Lichtstarkes Profi-Telezoom

Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II im Test

Seite 2 von 2, vom 2022-12-06 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Fokus

Der mittlere der drei Schalter steuert den Fokusbegrenzer. Wahlweise wird nur von unendlich bis drei Meter oder von unendlich bis zur brennweitenabhängigen Naheinstellgrenze fokussiert (dazu weiter unten mehr). Der oberste Schalter schaltet zwischen AF und MF um. Der Schalter darunter aktiviert oder deaktiviert den "Full Time DMF". DMF bedeutet "Direct Manual Focus". Ist diese Funktion aktiv, lässt sich der Fokus jederzeit manuell korrigieren, was jedoch im AF-S besser funktioniert als im AF-C, weil letzterer nach einer minimalen Gedenkpause immer wieder das Zepter übernimmt und nachfokussiert.

Der Fokusring sitzt vorne am Objektiv und fällt mit 3,2 Zentimetern etwas schmaler aus als der Zoomring. Er ist ebenfalls mit einem griffigen, geriffelten Gummiüberzug versehen, der etwa 2,6 Zentimeter breit ist. Der Fokusring dreht sich spürbar leichter als der Zoomring. Der Fokusring arbeitet rein elektronisch, verstellt wird der Fokus immer von den vier unhörbaren XD-Linearmotoren, die äußerst schnell zupacken. Je zwei Motoren treiben ein Element an, so dass die beiden Fokuselemente unabhängig voneinander arbeiten können. Das sorgt nicht nur für eine bessere Naheinstellgrenze, sondern auch für eine hohe Auflösung über den gesamten Fokusbereich und hilft zudem bei der Kompensation von Fokusatmen. Das Objektiv konnte bei unseren Tests mühelos schnelle Motive zuverlässig im Fokus halten, was nicht zuletzt auch an den guten AF-Algorithmen und Erkennungsfunktionen der Testkamera Sony Alpha 7R V lag.

Der Fokusring reagiert linear auf verschieden schnelle Drehbewegungen, erlaubt aber dennoch eine äußerst feine Fokussierung, da der Nahbereich wesentlich feiner aufgelöst ist. Dabei wird der Fotograf von Hilfen wie einer Fokuslupe und Fokuspeaking sowie einer Entfernungsanzeige unterstützt, die von der Kamera zur Verfügung gestellt werden.

Mit etwa einer 3/8-Drehung am Fokusring wird der gesamte Fokusbereich von unendlich bis zur Naheinstellgrenze durchfahren. Diese ist brennweitenabhängig und beträgt rund 40 Zentimeter bei kürzester und 82 Zentimeter bei längster Brennweite, jeweils ab Sensorebene. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt laut technischen Daten 1:3,3 und wird bei kürzester Brennweite erreicht.

In der Praxis konnten wir bei 70 Millimetern Brennweite auf 39,9 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 18 Zentimeter ab Objektivfront fokussieren. Damit konnten wir ein minimales Bildfeld von 12,1 mal 8,1 Zentimetern einfangen, was einem Abbildungsmaßstab von etwa 1:3,4 entspricht. Bei 200 Millimetern Brennweite konnten wir bis auf 81,2 Zentimeter an die Sensorebene heran fokussieren, der Abstand des Motivs von der Objektivfront betrug dabei 59,3 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 13,9 mal 9,3 Zentimetern gemessen, was einem Abbildungsmaßstab von 1;3,9 entspricht. Die Werte sind für ein so lichtstarkes Telezoom durchaus beeindruckend. In Kombination mit den Telekonvertern lässt sich der Abbildungsmaßstab noch um den Faktor 1,4 beziehungsweise 2 verbessern.

Bildqualität

Der optische Aufbau des Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II besteht aus 17 Linsen, die in 14 Gruppen angeordnet sind. Dabei kommen zwei asphärische Elemente zum Einsatz, bei einem davon handelt es sich um ein extrem präzises XA (extreme aspherical) Element. Es sollen Aberrationen auf ein Mindestmaß reduzieren und für eine bestmögliche Auflösung über den gesamten Zoom- und Blendenbereich sorgen. Zudem reduziert die hohe Oberflächenpräzision dieses Elements (0,01 Mikron) die Bildung von Zwiebelringen im Bokeh. Zusätzlich sollen zwei sphärische ED- und zwei sphärische Super-ED-Glaselemente chromatische Aberrationen minimieren.

Die kreisförmige Blende setzt sich aus elf Lamellen zusammen und soll für ein natürliches Bokeh sorgen. Das funktioniert in der Praxis bei kürzester Brennweite gut und bei längster sehr gut. Die Unschärfekreise besitzen nämlich bei kurzer Brennweite einen etwas helleren Rand, wodurch die Scheibchen nicht so schön ineinanderfließen. Bei längster Brennweite sieht das deutlich besser aus. Allerdings sind die Unschärfescheibchen in vielen Bereichen des Bilds eher oval als schön rund. Farbsäume halten sich im Bokeh in Grenzen. Bei längster Brennweite treten sie fast gar nicht auf, bei kürzester sind sie minimal. Also auch hier ist das Bokeh bei langer Brennweite besser. Ein Blendenstern zeigt sich dagegen nur bei kürzester Brennweite, besonders schön ist er aber nicht.

