Premium-Universalzoom

Testbericht: Olympus 12-100 mm 4 IS ED Pro

2017-11-01 Bisher bedeuteten zoomstarke Objektive immer einen Kompromiss bei der Bildqualität und auch Lichtstärke. Dies soll sich mit dem ersten Profi-Universalzoom von Olympus, dem 12-100 mm 4 IS ED Pro ändern. Es zoomt 8,3-fach von umgerechnet 24 bis 200 mm, deckt also von der Weitwinkel-Landschaft oder Architektur bis zum Heranzoomen an Details einen enorm vielfältigen Motivbereich ab. Mit einem Abbildungsmaßstab von 1:3,3 (1:1,65 entspr. Kleinbild) sind sogar Makroaufnahmen möglich. Ob man da überhaupt noch ein anderes Objektiv benötigt und wie es um die Bildqualität bestellt ist, verrät unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Objektive sind immer irgendwie ein Kompromiss. Sollen sie kompakt sein, fehlt es an Zoom und gegebenenfalls sogar Lichtstärke. Bieten die Objektive viel Zoom, dann hapert es oft mit der Lichtstärke und den kompakten Abmessungen, auch die Bildqualität genügt dann oftmals nicht mehr allerhöchsten Ansprüchen. Ein Universalzoomobjektiv mit guter Lichtstärker und hoher Bildqualität gab es bisher nicht. Das will Olympus mit dem 12-100 mm 4 IS ED Pro ändern. Bei einer durchgehenden Lichtstärke von F4 bietet es einen 8,3-fachen Zoombereich von 24 bis 200 Millimetern entsprechend Kleinbild. Man könnte meinen, mit diesem Objektiv kann man sich die Fototasche erleichtern und braucht kein anderes Objektiv mehr mitzunehmen, wenn denn die versprochene Bildqualität stimmt. Das mit dem Erleichtern ist jedoch so eine Sache. Das 12-100 wiegt satte 560 Gramm und misst bei einem Durchmesser von fast acht Zentimetern gut zwölf Zentimeter in der Länge. Damit ist das Objektiv für Micro-Four-Thirds-Verhältnisse ein echter Brummer. Eigentlich kommt dafür nur eine Olympus OM-D E-M1 Mark II in Frage, denn mit einer E-M10 oder E-M5 ist das Objektiv nicht mehr ergonomisch; jedenfalls ohne Zusatzgriff an der Kamera.

Verarbeitung und Ausstattung

Das Gehäuse des 12-100 mm 4 IS ED Pro besteht größtenteils aus Metall und ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Damit muss man es auch bei widrigen Umweltbedingungen nicht einpacken, sondern kann munter weiterfotografieren. Allerdings bestehen nicht alle Gehäuseteile aus Metall: Sowohl ein Ring zwischen dem hinteren Tubusteil und dem Zoomring als auch der beim Zoomen ausfahrende Tubus samt Frontteil zur Aufnahme der mitgelieferten tulpenförmigen Streulichtblende und des 72 mm Filtergewindes bestehen aus Kunststoff. Dieser ist zwar hochwertig verarbeitet, trübt aber dennoch den robusten Touch des Pro-Objektivs etwas. Zudem wackelt der Tubus leicht, was aber für eine einwandfreie Funktion nötig ist. Zum Lieferumfang gehört übrigens ein Stoffbeutel zum Schutz dem Objektivs. Mit einer Viertel-Umdrehung zoomt man geschmeidig von 12 auf 100 Millimeter, wobei der Tubus um vier Zentimeter ausfährt. Markierungen kennzeichnen die Brennweiten 12 (24, 18 (36), 25 (50), 35 (70), 50 (100), 70 (140) und 100 (200) Millimeter (die Angaben in den Klammeren sind das Kleinbildäquivalent). Hier hätten uns Markierungen, die sich an den klassischen Festbrennweiten 24, 28, 35, 50, 85, 100, 135 und 200 mm orientieren, besser gefallen. Sei es drum, die Brennweiten werden auch auf dem Kameradisplay beziehungsweise im Sucher angezeigt.

