Erweitertes Standardzoom

Testbericht: Nikon Z 24-120 mm F4 S

2022-01-23 Jeder große Kamerahersteller hat ein Mittelklassezoom mit 24-105 mm bei einer durchgehender Lichtstärke von F4 im Programm. Auch Nikon wollte laut Objektiv-Roadmap ursprünglich ein solches Objektiv bauen, schwenkte jedoch mit dem Nikkor 24-120 mm F4 S auf eine längere Telebrennweite um und bietet damit ein einzigartiges Objektiv. Es platziert sich von der Größe perfekt zwischen dem Z 24-70 F4 S und Z 24-70 F2.8 S und vom Zoom per zwischen den 24-70mm-Objektiven und dem Z 24-200 mm. Wie es sich von der Bildqualität und anderen Eigenschaften einordnet, verrät unser ausführlicher Testbericht des Nikon Z 24-120 mm F4 S an der Z 9.  (Benjamin Kirchheim)

Das Nikon Z 24-120 mm F4 S scheint sich überall irgendwie "in der Mitte" einzuordnen. Mit 1.250 Euro kostet es nur die Hälfte des 24-70 2.8, ist aber doch etwas teurer als das 24-70 F4 und das 24-200. Von allen vier Objektiven ist es das zweitgrößte, liegt aber näher am 24-200 als am 24-70 F2.8. Auch bei der Telebrennweite ist es "Mittendrin" und bei der Lichtstärke ebenfalls. Es gibt aber ein Merkmal, bei dem es laut technischen Daten alle anderen schlagen soll: Dem Abbildungsmaßstab. Damit schickt es sich an, das beste Universalobjektiv aller vier Kandidaten zu sein, sofern die Bildqualität stimmen sollte. Spoiler: Es ist labortechnisch sogar (knapp) das Beste! Es spielen aber auch noch andere Parameter außerhalb des Labors eine Rolle bei der Bildqualität, doch dazu im entsprechenden Abschnitt weiter unten mehr.

Verarbeitung

Mit gewogenen 630 Gramm ist das Nikon Z 24-120 mm F4 S nur elf Prozent schwerer als das "Reisezoom" 24-200 mm. Das trifft auf unsere Testkamera, die über 1,3 Kilogramm schwere Nikon Z 9, sicherlich nicht zu. Eine betriebsbereite Z 5/6/7 (II) wiegt um die 670-700 Gramm, so dass die Kombination mit dem Z 24-120 mm F4 S auf rund 1,3 Kilogramm kommt, also weniger wiegt als eine Z 9 ohne Objektiv. Die Reisetauglichkeit einer Vollformatkamera ist sicherlich generell diskutabel, wie man an den Gewichten sieht, hier sind APS-C- und vor allem Micro-Four-Thirds-Kameras – wie auch bei den Abmessungen – deutlich im Vorteil. Für eine Vollformatkamera kann man das Nikon Z 24-120 mm F4 S mit einer entsprechenden Kamera aber durchaus als reisetauglich bezeichnen.

Die beim 24-120 mitgelieferte Kunststoff-Streulichtblende wiegt übrigens keine 30 Gramm und kaum mehr als der 20 Gramm schwere Objektivdeckel, falls man es ganz genau wissen möchte. Im Vergleich zum Objektiv fallen sie kaum ins Gewicht. Die Blende ist tulpenförmig gestaltet und besitzt auf der Innenseite eine mattschwarze Riffelung, was Reflexionen minimieren soll. Die Blende rastet gut im Kunststoffbajonett des Objektivs ein und lässt sich gegen einen ordentlichen Widerstand lösen. Sie misst nicht ganz fünf Zentimeter in der Länge sowie knapp 10,5 Zentimeter im Durchmesser und kann zum Transport verkehrt herum montiert werden.

Das Nikon Nikon Z 24-120 mm F4 S selbst ist knapp zwölf Zentimeter lang und misst gut 8,5 Zentimeter im Durchmesser. Das Kunststoff-Filtergewinde misst 77 Millimeter. Die Materialwahl gefällt uns nicht ganz so gut, denn Filter haben in der Regel Metallfassungen, so dass bei unachtsamer Handhabung das Filtergewinde des Objektivs beschädigt werden kann. Wie man sorgsam mit Filtern umgeht, erklären wir in einem Fototipp (siehe weiterführende Links).

