2020-02-24 Ganz ohne Messe-Hintergrund stellte Olympus der Öffentlichkeit das neue Top-Modell der spiegellosen OM-D-Kameraserie vor. Die OM-D E-M1 Mark III setzt zwar immer noch auf den 20 Megapixel auflösenden Micro-Four-Thirds-Sensor, bringt aber einige Neuerungen und vor allem verbesserte Funktionen mit sich. Allen Konkurrenten voraus ist die 7 EV effektive interne Bildstabilisierung, die zudem noch mit einem kompatiblen Objektivstabilisator kombiniert werden kann. Was die Kamera sonst noch so bietet und wie sich das Ganze in der Praxis anfühlt, ist in diesem Testbericht zu erfahren. (Harm-Diercks Gronewold)
Sowohl die Olympus OM-D E-M1 Mark III als auch das 12-45 mm Pro sind gegen Staub und Spritzwasser sowie Frost geschützt. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung
Vier Jahre sind vergangen, seit Olympus im Jahr 2016 die OM-D E-M1 Mark II der Öffentlichkeit präsentierte und wir die Kamera getestet haben. Mit der E-M1 Mark III zeigt Olympus stolz erstmals die Typenbezeichnung auf der Kamerafront, aber ansonsten hat sich auf den ersten Blick nicht viel getan. So wurde die Grifftiefe nahezu ohne Änderungen vom Vorgänger übernommen. Wieso auch nicht? Immerhin besitzt der Handgriff eine sehr gute Grifftiefe und passt sich der Hand dank geschwungener Form auch angenehm an. Allerdings greift der kleine Finger des Fotografen, abhängig von seiner Handgröße, durchaus ins Leere. Zum Glück hat Olympus hier genau das richtige optionale Zubehör in Form des Multifunktions-Handgriffs HLD-9 parat. Er besitzt nicht nur einen Griff für Hochformataufnahmen inklusive Auslöser und Einstellrad sowie Netzteilanschluss, sondern auch zwei Akkuplätze. Damit wird die Reichweite der Kamera quasi verdoppelt.
Um den Halt zu verbessern, hat Olympus die Kamera auf der Vorderseite großzügig mit Gummielementen versehen. Auch die große Daumenmulde auf der Rückseite macht dabei keine Ausnahme. Die Struktur der Gummierung gleicht derer, die bei der OM-D E-M1X zum Einsatz kommt. Mit dieser gelingt es Olympus, ein recht authentisches "Ledergefühl" zu vermitteln, ohne dabei gleichzeitig die Griffigkeit einer klassischen Gummierung zu verlieren.
Die robuste Bauweise gehört bei der E-M1-Kameraserie zur Tradition und auch die Mark III macht da keine Ausnahme. Das Gehäuse besteht aus einer widerstandsfähigen Magnesium-Legierung und ist gegen Umwelteinflüsse zusätzlich abgedichtet. Damit ist die Kamera spritzwassergeschützt, staubdicht und sogar bis -10 Grad Celsius frostsicher. Untertauchen sollte man die E-M1 Mark III zwar nicht, aber ein saftiger Regenschauer oder eine Staubwolke stört die Kamera nicht sonderlich viel.
Allerdings setzt das voraus, dass auch das Objektiv gedichtet ist. Glücklicherweise gehört das neu vorgestellte 12-45 mm 1:4 Pro (wie alle Pro-Objektive) zu eben dieser Sorte und wie es der Zufall so will, haben wir mit diesem Objektiv auch diesen Kameratest durchgeführt. Wie sich die Kamera und das Objektiv in Sachen Bildqualität schlagen, ist etwas weiter unten im Abschnitt "Bildqualität" zu erfahren.
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Betriebsbereit bringt die Kamera 580 Gramm auf die Waage, sie ist also nicht schwerer als die ihr Vorgänger. Zusammen mit dem neuen Set-Objektiv 12-45 mm 1:4 Pro wiegt die Kamera dann etwa 840 Gramm. Der Testbericht des Objektivs ist ebenfalls hier auf digitalkamera.de zu finden (siehe weiterführende Links).
Wie schon die E-M1 Mark II besitzt auch die Mark III zwei SD-, SDHC- und SDXC-kompatible Speicherkarten-Steckplätze, von denen aber nur einer den schnellen UHS-II-Standard unterstützt. Das zweite Speicherkartenfach ist hingegen nur UHS-I-kompatibel und kann damit nicht den Geschwindigkeitsvorteil von UHS-II-Speicherkarten ausnutzen. Wir haben die Speichergeschwindigkeit im UHS-II-Schacht mit etwa 110 Megabyte pro Sekunde gemessen. So schnell sollte also die Speicherkarte mindestens sein, wenn man denn das Geschwindigkeitspotential der Kamera voll ausnutzen möchte.
