Spiegellose APS-C-Systemkamera der Luxusklasse

Testbericht: Leica CL

Seite 2 von 2, vom 2018-04-13 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Der Videomodus muss erst über das Programmwählrad aktiviert werden, wartet dann aber mit 4K-Auflösung bei 30 Bildern pro Sekunde oder Full-HD-Auflösung mit maximal 60 Bildern pro Sekunde auf. Ein Stereomikrofon ist verbaut und sogar der Pegel wird angezeigt und lässt sich in einigen Stufen anpassen. Außerdem kann der Film-Look angepasst werden, um beispielsweise besonders lebendige Farben oder Schwarzweißfilme aufnehmen zu können. Insgesamt sind die Videofunktionen jedoch begrenzt, es gibt keine manuelle Belichtung und beispielsweise auch keinen Mikrofonanschluss. Für einfache Schnappschuss-Bewegtbilder ist die CL aber allemal ausreichend. Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig auf Foto.

Wie auch die TL lässt sich die CL übrigens per WLAN mit einem Smartphone oder Tablet verbinden, um sie per App inklusive Livebildübertragung fernsteuern zu können oder um Bilder zu übertragen. Der Wiedergabemodus hingegen ist wiederum recht rudimentär. So gibt es keine Bildbearbeitungsfunktionen, aber immerhin kommt dabei der Touchscreen mit ein paar mehr Funktionen zum Einsatz. Per Zweifingergeste kann gezoomt oder der Bildindex aufgerufen werden, auch das Blättern mittels Wischen über den Bildschirm gelingt intuitiv wie bei einem Smartphone. Hier blitzt die moderne Touchbedienung der TL-Schwestermodelle durch. Die Diashowfunktion ist übrigens nett, sie arbeitet zwar tonlos, aber mit weichem Übergangseffekt. Ohne HDMI-Anschluss ist sie jedoch auf den kleinen 7,5-Zentimeter-Bildschirm beschränkt und damit irgendwie witzlos.

Bildqualität

Um die Bildqualität der Leica CL zu ermitteln, haben wir nicht nur in der Praxis mit ihr fotografiert, sondern sie vor allem auch in unserem Labor getestet. Dabei kam das Leica Vario-Elmar-TL 1:3,5-5,6/18-56 mm Asph. als Standardzoom zum Einsatz. Es deckt einen kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 27 bis 84 Millimetern ab, lässt allerdings einen optischen Bildstabilisator vermissen. Mit seinen Abmessungen von rund sechs mal sechs Zentimetern und der edlen Verarbeitung (das Gewicht liegt bei immerhin rund 250 Gramm) passt es wunderbar zur CL. Aber auch andere Objektive haben wir an der CL getestet (siehe weiterführende Links). Der komplette Labortest mit allen Diagrammen, auf denen die folgenden Betrachtungen beruhen, ist gegen ein kleines Entgelt über die weiterführenden Links einsehbar. Mit einem Kauf wird übrigens auch unsere Arbeit an kostenlosen Tests wie diesem unterstützt.

Das 18-56 mm zeigt kaum optische Fehler wie Randabdunklung, Verzeichnung und Farbsäume. Dies liegt nicht zuletzt auch an der aktiven Bildoptimierung der CL. So dunkelt das Bild selbst im Weitwinkel bei Offenblende lediglich um knapp 40 Prozent ab. Der Verlauf ist äußerst sanft, wodurch die Randabdunklung noch weniger ins Gewicht fällt. Sowohl beim Zoomen als auch beim Abblenden reduziert sich die Randabdunklung. Die Verzeichnung wird vor allem im Weitwinkel auf unter ein Prozent Tonnenform reduziert, wodurch sie nicht weiter störend auffällt. Am langen Brennweitenende gibt es gar keine Verzeichnung. Interessanterweise zeigt sich bei mittlerer Brennweite eine einprozentige kissenförmige Verzeichnung, was unangenehmer auffällt als die tonnenförmige im Weitwinkel. Es scheint fast so, als greife hier keine Korrektur. Farbsäume sind im Mittel nicht sichtbar und selbst im Maximum liegen sie nur knapp über einem Pixel Breite bei kurzer und mittlerer Brennweite, nehmen jedoch beim Abblenden und weiteren Zoomen ab.

