Micro-Four-Thirds-Superzoom

Testbericht: Olympus 12-200 mm 3.5-6.3 ED

2019-03-15 Mit dem M.Zuiko Digital 12-200 mm 3.5-6.3 ED bringt Olympus in Kürze das bisher zoomstärkste Objektiv auf den Markt, das man mit Micro-Four-Thirds-Anschluss bekommen kann. Mit einem 16,7-fachen Zoomfaktor deckt es einen kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 24 bis 400 Millimeter ab. Allein damit ist es schon prädestiniert für die Reisefotografie, doch obendrein glänzt es mit Kompaktheit, geringem Gewicht und einem Spritzwasser- und Staub- sowie Frostschutz. Ob das Olympus 12-200 mm 3.5-6.3 ED aber auch bei der Bildqualität überzeugen kann, zeigt unser Test an der 20 Megapixel auflösenden Olympus OM-D E-M1 Mark II.  (Benjamin Kirchheim)

Trotz 200 Millimetern Telebrennweite ist das Olympus 12-200 mm 3.5-6.3 ED nur zehn Zentimeter lang. Der Durchmesser beträgt immerhin fast acht Zentimeter, wobei das in erster Linie am großen Frontelement mit dem 72mm-Filtergewinde und dem Bajonett der mitgelieferten Streulichtblende liegt. Das ist nicht besonders schön, denn das Objektiv selbst ist bis auf die Front mit unter 6,5 Zentimetern Durchmesser eigentlich recht schlank. Mit Ausnahme des Bajonetts und eines kleinen Metall-Zierrings besteht das Objektivgehäuse komplett aus Kunststoff, was zum geringen Gewicht von knapp über 450 Gramm beiträgt. Immerhin ist das Superzoom aber gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser abgedichtet und sogar frostsicher bis -10 Grad Celsius.

Die Abdichtung bemerkt man nicht nur an der Dichtlippe am Bajonett, sondern auch beim Zoomen. Je nach Ausrichtung ergibt sich beim Ein- oder Auszoomen am Ende des Drehvorgangs das Gefühl eines leichten "Überschnappens", bei dem sich der Drehwiderstand ganz plötzlich stark verringert. Das wirkt mechanisch gesehen etwas unschön uns billig, liegt aber vermutlich an Dichtlippen, die je nach Schwerkraft hin- und herschnappen. Unterm Strich aber kann man dem Olympus 12-200 mm 3.5-6.3 ED trotz des nicht allzu hochwertig wirkenden Gehäuses eine gewisse Robustheit attestieren, bei einem Regenschauer beispielsweise muss man das Objektiv nicht gleich in einer schützenden Tasche verstauen. Voraussetzung ist natürlich, dass auch die Kamera entsprechend abgedichtet ist, was bei Olympus nur bei den teureren Modellserien OM-D E-M5 und E-M1 der Fall ist, bei der Einsteigerserie OM-D E-M10 sowie allen Pen-Modellen hingegen leider nicht.

Zoomfunktion

Wie für ein Superzoom-Objektiv üblich steht das Zoomen im Vordergrund. Das Objektiv soll ein möglichst weites Brennweiten- und Motivspektrum abdecken, damit man entgegen der Intention einer Wechselobjektivkamera das Objektiv eben gerade nicht passend zum Motiv wechseln muss. Man sollte beim Zoomen aber auch immer im Hinterkopf haben, dass man nicht nur ein Motiv vergrößert, sondern die Brennweite beziehungsweise der damit zusammenhängende Bildwinkel einen Einfluss auf die Bildwirkung hat. Wie dem auch sei, der Zoomring nimmt mit fünf Zentimetern glatt die Hälfte der Gehäuselänge in Beschlag, wobei sich jedoch die feine und griffige Riffelung nur auf drei Zentimetern erstreckt. Mit einer Viertel-Umdrehung wird von 12 auf 200 Millimeter gezoomt, wobei der Tubus um satte 6,7 Zentimeter ausfährt.

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Brennweitenaufdrucke sind sparsam verwendet worden und markieren die Anfangsbrennweite von 12 mm, dann 25, 45, 70, 100 und 200 mm. Gerade im unteren Bereich ist es also schwierig, eine Brennweite von 28 oder 35 mm im Kleinbildäquivalent einzustellen. Immerhin wird zum Glück die Brennweite auf dem Kameradisplay millimetergenau angezeigt, wer also möchte, kann exakt die klassischen Brennweitenäquivalente einstellen. Den Crop-Faktor von zwei sollte man dabei im Hinterkopf haben, denn angezeigt wird die reale, nicht die kleinbildäquivalente Brennweite.

Fokussierung und Makroaufnahmen

Als Fokusmotor kommt auch beim Olympus 12-200 mm 3.5-6.3 ED der videogeeignete unhörbare Schrittmotor MSC zum Einsatz. Das Objektiv stellt damit flott und lautlos scharf. Möchte man manuell fokussieren, so muss man dies an der Kamera umschalten und kann anschließend den ein Zentimeter schmalen, geriffelten Ring vorne am Objektiv dafür verwenden. Er arbeitet rein elektronisch und gibt damit je nach Geschwindigkeit mehr oder weniger feine Stellbefehle an den Schrittmotor weiter. Auch wenn der Fokusring etwas schmal ausfällt, kann man dank der von der Drehgeschwindigkeit abhängigen virtuellen Übersetzung unter Zuhilfenahme der Fokussierhilfen der Kamera wie Fokuslupe und Fokuspeaking sehr exakt auf das Motiv fokussieren.

Sehr kurios ist, was wir zur Naheinstellgrenze und zu Makrofähigkeiten herausgefunden haben. Zunächst einmal sei erwähnt, dass das Objektiv wie bei Kompaktkameras üblich eine brennweitenabhängige Naheinstellgrenze besitzt. Olympus gibt in seinen technischen Daten auf der Website eine Naheinstellgrenze von 22 Zentimetern und eine minimale Aufnahmeentfernung von zehn Zentimetern an (letzteres wird ab Frontlinse gemessen, ersteres ab Sensorebene). Tatsächlich aber weichen die praktischen Werte stark davon ab. Im Weitwinkel konnte der Autofokus bereits ab 13,5 Zentimetern von der Sensorebene gemessen scharfstellen, von der Objektivfront aus gesehen waren es 1,5 Zentimeter. In Telestellung wuchsen diese Werte auf 62 und 43 Zentimeter an.

Ebenfalls deutlich – und zwar positiv – weicht die maximale Vergrößerung ab. Olympus gibt eine 0,23-fache Vergrößerung als Maximum an, das entspricht bei den 17,3 mal 13 Millimeter messenden Micro-Four-Thirds-Sensor einem minimalen Bildfeld von 7,5 mal 5,7 Zentimetern. Tatsächlich aber beträgt das minimale Bildfeld laut unserer Messung im Weitwinkel 5,4 mal 4 Zentimeter und in Telestellung 6,7 mal 5 Zentimeter, womit sich in der Praxis eine bessere Vergrößerung ergibt als in der Theorie. Den Fotografen wird es freuen, kann er dadurch doch noch kleinere Motive formatfüllend ablichten als beim Kauf gedacht.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.