Neu ist eine Live-Graufilterfunktion. Ohne einen echten Graufilter lassen sich damit Aufnahmen wie mit einem Graufilter anfertigen. Auch hierbei fertigt die Kamera mehrere kurze Belichtungen an und setzt sie so zusammen, als wären sie mit einem Graufilter aufgenommen worden. Der Effekt beschränkt sich allerdings auf einen maximal 32-fachen Graufilter (fünf Blendenstufen).
Der Videomodus erreicht maximal eine Auflösung von 4.096 x 2.160 Pixel, also Cinema-4K im 17:9-Seitenverhältnis. Die Bildfrequenz beträgt dann 24p. Bei 16:9-4K-Aufnahmen sind maximal 30 Bilder pro Sekunde möglich, in Full-HD sogar bis zu 120 für Zeitlupeneffekte. Hervorzuheben ist auch hier wieder der fantastische Bildstabilisator. Der Videograf kann entscheiden, ob nur der mechanische Stabilisator unter Beibehaltung der vollen Sensor-Bildbreite zum Einsatz kommt oder ob er zu Gunsten einer noch besseren Bildstabilisierung den elektronischen Bildstabilisator zuschaltet. Verwendet man beide zusammen, sieht das Videobild bei Schwenks aus der Hand so aus, als hätte man ein Stativ verwendet und selbst "Kamerafahrten" im Gehen wirken fast aus wie auf Schienen. Der Bildstabilisator ist der Konkurrenz weit überlegen. Dafür hängt Olympus bei der einen oder anderen Videofunktion etwas zurück, bessert aber immer weiter nach.
Positiv hervorzuheben ist, dass statt des integrierten auch ein extern angeschlossenes Stereomikrofon verwendet werden kann, eine Aussteuerung ist inklusive Anzeige möglich. Zudem lassen sich die Voice-Rekorder von Olympus per USB anschließen und synchronisieren. Neu ist die OM-Log400-Funktion, die eine größere Tonwert- und Farbbandbreite für das nachträgliche Color-Grading aufzeichnet. Auch eine HDMI-Aufzeichnung ist in 4:2:2 möglich, allerdings nur mit 8 Bit. Als Speicherformat kommen je nach Modus MOV mit H.264-Kompression oder auch Motion-JPEG zum Einsatz. ALL-I und IPB können genauso wie die Bitrate in verschiedenen Qualitätsstufen gewählt werden. Sehr praktisch ist zudem die Flickerscan-Funktion, die Streifenmuster auf Bildschirmen unterdrückt.
Für normale Endkonsumenten fehlt aber eine Speicherung als MP4-Videodatei und auch eine HDR-Videofunktion mit HLG-Standard, solche Videos ließen sich ohne weitere Bearbeitung auf einem 4K-HDR-Fernseher abspielen. Auch 4K60p beherrscht die E-M1X leider nicht. Somit wird der Vorteil des führenden Bildstabilisators für bestimmte Anwendergruppen leider verschenkt. Beschränkt ist zudem nach wie vor die Aufnahmelänge auf 29 Minuten pro Clip.
Zwar besitzt die Olympus OM-D E-M1X keinen integrierten Blitz, aber sie verfügt sowohl über einen TTL-Systemblitzschuh (ISO-Mittenkontaktblitze funktionieren auch) als auch eine klassische Blitz-Synchronbuchse. Die Blitz-Synchronzeit liegt bei 1/250 Sekunde, aber auch Highspeed-Blitzen, die Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang, eine Langzeitsynchronisation sowie eine Blitzbelichtungskorrektur beherrscht die Olympus. Zudem ist die Kamera in der Lage, bei Verwendung eines Blitzes auf Wunsch auf den automatischen Weißabgleich oder den Blitz-Weißabgleich zu wechseln, selbst wenn ein anderer Preset aktiv ist. Das ist praktisch, wenn unter bestimmten Lichtbedingungen zwischen Blitznutzung und der Fotografie mit dem Umgebungslicht gewechselt wird.
