APS-C-Ultraweitwinkel-Objektiv

Sony E 11 mm F1.8 (SEL11F18) im Test

2022-06-20 Mit dem E 11 mm F1.8 (SEL11F18) bringt Sony im Sommer 2022 endlich ein lichtstarkes Ultraweitwinkel für seine APS-C-Systemkameras auf den Markt. Trotz des großen Bildwinkels von 104 Grad diagonal und der guten Lichtstärke von F1,8 wiegt es kaum mehr als 180 Gramm und ist unter sechs Zentimeter kurz – perfekt, um es immer dabei zu haben. Ob aber auch die Bildqualität gut genug ist, damit sich das überhaupt lohnt, haben wir an der 24 Megapixel auflösenden Sony Alpha 6400 getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Das Sony E 11 mm F1.8 (SEL11F18) gehört zu den nun nicht mehr ganz so wenigen, speziell auf den APS-C-Sensor abgestimmten Objektiven von Sony, denn parallel zu diesem wurden mit dem E15 mm F1.4 G und dem E 10-20 mm F4 G noch zwei weitere APS-C-Objektive vorgestellt, die wir ebenfalls bald testen werden. Aufgrund des APS-C-Sensors entspricht das 11 mm einem Kleinbildobjektiv mit 16,5 Millimetern Brennweite.

Dabei zeigt das E 11 mm F1.8 wieder einmal, wie klein man APS-C-Objektive mit geringem Auflagemaß (Abstand Sensor-Bajonett) vor allem im Ultraweitwinkelbereich bauen kann. Mit einer Länge von 5,8 und einem Durchmesser von 6,6 Zentimetern fällt die Festbrennweite nämlich trotz der guten Lichtstärke von F1,8 schön kompakt aus. Auch das Gewicht ist mit 181 Gramm sehr gering, zusammen mit der mitgelieferten Gegenlichtblende sowie der Testkamera Alpha 6400 sind es nicht einmal 600 Gramm.

Angesichts des geringen Gewichts überrascht es wenig, dass das Gehäuse komplett aus Kunststoff besteht, der aber nicht billig wirkt. Immerhin ist das Bajonett aus Metall gefertigt, was nicht bei jedem Hersteller selbstverständlich ist. Eine Dichtlippe verrät, dass die Festbrennweite sogar über einen Spritzwasser- und Staubschutz verfügt. Das 55 Millimeter große Filtergewinde besteht ebenfalls aus Kunststoff, hier sollte man also beim Einschrauben etwas Vorsicht walten lassen. Löblich aber, dass das Objektiv trotz stark gewölbter Frontlinse überhaupt den Einsatz von Schraubfiltern zulässt, was dank der zurückgesetzten Frontlinse möglich ist.

Zum Lieferumfang des Sony E 11 mm F1.8 gehört neben den üblichen Deckeln auch die passende tulpenförmige Streulichtblende. Sie besteht ebenfalls aus Kunststoff. Sie wird per Bajonett am Objektiv befestigt und kann zum Transport wie üblich verkehrt herum montiert werden. Mit einem maximalen Durchmesser von 7,8 Zentimetern und einer Länge von 2,4 Zentimetern fällt die kaum 13 Gramm schwere Blende sehr kompakt aus. Auch in Transportstellung kann dank der tulpenförmigen Ausführung an den kurzen Enden der Tulpe noch der Fokusring bedient werden, falls man mal keine Muße hat, die Blende umzudrehen.

Ausstattung und Bedienung

Die schlicht designte Ultraweitwinkel-Festbrennweite besitzt einen Einstellring, eine Funktionstaste und einen Schalter, mit dem sich zwischen Autofokus und manuellem Fokus umschalten lässt. Einen optischen Bildstabilisator bietet das 11 mm hingegen nicht, was angesichts der geringen Brennweite aber verschmerzbar ist. Mit einer Alpha 6500 oder 6600 sind dank deren Sensor-Shift-Bildstabilisator aber auch längere Belichtungszeiten möglich, für die es bei unserer Testkamera Alpha 6400 mangels Bildstabilisators eines Stativs bedarf.