Beim Gehäusematerial kommt ebenfalls überwiegend Kunststoff zum Einsatz. Lediglich das Bajonett und die hinteren zwei Zentimeter des Objektivtubus bestehen aus Metall. Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass das 24-120 mm der hochwertigen S-Objektivserie angehört. Der verwendete Kunststoff wirkt jedoch hochwertig und das Gehäuse gibt auch bei mutwilligem Zusammendrücken so gut wie nicht nach. Übrigens kommt auch bei den anderen S-Objektiven viel Kunststoff zum Einsatz, das 24-120 mm ist so gesehen also auf "S-Niveau". Ob Kunststoff heutzutage "Premium" ist, muss jeder für sich entscheiden, robust ist ein guter Kunststoff aber durchaus, auch wenn er sich vielleicht nicht so hochwertig anfühlt wie Metall.

Zahlreiche Dichtungen sorgen beim Z 24-120 mm für einen Spritzwasser- und Staubschutz. Beachtlich ist das vor allem angesichts des doch stark herausfahrenden, zweistufigen Objektivtubus, der natürlich ebenfalls aus Kunststoff besteht. Es ist durchaus davon auszugehen, dass bei der Dichtigkeit gewissen Kompromisse gemacht werden müssen, denn beim Zoomen wird unweigerlich Luft und damit auch etwas Staub und Feuchtigkeit ins Objektiv gezogen, wenn auch sicherlich weniger als ohne Dichtungen. Am Bajonett kommt übrigens ebenfalls eine Dichtlippe zum Einsatz, so dass auch die Schnittstelle zur Kamera abgedichtet wird. Die Frontlinse ist zudem mit einer schmutzabweisenden Fluorbeschichtung versehen.

Ausstattung und Bedienung

Das Hauptbedienelement des Nikon Z 24-120 mm F4 S ist der Zoomring. Er ist 3,7 Zentimeter breit und mit einer drei Zentimeter breiten, sehr griffig geriffelten Gummierung versehen. Eine Transportsicherung gibt es im Gegensatz zum 24-200 nicht, aber man muss schon sehr kräftig an der Objektivfront ziehen, damit der Tubus herausfährt. Die Schwerkraft schafft das jedenfalls definitiv nicht.

Mit einer viertel Umdrehung kann von 24 auf 120 Millimeter gezoomt werden. Gut lesbare, weiße Beschriftungen sind bei den Brennweiten 24, 28, 35, 50, 70, 85 und 120 Millimeter angebracht. Das ist sehr üppig und beinhaltet mit Ausnahme von 100 Millimetern alle klassischen Festbrennweiten. Leider wird die Brennweite jedoch nicht im Livebild der Kamera eingeblendet, wie es beispielsweise bei Olympus Standard ist.

Beim Zoomen fährt der zweistufige Objektivtubus um gut 5,6 Zentimeter heraus. Dabei bleibt die Lichtstärke von F4 selbstverständlich konstant, schließlich ist das eines der wesentlichen Merkmale des 24-120 mm F4 S. Einen optischen Bildstabilisator hat es hingegen nicht. Das ist jedoch nicht besonders tragisch, schließlich verfügen alle Nikon-Z-Vollformatkameras über einen effektiven Sensor-Shift-Bildstabilisator, der im Brennweitenbereich des 24-120 mm sehr effektiv arbeitet. Wir konnten bei 120 Millimeter Brennweite problemlos fünf Blendenstufen länger belichten als laut Faustregel möglich, also 1/4 Sekunde statt 1/125 Sekunde.

Zudem verfügt das Z 24-120 über einen Steuerring und eine L-Fn-Taste. Letztere findet sich links oben gut erreichbar am Objektiv. Defaultmäßig ist sie mit der AE/AF-Speicherfunktion belegt, kann aber via Kameramenü im Videomodus auf eine von 19 Funktionen konfiguriert oder deaktiviert werden. Im Fotomodus stehen sogar 29 Funktionen zur Auswahl. Weil dazu auch der direkte Aufruf des ersten Mein-Menü-Menüpunkts gehört, lassen sich sogar alle Funktionen der Kamera über die L-Fn-Taste aufrufen. Die Belegungsmöglichkeiten gelten für die Testkamera Nikon Z 9 und können bei anderen Kameras abweichen.