Als "Kraftwerk" versorgt der Lithiumionen-Akku BLH-1 die Kamera mit Strom. Doch der Akku kann noch einiges mehr. So kommuniziert er prozentgenau mit der Kamera, so dass der Fotograf immer genau über den Ladestand des Akkus informiert ist. Mit einem Blick ins Kameramenü kann man erkennen, wann man für Ersatz sorgen sollte. Da die Informationen im Akku und nicht in der Kamera gespeichert werden, kann der Akku auch mit mehreren Kameras eingesetzt werden und liefert übergreifend seine Ladestandinformationen. Laut Olympus soll der Akku genug Energie für etwa 420 Aufnahmen liefern. Ermittelt wurde diese Anzahl mit dem CIPA-Testverfahren.
Neben der Ergonomie des Kameragehäuses selber ist auch die Anordnung der Bedienelemente ein wichtiger Aspekt des Gehäuse-Designs. Hier gibt sich die OM-D E-M1 Mark III keine Blöße. Die Positionierung der Bedienelemente macht den rechten Daumen und die rechte Hand zu Hauptakteuren der Kamerabedienung. Drehräder, Knöpfe sowie der Steuerknüppel und das Steuerkreuz liegen in optimaler Griffreichweite von Daumen und Zeigefinger. Die verschiedenen Bedienelemente besitzen alle einen schönen Druckpunkt und die Drehräder laufen satt und angenehm in ihrer Mechanik. Lediglich der Auslöser könnte etwas straffer sein.
Die Einarbeitung in die verschiedenen Funktionen ist trotz der sehr guten Positionierung der Bedienelemente kein leichtes Unterfangen. Das liegt hauptsächlich am großen Funktionsumfang der Kamera und den umfangreichen Individualisierungsoptionen. So stehen dem Fotografen im Menü sechs Hauptkategorien zu Verfügung. Die siebente Kategorie, das Individualfunktionsmenü, setzt da noch einen drauf und bietet saftige 22 thematisch sortierte Unterkategorien. Damit lässt sich die Kamera nuanciert an den Fotografen und/oder die fotografische Aufgabe anpassen.
Der Touchscreen der Olympus OM-D E-M1 Mark III kann um 180 Grad geschwenkt und um 270 Grad gedreht werden. So behält der Fotograf in jeder Aufnahmesituation den Überblick. [Foto: MediaNord]
Eine solche Anpassung kann dann in einem der vier dafür vorgesehenen Plätze auf dem Moduswahlrad gespeichert werden. Außerdem hat Olympus der E-M1 Mark III, wie schon der E-M1X, ein individuell zusammenstellbares "Mein Menü" verpasst. In diesem lassen sich auf fünf Unterseiten jeweils sieben Einträge speichern. Auch die Programmierung des Mein Menüs ist einfach gelöst. Der Fotograf navigiert wie gewohnt durch das Menü und drückt die Videoaufnahme-Taste bei dem Eintrag, der in dem individuellen Menü gespeichert werden soll. Sehr vorbildlich.
Der um 180 Grad schwenkbare und 270 Grad drehbare 3"-TFT-LCD-Monitor (7,6 cm Diagonale) auf der Rückseite der E-M1 Mark III löst mit 1,04 Millionen Bildpunkten auf. Die präzise Touchfunktion wurde leider nur halbherzig in das Bedienkonzept der Kamera integriert. So lässt sich beispielsweise das extensive Einstellungsmenü nicht mit dem Touchscreen navigieren und auch das Aufnahmemenü ist nur zum Teil mit der Touchfunktion benutzbar. Bei letzterem kann der Fotograf lediglich die Funktion auswählen, die geändert werden soll. Änderungen werden dann mit dem vorderen Drehrad erledigt.
Glücklicherweise stehen dem Fotografen andere Wege zur Verfügung, um Menüeinstellungen vorzunehmen. Diese sind ähnlich komfortabel, wie der Einsatz des Touchscreens. Besonders der Steuerknüppel macht seine Sache bei der Menünavigation und Fokuspunkt-Auswahl sehr gut. Das Display besitzt einen sehr großen Betrachtungswinkel von etwa 170 Grad und kann in der Farbe und Helligkeit angepasst werden. Mit einer maximalen Leuchtdichte (Helligkeit) von etwa 760 Candela pro Quadratmeter lässt sich das Display auch bei hellem Umgebungslicht noch problemlos einsetzen. Die Kamera bietet eine Vielzahl von Anzeigeoptionen für den Fotografen. Dieser kann sich beispielsweise eine justierbare Wasserwaage oder verschiedene Gitter einblenden lassen.
Neben dem Display sorgt ein elektronischer Sucher für Übersicht. Der mit etwa 2,36 Millionen Bildpunkten nicht besonders hochauflösende Sucher ist für Brillenträger etwas problematisch, da die Randbereiche des Sucherbildes nicht mehr ganz zu sehen sind. Kann der Fotograf hingegen auf eine Brille verzichten, so bietet der Sucher einen guten Überblick über das Motiv und auch die Aufnahme-Einstellungen.
