Lichtstarkes Reportage-Weitwinkel

Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR im Test

2023-01-09 Mit dem Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR kam dieses Jahr das Nachfolgemodell des neun Jahre alten XF 23 mm F1.4 R auf den Markt. Es entspricht im Kleinbildäquivalent der klassischen Reportagebrennweite von 35 Millimetern. Der optische Aufbau ist völlig neu und soll den 40 Megapixeln der neuesten APS-C-Generation von Fujifilm gewachsen sein, zudem besitzt das Gehäuse nun einen Wetterschutz. Dafür ist das 23er etwas länger und schwerer, dafür aber auch schlanker geworden. Der Preis ist dagegen nur wenig gestiegen. Wie es sich bei der Bildqualität schlägt, haben wir am 40 Megapixel auflösenden Fujifilm-Flaggschiff X-H2 getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Mit knapp 950 Euro ist das Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR nur 50 Euro teurer als das ursprüngliche XF 23 mm F1.4 R, wobei man letzteres im Abverkauf aktuell deutlich günstiger bekommt. Zwar bleibt das neue 23er damit unter der 1.000-Euro-Schallmauer, ein Schnäppchen ist es aber auch nicht gerade. Dafür bekommt man eine hochwertig verarbeitet Festbrennweite, die von außen komplett aus Metall besteht, inklusive des 58 Millimeter großen Filtergewindes.

Nur die mitgelieferte, tulpenförmige Streulichtblende ist aus Kunststoff gefertigt. Sie ist innen geriffelt und mattiert, um keine ungewollten Reflexionen zu erzeugen. Sie misst 5,3 Zentimeter in der Länge und 7,5 Zentimeter im Durchmesser, ist mit gut 27 Gramm aber angenehm leicht. Sie lässt sich zum Transport verkehrt herum am Objektiv montieren, deckt dabei aber fast den kompletten Fokusring ab. Optional kann man für knapp 70 Euro die klassisch-rechteckige und aus Aluminium gefertigte Streulichtblende Fujifilm LH-XF23 II erwerben, die sich allerdings nicht zum Transport verkehrt herum montieren lässt.

Doch nicht nur das Metallgehäuse sorgt beim Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR für Robustheit, sondern auch die Abdichtung gegen Spritzwasser und Staub. Am Bajonett ist ebenfalls eine Dichtlippe zu finden. Da der Fokus intern arbeitet, wird auch keinerlei Luft eingesaugt oder rausgedrückt, so dass die Dichtigkeit nicht negativ beeinflusst wird. Obendrein ist das Objektiv bis -10 °C frostfest.

Zwar war schon das alte 23 mm F1.4 R nicht gerade klein und leicht, jedoch legt das neue XF 23 mm F1.4 R LM WR in der Länge und beim Gewicht nochmal etwas drauf. Mit einer Länge von 7,8 und einem Durchmesser von 6,7 Zentimetern ist es 1,5 Zentimeter länger, aber immerhin einen halben Zentimeter schlanker. Aufgrund der geringen Brennweite misst die Frontlinse trotz der hohen Lichtstärke lediglich 3,1 Zentimeter im Durchmesser. Das Gewicht klettert nach Herstellerangabe deutlich von 300 auf 375 Gramm, die wir auch tatsächlich gemessen haben. Zusammen mit der rund 660 Gramm schweren Testkamera Fujifilm X-H2 und der Streulichtblende bliebt das Gewicht unter 1,1 Kilogramm.

Ausstattung und Bedienung

Das Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR besitzt lediglich zwei Metall-Einstellringe. Beim hinteren davon handelt es sich um einen 1,3 Zentimeter breiten Blendenring. Er besitzt eine acht Millimeter breite, griffige Riffelung. Im vorderen Teil des Rings sind die vollen Blendenstufen eingraviert und weiß ausgelegt. Zudem gibt es eine rot ausgelegte A-Markierung für die Automatikstellung. Der Einstellweg zwischen A und F16 ist genauso lang wie zwischen allen anderen vollen Blendenstufen, jedoch ohne Zwischenrastung.

