Mittelformat-Pancake

Testbericht: Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR

2021-04-01 Das Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR ist das kleinste, leichteste und preisgünstigste Objektiv im Fujifilm-GFX-Mittelformatsystem. Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 40 Millimetern handelt es sich eher um ein Normalobjektiv als ein Weitwinkel. Ursprünglich wurde das 50er, das man in Relation zum Mittelformat schon fast als "Pancake"-Objektiv bezeichnen kann, für die kompakte GFX50R entwickelt. Da jedoch die GFX100S kaum größer ausfällt, ist ein Test des preisgünstigen und kleinen GF 50 mm F3.5 R LM WR an den über 100 Megapixeln umso spannender, denn die Frage ist, ob es sich um ein vollwertiges Mittelformatobjektiv mit entsprechender Bildqualität oder doch eher ein Gadget handelt.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Völlig untypisch für das Mittelformat fällt das Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR mit einer Länge von 4,8 Zentimetern recht flach aus, wobei der Durchmesser von 8,4 Zentimetern sicherlich durchaus hätte kleiner sein dürfen. Diesem Ansinnen macht allerdings das große Bajonett einen Strich durch die Rechnung und auch der Blendenring will mindestens wie gewohnt bedient werden und muss daher entsprechend groß ausfallen. Mit einem Gewicht von 336 Gramm fällt das 50er zwar für ein Mittelformatobjektiv recht leicht aus, in Relation zur Größe hat man allerdings ordentlich etwas in der Hand.

Inklusive der 906 Gramm schweren Testkamera Fujifilm GFX100S und der mitgelieferten, winzigen und runden Streulichtblende ergibt sich ein Gesamtgewicht von lediglich 1,25 Kilogramm. Das ist zwar absolut gesehen schwer, aber im Verhältnis zum hochauflösenden Mittelformatsensor eine ziemlich mobile Kombination, zumal das Objektiv gegenüber dem Kamerahandgriff nur um vier Zentimeter aufträgt.

Mit einem Preis von knapp über 1.000 Euro ist das GF 50 mm F3.5 R LM WR das mit Abstand günstigste Mittelformat-Objektiv von Fujifilm, dennoch muss man nicht auf ein Gehäuse aus Metall mit perfekter Verarbeitung verzichten. Auch das 62mm-Filtergewinde ist aus Metall gefertigt. Die Spaltmaße sind minimal und die Oberflächen sind in seidenmattem Schwarz gehalten. Sogar auf zahlreiche Dichtungen, die vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser schützen, wurde nicht verzichtet. So kann das Objektiv auch unter widrigen Aufnahmebedingungen eingesetzt werden.

Zum Lieferumfang gehören ein dünner Mikrofaserbeutel sowie eine zum Objektiv passend flache, runde Streulichtblende. Diese besteht komplett aus Metall und wird ins 62mm-Filtergewinde geschraubt. Sie verjüngt sich nach vorne und bietet ihrerseits eine gewindelose 43mm-Öffnung, in die der mitgelieferte Schnappdeckel passt. Da kein 62mm-Deckel mitgeliefert wird, muss man die Blende immer montiert lassen. Mit weniger als elf Gramm fällt sie jedoch kaum ins Gewicht, zumal sie nicht einmal einen Zentimeter aufträgt.

Ausstattung und Bedienung

Trotz des flachen Objektivdesigns hat Fujifilm zwei Einstellringe untergebracht: einen Blenden- und einen Fokusring. Umgeschaltet zwischen Autofokus und manuellem Fokus wird über den entsprechenden SCM-Wahlhebel auf der Kamerarückseite (S für Single-Autofokus, C für Continous-Autofokus und M für manuellen Fokus).