Für einen 24-Megapixel-Sensor auffällig gering ist die Auflösung mit einem Maximum von 46 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Hier erreichen andere Kameras problemlos Werte von 60 lp/mm. Der Blick auf die Schärfeartefakte und auch die Tonwertkurve verrät, warum das so ist: Die CL arbeitet mit einer äußerst zurückhaltenden Bildaufbereitung. Die Kontraste sind nur schwach angehoben, eine Nachschärfung findet praktisch nicht statt. Das mag man für eine Nachbearbeitung für begrüßenswert halten, allerdings ist für die Nachbearbeitung ohnehin das Rohdatenformat geeigneter. Wir sehen in JPEG lieber eine knackige Aufbereitung für Fotos, die man ohne weitere Nachbearbeitung verwenden kann. So haben die Bilder zwar einen natürlichen Charakter, der jedoch heutzutage kaum noch gefragt ist. Feine Bilddetails werden dadurch nicht so gut herausgearbeitet und die Auflösung ist vergleichsweise niedrig.

Erfreulich ist, dass das Objektiv sowohl im Bildzentrum als auch am Bildrand bereits bei Offenblende nahezu die volle Auflösung erreicht. Während die Auflösung bei mittlerer Brennweite gegenüber dem Weitwinkel im Bildzentrum kaum von maximal 46 auf 44 lp/mm nachlässt, sind es in Telestellung nur noch 38 lp/mm im Maximum. Am Bildrand kehrt sich das Ergebnis um, denn hier ist die Auflösung im Weitwinkel mit einem Maximum von 29 lp/mm fast am geringsten, der Randabfall ist hier sogar am stärksten und beträgt fast 40 Prozent im Maximum, was schon recht deutlich ist, für ein solches Zoom aber durchaus nicht ungewöhnlich. Bei mittlerer Brennweite von 50 Millimetern gibt es mit 33 lp/mm die höchste Randauflösung, entsprechend ist hier der Randabfall deutlich geringer als im Weitwinkel. In Telestellung sinkt die Randauflösung wieder auf ein Maximum von 28 lp/mm, ist also ungefähr auf dem Weitwinkelniveau, jedoch mit weniger starkem relativem Randabfall, da die Auflösung im Bildzentrum in Telestellung deutlich geringer ist. Übrigens nimmt jenseits von F8 die Auflösung spürbar ab, weiter als F11 sollte man nicht unbedingt abblenden. Sinnvollerweise ist bei F16 ohnehin Schluss.

Bei der Bildaufbereitung geht die Leica CL nicht nur bezüglich der Auflösung sehr ehrlich und zurückhaltend zur Sache, sondern auch bei der Rauschunterdrückung, wodurch sie ein völlig anderes Bild abgibt als andere Kameras. Zunächst einmal ist der Signal-Rauschabstand bei niedrigen Empfindlichkeiten erstaunlich hoch und erreicht fast 45 dB. Bis ISO 400 ist der Wert mit über 40 dB gut. Ab ISO 800 sinkt der Wert bereits deutlich ab, ist jedoch bis ISO 1.600 mit über 35 db noch akzeptabel. Oberhalb von ISO 1.600 macht sich Helligkeitsrauschen bemerkbar, das ab ISO 3.200 stark ansteigt. Dabei bleibt das Bildrauschen jedoch stets feinkörnig, denn eine kaum vorhandene Rauschunterdrückung kann auch nicht zu einer Blöckchenbildung führen. Nur beim Farbrauschen scheint die CL einzugreifen, denn das bleibt bis zur Höchsten Empfindlichkeit von ISO 50.000 gering.

Interessanterweise zeigt die CL dafür bei hohen Empfindlichkeiten laut der Messung erstaunlich viele Details. Statt dass Details in aquarellartigen Bildern untergehen, verschwinden sie irgendwann einfach im Rauschen. Laut Messwert sind die Bilder bis ISO 1.600 sehr detailreich, aber selbst bis ISO 12.500 gibt es keine dramatischen Verluste zu beklagen. Die visuelle Prüfung ergibt tatsächlich, dass feinste Details bei ISO 3.200 noch klar erkennbar sind, neben dem deutlichen Helligkeitsrauschen natürlich. Bei höheren Empfindlichkeiten gehen kleinere Details, wie etwa ein einzelnes schwarzes Haar vor grauem Hintergrund, jedoch im Rauschen unter. Dennoch bildet die Leica CL hier einen angenehmen Gegenpol zu dem, was andere Hersteller bei höheren Empfindlichkeiten "Bildqualität" nennen. Manchem dürfte das gefallen!

Die Eingangsdynamik erreicht bei ISO 400 ihr Maximum mit über elf Blendenstufen. Im Bereich von ISO 100 bis 1.600 liegt sie bei guten über zehn Blendenstufen. Oberhalb von ISO 6.400 nimmt die Eingangsdynamik deutlich ab, bei ISO 6.400 selbst ist sie mit über neun Blendenstufen immer noch gut brauchbar. Der Ausgangs-Tonwertumfang beginnt bei niedrigen Empfindlichkeiten bei äußerst guten Werten und bewegt sich bis ISO 400 bei über 224 von 256 möglichen Helligkeitsabstufungen. Darüber fällt er jedoch rapide ab, bei ISO 1.600 sind es nur noch 128 Stufen, ein gerade noch ausreichender Wert für einigermaßen fein abgestufte Helligkeitsverläufe.

