Hochauflösende Vollformat-DSLM

Testbericht: Sony Alpha 7R IV / 7R IVA

2019-11-15, aktualisiert 2022-12-29 Mit 61 Megapixeln ist die Sony Alpha 7R IV die aktuell höchstauflösende Vollformat-Systemkamera am Markt. Zudem soll sie mit 567 auf dem Sensor integrierten Phasen-AF-Sensoren flott fokussieren und trotz der hohen Auflösung sogar zehn Serienbilder pro Sekunde erreichen. Sogar die Gehäuserobustheit und Ergonomie soll eine neue Qualität erreichen. Welche Bildqualität mit der Sony überhaupt zu erreichen ist, wie sie sich bei höheren ISO-Empfindlichkeiten schlägt und vieles mehr verrät unser ausführlicher Test.  (Benjamin Kirchheim)

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Seit ca. Mitte 2021 hat die Sony Alpha 7R IVA die 7R IV abgelöst. Mit Ausnahme eines höher auflösenden Bildschirms (2,36 statt 1,44 Millionen Bildpunkte), einer damit einhergehenden um zehn Bilder verkürzten Akkulaufzeit und einer "Umbenennung" der USB-Version von 3.1 Gen 1 auf 3.2 Gen 2 unter Beibehaltung der Geschwindigkeit von 5 Gbps gibt es jedoch keine Änderungen, so dass wir auf einen separaten Test der 7R IVA verzichten.

Ergonomie und Verarbeitung

Zwar ist die Sony Alpha 7R IV von der Designsprache unverkennbar eine spiegellose Vollformatsystemkamera der 7er-Serie von Sony, doch das Gehäuse wurde in wichtigen Punkten überarbeitet und verbessert. Auch wenn es früher schon Verbesserungen bei neuen Generationen gab, etwa ein stabileres Bajonett, war der Sprung bisher noch nie so grundlegend wie jetzt bei der 7R IV. Sie ist die erste wirklich robuste Alpha der 7er-Reihe, die das Attribut Spritzwasser- und Staubschutz auch tatsächlich verdient. Egal ob am Speicherkarten- oder Akkufach, den Knöpfen oder Drehrädern: Überall sieht und spürt man die Dichtungen.

Das Gehäuse besteht aus robusten Leichtmetallschalen sowie teilweise Kunststoff. Betriebsbereit wiegt die Kamera knapp über 660 Gramm, was nicht gerade wenig ist und zusammen mit den nach wie vor kompakten Abmessungen das solide Anfass-Gefühl noch unterstreicht. Vorne, hinten, oben und unten kommt Leichtmetall zum Einsatz, der Handgriff hingegen besteht aus Kunststoff. Das ist geschickt gelöst, denn durch die genarbte Gummierung für die bessere Rutschfestigkeit kommt man mit dem eigentlichen Gehäusematerial an dieser Stelle sowieso nicht in Kontakt. Zudem konnte Sony dadurch die Funkantennen für NFC, Bluetooth und Dual-Band-WLAN hier unterbringen.

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Der Handgriff ist nun noch besser ausgeformt und besitzt eine deutliche Mulde für den Mittelfinger. Einschalthebel, Auslöser, vorderes Einstellrad und andere Bedienelemente wie die beiden Funktionstasten lassen sich mit dem Zeigefinger erreichen. Am schwierigsten ist die C1-Taste zu drücken, da man den Finger dafür schon sehr krumm machen muss. Mit einem ausreichend schweren Objektiv lässt sich die Kamera auch mal locker auf den Fingerkuppen der Griffhand tragen, bei leichten Objektiven hingegen stimmt die Balance dafür nicht mehr und die Kamera rutscht aus der Hand, wenn man sie nicht fest greift.