Der Autofokus arbeitet unhörbar und schnell; das Fokusatmen ist gering. Zudem unterstützt das Objektiv die digitale Korrektur des Fokusatmens durch die Kamera, was jedoch logischerweise minimal Bildwinkel kostet. Drückt man die Funktionstaste, wird defaultmäßig der Autofokus gestoppt, man kann die Taste über das Kameramenü aber auch mit einer anderen Funktion belegen. Schaltet man am Objektiv auf manuellen Fokus um, arbeitet der 1,6 Zentimeter breite, griffig geriffelte Kunststoffring mit linearer Übersetzung, wobei elektronische Stellbefehle an den Fokusmotor weitergegeben werden. Sowohl bei Fotos als auch bei Videos ist dank der Fokuslupe und des Fokuspeakings seitens der Kamera und des feinfühligen Fokusrings eine präzise Fokussierung möglich.

Interessanterweise bietet die Festbrennweite bei manueller Fokussierung eine kürzere Naheinstellgrenze als mit Autofokus. Sony gibt die Naheinstellgrenze ab Sensorebene mit 15 bei Autofokus und zwölf Zentimeter bei manuellem Scharfstellen an. Die Abbildungsmaßstäbe betragen 1:7,7 mit Autofokus und manuell fokussiert sogar beeindruckende 1:5. In der Praxis konnten wir jedoch mit Autofokus bereits ab 13 Zentimetern fotografieren und damit einen Abbildungsmaßstab von 1:5,5 erreichen. Der Abstand des Motivs von der Objektivfront beträgt dabei lediglich fünf Zentimeter.

Manuell fokussiert konnten wir sogar bereits ab elf Zentimetern von der Sensorebene beziehungsweise drei Zentimetern von der Objektivfront fokussieren, was einen Abbildungsmaßstab von sogar 1:3,9 ermöglichte. Wahrscheinlich dürften die einzelnen Serienexemplare bei dieser Disziplin leicht streuen, aber die Herstellerangaben werden höchstwahrscheinlich sicher erreicht.

Bildqualität

Angesichts dieser geringen Naheinstellgrenzen ergibt sich zusammen mit der Anfangsöffnung von F1,8 trotz der geringen Brennweite eine beeindruckende Hintergrundunschärfe. Das Bokeh ist recht weich und zeigt lediglich in den Spitzlichtern leicht hellere Ränder der Unschärfescheibchen, bildet jedoch keine unruhigen Doppelkonturen feiner Strukturen im Hintergrund. Zudem zeigen sich so gut wie keine Farbsäume im Unschärfebereich.

Schließt man die aus sieben Lamellen bestehende Blende hingegen, zeigt sich ab F5,6 ein leichter Sonnenstern, der beim weiteren Abblenden immer definierter und schöner wird (sofern man solche Effekte mag). Bei F8 ist der Stern gut zu sehen und bei F11 ist er sehr schön definiert. Wer möchte, kann für einen maximalen Blendenstern auf F16 abblenden, sollte sich dann aber im Klaren sein, dass das aufgrund der Beugung zulasten der Detailzeichnung anderer Bildbereiche geht, weshalb wir F11 empfehlen würden, wo sich ausgewogene Ergebnisse zeigen. Übrigens ist Gegenlicht überhaupt kein Thema für das Sony E 11 mm F1.8. Die Kontraste bleiben stets hoch und störende Blendenreflexe zeigen sich praktisch nicht.

Im Testlabor musste das SEL11F18 an der 24 Megapixel auflösenden Alpha 6400 zeigen, wie gut seine Bildqualität ist. Dabei korrigiert die Kamera defaultmäßig optische Fehler wie Randabdunklung, Farbsäume und Verzeichnung. Letzteres ist nicht einmal deaktivierbar, führt aber zu einem völlig verzeichnungsfreien Bild, wie der Labortest zeigt. Dreht man das Objektiv leicht aus dem Bajonett und verhindert damit die Erkennung des Objektivs durch die Kamera anhand der Kontakte, lässt sich aber die Verzeichnung beobachten. Das Rohdatenfoto ist desbezüglich unangetastet, enthält aber ein Korrekturprofil für die üblichen Rohdatenkonverter, womit auch bei Raw ein verzeichnungsfreies Ergebnis ermöglicht wird.

