Einsteiger-Porträtobjektiv

Testbericht: Sony FE 85 mm F1.8 (SEL-85F18)

2017-11-27 Lichtstarke Porträtobjektive mit F1,4er-Blende für Vollformatkameras sind nicht gerade günstig, darum stellen fast alle Hersteller dem teuren Objektiv ein preisgünstigeres an die Seite. Bei Sony ist es das FE 85 mm F1.8 (SEL-85F18). Dabei ist die Lichtstärke für die meisten Situationen vollkommen ausreichend, denn die Erfahrung zeigt, dass oftmals etwas abgeblendet werden muss, um genug Schärfentiefe ins Porträt zu bekommen. Was das Sony FE 85 mm F1.8 leistet und ob Einsteiger Einbußen bei der Bildqualität hinnehmen müssen, zeigt unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Mit gut 600 Euro kostet das Sony FE 85 mm F1.8 (SEL-85F18) fast nur ein Drittel des FE 85 mm F1.4 GM (SEL85F14GM), außerdem ist es deutlich kompakter und wiegt weniger als die Hälfte. Dennoch drückt es knapp 370 Gramm auf die Waage, denn das Gehäuse besteht aus robustem und sauber verarbeiteten Metall. Nur das 67mm-Filtergewinde und das Bajonett zur Aufnahme der mitgelieferten Streulichtblende bestehen aus Kunststoff. Man sollte seinen "Metall"-Filter also sorgsam einschrauben, denn im Zweifel gibt das Gewinde am Objektiv nach und nicht das des höchstwahrscheinlich günstigeren Filters. Mit einem Durchmesser und einer Länge von jeweils rund acht Zentimetern ist das Objektiv zwar nicht gerade klein, jedoch durchaus kompakt. Es wirkt an der Alpha 7R II, die wir als Testkamera verwendeten, gut ausgewogen. Auf einen Spritzwasser- und Staubschutz muss der Käufer dieses "Einsteiger"-Porträtobjektivs jedoch verzichten.

Ausstattung und Bedienung

Über einen Bildstabilisator verfügt das 85er zwar nicht, das ist aber nicht so wild, denn die Alpha 7R II hat, genauso wie die anderen 7er-Alphas ab der zweiten Generation und die Alpha 9, einen beweglich gelagerten Bildsensor eingebaut, der sich um die Bildstabilisation kümmert. Das macht die Konstruktion des Objektivs einfacher, auch die Zentrierung ist mangels beweglicher Linsengruppe immer konstant. Nicht nur das Gehäuse besteht aus Metall, sondern auch der Fokusring. Dieser arbeitet rein elektronisch, gibt also nur Steuerbefehle an den Fokusmotor des Objektivs weiter. Dadurch gibt es zwar keine Fokusskala, aber dafür reagiert die Fokuseinstellung äußerst feinfühlig, wenn man den Ring langsam dreht. Dank Fokuslupe und Fokuspeaking ist die gezielte Einstellung der Schärfeebene auch manuell überhaupt kein Problem. Der Autofokus arbeitet nicht nur flüsterleise, sondern auch sehr schnell und präzise.

An der Seite bietet das FE 85 mm F1.8 nicht nur einen Umschalter zur Wahl zwischen manuellem und automatischem Fokus, sondern auch eine Funktionstaste. Diese ist standardmäßig mit der Fokus-Stopp-Funktion belegt, bricht also eine automatische Fokussierung ab. Genauso lassen sich aber auch über das Kameramenü andere Funktionen auf diese Taste legen, beispielsweise die AF-On-Funktion, die bei der Entkopplung der Fokussierung vom Auslöser hier ergonomischer erreichbar ist als über den Knopf auf der Kamerarückseite, der für die Bedienung mit dem Daumen etwas weit unten sitzt. Die Naheinstellgrenze liegt bei 80 Zentimetern, was keine besonderen Vergrößerungen erlaubt. Der maximale Abbildungsmaßstab liegt bei 1:7,7. Das Objektiv ist eben mehr für Porträt- und Teleaufnahmen ausgelegt als für Nahaufnahmen.

