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Testbericht: Sony Alpha 7R II

Seite 2 von 2, vom 2015-09-29 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Bildqualität

Sony will bei der Alpha 7R II durch den neuen, rückwärtig belichteten Vollformat-CMOS-Sensor der Spagat gelingen, hohe Auflösung mit einem geringen Rauschen auch bei höheren ISO-Empfindlichkeiten zu kombinieren. Ob dies der Alpha 7R II gelingt, musste sie nicht nur in der Praxis, sondern auch im digitalkamera.de-Testlabor unter Beweis stellen. Der vollständige Labortest, auf dem die folgenden Betrachtungen beruhen, kann gegen ein kleines Entgelt eingesehen werden. Er beinhaltet verständliche Diagramme mit den Messwerten und entsprechende Erklärungen zu deren Interpretation. Mit dem Kauf wird übrigens auch die Redaktion bei ihrer Arbeit unterstützt und etwas unabhängiger von den Werbeeinnahmen.

Da die Sony Alpha 7R II ohne Setobjektiv verkauft wird, kam im Testlabor die Festbrennweite FE 1,8 55 mm ZA mit Zeiss-Label zum Einsatz, das bisher zweitbeste Sony-Objektiv, das wir in unserem Testlabor am Vorgängermodell Alpha 7R messen konnten. Das bisher beste Objektiv, das Sony 90 mm Makro, stand uns hingegen leider nicht zum Test zur Verfügung. Tatsächlich erreicht das 55er an der Alpha 7R II im Zentrum eine noch höhere Auflösung als an der Alpha 7R, auch wenn der Unterschied bei weniger als zehn Prozent liegt. An der 7R II wird bei F4 eine maximale Auflösung von 79,4 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei der MTF50-Messung, also bei 50 Prozent Kantenkontrast, erreicht. Die 7R erreichte bei F8 ein Maximum von 73,3 lp/mm mit diesem Objektiv.

Ein ebenfalls interessanter Unterschied: Da die Messung in JPEG erfolgt, spielt die Bildaufbereitung eine wesentliche Rolle, wobei die Alpha 7R und Alpha 7R II eine blendenabhängige Bildaufbereitung verwenden, etwa um Beugungseffekte zu minimieren. Sony spielt dabei keine Ausnahme, bei Fujifilm etwa nennt sich diese Technologie Lens Modulation Optimizer, kurz LMO. Bei der Alpha 7R führte dies zu einer bei F5,6 im Vergleich zu F4 steigenden Auflösung, während bei F4 im Vergleich zu F2,8 die Auflösung sank. Dieser "Knick" in der Auflösungskurve tritt bei der Alpha 7R II nicht mehr auf. Hier steigert sich die Auflösung im Bildzentrum bis F4 und beginnt beim weiteren Schließen der Blende dann zu fallen, bis F16 sanft, darüber stärker. Am Bildrand hingegen steigert sich die Auflösung sogar bis F11, wo sie ein Maximum von 66,1 lp/mm erreicht. Bei Offenblende hingegen ist das 55er an der Alpha 7R II am Bildrand sehr enttäuschend, 32,8 lp/mm sind gerade einmal knapp die Hälfte der 65,9 lp/mm im Bildzentrum. Der Auflösungsvorteil des 42-Megapixel-Sensors gegenüber dem 36-Megapixel-Sensor ist also marginal, ein gutes Objektiv gibt hier den größeren Ausschlag als die Kamera. Und obwohl Sony ein komplett neues Objektivsystem aufbaut, gibt es kaum Objektive, die den Sensor wirklich ausreizen. Wer gerne Landschaften fotografiert, sollte übrigens einen Blick auf das Zeiss Batis 2/25 mm werfen, das beispielsweise eine deutlich bessere Randauflösung als das hier zum Test verwendete Sony-Objektiv liefert (siehe Objektivtest in den weiterführenden Links).

Das soll nicht heißen, dass das 55er Zeiss F1,8 ein schlechtes Objektiv wäre: Es ist an der Alpha 7R II verzeichnungsfrei, auch chromatische Aberrationen sind minimal, selbst das Maximum erreicht nur etwa einen Pixel. Die Randabdunklung liegt mit 0,4 bis 0,8 EV (23 bis 44 Prozent) auf einem niedrigen Niveau. Dabei sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Alpha 7R II alle diese optischen Fehler defaultmäßig in JPEG korrigiert.

Im Testlabor stellte sich ein weiterer interessanter Effekt heraus: Bei der Messung von Dynamik, Rauschen und Tonwerten ist immer exakt dieselbe Belichtung vonnöten. Im Vergleich zur Alpha 7R und Alpha 7 II jedoch musste die Blende des Objektivs an der Alpha 7R II bei gleicher ISO-Empfindlichkeit und Belichtungszeit um 1/3 EV weiter geöffnet werden, um dieselbe Bildhelligkeit zu erreichen. Faktisch ist die ISO-Empfindlichkeit der Alpha 7R II durchweg etwas niedriger als der eingestellte Wert. Dies trifft zwar auch auf die 7R zu, aber bei der 7R II ist dieser Effekt stärker ausgeprägt und sollte beim Low-Light-Vergleich der beiden Kameras nicht außer Acht gelassen werden.