Auch für den rechten Daumen befinden sich viele Bedienelemente in Reichweite, dazu gehören neben den beiden hinteren Einstellrädern auch der Fokusjoystick, die Vierwegewippe, das Funktionsmenü und die AEL- sowie die separate AF-On-Taste. Das Belichtungskorrekturrad besitzt nun endlich eine deaktivierbare Sicherung und lässt sich damit vor versehentlichem Verstellen sichern. Die Drehsicherung des Programmwählrads ist hingegen immer aktiv, sodass das Rad nur gedreht werden kann, wenn gleichzeitig der zentrale Entsicherungsknopf gedrückt gehalten wird. Nur die Menü- sowie die C3-Funktionstaste befinden sich auf der linken Gehäuseseite außerhalb der Reichweite der rechten Hand.

Der elektronische Sucher wartet nun mit der neuesten Technik auf und bringt es bei einem 0,78-fachen Vergrößerungsfaktor auf eine Auflösung von 5,76 Millionen Bildpunkten. Die Übersicht für Brillenträger ist mäßig gut, besser klappt es bei Verwendung des Dioptrienausgleichs. Empfindliche Naturen werden allerdings bemerken, dass das OLED-Panel etwas flimmert. Die Auflösung indes ist so fein, dass man kaum noch Pixel ausmachen kann. Auch insgesamt ist die Darstellung sehr gut, kontrastreich und verzögerungsfrei. Sowohl die Helligkeit, als auch die Farbe des Suchers lassen sich anpassen, wobei er letzteres genauso wie eine automatische Helligkeitsregelung dem Bildschirm voraushat, den man manuell regeln muss.

Beim Bildschirm handelt es sich um einen neigbaren Touchscreen. Um 107 Grad nach oben und 41 Grad nach unten lässt er sich kippen. Die Auflösung ist mit 1,44 Millionen Bildpunkten (2,36 Millionen bei der 7R IVA) ebenfalls recht fein, die Größe mit 7,5 Zentimetern aber für heutige Verhältnisse nicht mehr allzu üppig. Es handelt sich zudem um ein 4:3-Display, der für das native 3:2-Seitenverhältnis nötige schwarze Balken wird nur auf der Unterseite eingeblendet und für die Anzeige einiger Aufnahmeparameter genutzt. Der klappbare Rahmen würde durchaus Platz für fast neun Zentimeter Bildschirmdiagonale bieten, vielleicht ist das mit der nahezu randlosen Bildschirmtechnik, die inzwischen bei vielen Smartphones eingesetzt wird, auch irgendwann im Kamerasektor möglich. Wie bereits erwähnt, muss man die Helligkeit des Bildschirms leider manuell regeln. Immerhin erreicht er im Modus "sonnig" eine hervorragende Leuchtdichte von 1.075 cd/m² (bei der 7R IVA möglicherweise dunkler), was für sonnige Umgebungen tatsächlich völlig ausreichend ist.

Die Touchfunktionalität beschränkt sich leider auf das Setzen des Autofokuspunkts, weder die Menüs, noch die Wiedergabefunktion verstehen Berühungseingaben. Immerhin kann der Touchscreen auf Wunsch auch als Touchpanel verwendet werden, um den Autofokuspunkt beim Blick durch den Sucher alternativ zum Fokusjoystick über den Touchscreen verschieben zu können. Ein einschränkbarer Bildschirmbereich erleichtert dabei die Bedienung. Ansonsten strotzt die Alpha 7R IV nur so vor Einstellungen. Das Menü ist äußerst üppig gefüllt, die Navigation gestaltet sich aber recht einfach. Die Menüseiten sind logisch sortiert und mit entsprechenden Kategorien versehen. Dennoch ist es nicht einfach, bestimmte Funktionen zu finden, wenn man sie gezielt sucht. Praktischerweise lassen sich bevorzugte Menüpunkte aber in einem eigenen Menü zusammenstellen.

