Lichtstarkes Profi-Telezoom

Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II im Test

2022-12-06 Beim Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II (SEL70200GM2) handelt es sich nicht etwa um eine leichte Produktpflege, sondern eine völlig Neuentwicklung. Bis auf die Gehäuseabmessungen und die Designsprache bliebt kein "Stein auf dem anderen". Der optische Aufbau ist neu, es gibt mehr Bedienelemente und einen schnelleren Autofokus. Zudem wurde das Gewicht erheblich reduziert. Dennoch soll das 70-200 mm F2.8 GM II eine bessere Bildqualität liefern als das Vorgängermodell. Wie gut die Bildqualität tatsächlich ist und wie sich Bedienung und Autofokus schlagen, haben wir an der brandneuen Sony Alpha 7R V getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Lediglich 1.044 Gramm wiegt das Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II, was für ein solches Objektiv wirklich wenig ist. Damit ist es sogar das leichteste Objektiv dieser Art und wiegt über 400 Gramm weniger als das Vorgängermodell. Zusammen mit der Testkamera Sony Alpha 7R V sind es dann 1.767 Gramm in dieser leichtesten Konstellation, denn je nach Bedarf kommen noch der 80 Gramm schwere Stativfuß und die 108 Gramm schwere Streulichtblende hinzu, so dass sich ein maximales Gesamtgewicht von 1.955 Gramm ergibt.

Gegen das 20 Zentimeter lange, 8,8 Zentimeter dicke Gehäuse des Objektivs wirkt die Sony Alpha 7R V fast schon zierlich, obwohl Sony die Alpha-Serie im Laufe der Generationen immer wieder leicht vergrößert und vor allem den Griff ergonomisch optimiert hat. Zwar kann man mit der Kombination gut freihändig arbeiten, aber nur an der Kamera gehalten ist sie doch schon arg frontlastig. Deutlich Abhilfe sollte der optionale Hochformatgriff schaffen.

Das Gehäuse des Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II besteht aus Kunststoff, selbst das 77 mm große Filtergewinde. Lediglich der fest angebrachte Ring der Stativschelle, ein kleiner Zierring an der Objektivfront und das Bajonett sind aus Metall gefertigt. Auch das 77 Millimeter große Filtergewinde besteht komplett aus Kunststoff. Dank der hochwertigen, hellgrauen Lackierung, die in erster Linie dem Hitzeschutz dient, fällt das aber überhaupt nicht auf. Das Gehäuse ist an jeder Stelle absolut fest. Es lässt sich nicht eindrücken und knarzt nicht. Zudem verfügt das Gehäuse über Dichtungen, die das Eindringen von Staub und Spritzwasser verhindern sollen. Auch am Bajonett befindet sich eine entsprechende Gummilippe. Zudem ist die Frontlinse mit einer schmutzabweisenden Fluorvergütung versehen. Da Zoom und Fokus innen laufen, wird auch keinerlei Luft rein- oder rausgepumpt.

Die Stativschelle des Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II ist zweigeteilt. Der Metallring ist fest mit dem Objektiv verbunden und lässt sich nicht abnehmen. Mittels einer Schraube wird die Drehung freigegeben beziehungsweise fixiert. Drei Markierungen oben, links und rechts erleichtern die Ausrichtung im Hoch- und Querformat, jedoch muss man sich dabei auf sein Augenmaß verlassen, denn Rastungen gibt es nicht. Im Gegenteil, der Ring läuft butterweich. Auf der Unterseite befindet sich ein kleiner Metallfuß, der aussieht, als würde er in einem Blitzschuh passen – das ist aber nicht der Fall, er ist minimal zu groß dafür. In seiner Mitte befindet sich ein 1/4"-Stativgewinde – theoretisch könnte man hier direkt eine Stativplatte anbringen, die Auflagefläche ist jedoch sehr klein. Der Schwerpunkt liegt dabei leicht vor dem Gewinde.

Der eigentliche Zweck des Fußes ist jedoch die Aufnahme des Stativschellenfußes. Er wird aufgeschoben, rastet ein und muss per Flügelschraube fixiert werden. Umgekehrt zum Abnehmen muss man zur Sicherheit nicht nur die Flügelschraube aufdrehen, sondern auch noch einen Entriegelungsknopf drücken. Der Winkelfuß besitzt zwei 1/4" Stativgewinde und in der Mitte davon ein Videopin. Leider hat Sony es versäumt, dem Fuß einen integrierten Schwalbenschwank zu verpassen, dann wäre er zu Arca-Swiss kompatibel und man könnte sich je nach Stativkopf die Schnellwechselplatte sparen. Mit dem hinteren der beiden Gewinde liegt der Schwerpunkt leicht hinten. Setzt man aber die Sonnenblende ans Objektiv, ist es an dieser Position gut ausbalanciert. Das vordere Gewinde liegt immer deutlich vor dem Schwerpunkt.