Der 1,2 Zentimeter schmale Fokusring ist auf einer Breite von einem Zentimeter griffig geriffelt und gummiert. Es handelt sich um einen rein elektronisch arbeitenden Ring, dessen Steuerbefehle zum Einstellen der internen Autofokuseinheit umgesetzt werden. Dabei ist praktischerweise die Kamera mit im Spiel, denn hier lässt sich im Menü wählen, ob die Steuerbefehle linear oder nicht-linear umgesetzt werden sollen. Der Unterschied ist, dass ein Drehwinkel im linearen Betrieb unabhängig der Drehgeschwindigkeit immer zum selben Verstellweg für den Fokus umgesetzt wird, während bei nicht-linearem Betrieb langsame Bewegungen zu einer feineren Fokuseinstellung führen als schnelle.

So kann sich jeder seinen bevorzugten Modus wählen. Zwar sind die Linsengruppen konstruktionsbedingt klein und der Fokus arbeitet intern im Objektiv, aber der Fokus-Schrittmotor macht sich durch eine etwas unangenehme, wenn auch leise Geräuschkulisse bemerkbar: Wann immer man den Fokusring dreht oder der Autofokus arbeitet, ist ein leicht knarzendes Geräusch im Takt des Fokusmotors zu hören. Das fällt zum Glück nur in leisen Umgebungen und in direkter Nähe zur Kamera auf.

Als manuelle Fokushilfen stehen im Livebild auf dem Bildschirm oder im elektronischen Sucher neben einer Lupe und Fokuspeaking auch eine Fokusskala samt Schärfentiefeanzeige zur Verfügung. Gerade letztere kann bei Kenntnis der Entfernung und der Tiefe des Motivs sehr hilfreich sein, zumal sich die Skalierung auf Pixelebene einstellen lässt. So kann man sicherstellen, dass das gewünschte Motiv auch wirklich komplett scharf abgebildet wird.

Im Autofokusbetrieb stellt das Objektiv flott scharf. Die minimale Fokusdistanz beträgt knapp über 51 Zentimeter und haut damit niemanden vom Hocker, auch wenn das etwas näher ist als die von Fujifilm angegebenen 55 Zentimeter. Aufgrund dessen und des Bildwinkels von 57 Grad diagonal fällt das minimale Bildfeld von 40 mal 30 Zentimeter recht groß aus. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt 1:9,1 und übertrifft damit aber immerhin die Herstellerangabe von 1:10.

Des Weiteren verfügt das Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR über einen 1,5 Zentimeter breiten Blendenring, der eine 1,1 Zentimeter breite Metallriffelung besitzt. Er ist damit nicht kleiner als bei den größeren GF-Objektiven. In Drittelstufen rastend lässt sich die Blende von F3,5 bis F32 einstellen. Die gravierten und weiß ausgelegten Ziffern lassen sich gut ablesen, wobei Fujifilm jedoch auf die Markierungen der Drittelstufen verzichtet. Eine De-Click-Funktion fehlt leider. Leiser lässt sich die Blende über die Kamera einstellen. Hierfür bietet der Blendenring gleich zwei Einstellungen, nämlich "A" und "C". Beide sind mit einer Sicherung versehen, so dass man sie nur verlassen kann, wenn man den Sicherungsknopf drückt. In der C-Stellung kann die Blende manuell über ein Bedienrad der Kamera gewählt werden, in A-Stellung steuert die Kamera die Blende automatisch.

Auf einen optischen Bildstabilisator verzichtet Fujifilm beim GF 50 mm F3.5 R LM WR. Die Stabilisierung übernimmt im Fall der GFX100S aber ohnehin der beweglich gelagerte Bildsensor.

Bildqualität

In der Praxis zeigte das Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR auch im Gegenlicht hohe Kontrast, unangenehm auffällige Blendenreflexe konnten wir auch im direkten Sonnenlicht nicht feststellen. Optische Fehler waren keine zu erkennen, allerdings sind die Bilder bei Offenblende am Bildrand nicht so scharf wie im Bildzentrum. Das Bokeh zeigte sich ebenfalls überraschend weich, die immerhin neun Blendenlamellen bilden eine gleichmäßig runde Öffnung. Bei vielen Details im Hintergrund, etwa Ästen, werden aber leichte Doppelkonturen sichtbar. Bei hohen Kontrasten außerhalb der Schärfeebene zeigen sich zudem leichte Farbsäume, irgendwo müssen bei einer so flachen, kostenoptimierten Konstruktion einfach Kompromisse gemacht werden.

