Lichtstarke Festbrennweite für Canon-APS-C-Spiegellose

Testbericht: Canon EF-M 32 mm 1,4 STM

2019-12-16 Die im September 2018 von Canon vorgestellte Festbrennweite EF-M 32 mm 1,4 STM soll die available light Fotografie und das APS-C-Systemkamera-Segment von Canon zusammenführen. Der Bildwinkel des Objektivs entspricht in etwa dem eines 50 mm Objektivs, womit es zu den Normalbrennweiten zählt, die dem Bildwinkel des menschlichen Auges am nächsten kommen. Wie sich das lichtstarke 32 mm bei der Bildqualität macht und wo seine Schwächen liegen, haben wir im Test herausgefunden.  (Harm-Diercks Gronewold)

Verarbeitung und Haptik

Das Canon EF-M 32 mm 1,4 STM bringt betriebsbereit etwa 230 Gramm auf die Waage. Der Tubus hat einen Durchmesser von etwa 61 Millimetern und eine Länge von etwa 57 Millimetern. Im Nahbereich fährt das Objektiv beim Fokussieren auf maximal etwa 75 mm Gesamtlänge heraus, dabei drehen sich die Frontlinse und das 43 mm Filtergewinde glücklicherweise nicht mit.

Während das Bajonett des Objektivs aus Metall gefertigt wurde, bestehen der äußere Tubus und der breite Fokusring aus Kunststoff. Wenn wir schon beim Fokusring sind: Bei diesem wurde auf eine Gummierung verzichtet, stattdessen sorgt eine Rändelung im Plastik für Traktion. Leider fühlt sich das unnötig billig an. Bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von knapp 530 Euro sollte man mehr erwarten können.

Die manuelle Fokussierung ist dank verschiedener Hilfsfunktionen in den Kamera kein großes Problem mehr. Das EF-M 32 mm 1,4 STM besitzt keine mechanische Kopplung von Fokusring und Fokusmechanik. Der drehbare Ring ist im Tubus mit Sensoren ausgestattet, die ermitteln, wie schnell und in welche Richtung gedreht wird und die Kamera steuert dann dementsprechend die den Motor im Objektiv an. Diese Sensoren besitzen allerdings eine “Geschwindigkeitsbegrenzung”. Sollte der Fotograf also anfangen, sehr schnell am Fokusring zu drehen, so wird sich das gegenteilig auf die Geschwindigkeit der Fokussierung auswirken, da der Motor deutlich langsamer angesteuert wird als beim langsamen drehen des Fokusrings. Hier muss sich der Fotograf etwas einarbeiten, um die ideale Drehgeschwindigkeit zu ermitteln.

An der Seite des Tubus findet sich ein kleiner Schalter, der den Fokusbereich auf 0,5 Meter bis unendlich limitiert. Damit erspart sich die Kamera eine automatische Fokussierung im Nahbereich, der bis zum minimalen Aufnahmeabstand von 23 Zentimeter reicht. Damit lassen sich Fokuszeiten reduzieren und das hat das 32 mm auch nötig. Die Fokusgeschwindigkeit ist eher gemächlich, was sich besonders beim Wechsel vom Nahbereich bis unendlich bemerkbar macht. Zudem ist der Fokusmotor verhältnismäßig laut, weil Canon darauf verzichtet hat, einen Ultraschallantrieb in das Objektiv einzubauen. Stattdessen kommt ein einfacher STM-Schrittmotor zum Einsatz. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt beachtliche 1:4, was das formatfüllende Fotografieren von neun mal sechs Zentimeter kleinen Motiven erlaubt.

Bildqualität

Ausstattung, Design und Geschwindigkeit sind wichtige Merkmale, um sich für ein Objektiv zu entscheiden. Der wichtigste Aspekt ist jedoch die Bildqualität. Wir haben das Canon EF-M 32 mm 1,4 STM an der 32 Megapixel auflösenden Systemkamera EOS M6 Mark II getestet. Die Kamera hat das 14-Linsen-Objektiv ganz schön gefordert. Die Linsen sind in acht Gruppen angeordnet und beinhalten auch ein asphärisches Linsenelement.

