Mit ihrer hohen Auflösung zum relativ kleinen Preis, verpackt in einem recht kompakten, etwa 900 Gramm schweren, robusten Gehäuse kann die Fujifilm GFX100S mit mancher Kleinbildkamera konkurrieren. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung
Im Vergleich zu heutigen spiegellosen Kleinbildkameras von Sony, Canon oder Nikon ist die Fujifilm durchaus ein "Trümmer" von Kamera. Hatte man aber schonmal eine Kamera der S1-Serie von Panasonic in der Hand, ist die Fujifilm nicht besonders groß, sie ist sogar minimal kompakter. Leichter als die über ein Kilogramm schweren Panasonic-Kameras ist sie allemal, denn betriebsbereit ohne Objektiv aber mit Akku und zwei Speicherkarten bestückt wiegt sie 908 Gramm. In unserer Konfiguration mit 63mm-Objektiv und Gegenlichtblende sind es 1,34 Kilogramm. Die leichteste Kombination entsteht mit dem GF 50 mm, sie liegt bei 1,25 Kilogramm. Die schwerste Kombination, die wir zur Verfügung hatten, war mit dem F1,7 lichtstarken 80mm-Objektiv, das Gewicht liegt bei 1,8 Kilogramm.
Bei der Fujifilm GFX100S schlagen also die Objektive aufgrund des großen Bildsensors nochmal ordentlich ins Kontor (auch preislich), aber dennoch bleibt die Kamera durchaus reisetauglich. Auch wenn die GFX100S über 100 Gramm leichter ist als eine Panasonic S1, ist sie nicht minder robust. Das recht kantige, dicke Gehäuse wirkt wie aus einem Block gefräst und ist nicht nur gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, sondern auch frostsicher bis -10 Grad Celsius. An allen Klappen (Schnittstellen, Speicherkartenfach und Akkufach) befinden sich entsprechende Dichtungen.
Im Verhältnis zum dicken Gehäuse wölbt sich der Handgriff nicht besonders weit nach vorne, so dass man im Gegensatz zur Panasonic S1 keine riesigen Pranken benötigt, um die Kamera sicher halten und die Knöpfe noch bequem erreichen zu können. Eine Mulde für den Mittelfinger sowie eine ausgeprägte Daumenmulde auf der Rückseite mit genügend freier Ablagefläche und die großzügige Belederung mit fein genarbtem Gummi sorgen für eine sehr gute Ergonomie und ordentliche Griffigkeit.
Mit kleineren Objektiven kann die Kamera sogar problemlos mit einer Hand gehalten werden. Zwar gibt es zur GFX100S keinen passenden Hochformat-Multifunktionsgriff, aber eine Grifferweiterung, damit insbesondere bei größeren Händen der kleine Finger besseren Halt findet. Der ansonsten funktionslose Griff bietet übrigens einen Arca-Swiss-kompatiblen Stativanschluss, so dass man sich dann eine separate Stativplatte sparen kann.
Über das Gehäuse verteilt sitzen zahlreiche Tasten und Bedienräder, die alle vorbelegt und teilweise bedruckt sind, viele lassen sich aber auch frei mit bevorzugten Funktionen belegen. Insgesamt lassen sich im Menü 60 Funktionen auf vier Funktionstasten (die am Bajonett und die beiden oben auf dem Gehäuse sind unbeschriftet) und vier Wischgesten auf dem Touchscreen legen. Außerdem können die AF-On-, die AE-L- und die Q-Menü-Taste sowie die Druckfunktion des hinteren Einstellrads mit einer dieser Funktionen belegt werden.
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Apropos Einstellräder: Davon gibt es ganz klassisch zwei Stück, deren Funktion sich ebenfalls per Menübefehl umprogrammieren lässt. Auch das vordere Einstellrad ist drückbar, wobei die Druckfunktion zwischen bis zu drei Radbelegungen umschaltet. So ist eine Bedienung der GFX100S ohne Umwege über das Menü möglich.
Die Individualisierbarkeit geht beim Programmwählrad weiter, denn neben den Belichtungsprogrammen P, A, S und M gibt es hier sechs Custom-Positionen, um Kameraeinstellungen darauf speichern und schnell abrufen zu können. Dank des mittleren Knopfes kann das Rad zudem gegen Verdrehen gesichert werden.
