Tele-Makro

Testbericht: Nikon Z MC 105 mm F2.8 VR S

2021-07-28 Mit einem Preis von knapp unter 1.100 Euro UVP ist das Nikkor Z MC 105 mm 1:2,8 VR S das teurere der beiden neuen Makro-Objektive im Nikon-Z-System und wirkt wahrlich nicht wie ein Schnäppchen. Dafür gehört es im Gegensatz zum kleinen Bruder Z MC 50 mm 1:2,8 jedoch auch der höherwertigen S-Serie an und bietet einen optischen Bildstabilisator. Wie sich das Tele-Makro-Objektiv aber in der Praxis schlägt und ob die Bildqualität gut und das Nikon Z MC 105 mm F2.8 VR S vielleicht trotzdem preiswert ist, haben wir an der 45 Megapixel auflösenden Nikon Z 7II getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Mit einer stolzen Länge von 14 Zentimetern und einem Durchmesser von 8,5 Zentimetern fällt das Nikon Z MC 105 mm F2,8 VR S sehr wuchtig aus. Daran ist sicherlich der Innenfokus nicht ganz unschuldig. Passend zur Größe fällt das Gewicht mit 630 Gramm ebenfalls hoch aus, aber in Anbetracht der Größe wirkt das Objektiv in der Hand sogar leicht.

Das liegt nicht zuletzt am Gehäusematerial: Das Gehäuse besteht mit Ausnahme des Metallbajonetts, des hinteren Tubusteils und des hinteren Einstellrings komplett aus Kunststoff. Dieser wirkt aber hochwertig und ist sauber verarbeitet. Beim festen Drücken gibt er allenfalls minimal nach, macht dabei aber keine Geräusche. Beim mit 62 Millimetern verhältnismäßig kleinen Filtergewinde hätten wir uns der Langlebigkeit halber allerdings ebenfalls Metall als Material gewünscht.

Obwohl viel Kunststoff zum Einsatz kommt, ist das 105er mit zahlreichen Dichtungen versehen, die für einen Spritzwasser- und Staubschutz sorgen. Zudem ist die 45 Millimeter große Frontlinse mit einer schmutzabweisenden Fluorbeschichtung versehen.

Zum Lieferumfang des Z MC 105 mm F2,8 VR S gehören neben den obligatorischen Deckeln auch ein Mikrofaserbeutel, der das Objektiv zumindest vor Kratzern schützt, sowie eine Streulichtblende. Sie ist groß und rund und besteht komplett aus Kunststoff, der sich verformen lässt und dabei leichte Knarzgeräusche von sich gibt. Aber wie heißt es so schön: Was sich biegt, das bricht nicht.

Mit einem Durchmesser von zehn und einer Länge von sieben Zentimetern erzielt die innen mattierte Blende eine sehr gut abschattende Wirkung und lässt sich zum kompakten Transport verkehrt herum am Frontbajonett des Objektivs befestigen. Dabei bleibt zumindest ein schmaler Bereich des Fokusrings frei, so dass man das Objektiv notfalls auch mit Streulichtblende in Transportstellung komplett, wenn auch nicht mehr so komfortabel, bedienen kann. Die Blende rastet automatisch ein, zum Entriegeln muss ein kleiner Knopf an der Blende gedrückt werden. Ein Fenster zur Bedienung eines einstellbaren Filters, beispielsweise eines Polfilters, besitzt die Blende leider nicht. Sie ist aber kurz genug, so dass man noch von vorne mit dem Finger bis zum Filter kommt. Dieser ist nicht einmal im Bild zu sehen.

Ausstattung und Fokus

Dem Anschein nach besitzt das Z MC 105 mm F2.8 VR S drei Einstellringe, doch der vordere ist nur "Fake". Die hier angebrachte, geriffelte Gummierung bietet aber einen guten Griffpunkt, wenn man das Objektiv aus dem Kamerabajonett lösen oder dort befestigen möchte. Neben den Einstellringen gibt es noch zwei Tasten, zwei Schalter und ein Display auf der Oberseite. Obwohl es heutzutage gebogene Displays gibt, bricht das flache Display mit der Objektivrundung, was etwas schade ist. Richtig hochwertig wird es mit seiner leicht bläulichen Schrift auch nicht unbedingt, aber es ist sehr nützlich.

