Zoom-Lichtriese für Micro-Four-Thirds

Testbericht: Panasonic Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7

2021-08-08 Das Panasonic Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 ist ein einzigartig lichtstarkes Zoomobjektiv (20-50 Millimeter Kleinbildäquivalent) und zeigt eindrucksvoll, was mit dem Micro-Four-Thirds-System möglich ist. Ob man neben dem hohen Preis von fast 1.700 Euro aber noch andere Kompromisse eingehen muss und ob diese auch die Bildqualität betreffen, klärt unser Test an der 20 Megapixel auflösenden Panasonic Lumix DC-GH5 II.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

"Ist das ein neues Mittelformatobjektiv?" war die erste Reaktion eines Kollegen aus der Redaktion, als das Panasonic Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 eintraf. Tatsächlich würde man nicht vermuten, dass es sich "nur" um ein Micro-Four-Thirds-Objektiv handelt, betrachtet man die wuchtige Größe von fast 13 Zentimetern Länge und neun Zentimetern Durchmesser sowie das hohe Gewicht von fast 700 Gramm in Relation zum kleinen 4/3"-Bildsensor. Aber die hohe Lichtstärke von durchgehend F1,7 fordert bei einem Zoomobjektiv seinen Tribut. Immerhin stecken hier eine Ultraweitwinkel, drei Weitwinkel und eine Normal-Festbrennweite (20, 24, 28, 35 und 50 Millimeter entsprechend Kleinbild) bei einer hohen Lichtstärke drin.

Angesetzt an der für eine Micro-Four-Thirds-Kamera ebenfalls recht großen Testkamera Panasonic Lumix DC-GH5 II relativiert sich die Größe des Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 etwas. Die Kamera ist noch etwas schwerer als das Objektiv, so dass die Kombination über 1,4 Kilogramm auf die Waage bringt. Zwar ist die Kombination durchaus frontlastig, lässt sich dank des großen Griffs der GH5 II aber gut halten.

Verpackt sind die vielen Linsen in einem mattschwarzen, hochwertig wirkenden Metallgehäuse. Nur der leicht ausfahrende Fronttubus besteht aus Kunststoff, der aber ebenfalls hochwertig wirkt. Leider besteht auch das 77 Millimeter große Frontgewinde aus "Plastik", hier würde uns der Langlebigkeit halber Metall besser gefallen. Schließlich haben die meisten Filter Metallgewinde, so dass im Zweifel beim schiefen Ansetzen des Filters das Gewinde des teuren Objektivs zuerst nachgibt. Selbstverständlich ist das Zoom gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet, am Metallbajonett befindet sich eine entsprechende Dichtlippe. Sogar bei Frost bis -10 Grad Celsius soll man das Objektiv noch einsetzen können.

Neben den obligatorischen Deckeln gehören auch eine Tasche sowie eine tulpenförmige Streulichtblende zum Lieferumfang des theoretisch 2.000 Euro teuren Objektivs, das man aber auch schon für unter 1.700 Euro bekommt. Die Blende besteht aus innen matt geriffeltem Kunststoff, der beim Drücken etwas knarzend nachgibt. Die Blende rastet dank eines Schnappmechanismus im Frontbajonett des Objektivs ein, zum Lösen muss man den Entriegelungsknopf der Blende betätigen. Zum Transport lässt sie sich verkehrt herum anbringen. Mit einer Länge von vier und einem Durchmesser von knapp unter zehn Zentimetern fällt die Streulichtblende typisch für ein Ultraweitwinkel nicht allzu groß aus.

Ausstattung und Fokus

Das Panasonic Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 verfügt über drei Einstellringe, die allesamt aus geriffeltem Metall gefertigt sind. Schalter sind hingegen nicht am Objektiv zu finden. Der vorderste Ring ist etwas feiner geriffelt als die hinteren beiden, zudem ist er mit acht Millimetern auch deutlich schmaler als die anderen beiden. Mit ihm wird die Blende gesteuert, sofern die Kamera in einem Programm betrieben wird, das eine Einstellung der Blende erlaubt (Zeitautomatik und manuelle Belichtung).