Der elf Millimeter schmale Einstellring besteht aus fein geriffeltem Kunststoff und verstellt defaultmäßig die Blende. Er kann per Menü auf die Belichtungskorrektur sowie ISO-Empfindlichkeit umprogrammiert werden, außerdem lässt er sich ganz deaktivieren. Hier gibt es im Video- und Fotomodus dieselben drei Auswahlmöglichkeiten. Der Ring arbeitet rein elektronisch und stufenlos.

Fokus

Der Autofokus des Z 24-120 mm F4 S arbeitet mit einem als Innenfokussierung ausgelegten Multi-Fokus-System, bei dem zwei optische Gruppen von zwei synchronisierten AF-Antriebseinheiten gesteuert werden. Das soll über den gesamten Zoom- und Entfernungsbereich für eine hohe Bildqualität sorgen. Die Fokusmotoren sind nur in sehr ruhigen Umgebungen überhaupt leise zu hören. Das Objektiv fokussiert sehr flott. Beim Zoomen verschiebt sich der Fokus zwar nicht, aber Fokusatmen wird beim Fokussieren durchaus sichtbar, auch wenn Nikon anderes verspricht.

Der Fokusring des Nikon Z 24-120 mm F4 S fällt mit 1,6 Zentimetern deutlich schmaler aus als der Zoomring, ist aber breit genug für eine bequeme Bedienung. Für die nötige Griffigkeit sorgt eine zwölf Millimeter breite, geriffelte Gummierung. Der Fokusring arbeitet rein elektronisch, es werden also Steuerbefehle an den Fokusmotor weitergegeben. Dies erfolgt nicht linear, das heißt die Drehgeschwindigkeit entscheidet neben dem Drehwinkel über den Verstellweg, so dass man bei langsamer Drehung mit großen Verstellwegen äußerst fein Fokussieren kann. Es kann jederzeit manuell fokussiert werden, um den Autofokus zu korrigieren oder manuell vorzufokussieren. Einen AF-MF-Schalter gibt es ebenfalls direkt am Objektiv. Wer möchte, kann die manuellen Eingriffsmöglichkeit über den Fokusring per Menü deaktivieren.

Die Naheinstellgrenze beträgt laut Nikon über den gesamten Brennweitenbereich lediglich 35 Zentimeter ab Sensorebene. Allein diese Angabe lässt zusammen mit der maximalen Brennweite von 120 Millimetern bereits einen sehr guten Abbildungsmaßstab vermuten. Tatsächlich liegt er laut technischen Daten bei 1:2,6. Das ist besser als bei jedem anderen Nicht-Makro-Objektiv von Nikon. Tatsächlich konnte unser Testexemplar die Naheinstellgrenze mit gemessenen 34,3 Zentimetern ab Sensorebene sogar noch minimal unterbieten. Der Abstand der Frontlinse zum Motiv beträgt dabei immerhin 15,5 Zentimeter, was genug Platz zur Beleuchtung des Motivs lässt. Das minimale Bildfeld haben wir mit 8,8 mal 5,9 Zentimeter ermittelt, was sogar einem Abbildungsmaßstab von fast 1:2,4 entspricht. Damit befindet man sich nahe am Makrobereich, der für uns bei 1:2 beginnt. Somit lassen sich mit dem 24-120 mm recht kleine Motive noch formatfüllend abbilden.

Anders als von Nikon angegeben, ist die Naheinstellgrenze übrigens nicht ganz konstant über den Zoombereich. Bei 24 Millimetern Brennweite konnten wir nämlich sogar ab 32,5 Zentimetern Abstand von der Sensorebene fokussieren. Von der Objektivfront ist das Motiv dabei knapp 19 Zentimeter entfernt. Das minimale Bildfeld fällt aufgrund des deutlich größeren Bildwinkels bei 24 Millimetern Brennweite selbstverständlich deutlich größer aus. Wir haben es mit 34,3 mal 22,9 Zentimeter ermittelt, was einem Abbildungsmaßstab von 1:9,5 entspricht.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.