Wirklich interessant ist aber die Frage, ob das Objektiv tatsächlich auch die 100 Megapixel der GFX100S ausreizen kann. Dem sind wir im Testlabor nachgegangen. Hier bestätigt sich die hohe optische Güte in Zusammenarbeit mit den kamerainternen Korrekturen. Randabdunklung und Farbsäume sind praktisch nicht vorhanden. Auch die Verzeichnung ist minimal (siehe Diagramm aus dem Labortest unten).

Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast erreicht im Maximum 112 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent, und zwar in der Bildmitte. Am Bildrand liegt das Maximum mit 104 lp/mm kaum darunter. Dafür muss man das Objektiv aber auf F11 abblenden. Doch auch bei Offenblende ist die Auflösung sehr hoch – zumindest im Bildzentrum, hier sind es immerhin 98 lp/mm. Bis F16 kann man gut abblenden, die Auflösung bewegt sich dann im Bildzentrum zwischen eben diesen 98 und 112 lp/mm. Am Bildrand sind es bei Offenblende und F4 jedoch nur 54 und 61 lp/mm, was zwar absolut gesehen gute, aber in Relation zur Auflösung im Bildzentrum eher schlechte Werte sind (gut 40 Prozent Randabfall). Ab F5,6 springt die Auflösung am Bildrand jedoch auf über 100 lp/mm, womit plötzlich der Randverlust nur noch minimal ist.

Fazit

Trotz des für Mittelformatverhältnisse niedrigen Preises (der aber mit über 1.000 Euro immer noch hoch ist) und der kompakten Bauweise ist das Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR ein vollwertiges Objektiv mit einer hohen Verarbeitungsqualität, guten Robustheit, schnellem Autofokus und sehr guten Bildqualität. Einzig das nicht ganz perfekte Bokeh und den zuweilen etwas merkwürdig klingenden Autofokus könnte man bemängeln. Optische Fehler zeigen sich selbst an der mit 100 Megapixeln sehr hochauflösenden Fujifilm GFX100S kaum, die Kontraste sind auch im Gegenlicht hoch. Während die Auflösung im Bildzentrum bereits ab Offenblende auf hohem Niveau liegt, sollte für eine hohe Randauflösung etwas abgeblendet werden. Von F5,6 bis F11 ist das Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR aber ein sehr gutes Objektiv, das sich nicht hinter den teureren Objektiven des GFX-System zu verstecken braucht.

Kurzbewertung

  • Hervorragende Verarbeitung
  • Von F5,6-F11 gleichmäßig hohe Auflösung von der Bildmitte bis zum Rand
  • Hervorragend auskorrigierte Verzeichnung und Randabdunklung
  • Fokusring wahlweise linear oder nicht-linear
  • Hohe Kontraste auch im Gegenlicht
  • Minimale Verzögerung zwischen Fokusring und Fokusmotor
  • Zuweilen etwas seltsam klingender Fokusmotor
  • Leichte Doppelkonturen und Farbsäume im Bokeh

Fujifilm GF 50 mm F3.5 R LM WR mit Fujifilm GFX100S

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Fujifilm
Modell GF 50 mm F3.5 R LM WR
Unverbindliche Preisempfehlung 1.049,00 €
Bajonettanschluss Fujifilm G
Brennweite 50,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F3,5
Kleinste Blendenöffnung F32
KB-Vollformat nicht relevant
Linsensystem 9 Linsen in 6 Gruppen
inkl. asphärische Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 550 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 62 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 84 x 48 mm
Objektivgewicht 335 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.