Beim Signal-Rauschabstand legt die Alpha 7R vor: Bis ISO 800 liegt dieser über 40 dB, bis zur höchsten Empfindlichkeit von ISO 25.600 über der kritischen Marke von 35 dB. Damit schlägt sie bei hohen ISO sogar die Alpha 7 II, die bis ISO 1.600 zwar mit über 40 dB die Nase vorne hat, aber nur bis ISO 6.400 über der Marke von 35 dB bleibt. Die Alpha 7R II liegt bis ISO 800 bei über 40 dB und bis ISO 1.600 bei über 35 dB. In dieser Disziplin kann der höher integrierte Sensor also keinen Blumentopf gewinnen. Helligkeitsrauschen wird bei der 7R II ab ISO 3.200 leicht und ab ISO 25.600 stark sichtbar, das Farbrauschen ist jedoch auf niedrigem Niveau. Bei der 7R hingegen treten weder Farb- noch Helligkeitsrauschen dominant in Erscheinung. Die Alpha 7 II zeigt lediglich bei ISO 25.600 etwas stärker sichtbares Helligkeitsrauschen, es ist aber geringer als bei der 7R II bei ISO 25.600.

Entscheidend sind diese Parameter aber nicht alleine, denn mit einer starken Rauschunterdrückung lassen sich Signal-Rauschabstand und Rauschen auf ein sehr gutes Niveau bringen, während die Texturen feiner Details sichtbar darunter leiden können, wenn die Kameras mit dem Rauschen auch diese beseitigen. Die Alpha 7R II liefert bis ISO 3.200 ein verlustfreies Bild, bis ISO 12.800 bleibt der Einfluss der Rauschunterdrückung auf feine Details gering. Bis ISO 12.800 liefert die Alpha 7R II also eine mehr als brauchbare Bildqualität, wie auch die Praxisbilder zeigen, selbst wenn hier der Messwert des Signal-Rauschabstands nicht besonders gut ist. Die Alpha 7R kann mithalten: Bis ISO 3.200 gibt es praktisch keinen Texturverlust, bis ISO 12.800 bleibt dieser gering. Bei der Alpha 7 II liegen die Grenzen hingegen bei ISO 1.600 und 3.200. Dabei sollte als Randnotiz nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Texturmessung auf dieselbe Ausgabegröße mit demselben Betrachtungsabstand bezieht. Hier können die hochauflösenden Kleinbildsensoren tatsächlich von ihrer höheren Auflösung profitieren und trotz kleinerer Pixel bei hohen ISO mehr Details bei gleicher Ausgabegröße darstellen.

Zurück zur Alpha 7R II: Die Labormessungen zeigen von ISO 100 bis 6.400 einen sehr hohen Dynamikumfang von über zehn Blendenstufen, von ISO 100 bis 800 sind es sogar fast elf. Bei ISO 50 findet eine Signaldämpfung statt, die nahezu eine Blendenstufe Dynamikumfang kostet. Selbst bis ISO 51.200 bleibt der Dynamikumfang mit über neun Blendenstufen im grünen Bereich. Bei ISO 102.400 sind die Einflüsse der Bildaufbereitung auf die Tonwerte so stark, dass der DxO Analyzer weder Tonwertkurve noch Dynamikumfang berechnen konnte. Apropos Tonwertkurve: Mit Ausnahme der gedämpften ISO 50 mit flacherer Tonwertkurve verläuft diese knackig angesteilt. Schärfeartefakte hingegen bleiben auf niedrigem Niveau, steigen aber durch die eingangs bereits erwähnte blendenabhängige Bildaufbereitung zur Kompensation der Beugungsverluste bis F16 an, wo sie ihr Maximum erreichen, das aber unterhalb von zehn Prozent völlig unkritisch ist.

Der Ausgangs-Tonwertumfang ist bis ISO 400 sehr gut und erreicht dabei mit 256 von 256 möglichen Abstufungen Höchstniveau. Ab ISO 800 fällt der Ausgangs-Tonwertumfang rapide ab, bleibt bis ISO 1.600 mit über 160 Stufen aber auf gutem Niveau. Kritisch wird es erst über ISO 12.800 mit weniger als 96 Helligkeitsstufen. Die Farbtiefe ist bis ISO 12.800 mit über zwei Millionen Farben gut. Die beiden höchsten ISO-Empfindlichkeiten hingegen unterscheiden weniger als eine Million Farben, was etwas wenig ist. Während der manuelle Weißabgleich erwartungsgemäß exakt arbeitet, weichen einige Farben etwas stärker von der Vorlage ab. Dies betrifft aber im Wesentlichen die zu hohe Farbsättigung von Rot-, Orange-, Magenta- und Violetttönen.

