Sieht man einmal von der Panasonic GH4 ab, ist derzeit wohl kaum eine andere Digitalkamera derart auf die Aufnahme professioneller Videos ausgerichtet, wie die Sony Alpha 7S. Beide zeichnen sie Videos maximal in 4K-Auflösung auf, die Alpha 7S allerdings nur auf ein externes Aufnahmegerät. Den professionellen Videofilmer mag das nicht weiter stören, dem anspruchsvollen Fotografen nimmt diese Beschränkung allerdings eine wichtige Möglichkeit: einfach einen kurzen Clip aufzuzeichnen und daraus dann Standbilder mit gut acht Megapixel Auflösung zu extrahieren. Sony hat den Vollformat-Sensor der Alpha 7S so ausgelegt, dass bei Filmaufnahmen jede Zeile auf dem Bildwandler komplett ausgelesen wird. Dieses „full pixel red-out“ ohne „line skipping“ oder „pixel binning“ verbessert die Bilddarstellung und minimiert den „rolling shutter effect“. Video-Profis wird zudem freuen, dass die Alpha 7S Timecodes aufzeichnet, wahlweise im Modus „Record Run“ oder „Free Run“.
Der Vollformat-Bildsensor der Sony Alpha 7S löst lediglich 12 Megapixel auf. [Foto: MediaNord]
Schlank und rank: die Sony Alpha 7S. [Foto: MediaNord]
Das Speicherkartenfach der Sony Alpha 7S öffnet seitlich. Hier kann wahlweise eine SD/SDHC/SDXC-Karte oder ein MemoryStick eingesetzt werden. [Foto: MediaNord]
Der Lithium-Ionen-Akku der Sony Alpha 7S wird unten entnommen, er reicht lediglich für gut 380 Aufnahmen. [Foto: MediaNord]
Dass Sony bei der Entwicklung der Alpha 7S vor allem den anspruchsvollen Videofilmer im Visier hatte, zeigt sich an einer ganzen Reihe weiterer Funktionen, die bei filmenden Digitalkameras bislang unüblich oder gar völlig unbekannt sind. So bringt die Alpha 7S sieben Speicherplätze für Bildprofile mit. Diese Bildprofile haben wenig mit den aus der Digitalfotografie bekannten „Bildstilen“ zu tun. Sie erlauben vielmehr sehr differenzierte Eingriffe in die Gammakurve, die Detailwiedergabe, die Bildsättigung etc. Pro Bildprofil lassen sich neun Parameter von Farbmodus über Gamma bis zum Schwarzpegel einstellen. Die Einstellungen gelten übrigens auch für Foto-Aufnahmen, sodass parallel zum Film aufgezeichnete Stills eine identische Farb- und Kontrastanmutung erhalten. Sony hat die sieben Speicherplätze mit verschiedenen Einstellungen vorkonfiguriert, das spart dem Videofilmer in der Regel einige Einstellzeit.
Verzichten muss man bei der Alpha 7S auf ein integriertes Blitzlicht, einen Blitzschuh hat sie aber natürlich an Bord. Wird sie über ihn mit einem externen Blitzgerät ausgestattet, lässt das Blitzsystem kaum Wünsche offen. Die Alpha 7S versteht sich zum Beispiel auf Langzeit-Synchronisation und kann entfesselte Systemblitzgeräte drahtlos steuern. Die kürzest mögliche Synchronzeit beträgt 1/250 Sekunde, mit entsprechenden Blitzgeräten stellt Sony aber auch einen HSS-Modus mit wesentlich kürzerer Blitzsynchronzeit bereit. Wie bei Sony üblich ist auch die Alpha 7S nur sehr mager mit Bearbeitungsmöglichkeiten im Wiedergabemodus ausgestattet. Immerhin lässt sich der Funktionsumfang der Kamera im Wiedergabe- und Aufnahmemodus mit Kamera-Apps erweitern. Wifi hat die Alpha 7S ebenfalls an Bord, darüber lässt sie sich via Smartphone oder Tablet fernsteuern.
Objektiv Wie bei professionellen Kameras durchaus üblich, bietet Sony die Alpha 7S nicht im Set mit einem Objektiv an. Wir haben sie im Praxistest vorwiegend mit dem FE 28-70/3.5-5.6 OSS eingesetzt, mit diesem Objektiv durchlief die Kamera auch das Testlabor. Wie schon beim Test der Alpha 7 (siehe weiterführende Links) erwies sich das Standardzoom als sehr ausgewogener Kompromiss aus Brennweitenbereich, Lichtstärke und Gewicht. Im Praxistest kam noch das recht neue Telezoom FE 70-200/4 G OSS hinzu. Anders als im A-Mount, bei denen der Bildsensor stabilisiert ist, weisen diese E-Mount-Objektive einen optischen Bildstabilisator auf. Er sorgt für ein stabilisiertes Sucherbild, sobald man den Auslöser halb durchdrückt. Schade nur, dass nicht alle E-Mount-Objektive stabilisiert sind, bei den bislang erhältlichen Festbrennweiten muss man darauf verzichten.