Die Individualisierbarkeit setzt sich bei den Funktionstasten fort. Nicht weniger als 100 Funktionen stehen für jede konfigurierbare Taste zur Auswahl bereit. Das erfordert natürlich eine gewisse Einarbeitung und regelmäßige Arbeit mit der Kamera, um die individuell konfigurierte Bedienung zu verinnerlichen und nicht wieder zu vergessen. Da das Konfigurieren viel Arbeit macht, lassen sich die Kameraeinstellungen nun auf die Speicherkarte sichern, bis maximal zehn Stück sind möglich. Sogar auf andere 7R-IV-Kameramodelle lassen sie sich übertragen. Neben den Tasten kann übrigens auch das Funktionsmenü individuell zusammengestellt werden.

Das Livebild im Sucher und auf dem Bildschirm bietet zudem alle in der Praxis nötigen Einblendungen von den Aufnahmeparametern über verschiedene Hilfslinienmuster und eine 3D-Wasserwaage bis hin zu einer Belichtungsvorschau, einer Schärfentiefevorschau und einem Livehistogramm. So sollten keine Wünsche offenbleiben.

Die insgesamt sechs Schnittstellen der Sony Alpha 7R IV befinden sich allesamt auf der linken Gehäuseseite hinter drei Gummiklappen, die über eine Art Scharnier (das Gummi ist an einer Achse befestigt) geöffnet werden können. Hinter der unteren Klappe befinden sich gleich zwei USB-Schnittstellen, einmal das klassische Micro-USB und einmal ein moderner USB-Typ-C-Anschluss. Beide können zum Laden des Akkus – auch bei eingeschalteter Kamera und mit jeglichen USB-Ladegeräten – und auch für die Datenübertragung genutzt werden. Über die Micro-USB-Buchse lässt sich zudem ein Fernauslösekabel anschließen, falls man die Kamera nicht per Bluetooth-Fernbedienung oder Smartphone-Fernsteuerung auslösen möchte. Auch für den Computer gibt es eine entsprechende Steuerungssoftware für die Kamera.

Hinter der oberen, länglichen Klappe befinden sich eine Micro-HDMI-Schnittstelle sowie zwei 3,5mm-Klinkenbuchsen. Bei der HDMI-Schnittstelle hätten wir uns angesichts der Videofähigkeiten der Alpha 7R IV eine größere und auch robustere Mini-Schnittstelle gewünscht. Die obere 3,5mm-Buchse ist für den Stereo-Mikrofonanschluss, auch eine Phantomspeisung fehlt hier nicht. Über die untere Buchse kann ein Kopfhörer zur Tonkontrolle angeschlossen werden. Unter der vorderen Klappe sitzt schließlich ein Studio-Blitzanschluss (F-Buchse). Doch auch den Blitzschuh auf dem Sucher kann man als Schnittstelle bezeichnen, denn hier lassen sich nicht nur Systemblitzgeräte elektronisch und mechanisch an die Kamera anschließen, sondern sogar ein digitales Mikrofon für Videoaufzeichnungen. Das verspricht bei Verwendung entsprechender Mikrofone eine noch bessere Tonqualität.

Auf der rechten Gehäuseseite sitzt das Doppel-Speicherkartenfach, bei dem es auch eine Neuerung gibt. Erstmals bei Sony sind nämlich beide Fächer zu SDHC und SDXC mit dem schnellen UHS II kompatibel, wofür Sony die Kompatibilität mit den hauseigenen MemorySticks geopfert hat. Leider sind die UHS-II-Schnittstellen nicht sonderlich flott. Selbst mit einer knapp 300 MB/s schnellen Sony-Speicherkarte erreichten wir nur eine maximale Schreibgeschwindigkeit von 105 MB/s, was nur knapp über UHS-I-Niveau liegt. Schade auch, dass die Speicherkarten verkehrtherum eingelegt werden, die Beschriftung zeigt vom Fotografen weg und wird von der geöffneten Klappe verdeckt.

