Vollformat-Reisezoom

Testbericht: Nikon Z 24-200 mm F4-6.3 VR

2021-11-30 Das Nikon Z 24-200 mm F4-6.3 VR ist mit seinem 8,3-fachen Zoomfaktor das zoomstärkste Objektiv im Nikon-Z-System. Es deckt damit einen reisetauglichen Brennweitenbereich für ein großes Motivspektrum ab. Zudem bietet es für Nahaufnahmen eine geringe Naheinstellgrenze von einem halben Meter, womit sich ein guter Abbildungsmaßstab von 1:3,6 ergibt. Ob das alles aber auch mit einer guten Bildqualität einhergeht, musste das Reisezoom an der über 45 Megapixel auflösenden Nikon Z 7II zeigen.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Mit 567 Gramm bietet das Nikon Z 24-200 mm F4-6.3 VR ein durchaus reisetaugliches Gewicht, auch wenn zusammen mit der Vollformatkamera Nikon Z 7II die Marke von einem Kilogramm mehr als deutlich gerissen wird. Mit Speicherkarte und mitgelieferter Streulichtblende sind betriebsbereit immerhin fast 1,3 Kilogramm zu stemmen. Hier erfordert der große Vollformatsensor einfach einen gewissen Tribut.

Mit einem Durchmesser von 7,5 Zentimetern ist das Nikon Z 24-200 mm F4-6.3 VR durchaus schlank, das Filtergewinde misst 67 Millimeter. Die Länge beträgt eingefahren jedoch bereits über elf Zentimeter und auf 200 Millimeter Brennweite gezoomt sogar über 17 Zentimeter.

Das Gehäuse des fast 1.000 Euro teuren Objektivs besteht komplett aus Kunststoff, lediglich beim Bajonett kommt Metall zum Einsatz, was bei Nikon ja schon fast eine Ausnahme zu sein scheint, zumal das 24-200mm nicht der höherwertigen S-Serie angehört. Der verwendete Kunststoff wirkt jedoch hochwertig und so gibt es daran nichts zu mäkeln, außer an der Tatsache, dass auch das Filtergewinde aus Kunststoff besteht. Man sollte seine Metallfilter also sorgsam einschrauben, denn die besitzen in der Regel ein Metallgewinde, das bei falschem Ansetzen das Gewinde des Objektivs beschädigen könnte.

Lobend erwähnen kann man hingegen den Spritzwasser- und Staubschutz, für den zahlreiche Dichtungen sorgen sollen. Beachtlich ist das vor allem angesichts des doch stark herausfahrenden Objektivtubus. Es ist durchaus davon auszugehen, dass bei der Dichtigkeit gewissen Kompromisse gemacht werden müssen, denn beim Zoomen wird unweigerlich Luft und damit auch etwas Staub und Feuchtigkeit ins Objektiv gezogen, wenn auch sicherlich weniger als ohne Dichtungen. Am Bajonett kommt übrigens ebenfalls eine Dichtlippe zum Einsatz, so dass auch die Schnittstelle zur Kamera abgedichtet wird. Die Frontlinse ist zudem mit einer schmutzabweisenden Fluorbeschichtung versehen.

Ausstattung und Bedienung

Das Hauptbedienelement an einem solchen Reisezoom-Objektiv ist zweifelsohne der Zoomring. Er ist stolze 6,2 Zentimeter breit und mit einer vier Zentimeter breiten, sehr griffig geriffelten Gummierung versehen. Mit einem kleinen mechanischen Schiebeschalter kann das Zoom in Weitwinkelstellung fixiert werden, damit es beim Transport nicht versehentlich ausfährt. Man muss das Objektiv aber schon grob schütteln, damit sich das Zoom ohne Drehung überhaupt verstellt. Wer möchte, kann aber durchaus an der Objektivfront anfassen und das Zoom ausziehen beziehungsweise einschieben.

Mit einer viertel Umdrehung kann von 24 auf 200 Millimeter gezoomt werden. Gut lesbare, weiße Beschriftungen sind bei den Brennweiten 24, 35, 50, 70, 105, 135 und 200 Millimeter angebracht. Eine weitere Markierung bei der typischen Porträtbrennweite von 85 Millimetern hätte uns durchaus gefallen, aber auch die Standard-Weitwinkelbrennweite von 28 Millimetern kann man nur schätzungsweise einstellen, denn leider wird die Brennweite nicht im Livebild der Kamera eingeblendet, wie es beispielsweise bei Olympus Standard ist.