Auf Tastendruck können hier wahlweise die Blende, der Abbildungsmaßstab oder die Entfernung samt blendenabhängiger Markierung der Schärfentiefe eingeblendet werden. Letzteres ist besonders praktisch, weil die Kamera keine solche Anzeige bietet. Hält man die Displaytaste gedrückt, lassen sich die Maßeinheit (Meter oder Fuß) und die Helligkeit einstellen. Dreht man letztere voll auf, wird der Blaustich weniger. Leider geht die Anzeige immer nach sehr kurzer Zeit wieder aus und aktiviert sich auch nicht automatisch beim Fokussieren oder Drehen an einem der beiden Einstellringe, sondern nur, wenn man die Displaytaste drückt.

Unter der Displaytaste ist eine L-Fn-Taste angeordnet, deren Funktionsbelegung über die Kamera gesteuert werden kann, beispielsweise Fokus-Stopp. Der dahinter befindliche Funktionsring kann zur Einstellung der Blende oder nach Umprogrammierung über die Kamera auch für andere Funktionen genutzt werden. Dieser stufenlos arbeitende Ring besteht aus Metall und ist fein geriffelt.

Das Z MC 105 besitzt einen Innenfokus, so dass beim Fokussieren kein Tubus ausfährt. Für einen schnellen Autofokus soll der Schwingspulenmotor (VCM) sorgen, der die bewegliche, interne Linsengruppe nahezu lautlos verschiebt. Unhörbar ist er je nach Umgebung aber nicht und es kommt auch vor, dass der Fokus etwas länger durch den gesamten Einstellbereich fährt, bis er sein Ziel gefunden hat. Zwar lässt sich für den Makrobereich von 29 bis 50 Zentimeter ein Fokusbegrenzer per Schalter am Objektiv aktivieren, aber der Nahbereich lässt sich nicht ausschließen, wodurch es zum längeren Suchen des Fokuspunkts bei entfernteren Motiven kommen kann. Das Fokusatmen ist übrigens minimal.

Die Umschaltung auf manuellen Fokus geschieht über einen weiteren Schiebeschalter ganz hinten seitlich am Objektiv, so dass man diesen gut erreicht. Der elektronisch arbeitende Fokusring sitzt dagegen etwas weiter vorne am Objektiv. Mit einer Breite von 4,6 Zentimetern nimmt er sehr viel Platz ein, wobei eine 3,9 Zentimeter breite Gummiriffelung für ordentliche Griffigkeit sorgt. Auch bei aktiviertem Autofokus lässt sich die Entfernungseinstellung manuell korrigieren, zudem kann man auf Wunsch die Drehrichtung des Fokusrings umkehren.

Laut technischen Daten beträgt die Naheinstellgrenze des Nikon Z MC 105 mm F2.8 VR S 29 Zentimeter. In der Praxis konnten bis auf 28,7 Zentimeter fokussieren, also kaum näher als angegeben. Das minimale Bildfeld beträgt dabei 35 mal 23 Millimeter, also kaum mehr als der versprochene Abbildungsmaßstab von 1:1. Der Abstand von der Objektivfront beträgt dann gut 13 Zentimeter, mit angesetzter Streulichtblende sind es nur noch etwas mehr als sechs Zentimeter.

Nicht nur dank des breiten Fokusrings gelingt die manuelle Fokussierung problemlos, sondern auch, weil er nicht-linear arbeitet. Dadurch hängt die zurückgelegte Entfernung von der Drehgeschwindigkeit ab. Mit einer schnellen Drehung überwindet man weite Distanzen, während man mit einer langsamen Drehung eine äußerst feine Justierung des Fokus vornehmen kann. Dabei gibt es neben der Anzeige auf dem Objektivdisplay einige Fokushilfen im Livebild der Kamera, in diesem Fall eine Nikon Z 7II. Einerseits wird während des Drehens am Fokusring ein Entfernungsbalken eingeblendet, der aber mangels konkreten Entfernungsangaben nur zur groben Orientierung dient. Als zweites gibt es bei Aktivierung des manuellen Fokus eine dauerhafte Einblendung kleiner Dreiecke, die anzeigen, in welche Richtung man den Fokusring drehen muss, um den auf dem Bildschirm gewählten Fokuspunkt scharf zu bekommen.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.