Lichtstarkes Porträt-Tele

Sony FE 85 mm F1.4 GM II (SEL85F14GM2) im Test

2024-09-11 Mit der zweiten Generation seines Porträtklassikers, dem FE 85 mm F1.4 GM II, will Sony die Kritikpunkte des Vorgängers ausmerzen. Dazu gehören etwa der langsame Autofokus, die Farbsäume im Bokeh oder die Auflösung, die noch besser sein soll. Ob das alles klappt, haben wir am 60-Megapixel-Sensors der Sony Alpha 7R V getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Mit einem Durchmesser von 8,5 Zentimeter ist das neue FE 85 mm F1.4 GM II gut einen halben Zentimeter schlanker als noch der Vorgänger, während die Länge mit 11,7 Zentimeter nahezu identisch geblieben ist. Den größten Unterschied bemerkt man jedoch, wenn man das neue Objektiv in die Hand nimmt: Es ist mit gut 640 Gramm erheblich leichter als das 820 Gramm schwere Vorgängermodell.

Das Gehäuse besteht zwar aus Kunststoff, der fühlt sich jedoch hochwertig an und Dichtungen sorgen für die nötige Robustheit in Form eines Spritzwasser- und Staubschutzes. Lediglich das Kunststoff-Filtergewinde (77 mm) mag man kritisieren beziehungsweise sollte es bei Verwendung von Filtern mit Metallfassung pfleglich behandeln. Dass man bei einem Kaufpreis von über 2.000 Euro auch ein edel aussehendes Metallgehäuse erwarten könnte, ist klar. Jedoch wurde vermutlich aufgrund des Gewichts und auch der Robustheit (ein moderner Kunststoff steckt aufgrund seiner Flexibilität mechanische Einflüsse besser weg als Metall) bewusst auf Kunststoff gesetzt.

Zum Lieferumfang gehört neben einer Tasche eine zylindrische Streulichtblende. Sie besteht aus Kunststoff und ist innen mattiert, um Reflexionen zu minimieren. Vorne befindet sich ein Gummiring, auf dem man das Objektiv – selbst mit angesetzter Kamera – abstellen kann. Die Blende lässt sich zum Transport verkehrt herum montieren und rastet stets automatisch im Bajonett ein. Zum Entriegeln muss ein kleiner Knopf gedrückt werden.

Ausstattung und Bedienung

Mit zwei Einstellringen, drei Schaltern und zwei Tastern bietet das Sony FE 85 mm F1.4 GM II alle wünschenswerten Bedienelemente. Neben dem vorne angeordneten, elektronisch arbeitenden Fokusring gibt es einen Blendenring samt De-Click- und Lock-Funktion, einen AF-MF-Schalter und zwei identisch arbeitende Funktionstasten (für das Hoch- und Querformat), die mit der Fokushalte-Funktion vorbelegt sind, sich aber über die Kamera umprogrammieren lassen. Einen optischen Bildstabilisator gibt es hingegen nicht.

Der Autofokus arbeitet nun mit zwei XD-Linear-Motoren statt mit einem Ring-Ultraschallmotor, der noch beim Vorgängermodell zum Einsatz kam. Sie arbeiten unhörbar, schnell und präzise. Dabei zeigt sich jedoch sichtbares Fokusatmen. Zum Glück unterstützt das Objektiv die digitale Korrektur des Fokusatmens durch die Kamera.

Schaltet man über den Schalter am Objektiv auf manuellen Fokus um, arbeitet der mit einer griffigen Gummiriffelung versehene Fokusring mit linearer Übersetzung, beim Vorgängermodell war er noch nicht-linear. Dadurch ändert sich die Fokusentfernung rein in Abhängigkeit des Drehwinkels, nicht der Drehgeschwindigkeit. Sowohl bei Fotos als auch bei Videos ist dank der Fokuslupe und des Fokuspeakings seitens der Kamera und des feinfühligen Fokusrings eine präzise Fokussierung problemlos möglich.

Interessanterweise bietet die Festbrennweite bei manueller Fokussierung eine kürzere Naheinstellgrenze als mit Autofokus. Sony gibt die Naheinstellgrenze ab Sensorebene mit 85 Zentimeter bei Autofokus und 80 Zentimeter bei manuellem Fokus an. Die Abbildungsmaßstäbe betragen 1:9,1 beziehungsweise 1:8,3. In der Praxis konnten wir jedoch mit Autofokus bereits ab 82,6 Zentimeter fotografieren und damit ein 31 x 20,7 Zentimeter kleines Motiv aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:8,6 entspricht.

Manuell konnten wir sogar bereits ab 77,9 Zentimeter von der Sensorebene beziehungsweise 65,6 Zentimeter von der Objektivfront fokussieren und damit ein 28,9 x 19,3 Zentimeter kleines Motiv aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:8 entspricht. Das klingt alles nicht sensationell, ist für ein klassisches Porträtobjektiv aber typisch und völlig ausreichend.

Zudem verfügt das Sony FE 85 mm F1.4 GM II über einen Blendenring, der von F1,4 bis F16 mit Drittelschritten markiert und ganzen Blenden beschriftet ist. Er rastet satt und verfügt zudem über eine Automatikstellung mit weiterem Einstellweg zu F16 und deutlichem Einrasten. Zudem lässt sich der Einstellbereich auf den Auto- oder manuellen Modus beschränken.

Der Blendenring hat aber nur im manuellen Modus und in der Zeitautomatik eine Auswirkung, in allen anderen Programmen steuert sowieso die Kamera die Blende. In M und A entscheidet man über den Blendenring, ob man die Blende hier oder über die Kamera einstellen möchte. Videografen können die Rastung abschalten und verfügen dann über einen stufenlos arbeitenden, unhörbaren Blendenring.

