Lichtstarke Porträt-Festbrennweite

Testbericht: Viltrox AF 56 mm F1.4 STM

2021-11-22 Nach dem Test des Viltrox AF 23 mm F1.4 ED STM IF nehmen wir uns das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM zur Brust. Das für APS-C-Sensoren konzipierte Objektiv kann aufgrund seiner kleinbildäquivalenten Brennweite von rund 85 Millimetern als klassisches Porträt-Tele bezeichnet werden und bietet mit der Lichtstärke von F1,4 auch genug Potential für gute Freistellung und feinstes Bokeh. Wir haben untersucht, wie es um die optische Qualität bestellt ist und beurteilen auch Aspekte wie Bokeh und Streulichtempfindlichkeit in diesem Testbericht.  (Harm-Diercks Gronewold)

Viltrox ist ein chinesischer Zubehörhersteller, der 2009 gegründet wurde und in den USA sowie Europa anzutreffen ist. Die Objektive von Viltrox werden in Deutschland exklusiv von Rollei vertrieben. Eine kurze Internetsuche ergab allerdings, dass Rollei nicht der einzige Bezugspunkt der Viltrox-Objektive ist.

Das Viltrox AF 23 mm F1.4 STM ED IF und auch das AF 56 mm F1.4 STM sind sich recht ähnlich und auch das 56 mm wird mit den Anschlüssen Sony E, Canon EF-M, Nikon Z und Fujifilm XF für eine unverbindliche Preisempfehlung von 359 Euro angeboten. Der Straßenpreis liegt allerdings zwischen 290 und 300 Euro. Das Objektiv ist in schwarzer und silberner Ausführung erhältlich, mit Fujifilm-Anschluss gibt es zudem eine limitierte roten Edition.

Verarbeitung

Das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM mit Fujifilm-XF-Bajonett wiegt gute 310 Gramm, ist 7,5 Zentimeter lang und hat einen maximalen Durchmesser von 6,5 Zentimetern. Neben einem Bajonett für die mitgelieferte Metall-Streulichtblende ist ein 52 Millimeter großes Gewinde für die Montage von Einschraubfiltern vorhanden. Beide Befestigungen bewegen sich nicht beim Fokussieren, so dass der Einsatz von Pol- und Rechteckfiltern problemlos möglich ist. Auch die Baulänge verändert sich dank der Innenfokussierung nicht.

Das Gehäuse des Viltrox AF 56 mm F1.4 STM besteht aus Metall. Die einzigen Bedienelemente sind ein Blenden- sowie ein Fokusring. Beide laufen mechanisch sauber, der Blendenring allerdings nicht so geräuschlos wie der Fokusring. Das gleiche Verhalten zeigte auch der Blendenring des 23mm-Objektivs.

Auf der Seite des Gehäuses ist eine kleine rote Plakette angebracht, auf der der Buchstabe C untergebracht ist. Der Farbton der Plakette ähnelt verdächtig dem G auf den G-Master-Objektiven von Sony. Das C steht laut Rollei für APS-C.

Ausstattung

Der Blendenring des Viltrox AF 56 mm F1.4 STM ist knappe zehn Millimeter breit und hat eine aufgedruckte Blendenskala. Der Blendenring arbeitet stufenlos und besitzt keine Umschaltung auf Stufen. Für Videografen sehr schön, für Fotografen eher Gewöhnungssache.

Der Fokusring des 56 mm ist etwa 35 Millimeter breit und besitzt keine Gummierung. Stattdessen gibt es eine feine, etwa 25 Millimeter breite Riffelung, die für Traktion sorgt und gleichzeitig Staub und anderen Verunreinigungen eine Heimat bieten kann. Der Fokusring hat, wie auch der Blendenring, keine mechanische Kopplung zur optischen Einheit, die zur Fokussierung benutzt wird. Es werden also nur elektrische Signale übertragen. Der Fokusmotor (Schrittmotor) im Viltrox AF 56 mm F1.4 STM ist mit allen AF Betriebsarten der X-T4 kompatibel und arbeitet flott und zuverlässig, außerdem ist er leise.