Der mechanische Verschluss erlaubt bis zu 1/8.000 kurze Belichtungszeiten und arbeitet äußerst leise. Zudem ist er sehr robust, denn er wurde für 400.000 Auslösungen ausgelegt. Aber auch über einen elektronischen Verschluss verfügt die OM-D E-M1X, womit lautlos ausgelöst bis zu 1/32.000 Sekunden kurz belichtet werden kann. Allerdings können dabei Rolling-Shutter-Effekte auftreten, auch wenn diese minimiert wurden. Je nach Serienbildmodus kommt der mechanische oder der elektronische Verschluss zum Einsatz. Ohne Autofokusnachführung erlaubt die Olympus 15 Serienbilder pro Sekunde mit mechanischem und sogar 60 Bilder pro Sekunde mit elektronischem Verschluss. Letzterer erlaubt zudem im Pro-Capture-Modus die Aufnahme von 35 Bildern vor dem Drücken des Auslösers. So verpasst man garantiert nicht mehr den richtigen Auslösezeitpunkt.
Mit aktivierten AF-C sinkt die Serienbildrate auf zehn Bilder pro Sekunde mit mechanischem und 18 Bilder pro Sekunde mit elektronischem Verschluss. Bei letzterem ist jeweils das Livebild während der Bildaufnahme dunkel, was aufgrund der Geschwindigkeit eher wie ein Flackern wirkt. Apropos Flackern: Die E-M1X erkennt Flimmern und kann zum Zeitpunkt der größten Helligkeit Bilder aufnehmen. Der Serienbildpuffer ist dabei groß und wird schnell auf die Speicherkarte geleert. Die Olympus-Angaben zur Geschwindigkeit konnte unsere Messung, die wir mit mechanischem Verschluss, also bei 15 Bildern pro Sekunde durchgeführt haben, bestätigen. 125 JPEG-Bilder in höchster Qualität (Superfine) oder 90 Raw-Bilder waren so möglich. Mit vollem Puffer sank die Serienbildrate auf 9,9 JPEG- beziehungsweise 8,5-Raw-Bilder pro Sekunde. Das bedeutet, dass man bei zehn Bildern pro Sekunde mit AF-C die Speicherkarte mit JPEGs praktisch vollfotografieren kann und selbst mit Raw sehr lange Bildserien möglich sind. Auch mit vollem Puffer bleibt die Kamera voll bedienbar.
Auch wenn die OM-D E-M1X vielleicht nicht die kleinste und leichteste Reisekamera ist, hat Olympus ihr alle Sensoren spendiert, die auch in der Tough-Kompaktkamera-Serie zum Einsatz kommen. Das sind ein GPS, ein Kompass, ein Barometer (für die Höhenmessung) und ein Thermometer. Die Daten können nicht nur in den EXIFs der Fotos abgelegt werden, sondern auch Logdateien lassen sich speichern, um die zurückgelegte Strecke aufzeichnen zu können.
Des Weiteren verfügt die Olympus über WLAN und Bluetooth. Das WLAN funkt nun neben 2,4 auch auf 5 GHz, was schnellere Übertragungsgeschwindigkeiten über kurze Distanzen ermöglicht (2,4 GHz hat dafür eine höhere Reichweite). Nützlich ist das vor allem dann, wenn die E-M1X drahtlos statt per USB von einem Rechner aus ferngesteuert wird. Aber auch vom Smartphone aus lässt sie sich fernsteuern, zudem ist nun neben JPEG auch eine Raw-Bildübertragung möglich.
Bildqualität
Bereits rein visuell können wir der Olympus OM-D E-M1X anhand unserer Testbildaufnahmen eine sehr gute Bildqualität attestieren. Von ISO 64 bis 800 ist die Bildqualität sehr gut, bei ISO 1.600 ist sie gut, während sich bei ISO 3.200 Einbußen der Detailtreue auf einem gerade noch akzeptablen Niveau zeigen. Die JPEGs wirken neutral, gut durchgezeichnet, der Weißabgleich exakt und dank des guten 12-40mm-Objektivs ist auch die Auflösung in den Bildecken äußerst hoch. Um den visuellen Eindruck objektiv untermauern zu können, haben wir die E-M1X zusammen mit dem bewährten 12-40 mm F2.8 Pro im testlabor durchgemessen. Die ausführlichen Ergebnisse mit allen Diagrammen sind über die weiterführenden Links gegen ein kleines Entgelt abrufbar, mit dem nebenbei auch frei lesbare Tests wie dieser hier finanziell unterstützt werden.