Wird der Sucher der E-M1 Mark III eingesetzt, so kann sich das Display dank eines Näherungssensors am Sucher automatisch ab- und wieder anschalten. Auch im abgeschalteten Zustand kann das Display weiterhin als Touchpad benutzt werden, um den Fokuspunkt im Sucher zu verschieben. Da sich der Sucher sehr dicht am Display befindet, kommt es vor, dass sich die Nase des Fotografen auf das Display drückt. Dadurch kann dann der Fokuspunkt ungewollt verschoben werden. Diese Touchpad-Funktion ist im Auslieferungszustand der Kamera deaktiviert und eigentlich wird sie auch nicht mehr benötigt, da Olympus mit dem Steuerknüppel ein ganz hervorragendes Kontrollmittel zur Steuerung des Autofokus implementiert hat.
Die Oberseite der Olympus OM-D E-M1 Mark III ist mit Bedienelementen vollgestopft. [Foto: MediaNord]
Bei den Anschlüssen beerbt die E-M1 Mark III die E-M1X. Neben einer 2,5 mm Klinkenbuchse für einen Kabelfernauslöser finden sich 3,5 mm Klinkenbuchsen für Kopfhörer und Mikrofon genauso an der Kamera wie ein Micro-HDMI-Anschluss. Diesen haben wir schon bei der E-M1X bemängelt, da er aufgrund seiner Konstruktion recht fragil ist. Eine HDMI-Mini-Schnittstelle wäre unseres Erachtens besser gewesen, auch wenn es sicher schwer geworden wäre, diese unterzubringen.
Die USB-C-Schnittstelle ist zu USB PD (Power Delivery) kompatibel. Ein 27-Watt-Netzteil (oder auch eine Powerbank) reicht bereits, um die Kamera mit 9 V und 3 A mit genügend Strom zu versorgen, so dass der Akku unangetastet bleibt. Allerdings wird dieser im Betrieb leider nicht parallel geladen. Geladen wird der Akku also nur bei ausgeschalteter Kamera. Auch herausnehmen darf man die Akkus während der USB-PD-Stromversorgung nicht, sonst geht die Kamera aus. Aber selbst, wenn man nur ein uraltes 5 V 0,5 A USB-Netzteil anschließt, werden die Akkus geladen – nur eben etwas langsamer. Das ist vorbildlich, wo doch andere Kameras unverständlicherweise unter einer Mindeststromstärke ihre Akkus überhaupt nicht via USB aufladen.
Ausstattung
Die OM-D E-M1 Mark III verzichtet, wie schon die E-M1X, auf Szenenprogramme und laut Olympus wird das auch in Zukunft so bleiben. So finden sich lediglich die Programmautomatik, die Halbautomaten und der manuelle Modus als fotografische Betriebsarten auf dem Modusdrehrad. Erfreulicherweise wurde die Bulb-Betriebsart, die drei verschiedene Langzeitbelichtungsfunktionen ermöglicht, für einen schnelleren Zugriff ebenfalls auf dem Rad untergebracht. Der Videomodus besitzt weiterhin einen eigenen Platz. 2/5 des Drehrads stehen den vier Custom-Speicherplätzen zur Verfügung. In einem dieser Speicherplätze kann der Fotograf jeweils eine Kamerakonfiguration speichern.
Nicht verzichtet wird hingegen auf die Art-Filter, mit denen der Fotograf Farb- und andere Effekte ins Bild zaubern kann. Diese sind bei den Bildmodus-Einstellungen zu finden und die wiederum befindet sich auf dem Aufnahmeschnellmenü. Insgesamt stehen 16 Art-Filter, Farbwiedergabe-Optionen und mehr zur Verfügung.
Auf der Vorderseite der Olympus OM-D E-M1 Mark III lassen sich sehr gut die beiden Funktionstasten zwischen Handgriff und Bajonett erkennen. [Foto: MediaNord]
Beim Aufnahme-Sensor handelt es sich um einen 21,8 Megapixel auflösenden CMOS-Sensor, den Olympus nach eigenen Spezifikationen fertigen lässt. Der Sensor besitzt 121 designierte AF-Messpunkte. Diese Messpunkte arbeiten nach dem Phasen-Vergleichsprinzip und besitzen eine Kreuz-Charakteristik. Sie können also Phasenverschiebungen in zwei Lagen ermitteln und sind damit flexibler als bei anderen Herstellern verwendete Liniensensoren. Als zweites AF-System kommt ein Kontrast-AF-zum Einsatz, der dem Fotografen üppige 800 Messpunkte bietet. Glücklicherweise arbeiten die Messpunkte beider Systeme als Hybrid-AF zusammen und man kann sie auf dem Bildfeld verschieben, wobei nicht ganz 100 Prozent der Bildbreite und Höhe erreicht werden. Ein manueller Wechsel zwischen den Systemen ist nicht notwendig und auch nicht möglich.
Die interessante und nagelneue AF-Funktion "Starry Sky AF" (Sternenhimmel Autofokus) feiert in der E-M1 Mark III Premiere. Wird diese aktiviert, dann wird die Aktivierung des AF automatisch vom Auslöser auf die hintere AEL-/AFL-Taste gelegt. Die Kamera kann in den Individual-Optionen dann darauf angepasst werden, ob der Autofokus die Geschwindigkeit oder die Fokus-Präzision priorisieren soll. Dabei ist zu beachten, dass auch die Geschwindigkeits-Priorität langsamer arbeitet als die Fokusgeschwindigkeit im normalen AF-Modus.