Hinter dem Zoomring befinden sich zwei Bedienelemente. Dabei handelt es sich einerseits um die L-FN-Taste, wie sie an allen Pro-Objektiven von Olympus zu finden ist. Diese dient defaultmäßig als Fokushaltetaste, lässt sich über das Kameramenü aber auch mit einer anderen Funktion belegen. Das zweite Bedienelement ist ein Schalter für den optischen Bildstabilisator, eine Seltenheit in Olympus-Objektiven. Das Besondere ist die Zusammenarbeit des Stabilisators mit einigen Kameras von Olympus, so auch der zum Test verwendeten OM-D E-M1 Mark II. Zusammen mit dem mechanischen Sensor-Shift-Stabilisator sind bis zu 6,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten verwackelungsfrei aus der Hand möglich. Das ist schier unglaublich und funktioniert tatsächlich. Nur das Motiv darf sich dabei natürlich nicht rühren, denn bei 200 mm Kleinbildäquivalent hält man selbst eine halbe Sekunde Belichtungszeit noch ganz gut aus der Hand. Das kompensiert sogar die mit F4 nicht allzu hohe Lichtstärke des Objektivs.

Der Fokusring weiter vorne am Objektiv fällt etwas schmaler als der Zoomring aus, ist aber ebenfalls griffig geriffelt. Er bietet zwei Funktionsmodi: In vorderer Position arbeiten je nach der Kameraeinstellung der Autofokus oder der manuelle Fokus, wobei der Ring dann eine endlose Drehung bietet und den Fokusmotor je nach Geschwindigkeit der Drehung grob oder fein steuert. Das erlaubt ein sehr gefühlvolles und präzises manuelles Fokussieren, wenn auch kein besonders direktes. Zieht man den Fokusring hingegen zurück, so arbeitet er mit festen Anschlägen und nur noch mit einer Viertel-Umdrehung. Zudem erscheint eine Fokusskala. Zwar arbeitet der Fokusring noch immer rein elektronisch, jeder Drehwinkel entspricht jedoch einer festen Entfernung, was ein direktes Gefühl wie bei einem echten mechanischen Fokusring erzeugt. Auch damit lässt sich sehr gut manuell fokussieren. Der Autofokus arbeitet übrigens unhörbar und äußerst schnell.

Besonders erwähnenswert ist die mögliche Naheinstellgrenze. Diese beträgt je nach Zoomstellung etwa 15 Zentimeter im Weitwinkel und gut 42 Zentimeter in Telestellung. Das Objektiv bietet laut Olympus einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:3,3. Da der Sensor aber kleiner als ein Kleinbildsensor ist, entspricht dies sogar einem Makroobjektiv an Vollformat mit einem Abbildungsmaßstab von 1:1,65. Damit erweitert sich der Einsatzbereich des 12-100 mm 4 IS ED Pro auf Makroaufnahmen. In Telestellung ist der maximale Abbildungsmaßstab mit rund 1:4,2 etwas geringer, aber mit einem Kleinbildäquivalent von 1:2,1 immer noch makrotauglich. In Telestellung gelingen Makroaufnahmen sogar besser, denn der Arbeitsabstand ist deutlich größer. Während man dem Motiv in Weitwinkelstellung bis auf einen Zentimeter auf die Pelle rücken kann beziehungsweise muss und damit Probleme bei der Ausleuchtung bekommt, beträgt der Arbeitsabstand in Telestellung immerhin 25 Zentimeter. Um die Makrotauglichkeit noch zu verdeutlichen: Im Weitwinkel lässt sich eine Fläche von 5,8 mal 4,3 Zentimeter formatfüllend abbilden, in Telestellung misst die Fläche 7,3 mal 5,5 Zentimeter.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.