Der Autofokus der Alpha 7S unterscheidet sich zunächst einmal nur wenig von dem der Alpha 7R. Er arbeitet ausschließlich per Kontrastmessung, zusätzliche Phasenvergleichssensoren auf dem Bildwandler bleiben der A7 vorbehalten. Sony betont, dass die FE-Mount-Objektive nur eine geringe Linsenmasse zum Fokussieren bewegen müssen und so für die prinzipiell etwas langsame Kontrastmessung optimiert sind. Derart gerüstet stellt die Alpha 7S innerhalb von 0,3 Sekunden scharf und löst aus – ein guter Wert. Soll sie allerdings bei Serienbildern den Fokus nachführen, sinkt die Bildrate auf maximal 2,5 fps – eine Sportkamera ist die A7S also nicht. Dafür arbeitet der Autofokus auch noch unter Lichtbedingungen, bei denen die meisten anderen Kameras die Segel streichen: Ein Lichtwert von -4 EV reicht der Alpha 7S, um die Entfernung automatisch einzustellen. In der Praxis kommt der Autofokus in stockfinsterer Nacht durchaus mit dem Licht einer Gartenlaterne aus, um ein Portrait sicher scharf zu stellen. Allerdings nahm er sich dazu viel Zeit, verzichtet aber anderseits auf lästiges Fokuspumpen. Auf Wunsch assistiert ein oranges Hilfslicht dem AF in dunkler Umgebung, um zumindest auf Motive in der Nähe rascher zu fokussieren.
Bildqualität Keine aktuelle Kleinbildkamera bietet mit lediglich zwölf Megapixeln eine derart geringe Auflösung wie die Alpha 7S. Dadurch sind andererseits die einzelnen Sensorzellen entsprechend groß und lichtempfindlich. Das wiederum bedeutet zumindest in der Theorie, dass der Bildsensor der Alpha 7S sehr rauscharm ist und auch bei hohen ISO-Werten noch einen sehr großen Dynamikumfang liefert. Sony jedenfalls scheint der Alpha 7S in dieser Hinsicht viel zuzutrauen und gestattet ihr eine maximale Empfindlichkeit von ISO 409.600. Ob die Alpha 7S das in sie gesetzte Vertrauen erfüllt und wie es ganz allgemein um ihre Bildqualität bestellt ist, musste sie im Testlabor von digitalkamera.de sowie im ausgedehnten Praxiseinsatz zeigen. Das detaillierte und ausführlich kommentierte Laborprotokoll gibt es wie immer kostenpflichtig zum Einzelabruf, und es kann als PDF-Datei heruntergeladen werden (siehe weiterführende Links am Ende dieses Beitrags).
Das Live-View-Bild der Sony Alpha 7S zeigt alle wichtigen Aufnahmeparameter an. [Foto: Martin Vieten]
Auswahl des Fotoprofils im Menü der Sony Alpha 7S. [Foto: Martin Vieten]
Bei der Konfiguration des Fotoprofils lässt die Sony Alpha 7S speziell auf Video zugeschnittene Parameter zu, die aber auch bei Fotoaufnahmen wirken. [Foto: Martin Vieten]
In der Großansicht der Bildwiedergabe zeigt die Sony Alpha 7S die wichtigsten Aufnahmeparameter an. [Foto: Martin Vieten]
Sowohl weitere Aufnahmeparameter als auch RGB- und Helligkeitshistogramme lassen sich in der Bildwiedergabe der Sony Alpha 7S ebenfalls anzeigen. [Foto: Martin Vieten]
Dass die Ausgabeauflösung der Alpha 7S bei nur zwölf Megapixeln Sensorauflösung keine schwindelerregenden Höhen erklimmt, ist zu erwarten. Mit maximal rund 42 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bleibt sie jedoch deutlich hinter den Auflösungswerten zurück, die man heute von einer Vollformatkamera gewohnt ist. Am Objektiv, dem FE 28-70 mm 3.5-5.6 OSS liegt’s übrigens nicht – das knackt an der A7 mit 24 Megapixeln locker die Grenze von 60 lp/mm. Mag die Maximal-Auflösung etwas gering sein, so gefällt das SEL-2870 an der Alpha 7S andererseits mit sehr gleichmäßigen Werten über das gesamte Bildfeld. Abgeblendet auf F8 beträgt die Auflösungsverlust zu den Bildrändern im schlimmsten Fall lediglich 15 Prozent – ein sehr gutes Ergebnis! Hervorragend hat Sony überdies chromatische Aberrationen des Standardzooms korrigiert, Farbsäume an Kontrastkanten spielen bei allen Brennweiten keine Rolle. Wie aus dem Lehrbuch präsentieren sich ferner die Messwerte für die Verzeichnung, das FE 28-70 mm 3.5-5.6 OSS bildet praktisch verzeichnungsfrei ab. Hier hilft Sony indes kräftig nach, indem die bei Raw-Aufnahmen durchaus sichtbaren Verzeichnungen direkt in der Kamera digital auskorrigiert werden. Glücklicherweise geht das nicht zu Lasten der Bildschärfe, auch Schärfeartefakte bleiben bei allen Brennweiten und Blenden äußerst gering.