Der Lithium-Ionen-Akku auf der Kameraunterseite wird gefühlt ebenfalls verkehrtherum eingelegt, nämlich mit der planen Seite zur Kameraußenseite und mit den Rundungen Richtung Stativgewinde. Aber das ist letztlich wie bei den Speicherkarten Gewöhnungssache. Positiv hervorzuheben ist nicht nur die lange Ausdauer pro Akkuladung, immerhin 670 Aufnahmen (660 bei der 7R IVA) sind nach CIPA-Standardmessverfahren bei Verwendung des Bildschirms möglich (mit Sucher sinkt die Ausdauer auf 530 Aufnahmen), sondern auch die flexiblen Lademöglichkeiten über USB direkt in der Kamera ober eben auch extern. Zudem lässt sich statt des Akkus auch ein Hochformatgriff anbringen, der dann zwei Akkus aufnimmt und die Ausdauer damit nochmals verlängert. Außerdem bietet Sony einen externen Halter für vier Akkus an, um die Kamera mobil (etwa bei Videoaufnahmen) noch länger mit Strom versorgen zu können. Das Stativgewinde auf der Kameraunterseite sitzt übrigens selbstverständlich in der optischen Achse und auch der Abstand zum Akkufach ist sehr üppig, so dass selbst recht große Schnellwechselplatten den Zugriff nicht verbauen.

Ausstattung

Man mag es kaum glauben, aber trotz ihres hohen Preises von fast 4.000 Euro (ohne Objektiv selbstverständlich) und der enormen Auflösung von 61 Megapixeln besitzt die Sony Alpha 7R IV tatsächlich eine Vollautomatik mit Motiverkennung. Wer also viel Geld hat, eine hohe Auflösung braucht, aber sich nicht mit technischen Kameraeinstellungen herumschlagen möchte, kann durchaus zur Sony greifen. Sogar eine große Palette digitaler Filter bis hin zur Spielzeugkamera stehen zur Auswahl. Ihre volle Leistung entfaltet die Alpha 7R IV indes erst bei der gezielten Anpassung der Aufnahmeparameter an die Motivsituation, die man in der Programmautomatik, Blendenautomatik oder Zeitautomatik sowie dem manuellen Modus, auf Wunsch auch mit ISO-Automatik, vornehmen kann.

Dazu gehören etwa umfangreiche Belichtungsreihenfunktionen, die sich nicht auf die reine Belichtungszeit beschränken, sondern auch Weißabgleichs- sowie DRO-Aufnahmereihen sind möglich. DRO ist die Dynamikoptimierung von Sony, die Schatten aufhellt und die Zeichnung in den Lichtern schützt. Normale Belichtungsreihen sind mit bis zu neun Aufnahmen mit bis zu einem EV Belichtungsunterschied zwischen den Bildern möglich, bei drei oder fünf Aufnahmen sind bis zu drei EV Belichtungsabstand möglich. Das reicht völlig für HDR-Aufnahmen aus, die allerdings nicht in der Kamera zusammengesetzt werden können. Ebenfalls nicht in der Kamera zusammengerechnet werden können die Pixel-Shift-Multi-Shooting-Aufnahmen, bei denen bis zu 16 Aufnahmen am Computer zu einer schwindelerregenden Auflösung von 240 Megapixel zusammengerechnet werden können.

Dabei kommt der Sensor-Shift-Bildstabilisator zum Einsatz, der bis zu 5,5 EV längere Belichtungszeiten aus der freien Hand ermöglichen soll. Wenn man ihn für maximal vier Blendenstufen ausnutzt, ist man auf der ziemlich sicheren Seite, darüber steigt der Ausschuss an verwackelten Aufnahmen spürbar an. Für eine Vollformatkamera mit einer großen bewegten Sensormasse funktioniert das System aber äußerst gut, schließlich darf man dabei auch die enorme Sensorauflösung nicht vergessen, die bei entsprechender Vergrößerung kleinste Verwackler sichtbar macht.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.