Die Beschriftungen des Blendenrings befinden sich auf einem ungeriffelten Abschnitt. Sie sind eingraviert und weiß ausgelegt. Die Markierungen und Zahlen lassen sich sehr gut ablesen. Nur das "A" für die Automatikstellung ist rot statt weiß. Dies ist auch die einzige Stellung, die einrastet, eine zusätzliche Sicherung gibt es aber nicht. Der restliche Einstellbereich des Blendenrings läuft stufenlos. Die vollen Blendenzahlen sind beschriftet und die Drittelstufen mit einem Strich markiert. Auch wenn der Ring stufenlos arbeitet, ändert sich die tatsächliche Blendenöffnung in Drittelstufen, was man in sehr ruhigen Umgebungen in direkter Nähe zum Objektiv ganz leise hören kann.

Mit einer Breite von 2,7 Zentimetern ist der hinterste der drei Einstellringe der breiteste. Es handelt sich um den Zoomring, der im vorderen Bereich auf einer Breite von 1,7 Zentimetern geriffelt ist. So bleibt im hinteren, glatten Bereich Platz für die Brennweitenbeschriftungen. Diese sind ebenfalls eingraviert und weiß ausgelegt. Mit einer Viertel Umdrehung zoomt man von zehn auf 25 Millimeter, wobei die Brennweiten 10, 12, 14, 18 und 25 Millimeter markiert sind. Sie entsprechen den Kleinbildäquivalenten von 20, 24, 28, 36 und 50 Millimeter. Zusätzlich wird während des Zoomens eine millimetergenaue Brennweitenanzeige im Livebild (Sucher oder Monitor) eingeblendet. Beim Zoomen bewegt sich der Tubus leicht vor und zurück. Bei 13 Millimetern ist er ganz eingefahren, bei 10 Millimetern fährt er um vier Millimeter nach vorne, bei 25 Millimetern um 14 Millimeter.

Beim mittleren der Einstellringe handelt es sich um den Fokusring. Er ist 13 Millimeter breit und besitzt eine zum Zoomring identische Riffelung. Man muss sich beim blinden Bedienen also auf die Position des Rings verlassen und nicht darauf, wie er sich anfühlt. Der Fokusring besitzt zwei Einstellungen. Er kann nach hinten gezogen werden, woraufhin vorne eine Fokusskala sichtbar wird. Aber auch in vorderer Stellung kann er zum manuellen Fokussieren verwendet werden, wenn man den manuellen Fokus an der Kamera aktiviert, statt über das Zurückziehen des Rings. In beiden Fällen arbeitet der Fokusring rein elektronisch, die tatsächliche Entfernung wird vom Fokusmotor gesteuert.

Das Zurückziehen hat neben der sichtbar werdenden Fokusskala noch andere Effekte, die je nach Anwendung nützlich sein können: Einerseits besitzt der Ring dann rechts und links einen Anschlag, wobei er sich mit etwas mehr Kraft aber auch darüber hinaus drehen lässt. Andererseits können die Entfernungsanzeigen nützlich sein, wobei sie sich auf 28, 33, 40, 50 und 70 cm sowie 1,5 Meter beschränken. Da die Naheinstellgrenze vom Zoom abhängt, lässt sich der Fokusring auch noch "näher" als 28 cm drehen, aber sogar auch weiter als bis unendlich. Neben metrischen Beschriftungen in Weiß gibt es auch imperiale in Orange. Weil der aktive Drehbereich des Fokusrings begrenzt und die Entfernungen festen Werten entsprechen, arbeitet er in zurückgezogener Stellung linear.

