Preisgünstiges Standardobjektiv

Testbericht: Canon RF 50 mm F1.8 STM

2022-04-11 Das Canon RF 50 mm F1.8 STM ist das bisher günstigste und kleinste Objektiv im spiegellosen Vollformatsystem von Canon und bietet dennoch eine hohe Lichtstärke. Das prädestiniert es neben seiner "Normalbrennweite" als Standardobjektiv für alle R-Systemkameras für Motive von Porträt bis Landschaft. Ob aber auch die Bildqualität stimmt, zeigt unter Testbericht an der 45 Megapixel auflösenden Canon EOS R5.  (Benjamin Kirchheim)

Kaum mehr als 200 Euro kostet das Canon RF 50 mm F1.8 STM. Dass man dafür ein paar Kompromisse eingehen muss, sollte klar sein. Die Frage ist nur, wo diese liegen? Bei der Verarbeitung? Oder der optischen Elemente, also letztlich der Bildqualität? Tatsächlich besteht das Gehäuse des 69 mal 41 Millimeter (Durchmesser mal Länge) kompakten Objektivs mit Ausnahme des Metallbajonetts aus Kunststoff, was auch auf das 43 Millimeter kleine Filtergewinde zutrifft. Zudem fehlt eine Abdichtung gegen Staub und Spritzwasser, sodass man sicher nicht von einem sonderlich robusten Objektiv sprechen kann. Aber die Verarbeitung kann sich dennoch sehen lassen. Zudem sorgt das Kunststoffgehäuse für ein geringes Gewicht von gewogenen 159 Gramm. Eine Gegenlichtblende oder ein Schutzbeutel gehören dafür wiederum nicht zum Lieferumfang. Immerhin ist aber ein Bajonett für eine optionale Gegenlichtblende vorhanden, die mit knapp 30 Euro zu Buche schlägt.

Ausstattung

Aufgrund der geringen Größe ist das Canon RF 50 mm F1.8 STM lediglich mit einem Schalter und einem neun Millimeter schmalen, griffig geriffelten Einstellring ausgestattet. Ein optischer Bildstabilisator fehlt gänzlich. Immerhin bieten die neueren EOS-R-Kameras einen sehr effektiven Sensor-Shift-Bildstabilisator. Mit der EOS R5 konnten wir beispielsweise 1/3 Sekunde lang verwackelungsfrei aus der Hand belichten, was etwa vier Blendenstufen länger als die Faustregel (Kehrwert der Brennweite, also rund 1/50 Sekunde) entspricht.

Der kleine Schalter an der Objektivseite dient der Auswahl der Einstellringfunktion. Wahlweise kann er auf Fokus oder Funktionsring umgeschaltet werden. Im Fall des Funktionsrings kann über das Kameramenü gewählt werden, was dieser regelt. Neben der Belichtungskorrektur sind beispielsweise auch die Einstellung der Blende oder ISO-Empfindlichkeit möglich. Sehr praktisch, dass Canon diesen Ring an allen Objektiven verbaut, auch an diesem preisgünstigen. Das wertet die Ergonomie der Kamera definitiv auf und "entlastet" die Funktionstasten beziehungsweise sorgt für eine direktere, schnellere Bedienung. Der Funktionsring arbeitet dabei stufenlos und somit auch geräuschfrei.

Beim Autofokus kommt der STM zum Einsatz, wie das Kürzel in der Objektivbezeichnung verrät. STM steht für Stepping Motor, also einen Schrittmotor, der sich für einen schnellen Autofokus an spiegellosen Systemkameras für Foto- und Videoaufnahmen eignet. Er arbeitet relativ leise, ist aber vor allem im Fotobetrieb nicht unhörbar, denn jeder Richtungswechsel des Drehmoment-starken AF-Antriebs ist zu hören, und davon braucht es zum Fokussieren einige, bis sich der AF an das Motiv "herangetastet" hat. Das geht immerhin blitzschnell vonstatten. Dabei fällt auf, dass die Frontlinse sich um bis zu 1,3 Zentimeter vor- und zurückbewegt. Ein Kompromiss, der für ein preisgünstiges Objektiv ohne Innenfokussierung nötig ist. Mitdrehen tut sich das am Tubus befindende Filtergewinde selbstverständlich nicht.