Die Randabdunklung wird hingegen nicht so perfekt korrigiert, bleibt aber dank des sanften Verlaufs unauffällig. Sie beträgt bei Offenblende im Maximum lediglich 0,9 Blendenstufen und nimmt beim Abblenden bis F2,8 auf eine halbe Blendenstufe ab. Am ehesten können Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen als optische Fehler im Foto auffallen, auch wenn sie sich selbst im Maximum lediglich leicht an harten Kontrastkaten zeigen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten).

Die Auflösung des Sony E 11 mm F1.8 ist an der Alpha 6400 im Bildzentrum bereits ab Offenblende mit 68 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent bei 50 Prozent Kontrast sehr gut, lässt sich beim Abblenden auf F2,8 aber sogar noch auf einen für 24 Megapixel außergewöhnlich hohen Wert von fast 73 lp/mm steigern. Beim weiteren Abblenden bis F5,6 sinkt die Auflösung nur minimal, dann aber stärker. Bei F11 werden bereits weniger als 60 lp/mm aufgelöst, bei F16 sind es nur noch knapp über 50 lp/mm.

Zum Bildrand fällt die Auflösung jedoch je nach Blende um mindestens 30 und bis zu fast 40 Prozent ab. Im Bereich von F1,8 bis F11 bewegt sie sich im Bereich von 41 bis maximal 48 lp/mm. Dieser Umstand dürfte nicht nur dem extrem großen Bildwinkel geschuldet sein, sondern zum Teil sicherlich auch der Verzeichnungskorrektur, die die Pixel am Bildrand naturgemäß verzerren muss. Absolut gesehen ist die Randauflösung zwar gut, aber dennoch vor allem angesichts der extrem hohen Auflösung im Bildzentrum wohl die Achillesferse des Sony E 11 mm F1.8.

Fazit

Dank seiner kompakten Abmessungen, des geringen Gewichts und mit knapp 600 Euro moderaten Preises gehört das Sony E 11 mm F1.8 (SEL11F18) quasi zur Pflichtausrüstung eines jeden Weitwinkelfans mit Sony-APS-C-Kamera. Es kann in der Foto- oder Jackentasche immer dabei sein und bietet an der Kamera angesetzt sogar einen Spritzwasser- und Staubschutz. Mit dem Fokusring, der Funktionstaste sowie dem AF-MF-Schalter besitzt es alle für eine Festbrennweite ohne Bildstabilisator wichtigen Bedienelemente. Der Autofokus ist schnell und vor allem manuell fokussiert beeindruckt das 11 mm mit einer geringen Naheinstellgrenze und einem für ein Ultraweitwinkel ungewöhnlich großen Abbildungsmaßstab.

Die Bildqualität ist zwar nicht perfekt, bewegt sich aber für den Preis auf einem angemessen hohen Niveau. Das Bokeh ist ansehnlich; abgeblendet zeigt sich ein schöner Sonnenstern und auch Gegenlicht ist kein Problem. Die digitale Verzeichnungskorrektur arbeitet perfekt, am ehesten machen sich minimale chromatische Aberrationen als optische Fehler bemerkbar. Die Auflösung ist im Bildzentrum bereits ab Offenblende über jeden Zweifel erhaben, fällt jedoch zum Bildrand hin selbst im besten Fall um mindestens 30 Prozent ab.

Kurzbewertung

  • Kompaktes, spritzwassergeschütztes Gehäuse
  • Sehr hohe Auflösung im Bildzentrum
  • Hohe Kontraste selbst im Gegenlicht
  • Kaum optische Fehler
  • Schöner Sonnenstern, besonders ab F11
  • Kunststoff-Filtergewinde
  • Durchgängig mindestens 30 Prozent Auflösungs-Randabfall

Sony E 11 mm F1.8 (SEL11F18) mit Sony Alpha 6400

Chromatische Aberration

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sony
Modell E 11 mm F1.8 (SEL11F18)
Unverbindliche Preisempfehlung 599,00 €
Bajonettanschluss E-Mount
Brennweite 11,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat nein
Linsensystem 12 Linsen in 11 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 120 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 55 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 66 x 58 mm
Objektivgewicht 181 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.