Erweitertes APS-C-Standardzoom

Testbericht: Fujifilm XF 16-80 mm F4 R OIS WR

2020-01-22, aktualisiert 2023-04-04 Das spiegellose Fujifilm-X-System ist vor allem bei den Festbrennweiten sehr gut aufgestellt, bei den Zooms fehlte hingegen lange die Mittelklasse mit durchgängiger Lichtstärke (F4) und erweitertem Zoombereich als "Immerdrauf"-Objektiv. Diese Lücke schloss Fujifilm 2019 endlich mit dem XF 16-80 mm F4 R OIS WR. Das Fünffachzoom bietet sowohl mehr Weitwinkel als auch Tele im Vergleich zum beliebten XF 18-55 F2,8-4. Ob es auch bei der Bildqualität mithalten kann und für welche Motive es sich eignet, verrät unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Update vom 04.04.2023: Wir haben den Test um Messergebnisse an der 40 Megapixel auflösenden Fujifilm X-H2 ergänzt. Die höher auflösende Bildsensor wirkt sich nicht nur auf die gemessene Auflösung aus, sondern auch auf Bildfehler und sogar den Autofokus.

Verarbeitung

Ein bisschen größer als unser bisheriger "Immerdrauf"-Favorit für das Fujifilm-X-System, das XF 18-55 mm F2.8-4 R LM OIS, fällt das Fujifilm XF 16-80 mm F4 R OIS WR schon aus, aber nicht viel. Es misst knapp unter acht Zentimeter im Durchmesser und neun Zentimeter in der Länge, es ist also etwas über einen Zentimeter dicker und zwei Zentimeter länger als das 18-55er. Zudem wiegt es mit 440 Gramm genau ein Drittel mehr. Dafür kann es aber auch mit zwei Millimetern mehr Weitwinkel und 25 Millimetern mehr Telebrennweite aufwarten, was im Alltag enorm praktisch sein kann. Die etwas geringere Lichtstärke im Weitwinkel kann man da durchaus verzeihen, zumal die Blendenöffnung beim Zoomen konstant bleibt.

Als Objektiv der hochwertigen XF-Baureihe weiß auch das XF 16-80 mm F4 R OIS WR mit einer guten Verarbeitung zu überzeugen, ist aber nicht perfekt. Das Gehäuse besteht aus einem Mix von Kunststoff und Metall, wobei das Metall "nur" bei den drei Einstellringen und dem Bajonett zum Einsatz kommt. Der ausfahrende Tubus und auch die Objektivfront mit dem 72mm-Filtergewinde und dem Bajonett für die Streulichtblende bestehen aus hochwertig wirkendem Kunststoff.

Etwas merkwürdig mutet der knapp zwei Millimeter breite Spalt zwischen dem vordersten Einstellring und der Objektivfront an, fast könnte man vermuten, der Tubus sei nicht ganz eingefahren, ist er aber. Beim Schütteln kann man übrigens ganz leise Klappergeräusche vernehmen, was kein Defekt ist. Dabei handelt es sich um den Bildstabilisator und die Fokusgruppe, die frei beweglich gelagert sind und im ausgeschalteten Zustand nicht fest in Position gehalten werden.

Ausstattung und Handhabung

Das Fujifilm XF 16-80 mm F4 R OIS WR besitzt drei Einstellringe, Schalter gibt es hingegen nicht. Bildstabilisator und Fokus werden ausschließlich über die Kamera gesteuert. Beim hinteren Ring handelt es sich um den für XF-Objektive so typischen Blendenring mit einer ebenfalls typischen Schwäche. Der 1,5 Zentimeter breite Ring besteht aus Metall und besitzt eine neun Millimeter breite, grobe und sehr griffige Riffelung. In Drittelschritten rastet der Ring sanft mit leisen Klicks von F4 bis F22 ein. So weit, so gut (beziehungsweise für Videofilmer weniger gut).

Die Automatikstellung des Blendenrings, in der die Blende wahlweise automatisch oder über ein Einstellrad der Kamera gesteuert wird, sitzt jenseits von F22. Sie rastet genauso ein wie die einzelnen Blendenschritte, ist aber den Weg einer ganzen Blendenstufe von F22 entfernt. Das Problem ist, dass dieser Ring keine Arretierung in Automatikstellung bietet. Das heißt, wenn er versehentlich von A auf F22 verstellt wird, fotografiert man mit deutlichen Beugungseffekten und viel zu langen Belichtungszeiten oder hohen ISO-Empfindlichkeiten, was die Bildqualität deutlich sichtbar verdirbt. Immerhin hat Fujifilm dieses Manko inzwischen bei neueren XF-Objektivkonstruktionen sowie im Mittelformat bei den GF-Objektiven beseitigt; das hilft dem XF 16-80 mm aber nicht.