Reichen die Tasten einmal nicht aus, gibt es ein riesiges Quick-Menü mit 16 Positionen, die sich ebenfalls individuell belegen lassen. Bedient wird es wahlweise über den Joystick und die Drehräder oder per Touch. Apropos Joystick: dieser bietet eine griffige Oberfläche, ist bequem mit dem Daumen zu erreichen und reagiert auf acht Bewegungsrichtungen. Außerdem kann er zur Bestätigung gedrückt werden.
Aber Achtung: Es gibt manchmal Funktionen, die ausdrücklich mit der OK/Menü-Taste bestätigt werden müssen, beispielsweise das Formattieren der Speicherkarte. Zwar kann man mit dem Joystick ganz gut auch durch die Menüs navigieren, aber echte Tasten würden noch besser funktionieren.
Der Touchscreen hingegen funktioniert im Hauptmenü leider nicht, dafür wären die Menüeinträge auch etwas klein, denn immerhin acht Menüpunkte plus Titelzeile quetschen sich auf den 8,1 Zentimeter großen 4:3-Bildschirm. Die Menübedienbarkeit ist insgesamt auch nur so mittelmäßig, denn die Schriftarten sind je nach Länge der Menüeinträge manchmal sehr schmal zusammengequetscht, an anderen Positionen wiederum gibt es Abkürzungen.
Das Menü gliedert sich in fünf Hauptbereiche mit jeweils bis zu drei Seiten zum Durchscrollen, das Einrichtungsmenü hingegen setzt auf sieben Untermenüs. Ist man in diesen erstmal drin, kann man durch Blättern aber auch einfach in die anderen Untermenüs gelangen. Ein wenig Einarbeitungszeit sollte man also einplanen, sofern man noch nie mit einer Fujifilm gearbeitet hat. Wer hingegen von einer kleineren X-Kamera kommt, wird sich schnell zurechtfinden. Wer möchte, kann sich zudem ein My-Menü konfigurieren, wobei das Zusammenstellen des Menüs etwas Zeit in Anspruch nimmt.
Der helle, 8,1 Zentimeter große und hochauflösende Touchscreen der Fujifilm GFX100S lässt sich nicht nur nach oben und unten, sondern auch zur Seite klappen. [Foto: MediaNord]
Praktisch und einfach erreichbar liegt der Einschalthebel um den Auslöser herum angeordnet. Der Auslöser selbst ist überraschend leichtgängig und der erste Druckpunkt nicht besonders knackig. Ab diesem drückt sich der Auslöser etwas schwerer. Wer gerne länger den halb gedrückten Auslöser hält, wird das vielleicht nicht so sehr mögen, aber immerhin lässt sich der Auslöser so sehr sanft durchdrücken.
Weniger sanft geht dann jedoch die Auslösung vonstatten. Obwohl die GFX100S keinen Spiegel und somit keinen Spiegelschlag besitzt und Fujifilm die Schlitzverschlusseinheit gegenüber der GFX100 verkleinern konnte, rattert es gehörig im Kameragehäuse, wenn sich der Verschluss in Bewegung setzt. Das merkt man insbesondere bei Serienbildaufnahmen. Vielleicht sollte Fujifilm über einen elektromagnetischen Verschluss nachdenken, wie er bereits bei einigen anderen Herstellern zum Einsatz kommt. Damit wird nicht nur das Auslösegeräusch deutlich leiser, sondern auch die Vibrationen nehmen spürbar ab.
Beim bereits erwähnten rückwärtigen, 8,1 Zentimeter großen Bildschirm kommt ein mit 2,36 Millionen Bildpunkten hochauflösendes LCD zum Einsatz, das zudem mit einer Leuchtdichte von 750 cd/m² auch in hellen Umgebungen gut ablesbar bleibt. Es handelt sich um einen Touchscreen, wobei die Touchfunktionen nicht zwingend genutzt werden müssen, da die Kamera alle Funktionen auch über Tasten und Drehräder bereitstellt. Praktisch ist es dennoch, statt das Fokusfeld langwierig mit dem Joystick über den Bildschirm schubsen zu müssen einfach auf das Motivdetail tippen zu können. Nützlich sind zudem die vier Wischgesten zum Abruf weiterer Funktionen, wobei man sich daran vermutlich am meisten gewöhnen muss.