Das Objektiv zeigt die gewohnt gute Leistung und ist für ein Standardzoom wirklich sehr gut. Die randabdunklung bleibt stets unter einer Blendenstufe und steigt zum Bildrand hin unsichtbar sanft an. Auch die Verzeichnung ist minimal, die 0,5 Prozent Tonnenform im Weitwinkel sind eher akademischer als praxisrelevanter Natur. Chromatische Aberrationen bewegen sich ebenfalls zumeist unterhalb von 0,5 Pixeln. Selbst das Maximum von knapp einem Pixel im Weitwinkel am Bildrand fällt kaum auf. Die Auflösung ist bereits ab Offenblende hoch, nur in Telestellung nimmt sie beim Abblenden noch etwas zu. Im Weitwinkel werden im Bildzentrum bei F2,8 und F4 56 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent bei 50 Prozent Kontrast erreicht. Bei mittlerer Brennweite werden bei F4 und F5,6 53 lp/mm als Maximum im Bildzentrum erreicht, in Telestellung 49 lp/mm bei F5,6. Auch am Bildrand löst das Objektiv gut auf, bei jeder Brennweite sind über 40 lp/mm problemlos zu erreichen, wofür man in Telestellung jedoch etwas weiter abblenden muss (bei F4 bis F8 sind es "nur" 38 lp/mm am Bildrand und erst bei F11 40 lp/mm). Im Weitwinkel liegt die maximale Randauflösung bei knapp 42 lp/mm bei F4, bei mittlerer Brennweite sind es 45 lp/mm, ebenfalls bei F4.
Der Signal-Rauschabstand bewegt sich bis ISO 200 auf gutem Niveau von über 40 und bis ISO 1.600 auf akzeptablem Niveau von über 35 dB. Helligkeitsrauschen wird ab ISO 6.400 leicht sichtbar, Farbrauschen spielt praktisch keine Rolle. Dabei bleibt das Rauschbild stets feinkörnig. Die Olympus schärft zwar stark mit sichtbaren Artefakten nach, aber die Rauschunterdrückung sorgt bereits vorher für einen gewissen Detailverlust, je höher man die Empfindlichkeit einstellt. Bis ISO 800 ist die Wiedergabe feiner Texturen gut, bei ISO 1.600 sieht man bereits erste Verluste, bei ISO 3.200 sind manche Details nur noch schwer auszumachen und bei ISO 6.400 sind deutliche Verluste unverkennbar. Hier kommt der 20 Megapixel auflösende Micro-Four-Thirds-Sensor deutlich an seine Grenzen. schließlich bietet er mit 17,3 mal 13 Millimeter nur ungefähr ein Viertel der Fläche eines Kleinbildsensors.
Nicht zu verstecken braucht sich der Dynamikumfang der E-M1X, wobei die Kamera derart stark in die Bildaufbereitung der Kontraste eingreift, dass teilweise unsere Diagrammskala von 13 Blendenstufen gesprengt wird. Von ISO 100 bis 800 sind es über zwölf Blendenstufen Dynamikumfang und bis ISO 3.200 über elf. Damit bietet die Olympus im gesamten qualitativ nutzbaren Empfindlichkeitsbereich einen sehr hohen Dynamikumfang. Auch die Ausgangsdynamik ist gut. Bis ISO 200 werden fast alle der 256 möglichen helligkeitsabstufungen in JPEG genutzt. Bis ISO 800 sind es deutlich über 192 Stufen und bei ISO 1.600 immer noch gute knapp über 160 Stufen. Dabei verläuft die Tonwertkurve jedoch stark angesteilt, was für knackige Kontrastreiche Bilder sorgt.
Im Gegensatz dazu gibt die Olympus Farben sehr neutral und exakt wieder. Die Abweichung ist im Mittel gering, eine starke Übersättigung warmer Farbtöne gibt es nicht. Im Gegenteil sind die Abweichungen im Grünbereich mit einer Entsättigung am stärksten. Bis ISO 200 gibt die Olympus über acht Millionen Farben wieder und selbst bei ISO 3.200 sind es noch gut vier Millionen, was jeweils ein hervorragender Wert ist.