Mit dem mittleren der drei Einstellringe, der ebenfalls aus Metall besteht, wird die Brennweite des Objektivs gesteuert. Mit 2,5 Zentimetern ist er der breiteste Ring und besitzt eine 1,8 Zentimeter breite, feine und ebenfalls sehr griffige Gummiriffelung. Mit einer viertel Umdrehung wird der fünffache Zoombereich von 16 bis 80 Millimeter (24 bis 120 Millimeter entsprechend Kleinbild) durchfahren. Dabei schiebt sich der Tubus um etwas über vier Zentimeter aus dem Objektiv heraus. Für den wasser- und staubdichten Luftaustausch sorgt derweil eine kleine Schleuse an der Objektivunterseite.

Mit gut ablesbaren Markierungen bei 16, 23, 35, 50 und 80 Millimetern berücksichtigt der japanische Hersteller zudem zumindest teilweise den Cropfaktor, ist dabei aber nicht ganz konsequent. 16 und 23 Millimeter entsprechen klassischen Festbrennweiten mit 24 und 35 Millimetern Brennweite, 35 und 50 Millimeter hingegen entsprechen mit 53 und 75 Millimetern eher keinen klassischen Kleinbildbrennweiten. Besser hätten uns Markierungen bei 16, 18, 23, 33, 56 und 80 Millimetern gefallen, das wären (teilweise etwas gerundet) 24, 28, 35, 50, 85 und 120 Millimeter entsprechend Kleinbild gewesen. Leider wird die Brennweite nicht im Kameradisplay (beziehungsweise im Sucher) angezeigt.

Der vorderste Einstellring besteht ebenfalls aus Metall, das auf einer Breite von einem Zentimeter fein geriffelt ist und damit auch sehr griffig daherkommt. Er arbeitet rein elektronisch und bietet einen leichten mechanischen Widerstand. Was Fujifilm bei der Brennweite nicht hinbekommt, klappt bei der Fokusskala umso besser: Sie wird, inklusive einer blenden- und brennweitenabhängigen Markierung der Schärfentiefe, auf dem Bildschirm oder im Sucher eingeblendet. Außerdem bieten die Fujifilm-Kameras eine Fokuslupe und Fokuspeaking als Hilfen für die exakte manuelle Fokussierung.

Aber auch der Autofokus arbeitet sehr zuverlässig, sofern man in der Kamera die Fokuspriorität aktiviert hat, was bei Fujifilm im AF-S-Betrieb leider nicht bei jeder Kamera selbstverständlich beziehungsweise der Defaultwert ist. Tatsächlich arbeitet der Autofokus des XF 16-80 mm F4 R OIS WR selbst mit Fokuspriorität äußerst schnell. Er wird zwar mit steigender Brennweite etwas langsamer, bleibt aber an der Fujifilm X-Pro3 schnell genug. An der 40 Megapixel auflösenden Fujifilm X-H2 sieht das hingegen anders aus. Hier ist der Autofokus im Weitwinkel so schnell wie an der X-Pro3, im Tele hingegen benötigt das 16-80 mehr als Doppelt so lange zum exakten Fokussieren von unendlich auf zwei Meter.

Die Naheinstellgrenze ist brennweitenabhängig und beträgt im Weitwinkel 28 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 17 Zentimeter ab Objektivfront. Das minimale Bildfeld beträgt rund 28 mal 19 Zentimeter, also etwa DIN A4. Das entspricht einem Abbildungsmaßstab von ca. 1:11,9. In Telestellung steigt die Naheinstellgrenze zwar auf 34,5 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 19 Zentimeter ab Objektivfront, aber die Vergrößerung steigt auch deutlich. Das minimale Bildfeld beträgt nun 8,7 mal 5,8 Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:3,7 entspricht. Das ist sogar etwas besser als die 1:4, die Fujifilm verspricht.

An einer Kleinbildkamera bräuchte man für dasselbe Bildfeld sogar ein Objektiv mit einem Abbildungsmaßstab von 1:2,5. Anders ausgedrückt: Das XF 16-80 mm besitzt für ein Zoom einen sehr guten Abbildungsmaßstab und eignet sich auch wunderbar für die Fotografie kleinerer Gegenstände auf dem Fototisch oder in der Natur. Ein 1:1-Makroobjektiv, mit dem sich auch kleinere Insekten großflächig abbilden lassen, ersetzt es aber nicht.

Bereits eingangs erwähnt haben wir die bewegliche Linsengruppe zur Bildstabilisierung. Diese wird bei eingeschalteter Kamera fixiert beziehungsweise fein geregelt bewegt, um Verwackelungen auszugleichen. Wahlweise arbeitet der Bildstabilisator nur während der Aufnahme oder permanent. Letzteres sorgt damit für ein stabilisiertes Livebild und hilft unter Umständen auch dem Autofokus mit einem ruhigeren Bild, verbraucht jedoch etwas mehr Strom. Drei Blendenstufen längere Belichtungszeiten sind dank des Stabilisators überhaupt kein Problem, aber auch vier Blendenstufen lassen sich durchaus verwackelungsfrei noch halten. Das entspricht 1/8 Sekunde Belichtungszeit bei maximaler Brennweite.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.