Weil das XF 23 F1.4 zur neuesten X-Objektivgeneration gehört, gibt es sogar eine Arretierung in Automatikstellung, so dass man nicht versehentlich zwischen manueller und automatischer Blendeneinstellung wechseln kann. In beide Richtungen, also sowohl zum Aktivieren als auch zum Deaktivieren der Automatik, muss jeweils der Arretierungsknopf gedrückt werden. Der Bereich von F1,4 bis F16 des Blendenrings ist in Drittelstufen gerastet, wobei sich die hörbare Rastung nicht deaktivieren lässt.

Über einen optischen Bildstabilisator verfügt das Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR nicht. Angesichts der hohen Lichtstärke ist das aber zu verschmerzen. Zudem gibt es inzwischen einige Fujifilm-Systemkameras mit integriertem Sensor-Shift-Bildstabilisator, etwa die Fujifilm X-S10, die X-T4 und X-T5 sowie die X-H1, X-H2S und die Testkamera X-H2. Fujifilm verspricht bis zu sieben Blendenstufen längere Belichtungszeiten. Das wären beim 23 mm über drei Sekunden Belichtungszeit, da waren unsere Aufnahmen jedoch deutlich verwackelt. Bei 1/5 Sekunde Belichtungszeit konnten wir jedoch recht zuverlässig unverwackelte Fotos aufnahmen, was etwa drei Blendenstufen entspricht.

Fokus

Der mit 2,7 Zentimetern angenehm breite Fokusring besteht ebenfalls aus Metall und ist auf einer Breite von zwei Zentimetern fein geriffelt. Zwar ist er damit sehr griffig, aber zwischen den Riffeln setzt sich sehr gerne Dreck bis hin zu kleinen Staubkörnern fest. Der Ring lässt sich gegen einen leichten, angenehm weichen Widerstand völlig lautlos und endlos drehen. Der Fokusring arbeitet elektronisch und defaultmäßig nicht-linear. In diesem Modus bestimmt die Drehgeschwindigkeit, wie weit der Fokus verstellt wird. Dreht man den Ring langsam, lässt sich der Fokus in allerfeinsten Schritten sehr präzise einstellen. Dreht man schnell am Fokusring, werden sehr weite Verstellwege zurückgelegt. Per Menü lässt sich dieses Verhalten jedoch auf linear umschalten, dann bestimmt allein der Drehwinkel des Fokusrings, wie weit die Entfernungseinstellung verändert wird.

Der Fokus selbst wird von einem unhörbaren Linearmotor eingestellt. Dabei ist die Fokusgruppe frei beweglich gelagert und wird vom Antrieb direkt positioniert. Im ausgeschalteten Zustand klappert die Fokusgruppe im Objektiv hörbar den Verstellweg vor und zurück. Der Autofokus arbeitet sehr schnell und präzise. Auf manuellen Fokus umgeschaltet wird über die Kamera. Dabei bietet die X-H2, wie bei Fujifilm üblich, eine Fokus-Peaking-Funktion, aber auch eine Fokuslupe lässt sich aktivieren, die besonders bei manueller Fokussierung hilfreich ist. Je nach Kameramodell lässt sich zudem beispielsweise ein digitaler Schnittbildindikator aktivieren. Ebenfalls praktisch ist die Entfernungsanzeige in einem Balkendiagramm, sogar die Schärfentiefe wird farbig markiert.

Das Fujifilm XF 23 mm F1.4 R LM WR hat laut technischen Daten eine Naheinstellgrenze von 19 Zentimetern. In der Praxis konnten wir knapp darunter ab einer Entfernung von 18,8 Zentimetern zur Sensorebene fokussieren. Der Motivabstand von der Objektivfront beträgt dabei 9,2 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 11,3 x 7,5 Zentimeter gemessen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:4,8 entspricht und damit etwas besser als die Herstellerangabe von 1:5 ausfällt. Bei einem Kleinbildobjektiv bräuchte man übrigens einen Abbildungsmaßstab von 1:3,2, um ein identisch kleines Motiv formatfüllend einfangen zu können. Damit lassen sich problemlos kleinere Details einfangen und aufgrund des großen Bildwinkels in Kontext zu seiner Umgebung setzen beziehungsweise bei weiter entferntem Hintergrund überproportional groß abbilden.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.