Einsteiger-Systemkamera mit optimierter Bedienung

Testbericht: Olympus OM-D E-M10 Mark III

2017-08-31 Soeben erst vorgestellt und schon als Seriengerät bei uns im Test: Olympus stellte uns rechtzeitig eine nigelnagelneue OM-D E-M10 Mark III zum ausführlichen Testen zur Verfügung. Der japanische Hersteller verspricht nicht nur eine vereinfachte Bedienung für Einsteiger, sondern auch eine höhere Leistungsfähigkeit des Bildstabilisators, Prozessors, Autofokus, der Videofunktion (jetzt in 4K-Auflösung) und vielem mehr. Unser Test klärt, ob sich die Neuheiten in der Praxis bewähren und wie es um die Bildqualität der Einsteiger-OM-D bestellt ist.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Olympus hält auch bei der neuen Einsteiger-OM-D am von den 80er Jahren inspirierten Retro-Design fest, was bei der silbernen Variante der E-M10 Mark III, die uns zum Test zur Verfügung stand, mehr ins Auge sticht als bei der ebenfalls erhältlichen, etwas dezenteren schwarzen Variante. Das Gehäuse besteht, im Gegensatz zur ersten E-M10, fast komplett aus Kunststoff. Nur auf der Oberseite ist noch eine kleine gebürstete Metallplatte eingearbeitet. Nichtsdestotrotz macht die spiegellose Systemkamera einen gut verarbeiteten Eindruck. Sie gibt bei festem Zupacken nicht nach und auch keine Geräusche von sich. Von den Spaltmaßen her ist die Verarbeitung einwandfrei. Einen Staub- und Spritzwasserschutz gibt es bei Olympus jedoch in dieser Klasse weiterhin nicht. Immerhin knapp über 400 Gramm drückt die gut zwölf mal acht mal fünf Zentimeter kompakte Kamera auf die Waage. Zusammen mit dem 14-42mm-Setobjektiv, das sich im ausgeschalteten Zustand mit zwei Zentimetern äußerst flach zusammenfaltet, wird das halbe Kilogramm knapp geknackt.

Die E-M10 III wurde mit viel Liebe zum Detail designt. Die drei Räder auf der Oberseite etwa bestehen aus fein gearbeitetem Metall. Die großflächigen Überzüge mit genarbtem Gummi, die an Leder erinnern, unterstreichen nicht nur den Retro-Look, sondern verbessern auch den Halt der Kamera in der Hand. Selbst das Handgriffdesign hat Olympus leicht verbessert. Der Griff fällt zwar nach wie vor sehr flach aus, ist aber vor allem im unteren Bereich etwas besser konturiert. Wer gerne seine Pranke von einem großen Griff gefüllt wissen will, ist hier aber definitiv an der falschen Adresse. Die E-M10 III ist keine Kamera für große, schwere Objektive, sondern für kleine, unauffällige Linsen und passt damit perfekt zu den kompakten Festbrennweiten, die Olympus anbietet.

Große Änderungen gibt es beim Bedieninterface: Viele Tasten sind nun mit entsprechenden Funktionen beschriftet, die werksseitig zugewiesen sind. Das erlaubt zusammen mit den zwei angenehm rastenden Einstellrädern für Daumen/Zeigefinger eine sehr direkte Bedienung. Beschriftungen wie "Fn1" sind dagegen in den Hintergrund gerückt. So weiß man jetzt ohne Konfigurieren oder Studium des Handbuchs, was eine Taste bewirkt. Dies trifft auch auf das Vierwegekreuz zu, dem nun die Funktionen ISO, Blitz, Auslösemodus und Fokusmodus zugewiesen und aufgedruckt sind. Die Fn1-Taste ist mit der AEL/AFL-Funktion vorbelegt, die Fn2-Taste mit einer 2-fach-Lupenfunktion und die Fn3-Taste mit einem Schnellmenüaufruf. Dieser "Short-Cut"-Taste kommt eine besondere Bedeutung zu: Je nach Kameramodus wird das naheliegendste Menü aufgerufen. In den Kreativprogrammen etwa das Super-Control-Panel, das wichtige Aufnahmeeinstellungen auf dem Bildschirm einblendet und direkt änderbar macht. Im Motivprogrammmodus hingegen erscheint die Auswahl an Motivprogrammen. Auch diese ist völlig neugestaltet. Der Bildschirm zeigt übersichtlich die sechs Kategorien Personen, Nachtlandschaften, Bewegung, Landschaft, Indoor-Aufnahmen und Nahaufnahmen. Erst nach der Wahl der Kategorie werden die eigentlichen Motivprogramme angezeigt, die die Kamera genauer auf die Motivsituation einstellen. Der iAuto-Modus mit Motiverkennung und damit automatischer Einstellung des Motivprogramms heißt nun übrigens nur noch schlicht "Auto".