Bei offener Blende zeigt sich mit 0,4 EV die stärkste Randabdunklung, die damit allerdings absolut vernachlässigbar ist. Die Verzeichnung ist zwar deutlicher, übersteigt aber auch am Bildrand nicht die ein Prozent Tonnenform und bleibt damit im guten Bereich. Auch bei den Farbsäumen zeigt sich, dass Canon alle Register gezogen hat, damit diese so gut wie unsichtbar bleiben. Das hat sich auch in der Praxis beim Testen des Bokehs (unscharfen Bereichs außerhalb der Fokusebene) gezeigt, besser gesagt nicht gezeigt. Das Bokeh (Hinter- und Vordergrund) ist frei von Farbsäumen und sieht zudem noch ansehnlich aus. Es besitzt einen homogenen Charakter. Das bedeutet, dass es in der Mitte nicht heller ist als Außen und vice versa. 

Doch was ist mit der Auflösung, dass wir erst jetzt darauf zu sprechen kommen? Die Antwort ist “gar nichts”. Das Objektiv passt wie der Deckel auf den Topf zur Kamera und erreicht bei 50 Prozent Kontrast eine maximale Auflösung von 70 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm, im Kleinbildäquivalent) in der Bildmitte und knapp 60 lp/mm am Bildrand bei Blende F4. Im Vergleich dazu konnte das 15-45mm-Set-Objektiv der EOS M6 Mark II gerade mal 60 lp/mm in der Bildmitte im Weitwinkel erreichen. Bei offener Blende verfehlt das Objektiv nur ganz knapp die Marke von 60 lp/mm. Beim Einsatz der offenen Blende kommt es allerdings meistens nicht auf die Auflösung an, sondern auf den Schärfebereich sowie den Verzicht auf die Nutzung hoher ISO-Empfindlichkeiten. Die Beugung macht sich übrigens schon ab Blende F5,6 leicht bemerkbar. Blende F16 sollte möglichst nicht eingesetzt werden, weil hier der Auflösungsverlust sehr deutlich wird. 

In Gegenlichtsituationen hat sich gezeigt, dass das EF-M 32 mm 1,4 STM recht anfällig ist, insbesondere bei Lichtquellen, die sich in einem steilen Winkel zur Linsenoberfläche befinden, auch wenn die Lichtquelle außerhalb des Bildfeldes ist. Zwar konnten wir auffällige Blendenflecke (Lensflares) nicht beobachten, allerdings war der Kontrastverlust deutlich. Licht, was in einem flachen Winkel auf die Frontlinse trifft, ist hingegen weniger ein Problem. Für den Fotografen empfiehlt es sich somit, die Streulichtblende E-60 auf das Objektiv zu montieren. Diese gehört allerdings nicht zum Lieferumfang und muss separat gekauft werden.

Fazit

Das Canon EF-M 32 mm 1,4 STM ist eine solide Festbrennweite mit guter bis sehr guter Abbildungsleistung. Leider trüben der billig wirkende Fokusring und der langsame und laute AF-Motor den guten Eindruck der lichtstarken Normalbrennweite. Zudem ist es schlecht nachvollziehbar, dass bei einem Objektiv mit einer sichtbaren Gegenlichtempfindlichlichkeit keine Streulichtblende zum Lieferumfang gehört. Allerdings überwiegen die positiven Eigenschaften des Objektivs wie die hohe Lichtstärke, das sehr schöne Bokeh und die Ermangelung von Alternativen des sehr beschränkten EF-M-Objektiv-Portfolios. Im Bezug zum Straßenpreis, der zur Zeit bei zwischen 440 und 490 Euro liegt, ist das Objektiv für jeden eine Überlegung wert, der gerne viele Aufnahmen bei wenig Licht oder mit geringer Schärfentiefe machen möchte.

Kurzbewertung

  • Schönes Bokeh
  • Geringe Farbsäume
  • Hohe Auflösung bei F4
  • Niedrige Randabdunklung
  • Billig wirkender Fokusring
  • Hohe Streulichtempfindlichkeit
  • Sonnenblende nicht im Lieferumfang
  • Langsamer, relativ lauter Autofokusantrieb

Canon EF-M 32 mm 1.4 STM mit Canon EOS M6 Mark II

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Canon
Modell EF-M 32 mm 1.4 STM
Unverbindliche Preisempfehlung 529,00 €
Bajonettanschluss Canon EF-M
Brennweite 32,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat nein
Linsensystem 14 Linsen in 8 Gruppen
inkl. asphärische Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 230 mm
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 43 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 61 x 57 mm
Objektivgewicht 235 g

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Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.