Kompakte Einsteiger-Systemkamera

Testbericht: Olympus Pen E-PL9

Seite 2 von 2, vom 2018-05-07 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Das schnelle und präzise Fokussieren ist die Hauptaufgabe des Autofokus-Systems. In der E-PL9 arbeitet es mit dem Motivkontrast und bietet insgesamt 121 Messfelder. 0,33 Sekunden benötigt die Kamera zum fokussieren und Auslösen im Weitwinkel und 0,37 Sekunden im Telebereich des 14-42mm-Objektivs. Die reine Auslöseverzögerung beträgt 0,09 beziehungsweise 0,08 Sekunden. Zu den Autofokus-Funktionen gehört die Möglichkeit, Messpunkte in Gruppen zusammenzufassen, einzeln anzuwählen, per Touchberührung auf dem Monitor zu positionieren oder sogar so einzustellen, dass ein Motiv verfolgt wird (AF-C mit Tracking). Auch Gesichter kann der Autofokus erkennen und priorisiert die Fokussierung entsprechend. Wenn gewünscht, kann auch eine manuelle Fokussierung durchgeführt werden. Hierzu stellt die Kamera eine Fokuspeaking-Funktion sowie eine Fokuslupe mit bis zu 14-facher Vergrößerung zur Verfügung.  

Eingebaute Blitzgeräte fallen vor allem durch die geringe Lichtleistung auf. Auch das mechanisch herausklappbare Blitzgerät der E-PL9 macht da keine Ausnahme. Die Leitzahl beträgt schwächliche 6,4 bei ISO 100. Da aber ISO 200 die native Empfindlichkeit des Sensors ist, beträgt die Leitzahl mit dieser Empfindlichkeit immerhin 8. Das Ergebnis entspricht vergleichbaren Modellen anderer Hersteller. Grund dafür ist zum einen der geringe Platz, der für die Hochleistungskondensatoren im Gehäuse zur Verfügung steht und zum anderen der Umstand, dass der Blitz meistens nur im Nahbereich eingesetzt wird. Der Umfang der Blitzfunktionen umfasst alles, was man so braucht. Dazu gehören etwa die Langzeitsynchronisation, das Synchronisieren auf den zweiten Verschlussvorhang und eine Aufhellfunktion. Das Besondere an dem Blitz ist jedoch, dass er drahtlos über einen Lichtimpuls kompatible Olympus Blitzgeräte steuern kann. Das ist für eine Kamera der Pen-E-PL-Serie eine Premiere, denn vorher brauchte es dafür einen Aufsteckblitz im Blitzschuh. Wer möchte, kann externe Blitzgeräte aber auch einfach in den vorhandenen Aufsteckschuh stecken, um beispielsweise indirekt über die Decke zu blitzen.

Im Gegensatz zum Gehäuse besteht das Objektivbajonett der Kamera aus Metall. Hinter dem mechanischen Schlitzverschluss befindet sich der 16 Megapixel auflösende LiveMOS-Aufnahmesensor. Er ist, im Gegensatz zum Sensor der OM-D EM10 Mark III, nur mit einem dreiachsigen mechanischen Bildstabilisator ausgestattet. Der Stabilisator soll bis zu 3,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten verwackelungsfrei ermöglichen. Im Videomodus stehen sowohl der mechanische als auch der elektronische Stabilisator zur Verfügung. Die E-PL9 kann Videos in HD (1.280 x 720), FullHD (1.920 x 1.080) und auch 4K (3.840 x 2.160) aufzeichnen. Allerdings steht die 4K Auflösung nicht im normalen Videomenü zur Verfügung, sondern muss über eine gesonderte Funktion aktiviert werden. Die maximale Aufnahmedauer für Videos beträgt 29 Minuten. Als Video-Formate stehen MOV mit H.264-Kompression und AVI-Motion-JPEG zur Verfügung.

