APS-C-Telezoom

Testbericht: Fujifilm XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR

2021-12-03, aktualisiert 2023-04-26 Auf ein Telezoom wie das Fujifilm XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR mussten Fujifilm-Fans sehr lange warten. Es ist nicht nur erheblich kompakter und leichter als das XF 100-400 mm F4.5-5.6 R LM OIS WR, sondern auch deutlich preisgünstiger. Zudem lässt es sich mit den Telekonvertern kombinieren, womit eine kleinbildäquivalente Brennweite von über 900 Millimetern erreicht werden kann. Ob es aber auch eine gute Bildqualität liefert, haben wir im Test an der 26 Megapixel auflösenden Fujifilm X-T30 II sowie der 40 Megapixel auflösenden X-T5 herausgefunden.  (Benjamin Kirchheim)

Update vom 26.04.2023: Wir haben den Test um Messergebnisse an der 40 Megapixel auflösenden Fujifilm X-T5 ergänzt. Die höher auflösende Bildsensor wirkt sich nicht nur auf die gemessene Auflösung aus, sondern auch minimal auf Bildfehler. Zudem haben wir den Bildstabilisator der Kamera-Objektiv-Kombination getestet.

Eigentlich bietet Fujifilm ein sehr breit aufgestelltes Objektivprogramm, das auch viele verschiedene Zoomobjektive in vielen Preisklassen beinhaltet. Bei den Telezoom-Objektiven war das Angebot allerdings bisher etwas dünn. Die bisher angebotenen Telezooms sind entweder sehr kostspielig oder haben keine wirklich große Brennweite – oder beides. Somit ergänzt das neue Fujifilm XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR das bisherige Portfolio perfekt. Es kostet rund 800 Euro und deckt laut Fujifilm eine kleinbildäquivalente Brennweite von 107 bis 457 Millimeter ab. In Kombination mit dem Zweifach-Telekonverter ist eine kleinbildäquivalente Brennweite von 914 Millimetern möglich, allerdings nur noch bei einer Lichtstärke von F11, was zum Glück für heutige Autofokus-Systeme kein Problem mehr darstellt.

Verarbeitung

Mit einer Länge von 13,3 und einem Durchmesser von 7,5 Zentimetern ist das Fujifilm XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR überraschend kompakt. Selbst das Gewicht fällt mit 577 Gramm erstaunlich gering aus, zusammen mit der 49 Gramm leichten Streulichtblende und der 379 Gramm wiegenden Fujifilm X-T30 II ergibt sich ein Gesamtgewicht von nur ganz knapp über einem Kilogramm (mit der X-T5 sind es knapp unter 1,2 kg). Dabei können mit dieser Kombination wunderbar Tiere, Segelboote auf dem Wasser und viele andere entferntere oder aber auch kleine Motive eingefangen werden (zur Naheinstellgrenze und dem Abbildungsmaßstab später mehr).

Das geringe Gewicht kommt allerdings nicht von ungefähr. Normalerweise bestehen die XF-Objektive größtenteils aus Metall, nicht so jedoch das XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR. Sein Gehäuse besteht komplett aus Kunststoff. Nur das Bajonett besteht aus Metall. Immerhin ist das Telezoom gegen das Eindringen von Feuchtigkeit und Staub geschützt, auch am Bajonett befindet sich eine Dichtlippe. Auf eine "Luftschleuse", bei der die Luft beim Zoomen gezielt durch einen Filter auf der Objektivunterseite geführt wird und die beispielsweise beim XF 100-400 mm zum Einsatz kommt, muss man jedoch beim XF 70-300 mm verzichten. Da sein Tubus beim Zoomen erheblich ausfährt, ist der Schutz also mit etwas Vorsicht zu genießen.

Der verwendete Kunststoff wirkt jedoch nicht billig und so macht das Fujifilm XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR dennoch einen gut verarbeiteten Eindruck. Der ausfahrbare Tubus hat leichtes Spiel, das er für seine Funktion aber auch haben muss. Dass dagegen auch das 67mm-Filtergewinde aus Kunststoff besteht, sehen wir nicht so gerne. Metallfilter sollte man also mit entsprechender Sorgfalt einschrauben.

Dass auch das Bajonett für die runde Streulichtblende aus Kunststoff besteht, ist dagegen Standard und auch nicht weiter schlimm. Die Blende selbst besteht ebenfalls aus Kunststoff und ist innen mattschwarz geriffelt, um kein Licht zu reflektieren. Die 7,5 Zentimeter lange Blende lässt sich zum Transport verkehrt herum anbringen. Sie misst 8,4 Zentimeter im Durchmesser. In Transportstellung verdeckt sie den Fokusring komplett, vom Zoomring bleibt der hintere Bereich frei, so dass man ihn noch drehen kann. Ab etwa 200 Millimetern Brennweite ist auch der Fokusring wieder freigelegt, falls man für ein schnelles Foto die Blende nicht umdrehen möchte.