Wer hingegen den manuellen Fokus nutzen möchte, muss diesen kompliziert über das Kameramenü aktivieren oder eine Funktionstaste der Kamera dafür "opfern". Dabei wäre für einen dedizierten AF-MF-Schalter sicher genügend Platz gewesen. Die manuelle Fokussierung geht dank der nicht-linearen Funktionsweise des neun Millimeter schmalen, griffig geriffelten Fokusrings sowie des angenehmen Widerstands sehr gut von der Hand, zumal die EOS R5 mit einer Fokusskala, einer Fokuslupe sowie dem Fokuspeaking zahlreiche Einstellhilfen bietet. Der Fokusring arbeitet rein elektronisch und überträgt Stellbefehle an den Schrittmotor. Durch den nicht-linearen Betrieb lässt sich bei langsamen Bewegungen eine langsame Übersetzung realisieren, während der Fokus bei kurzen, aber schnellen Bewegungen größere Bereiche schnell durchfährt. Auf Wunsch kann die Reaktion des Fokusrings über das Kameramenü auf einen linearen Betrieb umgeschaltet werden, was Videografen freuen dürfte. Fokusatmen ist bei einer Auszugsfokussierung wie dem RF 50 mm F1.8 STM jedoch vorprogrammiert.

Die Naheinstellgrenze beträgt laut technischen Daten 30 Zentimeter ab Sensorebene, was einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:4 ermöglichen soll. In der Praxis konnten wir ab 29,7 Zentimetern von der Sensorebene gemessen fokussieren, das entspricht also ziemlich genau der "Werksangabe". Der Abstand von der Objektivfront beträgt dann aufgrund des maximal ausgefahrenen Tubus 22,5 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 14 mal 9,3 Zentimeter ermittelt, was einem Abbildungsmaßstab von 1:3,9 entspricht. Damit sind durchaus Detailaufnahmen von nicht allzu kleinen Motiven möglich.

Bildqualität

Obwohl es sich beim RF 50 mm F1.8 STM um ein sehr preisgünstiges Objektiv handelt, setzt Canon nicht allein auf die Korrektur optischer Fehler durch die Kamera. So ist die Verzeichnungskorrektur sogar defaultmäßig abgeschaltet, die Randabdunklung wird hingegen wie andere optische Fehler korrigiert, was sich jedoch auf Wunsch auch abschalten lässt. Die optische Konstruktion ist mit sechs Linsen in fünf Gruppen recht einfach, immerhin soll aber eine asphärische Linsen Bildfehler korrigieren.

In der Praxis schlägt sich das gerne auch als "Nifty-Fifty" bezeichnete Objektiv sehr gut. Eine Verzeichnung ist kaum sichtbar, auch Farbsäume sind fast nicht vorhanden. Vor allem aber überrascht das RF 50 mm trotz nur sieben Blendenlamellen mit einem schönen Bokeh. Der Hintergrund wird angenehm weichgezeichnet, sogar die Unschärfescheibchen sind überraschend gleichmäßig. Farbsäume sind im Unschärfebereich nur minimal. Zudem bleiben die Kontraste auch im direkten Gegenlicht hoch und die Blendenreflexe sind gering. Nur Fans von Sternen/Strahlen um punktuelle Lichtquellen bei stark geschlossener Blende kommen nicht auf ihre Kosten, denn die zeigen sich selbst bei F22 nicht.