Doch wohin mit den Bildern oder Videos, wenn die Kamera diese erstmal auf die Speicherkarte gebannt hat? Zum einen kann man sich die Aufnahmen auf dem Kameramonitor anschauen. Alternativ kauft man sich ein MiniHDMI auf HDMI-Kabel und schließt die Kamera an einen Fernseher an einen Fernseher an, um die Aufnahmen auf diesem in Groß anzusehen. Selbstverständlich lassen sich die Daten auch per USB-Schnittstelle auf den heimischen Rechner übertragen.

Dank eingebauter WLAN-Funktion ist zudem eine Übertragung der Aufnahmen auf ein Smartgerät problemlos möglich. Dazu benötigt man lediglich die kostenlose Olympus App, die bei GooglePlay und itunes erhältlich ist. Leider kann die E-PL9 nicht von Haus aus in ein bestehendes WLAN integriert werden. Die Kamera muss mit dem Smartgerät eine sogenannte Ad-hoc-Verbindung aufbauen. Ist die einmalige Einrichtung abgeschlossen, kann der Fotograf die Verbindung zum Netzwerk mit der Kamera jederzeit leicht wieder aufbauen.

Die App selber kann als umfangreiche Fernbedienung mit LiveView genutzt werden. Wenn ein Objektiv mit elektrischem Zoom montiert ist, kann dieses auch über die App gesteuert werden. Zudem lassen sich Bilder von der Kamera zum Smartgerät übertragen, um sie von dort beispielsweise in den sozialen Medien zu teilen.

Die E-PL9 verlangt nach der neuesten App-Version, die sich deutlich von der Vorgängerversion unterscheidet. So wurden beispielsweise die Bildbearbeitung im Smartphone und das Tracking für die Positionsdaten in zwei separate Apps ausgelagert. Diese sind kostenlos, müssen jedoch einzeln heruntergeladen und installiert werden. Um die Positionsdaten in die Bilder zu übertragen, muss zunächst einmal das Tracking in der App aktiviert sein. Wichtig ist eine bei beiden Geräten synchron laufende Zeit, was zum Glück über einen Button in der App bewerkstelligt werden kann.

Dann wird die Kamera vom Smartgerät entkoppelt und die Fotowanderung kann beginnen. Am Ende der Tour wird erneut die App Olympus Image Track geöffnet und der Trackingvorgang beendet. Danach muss die Kamera erneut mit dem Smartgerät verbunden werden, um die Positionsdaten vom Smartgerät in die Metadaten der Bilder auf der Kamera zu schreiben oder die Bilder auf das Smartgerät zu importieren. 

All diese Funktionen werden komplett über das WLAN der Kamera abgewickelt. Die Bluetooth-Funktion erlaubt lediglich den Zugriff auf die ausgeschaltete Kamera, um beispielsweise Bilder automatisch auf das Smartgerät zu importieren. Diese Funktion muss allerdings manuell in der Kamera aktiviert werden. Wieso es keine permanente Kopplung von Kamera und Smartgerät per Bluetooth gibt, um die Positionsdaten direkt bei der Aufnahme in die Metadaten des Bildes zu übertragen, ist unverständlich.

Bildqualität

Im Inneren der Kamera versieht der Bildprozessor TruPic VIII seinen Dienst und verarbeitet die 16 Megapixel des LiveMOS-FourThird-Sensors. Der Labortest wurde von uns mit der Firmware-Version 1.0 gemacht. Dabei kam das Objektiv M.Zuiko Digital ED 14-42mm F3.5-5.6 EZ zum Einsatz, das zusammen als Set mit der E-PL9 angeboten wird. Der komplette ausführliche Labortest mit Erläuterungen und Diagrammen kann hier auf digitalkamera.de gegen eine kleine Gebühr eingesehen werden (siehe weiterführende Links). Damit wird auch unsere Arbeit an kostenlosen Testberichten wie diesem unterstützt.