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Neu auf dem Programmwählrad ist zudem die Advanced-Photo-Funktion, kurz "AP": Hier sind verschiedene Sonderfunktionen der Kamera zusammengefasst, wie Live Composite zum Festhalten von Leuchtspuren, Live Time und Live Bulb für Langzeitbelichtungen, bei denen man live den Belichtungsfortschritt beobachten kann, Mehrfachbelichtungen, HDR, lautlose Aufnahmen (mit elektronischem Verschluss), Panoramaaufnahmen (leider weiterhin ohne Stitching-Funktion, man benötigt also nach wie vor einen Computer dafür), die Keystone-Funktion zum Korrigieren stürzender Linien sowie Belichtungs- und Fokusreihen.

Leider sind all diese Funktionen mit Ausnahme von Live Composite, Live Time und Live Bulb nicht mehr mit den Kreativprogrammen kombinierbar und auch die Konfigurierbarkeit ist teilweise deutlich schlechter. So können Belichtungsreihen nur noch mit drei Bildern und einem EV Belichtungsabstand oder fünf Bildern und 0,7 EV Belichtungsabstand aufgenommen werden, auch die Fokusreihenaufnahme bietet nur noch zwei Schrittweiten. Die Blende kann man zum Glück in beiden Modi mit einer Art Programmshift-Funktion, die die Blende vorgibt, beeinflussen. Der Selbstauslöser hingegen ist beispielsweise nicht aktivierbar. Damit wird die E-M10 III tatsächlich zur reinen Einsteigerkamera, ambitionierte Fotografen kommen nicht mehr auf ihre Kosten, auch als Zweitgehäuse zur E-M1 II oder E-M5 II taugt die E-M10 III damit deutlich weniger. Einsteiger dagegen werden besser an diese, wenn auch stark beschränkten, Spezialfunktionen herangeführt.

Ebenfalls deutliche Änderungen gibt es im Menü. Bisher hatte Olympus nicht gerade den besten Ruf, was die Übersichtlichkeit der Menüs anging. Dafür gab es jedoch besonders vielfältige Einstellmöglichkeiten. Diese waren dadurch indirekt mit verantwortlich für die Unübersichtlichkeit, die selbst manchen eingefleischten Fotografen vor Herausforderungen stellte. Statt nun die Menüstruktur übersichtlicher zu gestalten, wurden lediglich die Einstellfunktionen deutlich zusammengestrichen. So füllt manches Menü nicht einmal mehr eine Bildschirmseite. Die etwas bessere Übersichtlichkeit wurde also teuer erkauft.

Die Schnittstellenausstattung der OM-D E-M10 Mark III ist – wie schon immer – sehr mager. Es gibt lediglich eine Micro-USB-Schnittstelle sowie einen Micro-HDMI-Ausgang. Der herausnehmbare Lithium-Ionen-Akku, der für 330 Aufnahmen nach CIPA-Standard reicht, kann jedoch nicht über die USB-Schnittstelle geladen werden, eine Ladeschale befindet sich entsprechend im Lieferumfang. Ein kleines Highlight ist das SD-Kartenfach. Es unterstützt SDHC und SDXC mit UHS I und UHS II, schreibt die Daten dabei mit knapp 95 MB/s sehr schnell. Mehr dazu im Abschnitt Ausstattung. Das Stativgewinde auf der Unterseite sitzt zwar relativ weit vorne, aber dafür in der optischen Achse. So bietet die Kamera mit Objektiv eine gute Balance auf einem Stativ, zudem blockieren zumindest kleinere Wechselplatten das Akku- und Speicherkartenfach nicht. Die rechteckige Manfrotto-Schnellwechselplatte hingegen muss man beispielsweise um 90 Grad gedreht anbringen, damit das Fach noch aufgeht.