Der geringste Fokusabstand betrug im Test knapp 60 Zentimeter von der Sensor-Ebene, was der Herstellerangabe entspricht. Das Motiv ist dabei etwa 50 Zentimeter von der Objektivfront entfernt. Das minimale Bildfeld erreicht damit eine Breite von etwa 21 Zentimetern. Das ergibt einen 0,11-fachen Vergrößerungsfaktor und einen Abbildungsmaßstab von rund 1:8,9 (Herstellerangabe 1:9,1). Das ist nicht besonders spektakulär für die Brennweite.

Wir haben das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM mit der Fujifilm X-T4 getestet und dank eines Kamera-Firmware-Updates kann der Fotograf das Verhalten der manuellen Fokussierung bei AF-Objektiven anpassen. Dem Foto- beziehungsweise Videografen steht es frei, die lineare oder nicht-lineare Fokussierung zu benutzten. Bei der linearen Fokussierung ist es egal, wie schnell der Fokusring gedreht wird, der Fokusabstand ändert sich immer abhängig vom Drehwinkel und nicht der Drehgeschwindigkeit. Dieses Verhalten ist ideal für das ambitionierte Filmen geeignet-

Der nicht-lineare Fokus ändert den Fokusabstand in Abhängigkeit zur Drehgeschwindigkeit des Fokusrings. Schnelles Drehen bedeutet, dass ein größerer Fokusunterschied erreicht werden kann als bei einer langsamen Drehung; vorausgesetzt natürlich, der Drehwinkel ist identisch. Diese Fokusvariante wird besonders von Fotografen geschätzt, da man nicht “ewig” am Ring rumkurbeln muss, wenn man beispielsweise ein sich bewegendes Objekt manuell im Fokus halten will.

Am Anschlussbajonett besitzt das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM eine Micro-USB-Schnittstelle, um Firmwareupdates auf das Objektiv übertragen zu können. Die Schnittstelle sitzt direkt im Bajonett, was ziemlich pfiffig ist, denn immerhin wird die Schnittstelle so vor mechanischer Belastung und bei Nichtgebrauch vor Dreck geschützt.

Bildqualität

Mit viel Vorfreude sind wir an den Bokehtest gegangen, weil wir gespannt waren, ob das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM in diesem für Porträtobjektive kritischen Bereich seine Sache gut macht. Das Kunstwort Bokeh bezeichnet die Darstellung von unscharfen Lichtplättchen vor beziehungsweise hinter der Schärfenebene. Als gutes Bokeh gelten homogen beleuchtete Plättchen ohne Helligkeitssaum. Das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM zeigt ein schön homogenes Bokeh im Vorder- und auch Hintergrund, das sich sehr gut für Porträts einsetzen lässt. Leider zeigen sich leichte Helligkeitssäume, die den positiven Eindruck etwas trüben.

Beim Streulicht zeigt das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM nahezu die gleichen Probleme wie das AF 23 mm F1.4 STM ED IF. Der Kontrastverlust bei Streu- und Gegenlicht ist sehr hoch. Die Lichtquelle muss nicht mal im Bild sein und schon ist "Feierabend". Bei offener Blende ist so gut wie nichts mehr zu sehen. Wird die Blende geschlossen, so ist der Kontrastverlust zwar geringer, aber immer noch nicht gut. Blendenflecke gibt es obendrauf, außerdem sind diese nicht sonderlich schön anzusehen. Dieses Verhalten lässt sich auf schlechten bis gar keinen Reflexionsschutz im Gehäuseinneren zurückführen. Wirklich Schade, dass auf diesen extrem kritischen Bereich offenbar nicht viel Wert gelegt wurde bei der Konstruktion des Objektivs.

