Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Bildqualität des Sigma 120-300 mm 2.8 EX DG APO OS HSM getestet
2012-05-28 Während die Kamerahersteller in ihren Objektivprogrammen stets ein 2,8/70-200, selbstverständlich mit Bildstabilisator, im Programm haben, setzt Sigma mit dem 2,8/120-300 für diejenigen einen drauf, die noch mehr Telebrennweite bei hoher Lichtstärke und der Flexibilität eines Zooms benötigen. Logisch, dass dieses Objektiv wuchtig, groß und schwer ist, allein das Filtergewinde von 105 Millimeter spricht Bände. Wir waren gespannt, wie sich ein solcher Bolide im Labortest an der aktuellen Canon EOS 5D Mark III schlägt. (Benjamin Kirchheim)
Das Objektiv kommt mit einer Stativschelle, die man auch tunlichst nutzen sollte, denn zusammen mit der Kamera wird die Vier-Kilo-Grenze locker gesprengt, und es ist nicht mehr angenehm, mit einer solchen Kombination längere Zeit aus der Hand zu fotografieren. Die Verarbeitung unterstreicht den professionellen Anspruch des Objektivs, die breiten Einstellringe lassen sich hervorragend bedienen. Über Schalter regelt man den Fokusbereich, legt fest, ob automatisch oder manuell fokussiert werden soll und kontrolliert den Bildstabilisator. Autofokus und Bildstabilisator arbeiten flüsterleise, die Fokussierung erfolgt äußerst schnell, wobei der Fokus vor allem im Telebereich mit dem Phasen-Messmodus der Kamera betrieben werden sollte. Der Kontrastautofokus stellte jedenfalls zuverlässig eine falsche Schärfe ein, was möglicherweise an der Schrittweite des Motors liegt, die im Labor nicht auf die einzustellende Entfernung passte.
Die Schärfe des Sigma 120-300 mm 2.8 EX DG APO OS HSM ist in Kombination mit der EOS 5D Mark III bei allen Blenden und gemessenen Brennweite bezogen auf ein 20 x 30 Zentimeter großes Papierbild einwandfrei, was angesichts der für eine solche "Profi-Kombination" lächerlichen Ausgabegröße nicht überrascht. Interessanter ist der Blick auf die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast, die der MTF-Messung entnommen wird (siehe Diagramm unten). Dieser Kontrast ist für das menschliche Auge sehr gut wahrnehmbar und zeigt gnadenlos auch an einer hoch auflösenden Kamera, ob ein Objektiv gut oder schlecht ist. Bei Offenblende wird im Bildzentrum bei allen gemessenen Brennweiten der Wert von 50 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) spielend übertroffen. Dennoch bringt das Abblenden auf F4 einen deutlichen Sprung nach oben auf rund 70 Linienpaare pro Millimeter – ein herausragender Wert. Nicht ganz mithalten können dabei die Bildränder. Der Randverlust der Auflösung ist aber doch recht moderat. Allerdings zieht die Randauflösung beim Abblenden von F2,8 auf F4 nicht so stark nach wie die im Bildzentrum, so dass die Auflösung insgesamt ungleichmäßiger wird. Weiteres Abblenden steigert die Randauflösung, während sie im Bildzentrum ab F8 schon wieder abnimmt. Die gleichmäßigste hohe Auflösung wird bei F11 erreicht. Ab F16 verliert dann auch der Bildrand gemeinsam mit dem Bildzentrum an Auflösung. Bei F22 muss man sich dann beugungsbedingt mit 41-44 lp/mm begnügen, sieht aber praktisch keinen Randverlust der Auflösung mehr.
Die Güte eines Objektivs zeigt sich aber nicht nur in der Auflösung, sondern auch in anderen Parametern wie Verzeichnung, Randabdunklung und chromatischen Aberrationen. Hier kommt erschwerend für Dritthersteller wie Sigma hinzu, dass die Kamera das Objektiv nicht kennt und damit über keinerlei Korrekturdaten für diese elektronisch recht einfach zu mindernden Objektivfehler verfügt, wobei das elektronische Beheben von Verzeichnung und Vignettierung Randauflösung kostet und/oder das Rauschen hier erhöht. Bei 120 Millimeter ist das Sigma 120-300 praktisch verzeichnungsfrei, bei 205 Millimeter zeigt sich eine leichte kissenförmige Verzeichnung, bei 300 Millimeter wird sie etwas unangenehmer. Verglichen mit einem 70-200 2.8 ist die Verzeichnung aber insgesamt auf leicht niedrigerem Niveau. Die Randabdunklung ist interessanterweise in Telestellung am größten und liegt bei F2,8 leicht über einer Blendenstufe. Auf F4 bis F5,6 abgeblendet nimmt die sanft verlaufende Vignettierung aber deutlich ab und ist nur noch in den äußersten Bildecken messbar. Das gibt also auch keinen großen Anlass zur Kritik. Es bleiben die chromatischen Aberrationen, aber auch hier gibt sich das Sigma trotz fehlender Kamerakorrektur keine Blöße. Am stärksten sind sie am kurzen Brennweitenende bei Offenblende mit bis zu 1,5 Pixeln Breite, bei den anderen Brennweiten sind sie mit weniger als einem Pixel irrelevant. Doch selbst das Maximum bei kurzer Brennweite stellt in der Praxis kein Problem dar, zumal die Farbfehler mit dem Abblenden langsam sinken.
In der Summe erfüllt das Sigma 120-300 2.8 unsere Erwartungen in vollem Umfang und ist seinen Straßenpreis von unter 2.500 EUR angesichts der Brennweite und Lichtstärke allemal Wert, zumal dieses Objektiv praktisch alternativlos ist und man zum selben Preis vom Originalhersteller mit einem 2.8 70-200 Vorlieb nehmen muss.
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.