Weitwinkel-Festbrennweite

Testbericht: Nikon Z 24 mm F1.8 S

2021-01-05 Das Nikon Z 24 mm F1.8 S liegt als Festbrennweite mit 83 Grad diagonalem Bildwinkel im Anfangsbrennweitenbereich verbreiteter Standard- und sogar Reisezooms, bietet aber eine höhere Lichtstärke, womit sich das Objektiv nicht nur für die Landschafts- und Architekturfotografie, sondern auch für Available-Light-Aufnahmen eignet. Auch die geringe Naheinstellgrenze von 25 Zentimetern kann sich sehen lassen, erlaubt dies doch dramatische Perspektiven. Wie gut das mit einer UVP von knapp 1.200 Euro nicht gerade günstige Weitwinkel tatsächlich ist, zeigt unser Test an der fast 46 Megapixel auflösenden Vollformat-Systemkamera Nikon Z 7II.  (Benjamin Kirchheim)

Auch wenn die hohe UVP des Nikon Z 24 mm F1.8 S zunächst abschreckend wirkt, liegt der Straßenpreis unter der 1.000-Euro-Grenze und ist damit deutlich verträglicher. Zudem gehört eine innen matte und geriffelte, aus Kunststoff gefertigte Streulichtblende zum Lieferumfang. Die beiliegende "Tasche" hingegen hat diesen Namen nicht verdient, denn es handelt sich lediglich um einen dünnen Mikrofaserbeutel, der allenfalls vor Kratzern schützt.

Verarbeitung

Für ein Weitwinkelobjektiv ist das Nikon Z 24 mm F1.8 S mit fast zehn Zentimetern ungewöhnlich lang, wobei der Tubus mit gut sieben Zentimetern Durchmesser recht schlank ausfällt. Nur im vorderen Bereich verbreitert er sich auf ca. 7,8 Zentimeter Durchmesser, was, wie auch die kurze, tulpenförmige Streulichtblende, definitiv auf den Weitwinkelcharakter der Festbrennweite hinweist. Knapp 450 Gramm wiegt das 24mm, betriebsbereit mit Streulichtblende an der Z 7II montiert belasten knapp unter 1,2 Kilogramm den Kameragurt.

Als kompaktes Leichtgewicht kann man das Z 24 mm F1.8 S also definitiv nicht bezeichnen. Zum Vergleich: das lichtstärkere Sony FE 24 mm F1.4 GM misst bei identischem Gewicht fünf Millimeter weniger in der Länge und drei Millimeter weniger im Durchmesser.

Das Gehäuse des Z 24 mm F1.8 S besteht aus einem Materialmix von Kunststoff und Leichtmetall, das Bajonett ist aus massiverem Metall gefertigt und wirkt langlebig. Hier ist auch direkt ein Dichtungsring zu sehen, der den Anschluss gegen das Eindringen von Feuchtigkeit und Staub schützen soll. Das Objektiv ist wie auch die Testkamera Nikon Z 7II gegen Staub und Spritzwasser geschützt.

Mit Ausnahme des hintersten Tubusteils sowie des Fokusrings besteht das Gehäuse aus hochwertig wirkendem Kunststoff. Das schließt leider das 72 Millimeter große Filtergewinde mit ein, entsprechende Sorgfalt ist beim Anbringen optischer Filter gefragt (siehe auch Fototipp in den weiterführenden Links).

Fokus

Die einzigen beiden Bedienelemente des Z 24 mm F1.8 S beziehen sich auf den Fokus, denn einen optischen Bildstabilisator besitzt es nicht. Dieser wird auch gar nicht benötigt, denn den bringen die Kameras dank des beweglich gelagerten Bildsensors bereits mit. Der Schalter links am Objektiv wechselt zwischen automatischer und manueller Fokussierung, wobei der Autofokus jederzeit mittels eines Drehs am mit vier Zentimetern sehr breiten Fokusring nachkorrigiert werden kann. Der Fokusring besteht aus fein geriffeltem Metall und ist damit nicht nur sehr griffig, sondern fühlt sich auch hochwertig an. Der Autofokus arbeitet leise und zuverlässig, auch Fokusatmen tritt praktisch nicht auf. Der Fokusmotor treibt eine interne Fokusgruppe an, sodass sich die Länge des Objektivs nicht ändert.

Die Naheinstellgrenze beträgt laut technischen Daten 25 Zentimeter ab Sensorebene, wir konnten beim manuellem Fokus in der Praxis sogar knapp unter 22,5 cm erreichen. Der Arbeitsabstand beträgt dabei elf Zentimeter. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt laut Datenblatt 1:6,7, in der Praxis konnten wir einen 20 x 13,3 cm kleinen Bereich formatfüllend abbilden, was einem Abbildungsmaßstab von 1:5,6 entspricht. Das ist angesichts des großen Bildwinkels von 83 Grad diagonal ein sehr guter Wert, was starke Vergrößerungen kleiner Motive im Verhältnis zum Hintergrund und damit dramatische Perspektiven erlaubt, auch wenn man dem Motiv dafür ziemlich auf die Pelle rücken muss.