Der Bildschirm lässt sich um 90 Grad nach oben und 45 Grad nach unten klappen, taugt also gut für Aufnahmen aus der Hüfte, in Bodennähe oder auch mal über Personengruppen hinweg. Auch beim Fotografieren senkrecht nach oben ist so ein Klappdisplay sehr sinnvoll. Für das Hochformat lässt sich der Bildschirm zudem seitlich um 60 Grad ausklappen. Das geht jedoch nur in eine Richtung, so dass man die Kamera je nach Perspektive mal nach links und mal nach rechts ins Hochformat drehen muss, um den Bildschirm für die Frosch- oder Vogelperspektive nutzen zu können. Dafür bleibt der Bildschirm immer unauffällig hinter der Kamera.
Auf der Oberseite bietet die Fujifilm GFX100S dank des gut 4,5 Zentimeter dicken Gehäusekörpers reichlich Platz für ein sehr üppiges Status-LC-Display. Es löst mit 303 mal 230 Pixeln auf, was völlig ausreichend zur Darstellung zahlreicher Aufnahmeinfos ist. Wer möchte, kann hier stattdessen auch virtuelle Drehräder anzeigen lassen (finden wir weniger schön, zumal die Drehräder hier nebeneinander liegen, an der Kamera aber hintereinander angeordnet sind) oder alternativ ein Histogramm. Dies kann je nach Aufnahmesituation nützlich sein, um die korrekte Belichtung zu finden, gerade wenn sehr viele helle oder sehr viele dunkle Bereiche im Motiv zu finden sind, die die Belichtungsmessung nicht immer wie gewünscht gewichten kann.
Der elektronische Sucher duckt sich relativ flach auf das Gehäuse, steht dafür aber hinten deutlich weiter über. So kann man recht gut in den Sucher blicken, ohne die Nase auf den Bildschirm zu drücken. Mit 3,69 Millionen Bildpunkten Auflösung und einer 0,77-fachen Vergrößerung im Kleinbildäquivalent ist der Sucher recht unspektakulär, aber eine gute Arbeitsgrundlage. Brillenträger sollten sich darauf einstellen, ein wenig die Kamera vor dem Auge bewegen zu müssen, weil sich der Sucher mit Brille nicht komplett überblicken lässt. Ohne Brille kann man den Sucher knapp ohne Abschattungen überblicken. Das Bild ist aber so groß, dass das Auge durchaus von Ecke zu ecke wandern muss.
Auf der Oberseite bietet die Fujifilm GFX100S ein großes, beleuchtetes, monochromes Status-LCD. [Foto: MediaNord]
Das Metallstativgewinde der Fujifilm GFX100S sitzt in der optischen Achse und ist weit genug vom Akkufach entfernt, um dieses auch mit angesetzter Stativschnellwechselplatte öffnen zu können. [Foto: MediaNord]
Das Livebild im Sucher oder auf dem Bildschirm wird flüssig und detailreich dargestellt. Zudem gibt es wie üblich zahlreiche Einblendungen von einem Gitter über ein Histogramm bis hin zu Ausrichthilfen für einen geraden Horizont und zur Vermeidung stürzender Linien. Die Aufnahmeparameter werden selbstverständlich ebenfalls angezeigt und wahlweise gibt es auch eine Belichtungsvorschau.
Die Schärfentiefe wird wahlweise beim Drücken der Abblendtaste oder beim halben Drücken des Auslösers angezeigt. Apropos Schärfentiefe: Die Blende kann über den Objektivring oder über die Kamera eingestellt werden, hier gibt es also quasi einen weiteren Funktionsring. Auf die einblendbaren Fokushilfen gehen wir weiter unten genauer ein.
Auch die Schnittstellenausstattung der Fujifilm GFX100S ist reichhaltig. Der TTL-Systemblitzschuh wird von einer Blitzsynchronbuchse ergänzt, die an der linken Seite bei den anderen Schnittstellen zu finden ist. Diese umfassen eine Kopfhörer- und eine Mikrofonbuchse je als 3,5 mm Klinke sowie Micro-HDMI und USB-C mit PD-Lade- und Dauerstrom. Ein passendes Netzteil befindet sich im Lieferumfang, wobei auch beliebige andere Netzteile oder Powerbanks (tragbare Akkus mit USB-Ausgang) funktionieren. Eine Kabel-Zugentlastung gehört ebenfalls zum Lieferumfang.