Doch auch in vorderer Stellung kann der Fokusring auf Wunsch linear arbeiten – zumindest, wenn die Kamera das erlaubt, wie es bei der GH5 II der Fall ist. Hier kann man sogar den Drehwinkel in 30-Grad-Schritten zwischen 90 bis 360 Grad wählen. Das Panasonic Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 benötigt dafür das aktuelle Firmwareupdate auf die Version 1.1, das seit 8. Juni 2021 zum Download bereitsteht. Feste Anschläge gemäß dem Drehwinkel besitzt der manuelle Fokusring dabei in vorderer Stellung trotzdem nicht.

Auf Wunsch – beziehungsweise so ist es die Standardeinstellung – arbeitet der Fokusring in vorderer Stellung nicht-linear. Das bedeutet, dass die zurückgelegte Entfernung nicht vom Drehwinkel, sondern von der Drehgeschwindigkeit abhängt. Dreht man schnell, lassen sich mit kurzen Bewegungen große Fokusentfernungen zurücklegen, dreht man dagegen langsam, lässt sich der Fokus sehr feinfühlig und genau verstellen, was ideal beim Fotografieren ist.

Beim manuellen Fokussieren wird im Livebild eine Entfernungsskala mit groben Entfernungsmarkierungen zur Orientierung eingeblendet. Gleichzeitig wird beim Drehen am Fokusring die Fokuslupe aktiviert und in der Mitte des Livebilds eingeblendet. Die Bildränder bleiben also sichtbar, so dass man den Bildausschnitt im Blick behalten kann. Außerdem lässt sich Fokuspeaking zur farbigen Markierung der Kontraste und somit der Schärfeebene einblenden. Doch Vorsicht: Das Peaking bietet keine absolute Genauigkeit, sondern zeigt immer einen etwas größeren Bereich an. Am genausten arbeitet man mit der Fokuslupe.

Selbstverständlich besitzt das Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 auch einen Autofokus. Der Antrieb arbeitet sehr leise und schnell. Manchmal liegt der Fokus aber auch sichtbar daneben und die Kamera meldet trotzdem "scharf". Das sind wir so von Panasonic eigentlich nicht gewohnt. Wir konnten dieses Verhalten aber auch mit anderen Objektiven an der GH5 II beobachten, insofern würden wir das nicht unbedingt dem Objektiv anlasten.

Wie bereits erwähnt, hängt die Naheinstellgrenze von der Brennweite ab. Panasonic gibt in seinen technischen Daten lediglich 28 Zentimeter als Naheinstellgrenze und eine maximal 0,14-fache Vergrößerung an, was einem Abbildungsmaßstab von 1:7,1 entspricht. Wir haben aber in der Praxis nachgemessen. So kamen wir bei zehn Millimetern Brennweite auf eine Naheinstellgrenze von 20,5 Zentimetern, der Abstand des Objektivs zum Motiv beträgt dabei knapp über fünf Zentimeter. Als kleinstes Bildfeld konnten wir 13,2 mal 9,9 Zentimeter aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:7,6 entspricht. Gezoomt auf 25 Millimeter stieg die Naheinstellgrenze auf 25 Zentimeter, die Objektivfront war neun Zentimeter vom Motiv entfernt. Die Aufnahmefläche beträgt dabei 10,1 mal 7,6 Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:5,8 entspricht, also deutlich besser als von Panasonic angegeben.

Einen Bildstabilisator besitzt das Panasonic Leica DG Vario-Summilux 10-25 mm 1.7 nicht. Einen einzubauen, wäre bei der Lichtstärke sicher auch aufwendig gewesen. Das macht aber nichts, denn alle neueren und höherwertigen Kameras von Panasonic besitzen einen äußerst effektiven Sensor-Shift-Bildstabilisator. Wir konnten problemlos vier Blendenstufen längere Belichtungszeiten als nach Faustregel verwackelungsfrei aufnehmen, was bei 25 Millimeter Brennweite (50 Millimeter Kleinbildäquivalent) 1/3 Sekunde statt 1/50 Sekunde entspricht.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.