Lichtstarkes Standardobjektiv

Testbericht: OM System 20 mm 1.4 ED Pro (ES-M2014)

2021-12-21 Das OM System 20 mm 1.4 ED Pro ist das erste Objektiv seit dem Rebranding von Olympus zu OM System. Wie das Olympus 8-25 mm 4 ED Pro und 8 mm 1.8 ED Pro Fisheye verzichtet es auf einen zurückziehbaren Fokusring und einen Funktionsknopf. Dafür kosten alle drei Objektive im Gegensatz zu allen anderen Pro-Objektiven unter 1.000 Euro. Trotzdem gehören sie ebenjener Objektivlinie an, die höchste Bildqualität verspricht. Ob dem wirklich so ist, zeigt dieser Testbericht.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Mit einem Preis von knapp 700 Euro ist das OM System 20 mm 1.4 ED Pro nach dem Olympus 12-45 F4 das zweitgünstigste Pro-Objektiv. Wie das 12-45 fällt es äußerst kompakt und leicht aus: Der Durchmesser ist mit 6,3 Zentimetern exakt identisch, von der Länge fällt das OM System 20 mm 1.4 ED Pro mit 6,2 Zentimetern sogar etwas kürzer aus. Auch das Gewicht ist mit knapp unter 250 Gramm trotz der um drei Blendenstufen höheren Lichtstärke etwas geringer als beim 12-45. Wie es sich für ein Pro-Objektiv gehört, ist es gegen Staub und Spritzwasser geschützt, entsprechend besitzt es auch am Metallbajonett einen Dichtungsring.

Trotz der hohen Lichtstärke von F1,4 misst die Frontlinse nur 27 Millimeter im Durchmesser. Der diagonale Bildwinkel beträgt 56 Grad, was einem Kleinbildäquivalent von 40 Millimetern Brennweite entspricht. Das Filtergewinde misst 58 Millimeter. Es besteht wie die gesamte Objektivfront aus Kunststoff, der aber einen hochwertigen Eindruck macht, der Rest des Objektivgehäuses ist dagegen aus Metall gefertigt.

Neben den obligatorischen Deckeln für die Vorder- und Rückseite gehören auch ein einfacher Mikrofaser-Schutzbeutel sowie die passende tulpenförmige Streulichtblende zum Lieferumfang. Dabei handelt es sich um dieselbe Blende (LH-61G) wie beim Olympus 12-45 mm Pro, aber eben mit OM-System-Branding. Die Blende wird am Außenbajonett der Objektivfront befestigt und rastet hier automatisch gegen einen kleinen Widerstand ein und auch wieder aus.

Zum Transport kann die Blende verkehrt herum montiert werden, auch hier rastet sie sicher ein. Ihr maximaler Durchmesser beträgt 7,5 Zentimeter, nach vorne ragt sie etwa 3,1 Zentimeter über die Objektivfront. Dank der Tulpenform bleibt der Fokusring des Objektivs zumindest oben und unten auch in Transportstellung der Streulichtblende noch zugänglich.

Dank der kleinen Abmessungen macht das OM System 20 mm 1.4 ED Pro an der kompakten Olympus OM-D E-M5 Mark III eine sehr gute, harmonische Figur. Das Objektiv lässt sich wunderbar als Standardbrennweite verwenden. Inklusive Streulichtblende wiegt die Kombination lediglich 680 Gramm. Da sowohl Kamera als auch Objektiv spritzwassergeschützt sind und das Objektiv keine außen beweglichen Teile besitzt, ist diese Kombination wunderbar reisetauglich und widersteht auch widrigen Aufnahmebedingungen. Neben Staub und Spritzwasser soll auch Frost bis -10 °C kein Problem darstellen.

Bedienung

Das OM System 20 mm 1.4 ED Pro besitzt nur einen einzigen Einstellring, der dafür mit einer Breite von 2,9 Zentimetern umso größer ausfällt. Er besteht aus Metall und ist griffig geriffelt. Es handelt sich um einen rein elektronisch arbeitenden Fokusring. Die Stellbefehle werden nicht-linear verarbeitet, sind also abhängig von der Drehgeschwindigkeit. Mit einer schnellen Drehung lassen sich somit große Entfernungen zurücklegen, während eine langsame Drehung eine sehr feine Fokuseinstellung erlaubt. Für Fotografen ist das wunderbar, für Videoaufnahmen taugt das aber weniger, wobei dort ohnehin das Fokusatmen des 20 mm stört. Mangels Umschaltung am Objektiv erfolgt der Wechsel zwischen automatischem und manuellem Fokus über Bedienelemente an der Kamera.

Der Fokusmotor des 20 mm F1.4 ED Pro arbeitet sehr schnell und präzise sowie nahezu unhörbar. Die minimale Fokusentfernung liegt laut technischer Daten bei 25 Zentimetern. Tatsächlich konnten wir sogar bereits ab 19 Zentimetern Abstand von der Sensorebene (zirka 10,5 Zentimeter ab Objektivfront) fokussieren.

Das minimale Bildfeld haben wir mit 11,1 mal 8,3 Zentimetern gemessen, was einem maximalen Abbildungsmaßstab von 1:6,4 entspricht. Das hört sich nicht sonderlich viel an, bei einem Kleinbildobjektiv an einer Kleinbildkamera bräuchte man aber einen Abbildungsmaßstab von 1:3,2, um dasselbe kleine Bildfeld zu erreichen. Vom Hersteller angegeben ist übrigens ein Abbildungsmaßstab von lediglich 1:9,1, unser Testexemplar ist also erheblich besser.