Im Labortest musste das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM beweisen, was es mit seinen elf Linsen in zehn Gruppen leistet. Der Hersteller verzichtet dabei auf asphärische Linsen, nicht aber auf Spezialglas mit geringem Brechindex. Die Auflösung erreicht bei 50 Prozent Kontrast an der 26 Megapixel auflösenden Fujifilm X-T4 in der Bildmitte bei F4 ihr Maximum von knapp 63 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Zum Bildrand fällt die Auflösung auf knapp 47 lp/mm ab, was einem Randverlust von 26 Prozent entspricht. Damit ist die maximale Auflösung gut, der Randabfall aber für eine gute Festbrennweite etwas hoch.

Bei F5,6 hingegen beträgt die Auflösung in der Bildmitte knapp 62 lp/mm und fällt zum Bildrand nur um sieben Prozent auf 57 lp/mm ab. Damit ist die Blende zu empfehlen, wenn eine hohe Auflösung von der Bildmitte bis zum Bildrand gewünscht wird. Bei offener Blende schafft das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM immerhin stabile 53 lp/mm in der Bildmitte und am Rand knapp 38 lp/mm, was einem Randabfall von etwa 30 Prozent entspricht. Bei F2 bis F2,8 sackt die Auflösung auf 40 und 45 lp/mm in der Bildmitte ab bei einem Randabfall von 12 und 13 Prozent.

Farbsäume werden von F2 bis F16 sauber auskorrigiert, lediglich von F1,4 bis F2 sind sie leicht sichtbar (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Dafür gibt es bei der Randabdunklung nichts zu meckern, sie beträgt maximal 0,3 Blendenstufen (EV) bei offener Blende. Beim Schließen der Blende reduziert sich die Randabdunklung sogar auf 0,2 EV und ab F5,6 auf 0,1 EV. Die Verzeichnung zeigt eine Kissenform von maximal etwas mehr als einem Prozent. Das ist weniger schön, da man die Kissenform leichter wahrnimmt als die Tonnenform. Immerhin die Verzeichnung erst ab 80 Prozent radialem Abstand stärker bemerkbar.

Fazit

Das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM lässt bei der Verarbeitung seine Muskeln spielen. Der Fokusring läuft sauber und das Objektiv macht einen wertigen und robusten Eindruck. Mechanisch ist nur der Blendenring mit seiner leichten Geräuschentwicklung auffällig. Glücklicherweise ist der Autofokus leise und ziemlich flott. Die optische Qualität ist im Labor in Ordnung und auch das Bokeh überzeugt in der Praxis, zumindest im Großen und Ganzen. Der leichte Helligkeitssaum bei sehr hellen Lichtplättchen ist zwar vorhanden, ob er aber störend ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Was den guten Eindruck allerdings stört, ist die hohe Streulichtempfindlichkeit, die zum Teil einen massiven Kontrastverlust mit sich bringt. Zudem sind die Blendenflecke ziemlich unschön. Setzt man das Für und Wieder in Bezug zum Preis, kann man allerdings nicht viel Meckerei betreiben. Immerhin gibt es eine Porträtbrennweite mit Autofokus und sehr hoher Lichtstärke für nur 300 Euro.

Kurzbewertung

  • Solide Verarbeitung
  • Flotter und leiser Autofokus
  • Breiter Fokusring
  • Etwas abgeblendet sehr hohe Auflösung
  • Sehr hohe Streulichtempfindlichkeit
  • Geräuschentwicklung beim Blendenring
  • Sichtbare Verzeichnung

Viltrox AF 56 mm F1.4 mit Fujifilm X-T4

Chromatische Aberration

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Viltrox
Modell AF 56 mm F1.4 STM
Unverbindliche Preisempfehlung 279,00 € bis 359,00 € (je nach Version)
Bajonettanschluss Fujifilm XF, E-Mount, Canon EF-M, Nikon Z
Brennweite 56,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat nein
Linsensystem 11 Linsen in 10 Gruppen
inkl. ED Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 600 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 52 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 65 x 72 mm
Objektivgewicht 310 g

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.