Spezialtastatur, Editierkonsole, Bildmischpult

Testbericht: Loupedeck Steuereinheit für Lightroom Classic

2017-12-16 Das finnische Unternehmen Loupedeck ist Hersteller einer gleichnamigen Steuereinheit zur professionellen Bildbearbeitung. Ausschließlich entwickelt und geeignet für Adobe Lightroom Classic CC (und Lightroom 6) soll die Konsole dem Anwender eine schnelle und intuitive Arbeitsweise bei der Bildbearbeitung ermöglichen. Das mussten wir uns doch direkt einmal selbst anschauen.  (Jan-Markus Rupprecht)

Das Unternehmen Loupedeck wurde von Fotoenthusiasten und mit Hilfe von Top-Entwicklern mit Nokia-Hintergrund 2016 mit Firmensitz in Helsinki gegründet. Bei der Produktentwicklung wurde Loupedeck nicht nur tatkräftig von Adobe selbst unterstützt, sondern vor allem auch durch eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne überhaupt erst möglich: Knapp 1.500 Indiegogo-Nutzer, die zusammen über 366.000 Euro für den Markteinstieg investierten. Das ursprünglich geplante Finanzierungsziel von 75.000 Euro wurde damit um 488 % übertroffen.

Die Idee hinter der Lightroom-Konsole ist es, das Programm Adobe Lightroom nicht mittels Tastatur und Maus zu bedienen, sondern idealerweise nahezu vollständig mit Hilfe der Loupedeck Steuerungskonsole. Das geht noch deutlich weiter als die als Zubehör für Videoschnitt-Programme bekannten Videoschnitt-Tastaturen. Letztere sind mehr oder weniger gewöhnliche Tastaturen, die lediglich durch bunte Tasten mit zusätzlicher Beschriftung die ohnehin vorhandenen Tastatur-Kürzel (Shortcuts) des Programms auf der Tastatur hervorheben. Im Prinzip kann man mit einer solchen Videoschnitt-Tastatur aber auch ganz normal Texte tippen. Anders die Loupedeck-Konsole: Sie ersetzt keine Tastatur, sondern ergänzt eine solche. Insofern, das muss man wohl sagen, sind die Loupedeck-Anwendungsfotos und Anwendungsvideos reichlich praxisfremd, denn Sie zeigen den Anwender am aufgeräumten Schreibtisch ohne jede normale Tastatur. Bestenfalls eine Computermaus wird dem Anwender noch zugebilligt. Eine solche Visualisierung ist natürlich Quatsch. Niemand bearbeitet nur Bilder in Lightroom und muss niemals Texte eingeben. Selbst in Lightroom wird man wohl mal den einen oder anderen Suchbegriff eingeben oder ein Keyword vergeben wollen. Ganz ohne Tastatur geht es natürlich nicht.

Insofern stellt sich bei der Anwendung schon gleich die erste Frage: Wohin mit dem Ding? Vor die normale Tastatur? Oder daneben? Oder dahinter? Sinnvoll und zeitsparend bedienen lässt sich die Loupedeck-Konsole eigentlich nur mit beiden Händen. Eine seitliche Anordnung scheidet damit aus. Aus ergonomischen Gesichtspunkten wird man die Konsole beim intensiven Arbeiten mit Lightroom von vorne vor die Tastatur stellen. Bei einer eher gelegentlichen Bedienung wahrscheinlich eher dahinter. Beim häufigen Wechsel kann dabei durchaus das Kabel nerven (das in vielen der Pressefotos übrigens gar nicht dargestellt wird und so einen Drahtlos-Betrieb oder zumindest ein abnehmbares Kabel suggeriert, was beides nicht der Fall ist).

Damit die Konsole von Lightroom verwendet werden kann, muss eine Art Treiber installiert werden. Danach ist ein Rechner-Neustart fällig und danach sollte Lightroom dann auf Steuerbefehle der Loupedeck-Konsole reagieren (ein kleines Dienstprogramm läuft im Hintergrund und managed das). Wobei wir hier sicherheitshalber ganz deutlich sagen müssen: Mit "Lightroom" ist das "klassische Adobe Lightroom" gemeint, heute unter dem sperrigen Namen "Adobe Photoshop Lightroom Classic CC" ausschließlich als Miet-Lösung am Markt. Auch verwendet werden darf Lightroom 6, also der direkte Vorgänger, aber keine älteren Lightroom-Versionen. Und definitiv nicht mit Loupdeck ist das komplett neue Lightroom CC, also quasi die "Mobil-App" für Desktops, denn diese besitzt überhaupt keine Plugin-Schnittstelle, mit der externe Programme oder Hardware dort eingreifen könnten.

Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man 249 Euro für diese Spezial-Lösung ausgibt, die ja für nichts anderes zu verwenden ist. Der ursprüngliche Preis war übrigens noch deutlich höher: Fast 370 Euro wollte der Hersteller anfangs dafür im Fachhandel haben, mittlerweile ist der Preis über 299,99 Euro auf 249,99 Euro gefallen und damit fast auf dem Niveau des Vorzugspreises auf Indiegogo für die Vorbesteller. Und ganz ehrlich gesagt: Mehr Geld ist angesichts der recht billigen Haptik auch wirklich nicht angemessen.

Das edle Design, das mit den Produktfotos durchaus übereinstimmt, setzt sich nämlich in der "Anfass-Qualität" leider nicht fort. Der silberne Rahmen ist natürlich kein Aluminium sondern silber lackiertes Plastik, das ist eigentlich egal. Aber die Tasten erzeugen ein klapperiges, wirklich "billiges" Anschlaggeräusch und die Drehregler sind allesamt äußerst wackelig. Das ist zwar für die Funktion unerheblich, passt aber irgendwie nicht zum immer noch hohen Preis, den das Loupedeck kostet.

Das feste Kabel mit USB-Stecker prädestiniert das Loupedeck zudem eher für den dauerhaft stationären Einsatz an einem stationären Windows-PC oder Mac mit ausreichend vielen USB-Anschlüssen oder USB-Hub am Monitor. Bei modernen Notebook-Computern wird ja gerne an Schnittstellen gespart, in meinem Fall belegt das Loupedeck dann womöglich den einzigen USB-Anschluss. Ein im Loupedeck eingebauter USB-Hub mit zwei/drei USB-Schnittstellen wäre ein nettes Plus gewesen. Ebenso ein abnehmbares Kabel mit zeitgemäßer USB-C-Stecker/Buchse. Das feste Kabel stört beim Transport etwas. Zudem ist das Loupdeck beim Transport in der Notebook-Tasche durch seine hohen Drehregler ohnehin recht sperrig. Wer sich nun aber am Schreibtisch sehr an die Arbeitsweise mit dem Loupedeck gewöhnt, wird das Gerät vermutlich auch mitnehmen wollen, wenn er an einem anderen Ort arbeitet.

Mich persönlich hat beim Arbeiten mit der deutschsprachigen Lightroom-Version die englische Beschriftung der Bedienelemente am Loupedeck gestört. Zwar ist es nicht so, dass ich nicht wüsste, dass beispielsweise Saturation auf Deutsch Sättigung heißt und ich bin auch lernfähig und lernwillig. Aber es erfordert doch jedes Mal eine gewisse Übertragung im Kopf, wenn man am White Balance Knopf dreht uns sich am Bildschirm der Schieber bei "Weißabgleich" bewegt. Zunehmend wird man das Loupedeck aber sicherlich mehr oder weniger blind bedienen (oder sind dazu dann doch zu viele Bedienelemente drauf?).

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.