Bildqualität

In der Praxis zeigt das OM System 20 mm F1.4 ED Pro eine gute Bildqualität. Die Schärfe ist bis an den Bildrand hoch, wenn auch nicht ganz so knackig wie in der Bildmitte. Im Gegenlicht schlägt sich die Festbrennweite auch ohne Streulichtblende grundsätzlich gut. Die Kontraste bleiben hoch und selbst mit direkter Sonne im Bild zeigen sich kaum Blendenreflexe und Flares. Es gibt jedoch einen bestimmten Winkel mit der Sonne leicht außerhalb des Bildfelds, bei dem sich ein deutlich sichtbarer Streulichteinbruch zeigt, bei dem nicht einmal die Streulichtblende hilft. Man muss sich jedoch nur minimal bewegen, um das zu beheben.

Wie erwartet zeigt sich auch ein wunderbares Bokeh. Die Schärfentiefe ist aufgrund der großen Blendenöffnung, die aus neun abgerundeten Lamellen gebildet wird, sehr gering. Details fließen im unscharfen Hintergrund butterweich ineinander, wodurch ein harmonisches Bild entsteht. Die Unschärfescheibchen sind gleichmäßig geformt, zeigen aber einen minimal helleren Rand. Das stört zwar in der Regel nicht, die leichten Farbsäume im Unschärfebereich fallen jedoch schon etwas stärker auf. Ganz perfekt ist das OM System 20 mm 1.4 ED Pro also nicht. Auch Freunde von schönen Sonnensternen kommen nicht auf ihre Kosten. Zwar zeigen sich ganz leichte Strahlen, aber richtig schön ausgeprägt sind sie nicht.

Im Labortest an der Olympus OM-D E-M5 Mark III zeigt sich eine leichte Randabdunklung, die sich durch Abblenden von 0,9 Blendenstufen bei Offenblende auf 0,5 Blendenstufen bei F2,8 verringern lässt. Der Helligkeitsverlauf ist jedoch sehr gleichmäßig, so dass die Abdunklung zu den Bildecken oft gar nicht auffällt. Eine Verzeichnung gibt es zwar nicht und im Mittel sind die chromatischen Aberrationen in der Schärfeebene so gering, dass sie nicht sichtbar werden (siehe Diagramm aus dem Labortest unten), aber im Maximum in der Nähe des Bildrands können sie an harten Kontrastkanten doch minimal sichtbar werden.

Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast ist in der Bildmitte bereits ab Offenblende mit gut 48 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent hoch, lässt sich beim Abblenden aber noch auf knapp 56 lp/mm steigern, die wir bei F2,8 und F4 gemessen haben. Bis F8 bleibt die Auflösung auf hohem Niveau (knapp 49 lp/mm), beim Abblenden auf F11 und insbesondere F16 fällt sie jedoch aufgrund der Beugung an der kleinen Blendenöffnung rapide.

Zum Bildrand fällt die Auflösung im Bereich von F1,4 bis F4 um etwa 25 Prozent ab. Das ist für eine Festbrennweite nicht wenig, liegt aber noch im unkritischen Bereich. Zwischen F2 und F8 liegt die Randauflösung bei über 40 lp/mm, ihr Maximum erreicht sie bei F4 und F5,6 mit gut 43 lp/mm, so dass sich diese Blenden am besten für eine höchstmögliche Gesamtauflösung über das Bildfeld eignen.

Fazit

Für den Preis von knapp 700 Euro ist das OM System 20 mm 1.4 ED Pro ein gutes Objektiv, für einen Preis-Leistungskracher oder ein "must-have" in der Fototasche oder einen "Geheimtipp" reicht es jedoch nicht ganz. Das Objektiv ist vielmehr ein nicht ganz günstiges Arbeitstier, das einen guten Kompromiss aus Preis, Verarbeitung und Bildqualität sowie einer hohe Robustheit und sehr guten Reisetauglichkeit darstellt. Die erste F1,4-Festbrennweite siedelt sich wunderbar zwischen den F1,8-Objektiven und den deutlich teureren, größeren und schwereren F1,2-Pro-Objektiven an. Bei der Reisetauglichkeit liegt es erheblich näher an den F1,8-Objektiven, bei der Robustheit näher an den F1,2-Objektiven und bei der Bildqualität ungefähr in der Mitte. Nicht zuletzt dank seiner universellen Brennweite von 40 Millimetern im Kleinbildäquivalent lässt sich das OM System 20 mm 1.4 ED Pro für eine Vielzahl von Motiven einsetzen und kann als Standardbrennweite für das leichte Reisegepäck dienen.

Kurzbewertung

  • Spritzwasser- und staubschütztes Gehäuse
  • Hohe Lichtstärke im kompakten Gehäuse
  • Keine Verzeichnung
  • Hohe Auflösung mit mäßigem Randabfall
  • Schönes Bokeh
  • Kunstsoff-Objektivfront (inkl. Filtergewinde) wirkt etwas billig
  • Leichte Farbsäume
  • Focus-Clutch und Fn-Taste fehlen

OM System 20 mm 1.4 ED Pro (ES-M2014) mit Olympus OM-D E-M5 Mark III

Chromatische Aberration

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller OM System
Modell 20 mm F1.4 ED Pro (ES-M2014)
Unverbindliche Preisempfehlung 699,00 €
Bajonettanschluss Micro Four Thirds
Brennweite 20,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat nicht relevant
Linsensystem 11 Linsen in 10 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 250 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 58 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 63 x 62 mm
Objektivgewicht 247 g

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Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.