Der 2,5mm-Kabelfernauslöseanschluss ist hingegen auf der Handgriffseite zu finden. Alle Schnittstellen werden von Gummiklappen verschlossen, die jedoch nur an zwei Gummilaschen hängen. Auf der rechten Seite ist auch die Klappe zu den Speicherkartenfächern zu finden, die eine gesicherte Verriegelung besitzt. Hinter der federnd gelagerten Klappe verbergen sich zwei SD-Kartensteckplätze, die beide SDHC, SDXC, UHS I und UHS II unterstützen. Bei Serienbildern speichert die GFX100S Daten mit ca. 150 MB/s weg. Man sollte also eine entsprechend schnelle Karte wählen, zumal die Raw-Daten selbst (verlustfrei) komprimiert aufgrund der hohen Auflösung von 100 Megapixeln bei voller Farbtiefe von 16 Bit ca. 130 bis 150 MB pro Bild umfassen.
Als Akku kommt der beispielsweise aus der X-T4 bekannte Typ NP-W123S zum Einsatz, der für 460 Aufnahmen nach CIPA-Standard reichen soll. Wie bereits erwähnt, lässt sich der Akku in der Kamera per USB-C aufladen, auch im Betrieb. Ein Akku muss aber immer in der Kamera eingelegt sein, nur mit USB-C arbeitet sie nicht. Auch eingeschaltet wird der Akku noch langsam aufgeladen und selbst ein leeres, rot blinkendes Akkusymbol ist kein Beinbruch, denn sobald man das USB-C-Kabel ansteckt, kann damit weiterfotografiert werden.
Dank des Sensor-Shift-Bildstabilisators kann man mit der Fujifilm GFX100S auch mit Festbrennweiten wir dem GF 63 mm F2.8 R WR deutlich längere Belichtungszeiten verwackelungsfrei aus der Hand halten. [Foto: MediaNord]
Während ein (recht steifes) USB-C-Kabel und ein 15W-Netzgerät (5 V, 3 A) zum Lieferumfang gehören, fehlt leider ein externes Ladegerät. Wer sich also einen Zweitakku anschaffen möchte, sollte am besten auch ein Ladegerät dazu kaufen, um diesen extern während der Verwendung der Kamera laden zu können oder aber zwei Akkus gleichzeitig (einen in der Kamera, einen extern) laden zu können.
Ausstattung
Die Fujifilm GFX100S richtet sich klar an ambitionierte Hobbyfotografen und Profis, eine Vollautomatik oder Motiverkennung bietet sie nicht. Dennoch ist es möglich, alle Aufnahmeparameter automatisch einstellen zu lassen. Dazu wählt man einfach die Programmautomatik, aktiviert die ISO-Automatik und den automatischen Weißabgleich, für den es sogar drei Modi gibt (normal, neutral-weiß und umgebungslicht-betont), sowie die Gesichts- und Augenerkennung. Die Fujifilm stellt dann überraschend flott auf Gesichter und Augen scharf. Wer möchte, kann aber auch alle Parameter manuell steuern oder die Automatiken mit manuellen Einstellungen kombinieren – ganz wie es zum Motiv passt.
Obwohl die Kamera sich also an ambitionierte Fotografen richtet, bietet sie doch Filterfunktionen, die Fujifilm Filmsimulationen nennt. Hier werden inzwischen 19 verschiedene echte Negativfilme nachgebildet oder aber ausgedachte Profile wie Classic Chrome. Je nach Modus lassen sich diverse Parameter anpassen und so ein individueller Bildstil gestalten.
Dass man auch Parameter wie den Kontrast, die Farbsättigung, die Nachschärfung und noch andere anpassen kann, ist selbstverständlich. Tatsächlich angewendet werden diese aber nur im JPEG-Format, in dem die Fujifilm zurückhaltend aufbereitete Bilder produziert, die nicht überschärft sind.
Im Rohdatenformat, das wahlweise mit 14 oder 16 Bit, unkomprimiert, verlustfrei komprimiert oder verlustbehaftet komprimiert arbeitet, werden diese Einstellungen jedoch nur hinterlegt, so dass spätere Anpassungen möglich sind. Wie üblich gibt es für Fujifilm-Fotografen eine kostenlose Version von Capture One, die sich Express nennt und nur einige wenige Bildanpassungen erlaubt. Aber diese kann die Filmsimulationsmodi verarbeiten.
Da die GFX100S einen Bildsensor mit klassischem Bayer-Pattern besitzt, steht einer Weiterverarbeitung in beliebigen anderen Rohdatenkonvertern im Prinzip nichts im Wege. Eine gewisse Leistung sollte der Bildverarbeitungsrechner aber besitzen, denn 100 Megapixel bei 16 Bit Farbtiefe verbrauchen sehr viel RAM (über 600 Megabyte pro Bild) und Rechenleistung.