Bildqualität

Der optische Aufbau des Sony FE 85 mm F1.4 GM II (SEL85F14GM2) setzt sich aus 14 Linsen zusammen, die in neun Gruppen angeordnet sind. Darunter befinden sich zwei ED-Linsen, die die chromatischen Aberrationen beseitigen sollen, die beim Vorgängermodell noch ein Kritikpunkt waren. Zudem kommen zwei XA-Linsen (eXtreme Aspherical) zum Einsatz, die eine 0,01 Micron genaue Oberfläche besitzen. Sie versprechen, dass es in den Unschärfescheibchen von punktuellen Lichtquellen praktisch keine Zwiebelringe gibt, die bei ungenauer gefertigten asphärischen Linsen auftreten. Hinzu kommt die ebenfalls äußerst präzise Nanovergütung II, die Kontrastverluste, Reflexionen und Geisterbilder minimieren soll.

Die Blende besteht aus elf abgerundeten Lamellen. Aufgrund der hohen Lichtstärke und der leichten Telebrennweite lassen sich Motive wunderbar vor einem unscharfen Hintergrund freistellen. Die Hintergundunschärfe (Bokeh) ist super weich, die Details zerlaufen regelrecht ineinander. Punktuelle Lichtquellen werden zu gleichmäßigen Scheibchen, die weder Zwiebelringe noch eine helle Kante aufweisen – perfekt also. Trotzdem hat Sony es geschafft, dass man abgeblendet 22 schöne Strahlen um punktuelle Lichtquellen bekommt. Je kleiner und kontrastreicher die Lichtquellen sind, desto besser funktioniert das. Der Effekt wird bereits bei F5,6 sichtbar, aber bei F11 bis F16 wird er richtig schön und gleichmäßig.

Sony verspricht zudem, dass die kritisierten chromatischen Aberrationen des Vorgängermodells Geschichte sind. Das stimmt nicht ganz, im Unschärfebereich konnten wir an harten Kontrastkaten durchaus Farbsäume ausmachen. Um sie zu sehen, muss man aber schon ins Bild zoomen oder es entsprechend groß ausdrucken und nah herangehen. Am Gegenlichtverhalten gibt es hingegen nichts zu kritisieren, die Kontraste sind stets hoch.

Im Testlabor zeigt das Sony 85 mm F1.4 GM II kaum optische Fehler, zumal diese von der Kamera teilweise korrigiert werden. Nur bei der Verzeichnung muss man das erst aktiv zuschalten. Aber auch ohne ist sie mit einem halben Prozent Kissenform nicht besonders stark. Die Randabdunklung erreicht selbst im Maximum nur 0,4 Blendenstufen, was man kaum sieht. Die chromatischen Aberrationen in der Schärfeebene sind zudem so gut wie nicht vorhanden (anders als im Unschärfebereich, wie oben erwähnt).

Selbst am 60-Megapixel-Sensor der Alpha 7R V zeigt das FE 85 mm F1.4 GM II bereits ab Offenblende eine hohe Auflösung im Bildzentrum, die sich beim Abblenden auf F2,8 aber noch ordentlich von 85 auf 99 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast steigern lässt. Während sie bei F5,6 mit 90 lp/mm noch höher als bei Offenblende ist, fällt sie bei F8 bereits wieder auf 80 lp/mm und damit unter das Offenblende-Niveau ab. Beim weiteren Abblenden verliert die Auflösung rund 10 lp/mm pro ganzer Blendenstufe (siehe Diagramm aus dem Labortest unten).

Auch der Bildrand löst ab Offenblende mit 77 lp/mm sehr gut auf, der Randabfall bleibt stets unter 20 Prozent. Am stärksten ist er bei F2,8, wo die Auflösung im Bildzentrum ihr Maximum hat. Bei F4 wird mit 85 lp/mm die maximale Randauflösung erreicht. Im Bildzentrum ist die Auflösung hier mit 97 lp/mm ebenfalls sehr hoch. Im Grunde bewegt man sich aber von F2 bis F5,6 im "Sweet Spot" des Objektivs und kann hier die Blende gestalterisch einsetzen – die Auflösung ist stets sehr hoch. Dass sie bei Offenblende etwas (nicht dramatisch) darunter liegt, dürfte kaum auffallen, zumal hier der Schärfebereich äußerst gering ist.

Fazit

Beim FE 85 mm F1.4 GM II hat sich Sony der Kritikpunkte des bereits sehr guten Vorgängermodells angenommen und diese ausgemerzt, sodass ein nahezu perfekte Porträtobjektiv entstanden ist, das sich aufgrund des schnellen Autofokus aber auch für alle anderen Motivwelten eignet. Auch wunderschöne Videoaufnahmen mit geringem Schärfebereich gelingen, sofern man die elektronische Korrektur des sonst sichtbaren Fokusatmens aktiviert. Die Bildqualität ist hervorragend mit geringen optischen Fehlern, hoher Auflösung und einem samtig weichen Bokeh mit perfekten Unschärfescheibchen.

Sony FE 85 mm F1.4 GM II (SEL85F14GM2) mit Sony Alpha 7R V

Auflösung MTF


Alpha 7R V

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sony
Modell FE 85 mm F1.4 GM II (SEL85F14GM2)
Unverbindliche Preisempfehlung 2.099,00 €
Bajonettanschluss E-Mount
Brennweite 85,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 14 Linsen in 9 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 11
Naheinstellgrenze 800 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 77 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 85 x 107 mm
Objektivgewicht 642 g

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