Der Fokusring arbeitet übrigens rein elektronisch und erlaubt eine sehr präzise Fokussierung, zumal mit einer Lupe und dem Fokus-Peaking sowie einem Fokusindikator und Hilfspfeilen praktische Einstellhilfen zur Verfügung stehen. Der Fokusring arbeitet nicht linear, das heißt bei langsamen Bewegungen reagiert er feinfühliger und der Drehwinkel muss für dieselbe Fokusverstellung größer sein, als wenn man den Ring schnell dreht. Für Fotografen ist das sehr gut, erlaubt es doch eine feinfühligere Fokusjustage. Wer möchte, kann den Ring im Autofokusbetrieb übrigens umprogrammieren und statt dem Fokus unter anderem die Blende oder die ISO-Empfindlichkeit lautlos verstellen.

Bildqualität

Der optische Aufbau des Nikon Z 24 mm F1.8 S setzt sich aus zwölf Linsen zusammen, die in zehn Gruppen angeordnet sind. Vier asphärische und eine ED-Linse sollen für eine hohe Auflösung bis an den Bildrand bereits ab Offenblende und minimierte Farbfehler sorgen. Letzteres lässt sich bereits im Praxiseindruck bestätigen, während die Auflösung zumindest am Bildrand bei Offenblende nicht mit der im Bildzentrum mithalten kann und erst beim Abblenden besser wird. Zudem überzeugt die Nanokristallvergütung, die Kontrastverlusten im Gegenlicht wirkungsvoll verhindert. Leichte Blendenreflexe treten dennoch auf.

Auch das von neun abgerundeten Blendenlamellen gleichmäßig rund geformte Bokeh kann sich sehen lassen. Das Bokeh weist keine Doppelkonturen auf und die Unschärfescheibchen sind gleichmäßig. Allerdings sind sind im Unschärfebereich geringe Farbsäume auszumachen. Sie werden aber erst bei starker Vergrößerung sichtbar.

Den Labortest des Z 24 mm F1.8 S haben wir an der neuen Nikon Z 7II vorgenommen, die mit ihren knapp 46 Megapixeln Auflösung die Vor- und Nachteile des Objektivs gut herausarbeiten sollte. Laut Labortest tritt keine Verzeichnung auf, die Farbsäume sind selbst im Maximum mit unter einem halben Pixel minimal und damit praktisch nicht sichtbar. Die Randabdunklung beträgt dagegen zumindest bei Offenblende gut eine Blendenstufe, sinkt aber beim Abblenden auf F2,8 auf unter eine halbe Blendenstufe. Dank des sanften Helligkeitsabfalls ist die Randabdunklung praktisch kaum sichtbar.

Bei der Auflösungsmessung offenbaren sich hingegen leichte Schwächen, zumindest am Bildrand (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Im Bildzentrum hingegen ist die Auflösung bereits ab F1,8 auf einem hohen Niveau von 76 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast. Bei F4 und F5,6 erreicht sie sogar 82-83 lp/mm und beginnt ab F8 leicht und jenseits von F11 etwas stärker zu fallen. Aber selbst bei F16, der kleinsten einstellbaren Blendenöffnung, beträgt die Auflösung noch gute 70 lp/mm.

Am Bildrand hingegen liegen bei Offenblende nur wenig befriedigende 40 lp/mm an, was fast 50 Prozent Auflösungs-Randabfall entspricht. Beim Abblenden auf F2,8 und F4 legt die Randauflösung um gut 10 und 15 lp/mm zu und erreicht bei F5,6 72 lp/mm und bei F8 ein Maximum von 73 lp/mm, was nur noch gut zehn Prozent Randabfall entspricht und damit praktisch vernachlässigbar ist. Für Landschafts- und Architekturaufnahmen sollte man also optimalerweise auf F5,6 bis F8 abblenden oder alternativ je nach gewünschter Schärfentiefe auf F4 oder F11.

Fazit

Für den Straßenpreis von unter 1.000 Euro bekommt man mit dem Nikon Z 24 mm F1.8 S eine gute Gegenleistung. Abgesehen von der bei Offenblende etwas schwachen Randauflösung leistet sich das Weitwinkel keine nennenswerten Schwächen und ist solide verarbeitet. Der Autofokus ist schnell und leise, das Bokeh schön, optische Fehler sind mit Ausnahme geringer Bokeh-CAs und kaum sichtbarer Randabdunklung bei Offenblende praktisch nicht vorhanden. Die Auflösung kann sich vor allem im Bildzentrum bereits ab Offenblende sehen lassen, ab F4 ist auch die Randauflösung hoch.

Kurzbewertung

  • Hohe Auflösung bereits ab Offenblende (im Bildzentrum)
  • Frei von Verzeichnungen
  • Sehr breiter, griffiger Multifunktionsring
  • Gute Verarbeitung
  • Hoher Kontrast auch im Gegenlicht
  • Kunststoff-Filtergewinde
  • Bis F2,8 sehr geringe Randauflösung

Nikon Z 24 mm F1.8 S mit Nikon Z 7II

Auflösung MTF


Z 7II

F1,8F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0
24 mm76,3 / 39,4 (48 %)76,6 / 39,8 (48 %)80,8 / 48,2 (40 %)82,9 / 65,5 (21 %)82 / 71,5 (13 %)79,3 / 72,7 (8 %)76,6 / 69,6 (9 %)69,8 / 60,2 (14 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Nikon
Modell Z 24 mm F1.8 S
Unverbindliche Preisempfehlung 1.199,00 €
Bajonettanschluss Nikon Z
Brennweite 24,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 12 Linsen in 10 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 250 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 72 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 78 x 97 mm
Objektivgewicht 450 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.