Der rückwärtige Bildschirm besitzt ein Seitenverhältnis von 3:2, sodass die Diagonale von 7,6 Zentimetern nicht ganz ausgenutzt wird, schließlich ist der Bildsensor und damit das Livebild im 4:3-Seitenverhältnis. Die Auflösung ist mit 1,04 Millionen Bildpunkten ausreichend fein. Dank der Kippmöglichkeit um gut 45 Grad nach unten und über 90 Grad nach oben werden Aufnahmen vor dem Bauch, in Bodennähe oder über Köpfe hinweg vereinfacht, Selfie-tauglich ist der Bildschirm damit jedoch nicht. Es handelt sich um einen Touchscreen, was nicht nur das Fokussieren auf ein angetipptes Motivdetail erlaubt, sondern auf Wunsch auch das Auslösen. Einige Einstellungen wie die Motivprogramme oder die Advanced-Photo-Funktionen lassen sich ebenfalls per Fingertipper tätigen. Das Menü hingegen ist nicht per Fingertipper bedienbar, auch das Super-Control-Panel erlaubt zwar eine Auswahl der Funktion per Fingertipper, dann geht es jedoch mit Tasten- und Radbedienung weiter. Besonders konsequent ist das nicht. Wer Touchscreens nicht mag, kann diese Funktion aber deaktivieren und die Kamera komplett mit den Tasten und Rädern bedienen.

Mit 815 cd/m² leuchtet der Bildschirm bei maximaler Einstellung sehr hell und taugt damit auch für die Arbeit bei direkter Sonneneinstrahlung, aber die E-M10 III bietet auch einen hervorragenden elektronischen Sucher, der sich dank des Näherungssensors automatisch aktiviert, sobald man die Kamera ans Auge nimmt. Ein Klappen des Bildschirms deaktiviert diese Automatik übrigens, wodurch der Bildschirm nicht während der Touchbedienung bei nach oben geklapptem Bildschirm unbeabsichtigt abschaltet, weil man dem Sensor mit dem Finger zu nahe gekommen ist. Der OLED-Sucher löst mit 2,36 Millionen Bildpunkten sehr fein auf und vergrößert 0,62-fach im Kleinbildäquivalent. Die Austrittspupille von 19,2 Millimetern ist jedoch für Brillenträger etwas knapp bemessen. Immerhin reicht die Fehlsichtigkeitskorrektur von -4 bis +2 Dioptrien. Wer keine Brille trägt, der sollte zur als Zubehör erhältlichen größeren Augenmuschel greifen, denn die schattet seitlich einfallendes Licht noch besser ab. Der Sucher hellt dunkle Szenen sehr gut auf, sodass man mehr erkennt als mit bloßem Auge. Bei hellem Licht ist der Sucher schnell und schlierenfrei. Außerdem zeigt er wie der Bildschirm eine Belichtungs- und Weißabgleichsvorschau, erlaubt das Einblenden von Gitterlinien, einer 3D-Wasserwaage sowie einem Live-Histogramm. Auch zur Bildwiedergabe kann der Sucher verwendet werden und als Vergrößerungslupe zum manuellen Fokussieren sowieso.

Ausstattung

Die ersten beiden Generationen der E-M10 waren bekannt für ihren großen Ausstattungsumfang und damit ein echter Tipp für ambitionierte Fotografen mit schmalem Geldbeutel. Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt gibt es nun jedoch einige Einschränkungen, auch was die Kombinationsmöglichkeiten der Einstellungen angeht. Typische Funktionen jedoch hat die E-M10 III zum Glück nicht eingebüßt. So bietet sie die von Olympus bekannten Art-Filter, die sich auch in den Kreativprogrammen P, A, S und M aktivieren lassen. Insgesamt gibt es 15 Filter, die teilweise untergruppiert sind, was in der Summe 30 Filter ergibt. Neu hinzugekommen sind zwei Bleach Bypass Filter, die wahlweise einen metallischen oder durch die besondere Farbdarstellung einen nostalgischen Effekt erzeugen, der beispielsweise als beliebtes Stilmittel aus Kinofilmen bekannt ist. Die Art-Filter sind dabei nicht auf den Foto-Modus beschränkt, sondern können auch im Videomodus verwendet werden.

Besonders typische Funktionen für Olympus sind die Live-Funktionen Live Time, Live Bulb und Live Composite. Mit keiner anderen Kamera ist es so einfach, eine Bulb-Langzeitbelichtung zu erstellen, da man stets auf dem Bildschirm beobachten kann, wie weit die Belichtung fortgeschritten ist. Live Composite hingegen zaubert Leuchtspuren bewegter Motivdetails (etwa Sternenspuren oder Autolichterspuren) in eine Langzeitbelichtung, ohne dabei die nicht bewegten Motivdetails überzubelichten. Normalerweise bräuchte man dafür eine lange Aufnahmereihe und ein Bildbearbeitungsprogramm. Details zu den Funktionen haben wir in einem Fototipp in den weiterführenden Links erläutert.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.