Bildqualität

Die Blende besteht aus neun Lamellen und zaubert ein durchaus angenehmes und gleichmäßiges Bokeh, auch wenn die Unschärfescheibchen gerne etwas weniger hart abgegrenzte Ränder haben dürften. Mit Gegenlicht geht das Objektiv gut um. Die Kontraste bleiben auch mit direkter Sonne im Bild gut, Blendenreflexe treten kaum auf. Was jedoch auffällt, sind sogenannte Bokeh-CA. Das sind Farbsäume, die nur im Unschärfebereich auftreten. Sie sind vor- und hinter der Schärfeebene zu beobachten, fallen aber nicht allzu sehr ins Gewicht.

Im Testlabor überrascht das Sony FE 85 mm F1.8 dagegen mit einer nahezu makellosen optischen Leistung. Die Randabdunklung ist minimal, die Farbsäume ebenso, eine Verzeichnung ist praktisch nicht vorhanden. Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast ist bereits bei Offenblende mit über 75 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Bildzentrum ausgesprochen hoch (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Sie lässt sich durch Abblenden um weniger als zehn Prozent steigern und erreicht einen hervorragenden Wert von über 80 lp/mm. Jenseits von F8 beginnt die Auflösung beugungsbedingt wieder abzunehmen. Der Randabfall beträgt im Maximum knapp über 30 Prozent. Das ist nicht dramatisch, zumal bei einem Porträt selten die wichtigsten Details am Bildrand liegen, andererseits dürfte ein Teleobjektiv gerne eine noch höhere Randschärfe aufweisen. Beim Abblenden nimmt die Randauflösung bis F8 zu und erreicht hier mit knapp 65 lp/mm ihr Maximum. Von F4 bis F11 liegt sie bei sehr guten über 60 lp/mm, aber selbst bei Offenblende sind es über 55 lp/mm, was auch für größere Bildformate völlig ausreichend ist.

Fazit

Das Sony FE 85 mm F1.8 ist nicht nur preisgünstig (vor allem im Vergleich zum F1,4 lichtstarken "Schwestermodell"), sondern aufgrund seiner sehr guten optischen Leistung und hochwertigen Verarbeitung auch preiswert. Das Gehäuse besteht aus Metall und verfügt neben dem gut bedienbaren Fokusring auch noch über einen Fokusschalter sowie eine Funktionstaste. Die Bildqualität ist ausgesprochen hoch mit einer sehr hohen Auflösung, einem nicht zu hohen Randabfall und guter optischer Korrektur. Die einzigen (kleinen) Kröten, die man schlucken muss, sind das vielleicht nicht ganz perfekte Bokeh mit den leichten Farbsäumen sowie der fehlende Spritzwasser- und Staubschutz. Insgesamt also eine gute Bereicherung im Vollformat-Objektivangebot von Sony und allemal einen Kauftipp für schöne Porträtaufnahmen wert.

Kurzbewertung

  • Hohe Auflösung bereits bei Offenblende
  • Kaum Randabdunklung
  • Praktisch verzeichnungsfrei
  • Hochwertige Verarbeitung
  • Gutes Preis-Leistungsverhältnis
  • Farbsäume im Bokeh
  • Kein Spritzwasser- und Staubschutz
  • Filtergewinde besteht lediglich aus Kunststoff

Sony FE 85 mm F1.8 (SEL85F18) mit Sony Alpha 7R II (v6.0)

Auflösung MTF


Alpha 7R II

F1,8F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0F22,0
85 mm75,1 / 55,7 (26 %)75,9 / 51,6 (32 %)79,5 / 58 (27 %)80,3 / 61,8 (23 %)79 / 62,7 (21 %)79,4 / 64,9 (18 %)74,8 / 63 (16 %)67,8 / 58,3 (14 %)52,5 / 44,1 (16 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sony
Modell FE 85 mm F1.8 (SEL85F18)
Unverbindliche Preisempfehlung 649,00 €
Bajonettanschluss E-Mount
Brennweite 85,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
Kleinste Blendenöffnung F22
KB-Vollformat ja
Linsensystem 9 Linsen in 8 Gruppen
inkl. ED Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 800 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 67 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 78 x 82 mm
Objektivgewicht 371 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.