Wie schon die E-M1 Mark II bietet auch die E-M1X eine High-Res-Shot-Funktion. Vom Stativ aus nimmt die Kamera in kurzer Folge acht Bilder auf und setzt sie zu einem 50 Megapixel auflösenden JPEG und/oder einen 80 Megapixel auflösenden Raw-Bild zusammen. Das JPEG zeigt bereits visuell mehr Details als das 20-Megapixel-Foto. Gar nicht unbedingt so sehr bei kontrastreichen Schriften, aber vor allem bei Details wie etwa Haaren sind deutlich feinere Strukturen erkennbar. Negativ hingegen sind die recht markanten Schärfeartefakte, die sich in diesem Modus verstärkt zeigen. Im Testlabor (in JPEG und damit 50 Megapixel High-Res-Shot) steigt die Auflösung von 56 lp/mm im Zentrum und 42 lp/mm am Bildrand auf immerhin 76 und 60 lp/mm, was im Bildzentrum einer 36 Prozent und am Bildrand sogar einer 43 Prozent höheren Auflösung entspricht. Dies ist etwa vergleichbar mit einer 36 Megapixel auflösenden Vollformatkamera.
Neu in der E-M1X ist der Hand-Held-High-Res-Shot. Aus der freien Hand lassen sich 50 Megapixel auflösende JPEGs und/oder Raws aufnehmen. 80 Megapixel sind indes nicht drin. Dabei macht sich die Kamera die natürlichen Verwackelungen des Fotografen zu Nutze, um bis zu 16 Bilder aufzunehmen und in der Kamera zusammenzusetzen. Trotz der geballten Rechenpower von 16 Kernen auf zwei Bildverarbeitungsprozessoren dauert das durchaus eine Weile (länger, als im Stativmodus). Das Ergebnis steht in JPEG dem Stativmodus jedoch in Nichts nach! Wer also detailreiche Bilder statischer Motive, beispielsweise in der Architektur oder Kultur, aufnehmen möchte und kein Stativ dabeihat, kann diese mit der OM-D E-M1X aufnehmen, auch wenn sie ansonsten nicht die naheliegendste Kamera für diese Motivwelten ist. Während der Vorstellung der Kamera in Hamburg konnte man übrigens auch sehr eindrucksvolle Natur-Aufnahmen sehen, die als Hand-Held-High-Res-Shot aufgenommen wurden. Auch Natur kann mehr oder weniger statisch sein.
Fazit
Was für eine spiegellose Systemkamera! So eine Olympus OM-D E-M1X möchte vielleicht nicht jeder in der Tasche haben, denn klein und leicht ist sie absolut gesehen beileibe nicht mehr (relativ gesehen dagegen durchaus), aber wenn Olympus zeigen wollte, was mit dem Micro-Four-Thirds-Format möglich ist, kann man den japanischen Hersteller definitiv beglückwünschen. Die E-M1X setzt teilweise neue Maßstäbe, etwa beim Bildstabilisator oder, wenn man Olympus Glauben schenken mag, bei der Robustheit. Die Systemkamera bietet nahezu alles, was das Herz begehrt. Es bleibt nicht mehr viel, was Olympus noch verbessern könnte, vielleicht am ehesten im Videobereich, beispielsweise eine MP4-Videoaufzeichnung oder die Unterstützung von HDR-Videos im HLG-Format, was vor allem für Endanwender mit HDR-Fernsehgerät sehr praktisch wäre. Auch 4K60p darf Olympus sich gerne ins Lastenheft schreiben. Auch wenn die E-M1X Videoanwender nicht im Fokus hat, ist gerade hier der Bildstabilisator äußerst wertvoll und so gut wie Olympus bekommt das aktuell kein anderer Hersteller hin.
Bei der Bildqualität bietet die E-M1X durchaus Überraschungen. Die Auflösung ist hoch und lässt sich mit der High-Res-Shot-Funktion nachweislich nochmal deutlich steigern. Auch das Objektiv liefert gute bis sehr gute Bildqualitätsergebnisse, was bei Micro Four Thirds übrigens keine Seltenheit, sondern eher der Regelfall ist. Bei hohen ISO-Empfindlichkeiten stößt der Bildsensor zwar schnell an seine Grenzen, liefert aber bis dahin eine sehr hohe Qualität mit überraschend hohem Dynamikumfang und präzisen Farben ab.
Man kann nur hoffen, dass Olympus die Innovationen der E-M1X auch in die kleineren Modellserien wie die "normale" E-M1- oder sogar die E-M5-Serie einfließen lässt, um sie auch größeren Massen von ambitionierten Hobbyfotografen und Profifotografen, die kleine, leichte und unauffällige Kameras bevorzugen, zugänglich zu machen. Grundsätzlich möglich erscheint das wohl, zumal beispielsweise die Bildstabilisatoreinheit laut Olympus nicht gewachsen ist. Das Jubiläumsjahr hat ja gerade erst begonnen, so dass man zuversichtlich sein kann.