Superweitwinkel-Zoom

Testbericht: Leica Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph.

2018-03-27 Das Leica-TL-System umfasst derzeit erst sieben Objektive, wobei das Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph. als einziges den Ultraweitwinkelbereich abdeckt. Die kleinbildäquivalente Brennweite des 2,1-fach-Zooms liegt bei etwa 17-35 Millimetern. Mit einem Preis von 1.650 Euro erscheint es uns mit einem nicht ganz so hohen "Leica-Aufpreis" versehen zu sein und so schauen wir uns im Test an, welche Bildqualität das für ein Ultraweitwinkelzoom gar nicht mal so lichtschwache Objektiv bietet.  (Benjamin Kirchheim)

Trotz seines robust wirkenden Metallgehäuses bringt das Leica Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph. lediglich 361 Gramm auf die Waage. Zur Gewichtsersparnis trägt sicher der Einsatz von Kunststoff als Verbindung vom Gehäuse zu den Glaslinsen bei. Weniger schön ist der Verzicht auf einen Spritzwasser- und Staubschutz, der bei einem 1.650 Euro teuren Objektiv durchaus angebracht gewesen wäre. Mit einer Länge von knapp unter acht und einem Durchmesser von gut sieben Zentimetern kann man das Superweitwinkelzoom durchaus als kompakt bezeichnen und hier bemerkt man auch den positiven Einfluss des geringen Auflagemaßes einer spiegellosen Kamera, ein entsprechendes DSLR-Objektiv wäre sicherlich größer und schwerer ausgefallen.

Zum Lieferumfang gehören neben den obligatorischen Schutzdeckeln auch eine Tasche sowie die gut konstruierte Gegenlichtblende. Sie besteht zwar zum größten Teil aus Kunststoff, der nur im hinteren Bereich von einem Metallring eingefasst ist. Das Bajonett ist jedoch nicht eingeklebt, sondern bildet mit dem vorderen, tulpenförmigen Teil eine Einheit und kann sich damit auch nicht einfach durch nachgebenden Kleber lösen.

Trotz des großen Bildwinkels von 103 Grad diagonal gibt es ein 67 Millimeter messendes Frontgewinde für optische Filter. Der vordere Teil des Objektivs fährt beim Zoomen von 23 auf 11 Millimeter aus, das heißt das Objektiv besitzt bei kürzester Brennweite die größte Länge. Das macht allerdings nur einen Unterschied von knapp 1,4 Zentimetern aus. Der Tubus hat etwas Spiel, was aufgrund der fehlenden, dämpfend wirkenden Abdichtung etwas klapprig erscheint. Der beim Ausfahren erscheinende Tubus besteht übrigens aus Kunststoff. Der im hinteren Teil des Objektivs angebrachte Zoomring hingegen ist aus Metall hergestellt. Die 1,2 Zentimeter breite Riffelung sorgt für den nötigen Grip des relativ leichtgängigen Zoomrings, weiße Aufdrucke bei 11, 14, 18 und 23 Millimetern erleichtern die Wahl der passenden Brennweite für die gewünschte Bildwirkung. Dies entspricht Kleinbildäquivalenten von rund 17, 21, 27 und 35 Millimetern.

Fokussierung

Weiter vorne am Tubus sitzt der deutlich strammer laufende Fokusring. Dank der acht Millimeter breiten Riffelung ist er ebenfalls sehr griffig. Der Ring arbeitet rein elektronisch und bietet damit keinen Anschlag und auch keine Fokusskala. Eingestellt wird der Fokus immer vom lautlosen Autofokusmotor, der entweder den Stellbefehlen des Fokusrings oder aber den Stellbefehlen des Autofokus der Kamera folgt. Die Umschaltung zwischen beiden Modi erfolgt ebenfalls über die Kamera, das Objektiv verzichtet auf einen entsprechenden Schalter. Dank der Innenfokussierung ändert sich dabei die Länge des Objektivs nicht. Als Fokushilfe stehen eine Fokuslupe sowie Fokuspeaking zur Verfügung, die Justierung kann dank des elektronischen Rings mit seiner unterschiedlichen Reaktion auf schnelle und langsame Bewegungen äußerst präzise erfolgen.

Im Autofokusbetrieb wird sehr flott und präzise scharfgestellt. Die minimale Fokusdistanz liegt bei 20 Zentimetern, was je nach Brennweite einem Arbeitsabstand von etwa acht bis neun Zentimetern entspricht. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt dabei 1:5,4, was einem minimalen Bildfeld von etwa 13 mal 8,5 Zentimeter bei 23 Millimetern Brennweite entspricht. Bei kurzer Brennweite beträgt der maximale Abbildungsmaßstab lediglich 1:9,7, was einem minimalen Bildfeld von 23 mal 15 Zentimetern entspricht.

Bildqualität

Der optische Aufbau besteht aus immerhin 14 Linsen, die in elf Gruppen angeordnet sind. Dabei sollen vier asphärische Linsenoberflächen optische Fehler minimieren. Vor allem bei der Verzeichnung gelingt das gut (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Selbst bei elf Millimetern Ultraweitwinkel bleibt diese mit lediglich einem Prozent Tonnenform unkritisch. Bei "langer" Brennweite wechselt die Verzeichnung auf die Kissenform, sie beträgt jedoch sogar nur ein halbes Prozent. Relativ unkritisch für den großen Bildwinkel fällt auch die Randabdunklung aus. Sie erreicht zwar bis zu 0,8 Blendenstufen bei kürzester Brennweite und verschwindet dort erst bei F8, bei mittlerer und langer Brennweite fällt die Randabdunklung aber deutlich geringer aus. Mit Ausnahme von F3,5 bei elf Millimetern ist der Anstieg der Randabdunklung zum Bildrand recht gleichmäßig und flach verlaufend, nur bei F3,5 ist sie in den Bildecken etwas spontaner, was sich beispielsweise im Himmelblau durchaus sichtbar macht. Ein auffälliger Schatten entsteht dabei aber nicht.

