Spiegelloses Systemkamera-Flaggschiff

Testbericht: OM System OM-1

2022-02-15, aktualisiert 2022-02-19 Mit der OM System OM-1 präsentierte OM Digital Solutions seine erste spiegellose Systemkamera nach der Loslösung vom Olympus-Konzern. Der traditionsreiche Firmenname prangt ein letztes Mal am nun noch robusteren Gehäuse mit Schutzklasse IP53. Mit neuem Bildsensor, der 120 Bilder pro Sekunde bei voller Auflösung liefert, sowie dem dreimal so schnellen Bildprozessor TruePic X steckt einiges an Leistung unter der Haube der recht kompakten Systemkamera, was ihr vor ihrer offiziellen Vorstellung den Beinamen "Wow"-Kamera einhandelte. Wie leistungsfähig die OM System OM-1 tatsächlich ist, welche alten Zöpfe abgeschnitten wurden und wie gut die Bildqualität ist, klären wir im ausführlichen Test.  (Benjamin Kirchheim)

Diesen Kameratest gibt es nur als Premium-Test mit erweitertem Informationsumfang. Er enthält gegenüber unserer Standard-Online-Version zusätzlich eine Tabelle mit detaillierten Einzelbewertungen sowie Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar dargestellt werden. Zudem stellen wir drei andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären, welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der OM System OM-1 haben. Der sehr ausführliche Test kann direkt online gelesen oder als 40-seitiges PDF-E-Book heruntergeladen werden. Der Test ist in digitalkamera.de-Premium enthalten und einzeln für 1,99 € erhältlich (bzw. 1,79 € bei Bezahlung mit digitalkamera.de-Guthaben).

Ergonomie und Verarbeitung

Die neue OM System OM-1 ist unverkennbar das Nachfolgemodell der Olympus OM-D E-M1 Mark III. Der erste "alte" Zopf wurde bereits beim sperrigen Produktnamen abgeschnitten, aber nicht ohne einen noch älteren Zopf wieder aufzugreifen, denn OM-1 hieß vor 50 Jahren bereits die erste Spiegelreflexkamera von Olympus im OM-System. Auch OM Digital Solutions kann es sich also nicht verkneifen, auf alten Kameras herumzureiten, die die junge Generation vermutlich höchstens noch von den Großeltern kennt.

Zum Glück stand aber nicht das Design der alten analogen Kameras bei der neuen OM System OM-1 Pate, sondern die Funktion dominiert bei diesem spiegellosen Spitzenmodell. Die Formensprache der OM-D-E-M1-Serie wurde zwar übernommen, aber leicht überarbeitet. Mit einem Gewicht von gut 600 Gramm ohne Objektiv (980 Gramm mit 12-40 F2.8) und Abmessungen von 13,9 mal 9,2 mal 7,3 Zentimetern ist das Gehäuse minimal gewachsen, am meisten in der Tiefe. Das kommt dem gut ausgeformten Handgriff zugute, der aber nicht nur etwas mehr Grifftiefe bietet, sondern auch in der Höhe minimal gewachsen ist. Überhaupt ist die Handgriffseite leicht in der Höhe gewachsen, was auch für den Daumen auf der Rückseite mehr Platz schafft.

In einer mittelgroßen Hand (M-L) liegt die OM System OM-1 wunderbar satt und sicher, wofür nicht zuletzt die genarbte Gummierung sorgt. Der Mittelfinger hakt perfekt unter einem deutlich ausgeformten Vorsprung ein, so dass man mit der Griffhand nicht verkrampft. Sogar der kleine Finger findet knapp noch Platz am Kameragriff.

Vergleicht man die OM-1 mit der E-M1, fallen neben dem vergrößerten Griff drei weitere Dinge ins Auge: Die Einstellräder sind nun in der Kamera integriert und sitzen nicht mehr exponiert obendrauf. Die AF-On-Taste und die AE-L-Taste sind nun getrennt und der Sucher wirkt deutlich wuchtiger. Das alles dürfte vom Grundsatz her Anwendern der E-M1X bekannt vorkommen. Die integrierten Drehräder lassen sich dennoch wunderbar erreichen und der Auslöser sitzt perfekt dort, wo man ihn auch erwartet. Bis zum ersten Druckpunkt ist er sehr leichtgängig, zum zweiten spürbar schwergängiger. Dadurch löst man einerseits nicht versehentlich aus und kann den Auslöser wunderbar beispielsweise zum Fokussieren antippen, aber dennoch lässt sich in einem Zug weich und ohne Verreißen der Kamera auslösen.