Für Ausdrucke in DIN-A4-Größe ist das Objektiv in allen Brennweitenbereichen bei allen Blendeneinstellungen sehr knackig bis in die Bildecken. Die Randabdunklung ist bei allen Brennweiten in den unteren Blendenstufen leicht sichtbar, was aber kein Grund zur Beunruhigung ist. Der Höchstwert beträgt eine Blendenstufe Lichtabfall bei F3,5 und 14 mm Brennweite. Die Verzeichnung ist in den Bildecken sichtbar tonnenförmig im Weitwinkel. Farbquerfehler, auch bekannt als chromatische Aberrationen, sind im Weitwinkel deutlich zu sehen, in maximaler Brennweite jedoch eher nicht.

Die Auflösung wird im digitalkamera.de-Testlabor bei 50 Prozent Motivkontrast (MTF50) ermittelt. Die Pen E-PL9 erreicht mit dem M.Zuiko Digital ED 14-42mm F3.5-5.6 EZ ein für ein einfaches Set-Objektiv angemessenes Ergebnis. Die maximale Auflösung wird bei mittlerer Brennweite von 45 mm (KB äquivalent) erreicht. Mit steigender Blende nimmt die Auflösung kontinuierlich ab. Zwischen Blende 11 und 16 greift die Bildaufbereitung ein, wodurch die Auflösung wieder leicht ansteigt. Dieses Verhalten ist nicht ungewöhnlich, wenn Kameras versuchen, die Beugungsunschärfe auszugleichen, die durch das Schließen der Blende auftritt. Als begleitende Erscheinung nehmen dabei die Schärfenartefakte in höheren Blendenbereichen zu. Dennoch halten sich die Artefakte in Grenzen. Insgesamt geht die Kamera vorsichtig mit der Nachschärfung um.

Den noch akzeptablen Wert von 35 dB für den Signal-Rauschabstand unterschreitet die E-PL9 etwa bei ISO 1.600. Darüber hinaus sinkt der Signal-Rauschabstand weiter kontinuierlich ab. Ein Detailverlust durch die Rauschunterdrückung macht sich etwa ab ISO 800 bemerkbar. Das Rauschen selbst ist feinkörnig und wird erst ab ISO 6.400 sichtbar. Das Farbrauschen ist hingegen bei allen Emfindlichkeitsstufen unproblematisch. Die den Motivkontrast angebende Eingangsdynamik umfasst bei der E-PL9 maximal 11,5 Blendenstufen. Dieses sehr gute Ergebnis hält die Kamera bis etwa ISO 800. 

In der als Standard eingestellten "natural"-Farbwiedergabe zeigt sich, dass die E-PL9 Grün- und Gelbtöne nur minimal verschiebt. Eine größere Verschiebung findet bei Cyan- und Magenta statt. Zudem werden Magentafarben rötlicher dargestellt. Die Kamera "entschärft" Cyantönetöne, um ein sauberes Blau von Himmel oder Wasser darzustellen. Die Veränderung von Magentatönen kommt vor allem der Porträtfotografie zu gute. Alles in allem besitzt die Kamera eine angenehme Farbwiedergabe, die kritische Farbbereiche anpasst, um ein möglichst natürlich wirkendes Bild wiederzugeben. Die maximale effektive Farbtiefe beträgt etwa 23-Bit, was ein guter Wert ist. Dieser bleibt bis etwa ISO 400 stabil und sinkt danach kontinuierlich ab.

Fazit

Die Olympus Pen E-PL9 ist ein Blickfang. Schöne Linien, saubere Verarbeitung und sinnvoll platzierte Bedienelemente erwecken nicht nur Nostalgiegefühle, sondern machen auch Lust auf’s Fotografieren. Die Kamera liegt prima in der Hand und auch die Menüstruktur und die Anordnung der Bedienelemente sind nachvollziehbar. Die Individualisierungsmöglichkeiten der Tasten sind zwar nicht umfassend, dürften aber mehr Möglichkeiten bieten, als die Zielgruppe der Kamera je nutzen wird. Die fotografischen Funktionen sind umfassend, wenn auch nicht konsequent. Auf der Seite der Filter, die auch auf Instagram ein Renner sind, gibt es viele Individualisierungsmöglichkeiten. Auch die Langzeitbelichtungsfunktionen wie Live-Composite und Live-Time, sind ein Quell für die kreative Fotografie.