Weniger schön sind die teilweise deutlich sichtbaren Farbsäume, die bei mittlerer Brennweite am stärksten ausfallen, jedoch auch im Weitwinkel zum Bildrand hin deutlich sichtbar werden können. Bei längster Brennweite fallen sie etwas schwächer aus. Auch mit Gegenlicht hat das Leica Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph. so seine Probleme. Es treten Lensflares auf, die mit kürzerer Brennweite immer kleiner, aber dafür schärfer abgegrenzt werden. Je nach Lichteinfall hilft nicht einmal die tulpenförmige Streulichtblende, denn angesichts des großen Bildwinkels muss sie relativ flach ausfallen, um nicht ins Bild zu ragen. Als Fotograf sollte man also einen Blick auf die Lensflares haben, um sie durch leichte Änderung des Bildausschnitts oder Standpunkts zu verhindern oder in Bildbereiche zu legen, wo sie nicht stören oder sogar einen kreativen Effekt entwickeln.

Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast erreicht an der sehr zurückhaltend abgestimmten Leica CL im Bildzentrum beachtliche Werte. Das Maximum liegt bei 49 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Erreicht wird es im Weitwinkel bei Offenblende. Beim Zoomen nimmt die Auflösung wie beim Abblenden langsam ab. Bei 16 Millimetern sind es maximal 46 lp/mm, bei 23 Millimetern sogar nur noch 41 lp/mm. Bei allen Brennweiten wird die Marke von 40 lp/mm jedoch erst jenseits von F8 unterschritten, das heißt, vor allem bei 23 Millimetern bleibt die Auflösung im Bereich von F4,5 bis F8 im Bildzentrum nahezu konstant.

Wie alle Weitwinkelobjektive kämpft auch das Leica Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph. mit einem Randabfall der Auflösung, die jedoch beim Leica besonders deutlich ausfällt. Im Weitwinkel beträgt der Randverlust 55 Prozent bei Offenblende, lediglich 22 lp/mm werden aufgelöst. Immerhin steigert sich der Wert beim Abblenden bis F8 auf ein Maximum von knapp 27 lp/mm, was ebenfalls kein glorreicher Wert ist. Da die Auflösung im Bildzentrum fällt, beträgt der relative Randabfall dann aber "nur" noch knapp über 35 Prozent. Bei steigender Brennweite nimmt auch die Randauflösung zu. Bei 16 Millimetern sind es schon über 30 lp/mm und bei 23 Millimetern wird das Maximum mit knapp 35 lp/mm erreicht. Da das Objektiv hier im Bildzentrum etwas weniger hoch auflöst, erreicht der Randabfall entsprechend deutlich niedrigere Werte von 15 bis 20 Prozent, wobei hier sogar die Offenblende zu bevorzugen ist.

Fazit

Das Leica Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph. ist ein sehr gut verarbeitetes Ultraweitwinkelzoom, das unserer Meinung nach einen weniger kräftigen "Leica-Preisaufschlag" besitzt als so manch anderes Objektiv im System. Es ist zwar nicht klein, aber für ein solches Zoom durchaus kompakt und passt wunderbar zur CL. Der Autofokus arbeitet flott und dank des 67 Millimeter kleinen Frontgewindes lassen sich sogar optische Filter gut einsetzen, ohne weitere große Löcher in die Brieftasche zu reißen. Bei der Bildqualität halten sich die Stärken und Schwächen die Waage. Die Verzeichnung ist sehr gering und die Randabdunklung nur am kürzesten Brennweitenende leicht sichtbar, dafür muss man jedoch mit sichtbaren Farbsäumen und Lensflares bei Gegenlicht leben. Auch bei der Auflösung gibt es Licht und Schatten. Im Zentrum ist sie sehr hoch, je kürzer die Brennweite, desto besser. Am Bildrand verhält es sich hingegen genau umgekehrt, je weiter man zoomt, desto besser wird die Randauflösung. Das führt zu einem dramatischen Randabfall der Auflösung am kurzen Brennweitenende, bei langer Brennweite hingegen ist der Randabfall sehr gering.

Kurzbewertung

  • Geringe Verzeichnung
  • Hohe Auflösung im Bildzentrum
  • Gute Verarbeitung mit Metallgehäuse
  • Schneller Autofokus
  • Sichtbare Farbsäume
  • Geringe Auflösung am Bildrand
  • Kein Spritzwasser- und Staubschutz
  • Lensflares im Gegenlicht

Leica Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph. mit Leica CL (Typ 7323) (v6.0)

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Leica
Modell Super-Vario-Elmar-TL 1:3,5-4,5/11-23 mm Asph.
Unverbindliche Preisempfehlung 1.650,00 €
Bajonett L-Mount
Brennweitenbereich 11-23 mm
Lichtstärke (größte Blende) F3,5 bis F4,5
Kleinste Blendenöffnung F16
Linsensystem 14 Linsen in 4 Gruppen
inkl. asphärische Linse(n)
KB-Vollformat nein
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 200 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 67 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 86 x 97 mm
Objektivgewicht 361 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.