Insgesamt erreicht die Sony Alpha 7R II bis ISO 400 eine Bildqualität auf allerhöchstem Niveau, bis ISO 3.200 ist sie sehr gut und erst oberhalb von ISO 12.800 treten deutliche Verluste auf. Trotz der gesteigerten Auflösung lassen sich also hohe ISO-Empfindlichkeiten bedenkenlos nutzen, auch wenn die ISO-Erweiterung, die Sony bei der 7R II im Vergleich zu den niedriger auflösenden Sensoren freigeschaltet hat, eine ziemlich bescheidene Bildqualität liefert. ISO 12.800 mit einem hohen Bildqualitätsniveau sind jedoch auf jeden Fall eine Ansage! Um hingegen die enorm hohe Auflösung auch nutzen zu können, bedarf es noch mehr als beim 36-Megapixel-Sensor nicht nur sehr guter Objektive, sondern auch einer hohen Präzision des Fotografen bei seinem Handwerk, was Verwackelungen und Fokusgenauigkeit angeht.

Fazit

Die Sony Alpha 7R II ist eine sehr gut ausgestattete, hochwertig verarbeitete, derzeit konkurrenzlose Vollformatkamera, aber von einem perfekten Fotoapparat noch ein gutes Stück entfernt. Bei ihrem sportlichen Preis könnte man etwa einen Staub- und Spritzwasserschutz erwarten. Auch bei der Menüstruktur dürfte Sony gerne noch etwas Hand anlegen und beispielsweise die C1-C4-Knöpfe beschriften und vorbelegen, sodass man werksseitig eine sinnvolle Bedienung mit entsprechend beschrifteten Tasten erhält. Trotz des professionellen Preises hat Sony die Konsumer-Herkunft nicht völlig abgeschüttelt. Die Bildqualität aber ist vor allem im Fotobereich, jedoch auch bei den Videos, über jeden Zweifel erhaben. Die Alpha 7R II liefert bis in durchaus hohe ISO-Regionen eine beachtliche Auflösung, vor allem bis ISO 400 ist die Bildqualität nahezu perfekt. Dabei sollte man aber nicht außer Acht lassen, dass es zur Ausnutzung entsprechender Objektive bedarf und selbst das 55 mm 1.8 am Bildrand erst abgeblendet überzeugen kann.

Hinweis Wir arbeiten aktuell noch an der technischen Umsetzung für die Anzeige unseres neuen Bewertungsschemas, das bei diesem Kameratest erstmals zur Anwendung kam. Daher werden wir die Testnoten demnächst nachreichen.

Kurzbewertung

  • Sehr hohe Auflösung
  • Selbst bei hohen ISO-Empfindlichkeiten noch gute Bildqualität
  • Sehr gute Videoqualität mit vielen Einstellmöglichkeiten
  • Gut funktionierender Sensor-Shift-Bildstabilisator
  • Hoch auflösender, großer elektronischer Sucher
  • Schwammiger erster Druckpunkt des Auslösers
  • Nur sehr wenige Objektive reizen die Auflösung überhaupt aus
  • Mit 3.500 Euro ziemlich hoher Preis

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Steckbrief

Steckbrief
Hersteller Sony
Modell Alpha 7R II
Sensor CMOS Kleinbild 36,0 x 24,0 mm (Cropfaktor 1,0)
42,4 Megapixel (physikalisch)
43,6 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 4,5 µm
Auflösung (max.) 7.952 x 5.304 (3:2)
Video (max.) 3.840 x 2.160 30p
Objektiv Sony FE 55 mm 1.8 Sonnar T* ZA (SEL-55F18Z) (Objektiv mit fester Brennweite)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.359.296 Bildpunkte Auflösung, 0,78-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 0,78-fache Vergrößerung (KB-Äquiv.), Dioptrienausgleich (-4,0 bis 3,0 dpt)
Monitor 3,0" (7,5 cm)
  Auflösung 1.228.800 Bildpunkte
  kippbar ja
  drehbar
  schwenkbar
  Touchscreen
AV-Anschlüsse
Audio Stereo (3,5 mm Klinke (Stereo, 3-polig))
Audio-Eingang (Stereo) (3,5 mm Stereomikrofon-Klinke)
PAL/NTSC-Videoausgang (umschaltbar) (HDMI-Ausgang Micro (Typ D))
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 9
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion ja, Schwenkpanorama
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (1.200 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/8.000 s
Blitz
  Synchronzeit 1/250 s
  Blitzanschluss Standard Mittenkontakt, Sony Multi Interface Blitzschuh
WLAN ja
NFC ja
GPS
Fernauslöser ja, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme
Speichermedium
Memory Stick (Duo, Duo Pro)
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
Empfindlichkeit
  automatisch ISO 100-25.600
  manuell ISO 50-102.400
Weißabgleich
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  manuelle Farbtemp. ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 399 Kreuzsensoren
25 Kontrastsensoren
  Geschwindigkeit 0,45 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 127 x 96 x 60 mm
Gewicht (betriebsbereit) 625 g (nur Gehäuse)
905 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
Zoom
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 290 (gem. CIPA-Standard)

– = "entfällt" oder "nicht vorhanden"

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.