Die Pen E-PL9 besitzt den "Advanced Photo"-Modus, der in der OM-D E-M10 Mark III seine Premiere feierte und den Zugriff auf die Sonderfunktionen vereinfachen soll. Jedoch sind bestimmte Funktionen, wie beispielsweise die Belichtungsreihe, HDR-Funktion oder der leise elektronische Verschluss, nur in diesem Modus zu finden. Der Fotograf hat also keine Möglichkeit, die Funktionen im manuellen Modus beziehungsweise der Zeit- oder Blendenautomatik zu nutzen. Zudem ist die Belichtungsreihenfunktion so beschränkt worden, dass der Fotograf gerade einmal die Anzahl der Bilder wählen kann, aber keinen Einfluss auf den Belichtungsabstand hat.

Die 4K-Videofunktion kann überzeugen, auch wenn sie den ambitionierten Filmer vielleicht nicht vollends zufrieden stellt. Mutig ist der Schritt, lediglich einen herkömmlichen Blitzschuh zu verbauen und so den Einsatz eines optionalen elektronischen Suchers auszuschließen. Dass die neue Bluetooth-Funktion nur dazu genutzt wird, die Kamera "aufzuwecken", um Daten übertragen zu können, hat uns etwas enttäuscht. Immerhin setzen andere Kamerahersteller die stromsparende und dauerhafte Kopplung von Smartphone und Kamera ein, um Positionsdaten bei der Aufnahme in die Metadaten des Fotos zu schreiben. Olympus hingegen setzt hier weiter auf ein externes Logging via Smartgerät.

Die Bildqualität der E-PL9 ist in niedrigen und mittleren ISO-Bereichen gut. Die Auflösung könnte etwas besser sein, wird allerdings vom Set-Objektiv begrenzt. Wer also richtig einsteigen will, der investiert zusätzlich in ein besseres Objektiv. Alles in Allem ist die Olympus Pen E-PL9 eine schöne Einsteigerkamera mit Potential für mehr, auch wenn einige wichtigen Funktionen sehr stark einschränkt sind.

Kurzbewertung

  • Einsteigerfreundliche Bedienung
  • Gute Verarbeitung und schönes Design
  • Blitz mit drahtloser Master-Funktion
  • Gute Bildqualität bis ISO 1.600
  • Heller, Selfie-tauglicher Bildschirm
  • Interessante Funktionen nicht für alle Betriebsarten einstellbar
  • Bluetooth-Funktion wird nicht für die GPS-Datenübermittlung genutzt
  • Keine Möglichkeit, einen elektronischen Sucher anzuschließen

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Steckbrief

Hersteller Olympus
Modell Pen E-PL9
Sensor CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0)
17,2 Megapixel (physikalisch)
16,1 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,7 µm
Auflösung (max.) 4.608 x 3.456 (4:3)
Video (max.) 3.840 x 2.160 30p
Objektiv Olympus 14-42 mm 3.5-5.6 ED EZ (EZ-M1442EZ) (Zoom-Objektiv)
Monitor 3,0" (7,5 cm)
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar ja
  drehbar
  schwenkbar
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 16
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion ja, Schwenkpanorama
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (324 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Blitz eingebauter Blitz
  Synchronzeit 1/250 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC
GPS extern, Smartphone als GPS-Logger
Fernauslöser ja, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme ja
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
  automatisch ISO 100-25.600
  manuell ISO 100-25.600
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 121 Kontrastsensoren
  Geschwindigkeit 0,33 s bis 0,37 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 117 x 68 x 39 mm
Gewicht (betriebsbereit) 380 g (nur Gehäuse)
473 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung Objektivring (motorisch)
Akkulaufzeit 350 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.