Die Auflösung der Alpha 7S ist also bescheiden. Kann sie als Ausgleich dafür wenigstens mit bahnbrechenden High-ISO-Fähigkeiten punkten? Zunächst sieht es nicht danach aus: Der Signal-Rauschabstand ist nur bis ISO 800 wirklich gut, er sinkt bereits bei ISO 12.800 unter die kritische Marke von 35 dB. Geschuldet ist dieses auf den ersten Blick enttäuschende Ergebnis sicherlich auch einer sehr zurückhaltenden Rauschunterdrückung. Sie lässt Korn mit einer ungewöhnlich hohen Größe zu und dämpft das lästige Farbrauschen so gerade noch hinreichend stark. Diese sanfte Rauschunterdrückung hat indes auch ihre erfreulichen Seiten: Die Texturschärfe bleibt bis ISO 25.600 sehr hoch und sinkt selbst beim Maximalwert von ISO 409.600 nicht kritisch weit ab. Vollends zum Überflieger wird die Alpha 7S dann, wenn es um die Eingangsdynamik geht. Nicht nur, dass sie einen Kontrastumfang von rund elf Blendenstufen (EV) verarbeiten kann, sie hält dieses hohe Niveau auch noch bis hinauf zu ISO 12.800 durch. Aber selbst wenn die ISO-Zahlen noch weiter hochgeschraubt werden, dröselt die Alpha 7S Helligkeitsunterschiede verblüffend gut auf: Bei ISO 51.200 verarbeitet sie noch Kontraste von 10,0 EV, bei ISO 102.400 sind es immer noch gute 9,4 EV. Ähnlich gut verhält sich die Alpha 7S bei der Farbtreue. Sie könnte zwar insgesamt noch etwas genauer sein, lässt sich aber ebenfalls nicht durch hohe ISO-Werte beeindrucken und bleibt bis ISO 51.200 gleichmäßig gut.
Sony hat die Alpha 7S also weniger auf Rauscharmut getrimmt, sondern ihr vielmehr eine überragende Eingangsdynamik anerzogen sowie bis hinauf in hohe ISO-Sphären für eine differenzierte Detail- und Farbwiedergabe gesorgt. Während höher auflösende Vollformatkameras bis etwa ISO 6.400 brauchbare Ergebnisse liefern, kann man der Alpha 7S getrost auch ISO 51.200 zumuten – das ist immerhin ein Gewinn von drei Blendenstufen! Spätestens ab ISO 102.400 werden Fotografen aber nicht mehr glücklich mit dem, was die Alpha 7S abliefert. Anders sieht es hingegen bei Filmaufnahmen aus, bei denen Korn weit weniger stört und die maximale Auflösung eine eher untergeordnete Rolle spielt. Hier glänzt die Alpha 7S dann mit ihrem weiterhin sehr guten Dynamikumfang und einer immer noch akzeptablen Farbdifferenzierung.
Fazit Die Alpha 7S ist eine sehr spezielle Kamera mit ausgeprägten Stärken aber auch einigen Schwächen. Herausragend sind ihre High-ISO-Fähigkeiten – nicht unbedingt bei der Rauscharmut, jedoch beim Dynamikumfang und der Detailwiedergabe. Erkauft werden diese Eigenschaften indes mit einer nur moderaten Auflösung. Zweifelsohne stark sind überdies die Video-Fähigkeiten der Alpha 7S. Sie ist die erste Kleinbildkamera, die in UItra-HD aufzeichnet (allerdings nur auf einem externen Gerät) und bringt eine Reihe professioneller Video-Features mit, die so bei Digitalkameras bislang unbekannt waren – und das zu einem Preis, der deutlich unter dem von Ultra-HD-Camcordern liegt. Fotografen erhalten mit der Alpha 7S eine der derzeit leichtesten und kompaktesten Kleinbildkameras mit einem hervorragenden elektronischen Sucher und guter Ausstattung. Für eine spiegellose Systemkamera wartet die Alpha 7S mit einem fixen Autofokus auf, die Serienbildrate ist allerdings lahm – insbesondere wenn der Fokus nachgeführt werden soll. Dafür arbeitet der Autofokus auch in nahezu vollkommener Dunkelheit noch und unterstreicht damit abermals die Low-Light-Ambitionen der Kamera. Wem es in erster Linie auf diese ankommt, findet derzeit zur Alpha 7S kaum eine Alternative. Als Allround-Kamera ist die Alpha 7S mit ihrer niedrigen Auflösung und der geringen Bildrate hingegen weniger gut geeignet – da gibt es bessere und zudem noch günstigere Alternativen wie etwa das Schwestermodell Alpha 7 oder die Nikon D610 oder Canon EOS 6D.