wird bei F8 mit knapp 63 lp/mm erreicht.

Fazit

Das Sigma 20 mm 1,4 DG HSM Art macht von der Verarbeitung und dem Design her der hochwertigen Objektivserie alle Ehre. Zudem bekommt man ein lichtstarkes wie superweitwinkliges Objektiv für Fotos in besonders schwierigen Lichtverhältnissen. Sowohl die Verzeichnung als auch die Farbsäume hat Sigma gut im Griff, während die Randabdunklung bei Offenblende sehr deutlich in Erscheinung tritt. Die Bildauflösung im Zentrum ist gut und wird beim Abblenden sehr gut. Allerdings löst der Bildrand ziemlich schlecht auf, das Objektiv muss für eine gleichmäßige Auflösung sehr stark abgeblendet werden. Wer mit den Einbußen am Bildrand vor allem bei offenen Blenden leben kann und diese gezielt für seine fotografischen Motive nutzen möchte, kommt um das Sigma 20 mm F1.4 aber kaum herum.

Kurzbewertung

  • Hohe Lichtstärke gepaart mit großem Bildwinkel
  • Hochwertige Verarbeitung
  • Abgeblendet sehr hohe Auflösung im Bildzentrum
  • Leiser, schneller Autofokus mit manueller Eingriffsmöglichkeit
  • Kein Filtergewinde
  • Fehlender Spritzwasser- und Staubschutz
  • Starke Vignettierung
  • Für gute Randauflösung starkes Abblenden erforderlich

Sigma 20 mm 1,4 DG HSM Art mit Canon EOS 5DS R (v6.0)

Auflösung MTF


EOS 5DS R

F1,4F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0
20 mm46,3 / 18,9 (59 %)62,3 / 22,1 (65 %)74,4 / 24,7 (67 %)78,8 / 30,9 (61 %)79,4 / 40,7 (49 %)77 / 51,8 (33 %)71,6 / 57,9 (19 %)62,7 / 54,6 (13 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sigma
Modell 20 mm 1,4 DG HSM Art
Unverbindliche Preisempfehlung 929,00 € bis 1.099,00 € (je nach Version)
Bajonettanschluss Canon EF, Nikon F, Sigma SA, Sony E, L-Mount
Brennweite 20,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 15 Linsen in 11 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 276 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 91 x 130 mm
Objektivgewicht 950 g

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Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.