Tadeln kann man OM Digital Solutions hingegen dafür, dass man die Kamera immer noch nicht einhändig anschalten und auslösen kann. Der Einschalthebel sitzt nämlich links vom Sucher. Immerhin kann man sich als Notlösung die Einschaltfunktion auf eine der konfigurierbaren Tasten legen. Dennoch würden wir einen um den Auslöser herum angeordneten Einschalthebel bevorzugen, wie er bei Kameras von Pentax und Nikon üblich ist. Der Platz dafür wäre jetzt jedenfalls frei.

Das Thema Robustheit nimmt OM Digital Solutions bei der OM-1 noch ernster als Olympus bei seinen bisherigen Kameras. Zwar waren die Olympus-Kameras nach internen Tests oft etwas robuster als offiziell nach außen kommuniziert, japanische Firmen gehen lieber auf Nummer Sicher, aber bei der OM-1 wird erstmals eine Schutzklasse IP53 offiziell bestätigt. Der Frostschutz bis -10 °C ist ebenfalls mit an Bord, der nicht nur für beispielsweise den Akku wichtig ist, sondern auch für die digitalen Anzeigen, die bei derart niedrigen Temperaturen normalerweise träge werden.

IP53 bedeutet einen Staubschutz nach IP5X, der das Eindringen von für die Funktion schädlichem Staub verhindert. Selbstverständlich ist auch die Ultraschall-Sensor-Reinigungs-Funktion mit an Bord, die den Sensor bei jedem Einschalten mit 35.000 Schwingungen pro Sekunde bewegt und so Staub abschüttelt, falls der sich trotz staubabweisender Beschichtung auf den Sensor gesetzt hat. Der IPX3-Schutz soll Sprühwasser aus bis zu 60 Grad gegenüber der Senkrechten abhalten. Laut unseren Informationen soll die Kamera sogar eine Minute Untertauchen überstehen (ohne Gewähr). Also auch hier haben die japanischen Ingenieure offenbar etwas Sicherheitsreserve eingeplant.

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Um einen solchen Schutz zu gewährleisten, müssen aber auch die verwendeten Objektive entsprechend abgedichtet sein. Das ist sogar bei sieben "Altmodellen" der Fall sowie bei den beiden neuen Modellen OM System 12-40 mm F2.8 ED Pro II und 40-150 mm F4 ED Pro. Bei den Altmodellen sind es das Olympus 8 mm F1.8 ED Pro Fisheye, 7-14 mm F2.8 ED Pro, 8-25 mm F4 ED Pro, 12-100 mm F4 ED Pro, 40-150 mm F2.8 ED Pro, 300 mm F4 ED Pro und 150-400 mm F4.5 ED TC1.25 IS Pro sowie die beiden Telekonverter.

Wie bereits erwähnt, besitzt die OM System OM-1 einen deutlich wuchtigeren Sucherbuckel. Das liegt daran, dass die stark vergrößernde Sucheroptik aus der Olympus OM-D E-M1X übernommen wurde, die eine 1,65-fache Vergrößerung bietet. Im Kleinbildäquivalent entspricht das dann einer 0,83-fachen Vergrößerung. In der Praxis hängt die Vergrößerung vom verwendeten Sucherstil ab, denn man kann wählen, ob die Aufnahmeinformationen im Livebild eingeblendet werden oder – mit dann etwas kleinerem Livebild – darunter.

Leider gibt es keine andere Möglichkeit, die Anzeigegröße zu beeinflussen. So schön ein derart großes Sucherbild ist, so nachteilig ist es für Brillenträger, deren Auge naturgemäß deutlich weiter vom Sucherokular entfernt ist. Trotz der großen Austrittspupille von 21 Millimetern kann man je nach Entfernung der Brille vom Auge das Sucherbild selbst bei Informationsanzeigen unter dem Livebild nicht in Gänze überblicken. Abhilfe mag für manche die Dioptrienkorrektur von -4 bis +2 Dioptrien schaffen. Übrigens kommt eine neue Suchermuschel zum Einsatz, die nun eine Arretierung besitzt und dadurch bombenfest sitzt.