Beim Zoomen fährt der zweistufige Objektivtubus um gut 6,5 Zentimeter aus. Dabei verringert sich die Lichtstärke von F4 im Weitwinkel auf F6,3 im Tele. Tatsächlich nimmt die Lichtstärke bereits auf den ersten Millimetern des Zooms deutlich ab. Konkret sind es F4,8 bei 35 Millimetern, F5,6 bei 50 Millimetern, F6 bei 70 Millimetern und F6,3 ab etwa 85 Millimetern.

Die geringe Lichtstärke wird gewissermaßen durch den verbauten optischen Bildstabilisator etwas kompensiert, der aber bei längeren Brennweiten ohnehin wertvoll wird. Er soll 4,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. Zusätzlich verfügt auch die Kamera selbst über einen Bildstabilisator mittels Sensor-Shift. Beide Stabilisierungssysteme arbeiten zusammen und werden über die Kamera gesteuert, einen VR-Schalter sucht man am Objektiv selbst vergeblich.

Der optische Bildstabilisator sorgt für ein sehr ruhiges Sucherbild, so dass man auch bei 200 Millimetern Brennweite sein Motiv problemlos anvisieren kann. Wir konnten mit der Kombination beider Bildstabilisatoren selbst bei sechs Blendenstufen längeren Belichtungszeiten als nach Faustformel noch mit einer hohen Quote verwackelungsfreie Aufnahmen erzielen. Konkret also bei 1/3 Sekunde statt 1/200 Sekunde Belichtungszeit. Das ist sehr beachtlich.

Fokus

Der Autofokus arbeitet mit einer Innenfokussierung und ist nur in sehr ruhigen Umgebungen überhaupt leise zu hören. Das Objektiv fokussiert sehr flott. Nikon verspricht, dass sich der Fokus beim Zoomen kaum verschiebt. Dass er sich verschiebt, wenn auch nur minimal, ist aber bereits im Livebild zu sehen. Weniger sichtbar ist das Fokusatmen, das recht gut unterdrückt wird.

Der Fokusring fällt beim Nikon Z 24-200 mm F4-6.3 VR recht spartanisch aus. Er ist lediglich einen Zentimeter breit und nur auf sieben Millimetern mit einer Plastik-Riffelung versehen, die aber für ausreichend Griffigkeit sorgt. Der Fokusring arbeitet rein elektronisch, es werden also Steuerbefehle an den Fokusmotor weitergegeben. Der Fokusring arbeitet dabei nicht-linear. Es kann jederzeit manuell fokussiert werden, um den Autofokus zu korrigieren oder manuell vorzufokussieren. Einen AF-MF-Schalter gibt es dagegen nicht. Die Umschaltung erfolgt über die Kamera. Wer möchte, kann den manuellen Eingriff über den Fokusring aber auch deaktivieren oder alternativ die Blende, Belichtungskorrektur oder ISO-Empfindlichkeit über den Ring steuern, sofern der Autofokus aktiviert ist.

Die Naheinstellgrenze beträgt laut Nikon 50 Zentimeter im Weitwinkel und 70 Zentimeter im Tele, jeweils ab Sensorebene gemessen. Der maximale Abbildungsmaßstab soll 1:3,6 betragen. Tatsächlich konnten wir im Weitwinkel sogar bereits ab 37,5 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 24,5 Zentimeter ab Objektivfront fokussieren. Das minimale Bildfeld beträgt dabei 41 mal 27,3 Zentimeter, was einen Abbildungsmaßstab von 1:11,4 ergibt.

Im Tele konnten wir ab 68 Zentimeter von der Sensorebene gemessen fokussieren, also nur noch minimal näher als die Werksangabe. Das macht sich dennoch im Abbildungsmaßstab bemerkbar: Das minimale Bildfeld beträgt 12 mal 8 Zentimeter, was einen Abbildungsmaßstab von 1:3,3 ergibt. Der Abstand von der Objektivfront zum Motiv beträgt dabei übrigens 49 Zentimeter.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.