Zur Unterdrückung von Reflexionen und Geisterbildern setzt Sony seine Nano AR II (Anti Reflection) Vergütung ein. Sie funktioniert bei kürzester Brennweite nicht ganz so gut, hier konnten wir im Gegenlicht minimale Kontrastverluste und kleine Blendenflecken provozieren, bei längster Brennweite hingegen trat beides nicht auf.

Im Testlabor an der Sony Alpha 7R V zeigt das FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II nur eine geringe Randabdunklung, die dank des sanften Verlaufs selbst bei maximaler Ausprägung von einer halben Blendenstufe praktisch nicht auffällt. Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen sind ebenfalls gering. Anders sieht es mit der Verzeichnung aus, die bei mittlerer und langer Brennweite mit 1,5 bis 1,8 Prozent Kissenform sichtbar wird.

Die 61 Megapixel des Vollformatsensors der Sony Alpha 7R V sind für Objektive eine Herausforderung, erst recht für ein Zoomobjektiv wie das FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II. Doch es meistert diese Disziplin gut und überzeugt vor allem mit einer konstant hohen Auflösung von Offenblende bis F5,6, danach beginnt sie langsam zu fallen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Dass die Auflösung in der Bildmitte mit 88 bis 95 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast deutlich hinter der Alpha 7R IV zurückbleibt, liegt hauptsächlich an der zurückhaltenderen Bildaufbereitung der 7R V, wodurch die Fotos aber auch weniger Artefakte aufweisen und natürlicher wirken. Jenseits von F5,6 beginnt die Auflösung zwar langsam zu sinken, aber selbst bei F11 sind es noch um die 80 lp/mm. Blendet man noch weiter ab, sinkt die Auflösung jedoch deutlich.

Auch am Bildrand schlägt sich das 70-200 erfreulich gut. Hier bewegt sich die Auflösung im Bereich bis F11 zwischen 72 und 77 lp/mm, ist also sehr konstant hoch. Der relative Randabfall bewegt sich zwischen sechs und 21 Prozent, womit der Randabfall gering bis sehr gering ist und sich auf dem Niveau guter Festbrennweiten bewegt.

Fazit

Das komplette Redesign im Vergleich zum Vorgängermodell hat sich beim Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II definitiv gelohnt. Die zweite Generation ist nicht nur deutlich leichter, sondern auch schneller und besser ausgestattet. Dank der vielen Schalter lässt es sich direkt an die Aufnahmesituation anpassen und sowohl Fotografen als auch Videografen kommen voll auf ihre Kosten, etwa indem der elektronische Fokusring linear und feinfühlig arbeitet und der Blendenring eine De-Click-Funktion besitzt. Der Bildstabilisator arbeitet sehr effektiv. Vor allem aber die optische Qualität ist deutlich besser als beim Vorgängermodell. Selbst an den 61 Megapixeln der Sony Alpha 7R V löst das lichtstarke Telezoom ab Offenblende hoch auf und zeigt nur einen geringen Randabfall. Die optischen Fehler sind gering, allenfalls die kissenförmige Verzeichnung kann etwas stören. Das Bokeh ist insbesondere bei längster Brennweite sehr gut.

Kurzbewertung

  • Robuste, spritzwasser- und staubgeschützte Verarbeitung
  • Viele Bedienelemente und Einstellmöglichkeiten
  • Effektiver Hybrid-Bildstabilisator (optisch plus Sensor-Shift)
  • Hohe Auflösung ab Offenblende mit nur geringem Randabfall
  • Schneller Autofokus mit geringer Naheinstellgrenze
  • Sichtbar kissenförmige Verzeichnung
  • Stativschelle ohne Rastung in 90-Grad-Schritten
  • Stativfuß ohne Arca-Swiss-Kompatibilität

Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II (SEL70200GM2) mit Sony Alpha 7R V

Auflösung MTF


Alpha 7R V

F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0F22,0
70 mm85,8 / 71,9 (16 %)86,9 / 71,8 (17 %)88,4 / 74,8 (15 %)83,4 / 73,3 (12 %)79 / 74 (6 %)68,9 / 65,6 (5 %)56,8 / 52,1 (8 %)
120 mm92 / 73,2 (20 %)94,6 / 77,3 (18 %)91,3 / 72,2 (21 %)84,3 / 72 (15 %)80,1 / 75,2 (6 %)69,1 / 68,2 (1 %)57,6 / 55,7 (3 %)
200 mm87,6 / 76,5 (13 %)85,8 / 72,9 (15 %)86,2 / 68,3 (21 %)80,7 / 70,2 (13 %)79 / 73,9 (6 %)68,9 / 66,4 (4 %)57,2 / 53,5 (6 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sony
Modell FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II (SEL70200GM2)
Unverbindliche Preisempfehlung 2.999,00 €
Bajonett E-Mount
Brennweitenbereich 70-200 mm
Lichtstärke (größte Blende) F2,8 (durchgängig)
Kleinste Blendenöffnung F22
Linsensystem 17 Linsen in 14 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
KB-Vollformat ja
Anzahl Blendenlamellen 11
Naheinstellgrenze 400 mm
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 77 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 88 x 200 mm
Objektivgewicht 1.044 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.