Die Farbtreue der CL ist im Mittel gut, wobei Leica jedoch so manche Farbe nicht unangetastet lässt. Cyan etwa tendiert ins Bläuliche, Grün wird etwas blass wiedergegeben und Rot tendiert etwas in Richtung Orange. Der manuelle Weißabgleich hingegen arbeitet äußerst präzise und weicht auch bei hohen Empfindlichkeiten keinen Deut davon ab. Die tatsächliche Farbtiefe ist bis ISO 800 mit deutlich über vier Millionen Farben sehr gut und nimmt selbst darüber nur langsam ab. Bis ISO 3.200 ist der Messwert mit über zwei Millionen Farben gut und selbst bei ISO 12.500 werden noch über eine Million Farben differenziert.

Fazit

Die Leica CL ist eine hervorragend verarbeitete, aber alles andere als preisgünstige Kamera. Vom Preis-Leistungsverhältnis bekommt man bei anderen Herstellern wesentlich mehr Kamera für's Geld, aber eben nicht das Leica-Prestige. Dabei macht die fast 2.500 Euro teure Kamera vieles richtig und setzt Ideen um, die man so bei anderen Herstellern nicht bekommt. Damit ist die CL nicht nur eine sehr teure, sondern dafür auch einzigartige Kamera. Vor allem das Bedienkonzept weicht von den üblichen Pfaden der japanischen Kameras ab und wirkt an vielen Stellen gut durchdacht. Auch wenn die CL nicht unbedingt mit einem überkompletten Funktionsumfang glänzt, ist doch fast alles Wichtige an Bord und vor allem durchdacht umgesetzt. Dass die CL von einem traditionellen deutschen Hersteller kommt, heißt übrigens nicht, dass sie technisch nicht auf dem aktuellen Stand wäre. Der Autofokus ist durchaus flott und die Serienbildgeschwindigkeit erstaunlich hoch.

Auch bei der Bildqualität bekommt man keine Standardkost. Leica betreibt eine sehr zurückhaltende Bildaufbereitung, wodurch man sehr ehrliche Bilder erhält. Die effektive Auflösung scheint dadurch etwas geringer auszufallen als bei Kameras mit derselben Sensorauflösung, aber dafür wirken die Bilder natürlicher und ehrlicher. Vor allem dem Bildrauschen rückt die CL deutlich weniger bis gar nicht zu Leibe, sodass die Ergebnisse bei hohen Empfindlichkeiten zwar sichtbar rauschen, dafür aber nicht so weichgespült wirken. So manchem Fotografen, sofern er sich die Leica CL leisten kann, dürfte das gefallen.

Kurzbewertung

  • Sehr gute Verarbeitung
  • Gute Bildqualität bis ISO 1.600
  • Mini-Info-Display zeigt die wichtigsten Einstellungen
  • Simple, aber dennoch effektive Bedienung
  • Hoher Stromverbrauch, selbst im Standby
  • Keinerlei Anschlüsse
  • Fehlender Griffsteg für besseren Halt
  • Im Gegensatz zur TL kaum genutzter Touchscreen

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Steckbrief

Hersteller Leica
Modell CL (Typ 7323)
Sensor CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5)
25,0 Megapixel (physikalisch)
24,2 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,9 µm
Auflösung (max.) 6.016 x 4.014 (3:2)
Video (max.) 3.840 x 2.160 30p
Objektiv Leica Vario-Elmar-TL 1:3,5-5,6/18-56 mm Asph. (Zoom-Objektiv)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.360.000 Bildpunkte Auflösung, 1,11-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 0,74-fache Vergrößerung (KB-Äquiv.), Dioptrienausgleich (-4,0 bis 4,0 dpt)
Monitor 3,0"
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar
  drehbar
  schwenkbar
  Touchscreen ja
Vollautomatik ja
Motivautomatik
Motivprogramme 9
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion ja, Schwenkpanorama
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung, Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/8.000 s
Blitz
  Synchronzeit 1/180 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Leica (M- und X-Serie), Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC
GPS
Fernauslöser ja, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme ja
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I, UHS II)
  automatisch ISO 100-50.000
  manuell ISO 100-50.000
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder
  Geschwindigkeit 0,35 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 131 x 78 x 45 mm
Gewicht (betriebsbereit) 396 g (nur Gehäuse)
649 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 220 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.