Während man bei der E-M1X noch auf ein recht pixeliges Bild mit nur 2,36 Millionen Bildpunkten blickte – die starke Suchervergrößerung war dabei nicht gerade förderlich – kommt in der OM-1 endlich ein OLED mit einer hohen Auflösung von 5,76 Millionen Bildpunkten zum Einsatz. Damit ist das Livebild sehr fein aufgelöst. Das gilt aber nicht für alle Sucheranzeigen, an deren Kanten sich teilweise leichte Treppchen zeigen.

Mit optional 120 Bildern pro Sekunde ist das Sucherbild zudem äußerst flüssig. OM Digital Solutions verspricht außerdem eine Verzögerung von nur 0,005 Sekunden, also weniger als 1/10 der Auslöseverzögerung. Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag dauert etwa 0,15 Sekunden, also 30 mal so lange. Innerhalb dieses Wimpernschlags kann die OM-1 18 Bilder im Sucher darstellen – oder aufnehmen und auf die Speicherkarte bannen.

Auch der rückwärtige Bildschirm löst nun höher auf, wenn auch nur gut 60 Prozent mehr als bisher. 1,62 Millionen Bildpunkte verteilen sich auf den in der Diagonale 7,5 Zentimeter großen Bildschirm, der mit 3:2 ein etwas ungewöhnliches Seitenverhältnis für den 4:3-Bildsensor besitzt. Der horizontale Platz wird aber für Einblendungen genutzt, die dadurch weniger das Livebild abdecken. Zudem wird dadurch das 16:9- oder 17:9-Videobild nicht allzu klein dargestellt, wie es bei einem 4:3-Bildschirm der Fall wäre. Dank einer maximalen Leuchtdichte von 670 cd/m² lässt sich der Bildschirm auch im Sonnenlicht noch einigermaßen ablesen, auch wenn es deutlich hellere Displays gibt.

Der Bildschirm lässt sich seitlich um 180 Grad schwenken und um 270 Grad drehen, womit er sich sowohl im Querformat als auch bei Hochformat-Aufnahmen aus allen Perspektiven betrachten lässt. Selbst Selfies sind damit kein Problem. Zudem kann der Bildschirm zum Schutz verkehrt herum an die Kamera geklappt werden. Sogar an eine schicke Belederung mit genarbtem Gummi hat OM Digital Solutions auf der Monitorrückseite gedacht.

Im Livebild auf dem Bildschirm oder im Sucher lassen sich zahlreiche Informationen einblenden. Dazu gehören nicht nur Aufnahmeparameter, sondern auch diverse Gitterlinien, eine digitale 3D-Wasserwaage, ein Live-Histogramm und neu eine Indikatoranzeige für den Sensor-Shift-Bildstabilisator. Zudem kann auf Wunsch das Livebild mit oder ohne Belichtungssimulation angezeigt werden.

Beim Bildschirm handelt es sich um einen Touchscreen. Per Fingertipper kann auf ein Motivdetail fokussiert und auf Wunsch auch ausgelöst werden. Ansonsten ist die Touchintegration eher suboptimal. Das Menü bietet überhaupt keine Touchfunktionalität und im Super Control Panel gibt es nur wenige Touchfunktionen. So lässt sich beispielsweise die Gesichtserkennung per Touch wählen, aber nur mit Tasten verstellen. Die Belichtungszeit kann hingegen über das Super Control Panel, das selbst per Tastendruck aufgerufen werden muss, per Touch verstellt werden.

Diesen Kameratest gibt es nur als Premium-Test mit erweitertem Informationsumfang. Er enthält gegenüber unserer Standard-Online-Version zusätzlich eine Tabelle mit detaillierten Einzelbewertungen sowie Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar dargestellt werden. Zudem stellen wir drei andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären, welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der OM System OM-1 haben. Der sehr ausführliche Test kann direkt online gelesen oder als 40-seitiges PDF-E-Book heruntergeladen werden. Der Test ist in digitalkamera.de-Premium enthalten und einzeln für 1,99 € erhältlich (bzw. 1,79 € bei Bezahlung mit digitalkamera.de-Guthaben).

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.