Der Labortest des RF 50 mm F1.8 STM erfolgte an der Vollformat-DSLM Canon EOS R5, die derzeit mit 45 Megapixeln die höchste Auflösung im R-System bietet. Dabei zeigt das 50 mm in JPEG nur geringe optische Fehler. Die Randabdunklung ist mit maximal 0,8 Blendenstufen bei Offenblende zwar leicht sichtbar, fällt aber aufgrund des sanften Verlaufs nicht störend auf. Ab F2,8 ist die Randabdunklung mit 0,3 Blendenstufen nur noch minimal und kaum der Rede wert.

Farbsäume sind praktisch nicht vorhanden und auch die Verzeichnung ist minimal. Sie zeigt jedoch eine minimale Wellenform (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Bis etwa 60 Prozent radialem Abstand von der Bildmitte steigt sie auf rund 0,2 Prozent Tonnenform und sinkt dann bis etwa 85 Prozent radialem Abstand wieder auf den Nullpunkt, um dann in der äußersten Bildecke auf 0,2 Prozent Kissenform zu schwenken. In der Praxis bleibt das bei 99,9 Prozent der Motive aber unsichtbar.

Auch bei der Auflösung bei 50 Prozent Kontrast sehen die Werte ganz gut aus, auch wenn man von einem so preisgünstigen Objektiv keine Spitzenleistung erwarten sollte. Bei Offenblende ist die Auflösung mit gut 70 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) gut und lässt sich beim Abblenden auf F2,8 bis zu einem maximum von 81 lp/mm steigern. Dieses Niveau wird etwa bis F5,6 gehalten, darüber sinkt die Auflösung langsam wieder, bleibt aber bis F11 oberhalb von 70 lp/mm. Am Bildrand startet die Auflösung bei gut 57 lp/mm und steigt beim Abblenden bis F5,6 auf immerhin 74 lp/mm an. Der Auslösungs-Randabfall erreicht zwar maximal 25 Prozent, von F5,6 bis F11 beträgt er aber lediglich fünf bis sechs Prozent – ideal also für Fotos mit einer gleichmäßig hohen Auflösung bis in die Bildecken, beispielsweise Landschaften oder Architektur.

Fazit

Das Canon RF 50 mm F1.8 STM überzeugt mit einer soliden Leistung in allen Bereichen. In manchen Aspekten liefert das sehr preisgünstige Objektiv sogar sehr gute Werte ab und leistet sich dabei keine eklatanten Schwächen. Damit gehört es eigentlich in jede Fototasche und sollte vor allem bei Fotografen mit kleinerem Geldbeutel ein Pflichtkauf sein, denn ein besseres Preis-Leistungsverhältnis liefert kein anderes RF-Objektiv. Natürlich kann man für knapp über 200 Euro kein Vollmetallobjektiv mit Wetterschutz erwarten, aber das 50er ist ordentlich verarbeitet, besitzt sogar ein Metallbajonett und einen kombinierten Funktions- und Fokusring. Einzig einen echten AF-MF-Schalter hätten wir uns gewünscht. Die Bildqualität überzeugt mit schönes Bokeh, nur geringen optischen Fehler und einer selbst an der EOS R5 sehr hohen Auflösung mit (etwas abgeblendet) sehr geringem Randabfall.

Kurzbewertung

  • Sehr kompakt und leicht
  • Schönes Bokeh
  • Hohe Kontraste auch im Gegenlicht
  • Gute Auflösung mit nicht zu hohem Randabfall
  • Kein AF-MF-Schalter
  • Kein Spritzwasser- und Staubschutz

Canon RF 50 mm F1.8 STM mit Canon EOS R5

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Canon
Modell RF 50 mm F1.8 STM
Unverbindliche Preisempfehlung 229,00 €
Bajonettanschluss Canon RF
Brennweite 50,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
Kleinste Blendenöffnung F22
KB-Vollformat ja
Linsensystem 6 Linsen in 5 Gruppen
inkl. asphärische Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 300 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 43 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 69 x 41 mm
Objektivgewicht 160 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.