Zum Lieferumfang des Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II, das mit knapp 3.000 Euro eine deutlich höhere unverbindliche Preisempfehlung als das Vorgängermodell besitzt, gehören neben den obligatorischen Deckeln auch eine Tasche und eine zylindrische Streulichtblende. Sie besteht aus Kunststoff und ist innen mit einem mattschwarzen Samt ausgeschlagen. Sehr praktisch ist auch die kleine "Schiebeluke" an der Unterseite, die die Bedienung eines drehbaren Filters vereinfacht. Zum platzsparenden Transport lässt sich die gut 7,6 Zentimeter lange Blende auch verkehrt herum anbringen. Dabei verdeckt sie nicht nur den Fokusring, sondern auch die vorderen Funktionstasten sind dann nicht mehr erreichbar. Dank einer Verriegelung wird die Blende stets im Bajonett fixiert und lässt sich erst nach einem Knopfdruck lösen. Der Durchmesser der Blende beträgt übrigens 11,2 Zentimeter.

Das Telezoom ist übrigens zu den Telekonvertern von Sony kompatibel. Mit dem 1,4-fach-Konverter ergibt sich ein durchgehend F4 lichtstarkes 100-280 mm, mit dem 2-fach-Konverter ein durchgehend F5,6 lichtstarkes 140-400 mm.

Ausstattung

Gezoomt wird das Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II mechanisch. Der knapp vor der Mitte sitzende, 3,6 Zentimeter Breite Zoomring besitzt auf einer Breite von 2,7 Zentimetern eine sehr griffige Gummiriffelung, während im hinteren Bereich des Rings die Brennweiten 70, 100, 135 und 200 Millimeter gut lesbar in schwarzer Schrift aufgedruckt sind. Im Livebild blendet die Kamera die Brennweite leider nicht ein. Mit etwas weniger als einer viertel Drehung lässt sich die Brennweite sehr leicht von 70 auf 200 Millimeter zoomen.

Im Gegensatz zum Vorgängermodell verfügt das FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II über einen Blendenring. Er befindet sich hinter dem Zoomring und misst zwölf Millimeter in der Breite. Fünf Millimeter davon sind für die nötige Griffigkeit geriffelt, auf der anderen Hälfte sind die ganzen Blendenstufen von F2,8 bis F22 gut ablesbar schwarz beschriftet und mit einer 1/3-Blendenstufen-Skala versehen. Der Blendenring rastet satt und verfügt zudem über eine Automatikstellung mit weiterem Einstellweg zu F22 und deutlichem Einrasten. So leicht verlässt man also die Automatikstellung nicht versehentlich. Damit das aber auch wirklich nicht passiert, gibt es auf der Unterseite des Objektivs einen mechanischen Schiebeschalter, der mit "Iris Lock" beschriftet ist. Wenn er aktiviert ist, bewegt sich der Blendenring nur im manuellen Bereich oder aber er ist fest auf Automatik gestellt – je nachdem, auf welcher Einstellung sich der Blendenring bei Aktivierung des Schalters befindet.

Automatikstellung ist aber eigentlich nicht ganz das richtige Wort für die "A-Stellung", denn nur im manuellen oder Zeitautomatik-Modus hat das überhaupt eine Auswirkung. In der Blendenautomatik, Programmautomatik oder Vollautomatik übernimmt die Kamera unabhängig von der Einstellung des Blendenrings die Kontrolle über die tatsächliche Blendeneinstellung. Stellt man den Blendenring im manuellen oder Zeitautomatik-Modus auf Automatik, kann die Blende über ein Funktionsrad an der Kamera eingestellt werden, wird also nicht automatisch eingestellt.

Videografen dürfte der rechts unten angeordnete, mit "Click" beschriftete Schiebeschalter freuen: Stellt man ihn von "On" auf "Off", läuft der Blendenring stufenlos und ohne Rastung. Auch wenn die Kamera keine feineren Abstufungen als 1/3-Blendenstufen auf dem Bildschirm beziehungsweise im Sucher anzeigt, arbeitet die Blendenöffnung völlig stufenlos. Auch störende Geräusche erzeugt der Mechanismus nicht.

An der linken Seite sowie oben und unten auf dem Objektiv ist vor dem Zoomring je eine Taste zu finden, die sich über das Kameramenü mit verschiedenen Funktionen belegen lässt. Defaultmäßig ist sie mit der Fokus-Stopp-Funktion vorbelegt. Hinter dem Blendenring befindet sich ein ganzes Arsenal an Schiebeschaltern, von denen drei den Fokus und zwei den Bildstabilisator steuern. Der mechanische Bildstabilisator des Objektivs arbeitet mit dem Sensorshift-Bildstabilisator der Kamera zusammen. Bei 200 Millimetern Brennweite konnten wir problemlos 1/6 Sekunde lang aus der Hand belichten, was fünf Blendenstufen entspricht. Trotz der hohen Auflösung von 61 Megapixeln waren die Aufnahmen pixelscharf. Auch bei 70 Millimetern Brennweite war 1/6 Sekunde die Grenze für sichere scharfe Fotos auf Pixelebene, was etwas weniger als vier Blendenstufen entspricht.

Mit dem untersten der fünf Schalter lässt sich der Bildstabilisator-Modus wählen. 1 ist der normale Modus, 2 ist für Schwenks optimiert und Modus 3 für dynamische Sportaufnahmen. Der zweitunterste Schalter aktiviert und deaktiviert den Bildstabilisator. Gleichzeitig wird auch der Kamerainterne Bildstabilisator aktiviert beziehungsweise deaktiviert.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.