Ausstattung und Bedienung

Das Fujifilm XF 70-300 mm F4-5.6 R LM OIS WR besitzt drei Einstellringe und drei Schalter, um die wichtigsten Funktionen zu steuern. Einige müssen jedoch über die Kamera eingestellt werden. Dazu gehört die Umschaltung zwischen Autofokus und manuellen Fokus sowie die Deaktivierung des Bildstabilisators, falls nötig. Der Bildstabilisator soll laut Fujifilm bis zu 5,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ohne Verwackelungen ermöglichen. In der Praxis konnten wir vier Blendenstufen sehr sicher halten, bei fünf Blendenstufen ergaben sich dagegen oft ganz leichte Unschärfen. Auch wenn wir die Herstellerangabe im Test verfehlt haben, sind vier Blendenstufen für ein rein objektivbasiertes System ganz gut. 1/30 Sekunde konnten wir damit freihand bei 300 Millimetern Brennweite (450 Millimeter Kleinbildäquivalent) noch sicher verwackelungsfrei belichten. An der X-T5, deren Sensor-Shift-Bildstabilisator mit dem optischen Bildstabilisator des Objektivs zusammenarbeitet, konnten wir sogar 1/15 Sekunde verwackelungsfrei belichten, was gut fünf Blendenstufen entspricht.

Der mit 5,9 Zentimeter breiteste der drei Einstellringe befindet sich in der Objektivmitte. Mit ihm wird das Zoom gesteuert. Dank seiner über vier Zentimeter breiten, griffig feinen Gummiriffelung lässt er sich sehr sicher auf die gewünschte Brennweite einstellen. Mit weniger als einer viertel Umdrehung wird der Brennweitenbereich von 70 bis 300 Millimeter sanft und gleichmäßig durchfahren. Im hinteren, ungeriffelten Bereich des Einstellrings sind die Brennweiten 70, 100, 135, 200 und 300 Millimeter gut leserlich und kontrastreich in Weiß aufgedruckt. Das entspricht kleinbildäquivalenten Brennweiten von ungefähr 105, 150, 200, 300 und 450 Millimeter. Dabei fährt der Tubus um bis zu 7,3 Zentimeter heraus.

Das Zoom lässt sich aber auch durch Ziehen beziehungsweise Schieben am vorderen Objektivbereich verstellen. Damit das Zoom nicht versehentlich unbeabsichtigt ausfährt, kann es bei kürzester Brennweite mit einem seitlich am Zoomring angebrachten mechanischen Schiebeschalter fixiert werden. Der Zoommechanismus ist allerdings so stramm, dass er sich nicht verstellt, wenn man das Objektiv senkrecht nach oben oder unten richtet.

Mit dem hinteren, neun Millimeter breiten, geriffelten Kunststoffring wird die Blende eingestellt. Weil das Objektiv eine variable Anfangsöffnung hat, läuft der Blendenring endlos und ist unbeschriftet. Er rastet leise klickend ein, was sich nicht abschalten lässt. Je nach Stellung eines Schiebeschalters, der sich zwischen Blendenring und Bajonett befindet, stellt entweder die Kamera die Blende automatisch ein oder man steuert sie über den Ring. Den eigentlichen Blendenwert muss man im Livebild der Kamera ablesen.

Fokus

Der vorderste der drei Einstellringe fällt mit zwei Zentimeter ebenfalls angenehm breit aus. Er ist wie der Zoomring mit einer feinen Gummiriffelung versehen, die sich bei diesem Ring über eine Breite von 1,8 Zentimeter erstreckt. Der Ring lässt sich gegen einen leichten, angenehm weichen Widerstand völlig lautlos und endlos drehen. Es handelt sich um einen elektronischen Fokusring, der defaultmäßig nicht-linear arbeitet. In diesem Modus bestimmt die Drehgeschwindigkeit, wie weit der Fokus verstellt wird. Dreht man den Ring langsam, lässt sich der Fokus in allerfeinsten Schritten sehr präzise einstellen. Dreht man schnell am Fokusring, werden sehr weite Verstellwege zurückgelegt. Per Menü lässt sich dieses Verhalten jedoch auf linear umschalten, dann bestimmt allein der Drehwinkel des Fokusrings, wie weit die Entfernungseinstellung verändert wird.

Der Fokus selbst wird von einem absolut lautlos arbeitenden Linearmotor eingestellt. Wählt man den Autofokus, so wird der Fokus sehr flott und präzise eingestellt. Dabei bietet die Kamera eine Fokus-Peaking-Funktion, aber auch eine Fokuslupe lässt sich aktivieren, die besonders bei manueller Fokussierung hilfreich ist. Je nach Kameramodell lässt sich zudem beispielsweise ein digitaler Schnittbildindikator aktivieren.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.