Kompaktkamera mit großem Sensor, Bridge-Kamera, Kompaktkamera

Testbericht: Canon PowerShot G5 X

2015-12-22 Auf den ersten Blick scheint die Canon PowerShot G5 X ein wahr gewordener Kamera-Traum zu sein: Kompaktes, edles Gehäuse mit Griff, Sucher, Blitzschuh und Bordblitz, lichtstarkes Zoomobjektiv mit 24 Millimetern Weitwinkel, ausreichend großer 1-Zoll-Sensor, drei Einstellräder, dreh- und schwenkbarer Touchscreen, WLAN, NFC etc. pp. Doch was die PowerShot G5 X tatsächlich in der Praxis und vor allem der Bildqualität zu leisten vermag, klärt der ausführliche digitalkamera.de-Test.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Schön kompakt und hochwertig ist sie, die Canon PowerShot G5 X. Mit knapp 375 Gramm betriebsbereitem Gewicht bleibt sie dabei tragbar. Das Gehäuse besteht mit Ausnahme der Unterseite und des Sucherbuckels aus Metall, der Rest aus hochwertigem Kunststoff. Der kleine, mit griffigem Gummi überzogene Handgriff ragt nicht über das eingefahrene Objektiv hinaus, was die Kompaktheit unterstützt. Die G5 X ist keine Kamera, die die Hand ausfüllt, sie lässt sich aber, nicht zuletzt aufgrund der Daumenauflage und des Griffs, ganz gut festhalten.

Unter einer Klappe an der rechten Gehäuseseite verbergen sich drei Schnittstellen: Ein 2,5mm-Klinkenanschluss für den optionalen Kabelfernauslöser, eine Micro-HDMI- sowie eine Micro-USB-Buchse. Letztere dient theoretisch zum Laden des Lithium-Ionen-Akkus, der mit einer Laufleistung von gerade einmal 210 Aufnahmen nach CIPA-Standard reichlich sparsam ausfällt. Praktisch funktionierte das Aufladen mit handelsüblichen Smartphone-Ladegeräten aber genauso wenig wie an einem PC. Hier sollte Canon dringend an der Kompatibilität arbeiten. Zum Lieferumfang gehört indes eine externe Ladeschale. Eingelegt wird der Akku zusammen mit der SD-Speicherkarte in einem gemeinsamen Fach auf der Kameraunterseite. Dieses liegt direkt neben dem Metallstativgewinde, das außerhalb der optischen Achse angeordnet ist. Selbst kleine Stativwechselplatten blockieren damit den Zugang zum Akku und zur Speicherkarte. Letztere kann per USB ausgelesen werden (ein passendes Kabel liefert Canon übrigens nicht mit), anstelle des Akkus kann optional ein Dummy mit Netzkabel verwendet werden.

Der rückwärtige, 7,5 Zentimeter große Bildschirm löst gut eine Million Bildpunkte auf und besitzt dasselbe Seitenverhältnis wie der Bildsensor: 3:2. Damit wird kein Platz bei der Livebildanzeige verschenkt. Der Bildschirm ist voll beweglich: Er lässt sich um 180 Grad seitlich schwenken und um 270 Grad drehen. Damit gelingen Aufnahmen aus allen erdenklichen Perspektiven – inklusive Selbstporträts oder Selfies, wie sie neudeutsch heißen. Der Bildschirm ist berührungsempfindlich, was nicht nur eine Fokussierung und optional auch Auslösung auf Fingerdruck erlaubt, sondern sogar die komplette Bedienung der Kamera inklusive der Menüs. Letztere kommen Canon-typisch ohne lästiges vertikales Scrollen aus. Dennoch sorgt die schiere Anzahl der Menüs, alleine bis zu acht Aufnahmemenüs, für eine gewisse Unübersichtlichkeit. Wie gut, dass die meisten relevanten Aufnahmefunktionen ohne Menü bedient werden können. Zur Not kann das Quick-Menü herhalten, das den Zugriff auf einige Funktionen erlaubt, die nicht auf den Tasten liegen. Darüber hinaus kann ein "My Menü" mit bevorzugten Menüpunkten gefüllt werden. Zudem gibt es auf dem Programmwählrad einen Benutzerspeicher zum Ablegen der Lieblingsaufnahmeeinstellungen.

Anstelle des Bildschirms kann auch der elektronische Sucher zur Bildkomposition benutzt werden. Auch die Aufnahmeeinstellungen, das Histogramm, die Wasserwaage, Gitterlinien und andere Informationen werden auf Wunsch im elektronischen Sucher angezeigt. Dank Augsensor aktiviert sich das mit 2,36 Millionen Bildpunkten sehr fein auflösende Minidisplay von selbst, wenn man die Kamera ans Auge nimmt. Auch eine Dioptrienkorrektur ist einstellbar. Brillenträger sollten diese nach Möglichkeit nutzen, denn mit Brille schatten die Sucherecken etwas ab. Die Suchervergrößerung gibt Canon leider nicht an, sie liegt aber unserer subjektiven Meinung nach bei etwa 0,6-fach entsprechend Kleinbild, also etwa dem Niveau einer Mittelklasse-DSLR mit APS-C-Sensor und 0,9-facher Suchervergrößerung.

Gleich drei Einstellräder plus Belichtungskorrekturrad plus Programmwählrad sorgen dafür, dass sich die PowerShot gut und ohne Umwege bedienen lässt. Dabei können dem Objektivring, dem Rad am Handgriff und dem Rad am Vierwegeregler auf der Rückseite verschiedene Funktionen zugewiesen werden. Das etwas filigrane Daumenrad funktioniert besser als befürchtet. Es ist recht griffig und man kann es gut bedienen, ohne dabei versehentlich die Tastenfunktion auszulösen. Das Rad am Handgriff hingegen liegt ergonomisch nicht so günstig, vor allem durch seine um 90 Grad gedrehte Anordnung. Das sieht zwar ungewöhnlich aus, nicht zuletzt aufgrund des kleinen roten Zierrings, aber manchmal passiert es, dass das Rad bei der Betätigung der Zoomwippe ungewollt betätigt wird. Auch das exponierte Belichtungskorrekturrad ist etwas zu leichtgängig und läuft Gefahr, beim Hantieren versehentlich betätigt zu werden. Das Programmwählrad ist da schon etwas schwergängiger. Neben den vielen Einstellrädern gibt es elf Bedientasten, die sich teilweise mit anderen als den aufgedruckten Funktionen belegen lassen. Die Knöpfe wirken allesamt hochwertig.

Ausstattung

Von der Vollautomatik über die Motiv- und Effektprogramme bis hin zu den Kreativprogrammen inklusive manuellem Modus bietet die PowerShot G5 X für jeden das Richtige. Die Vollautomatik stellt die Kamera komplett passend zum Motiv ein und schöpft dabei aus 58 automatisch erkennbaren Motivprogrammen. Die Motivprogrammwahl gewährt hingegen nur Zugriff auf einem kleinen, ausgewählten Teil eben jener Motivprogramme. Hinzu kommen einige Effektfilter. Auch der HDR-Modus ist hier zu finden. Er nimmt drei Bilder mit unterschiedlicher Belichtung auf und vereint diese zu einem Hochkontrastfoto. Leider lässt sich HDR nicht in den Kreativprogrammen aktivieren. Ein Panoramamodus fehlt hingegen völlig. In den Kreativprogrammen können je nach Programm ISO-Empfindlichkeit, Blende und Verschlusszeit manuell eingestellt werden. Die kürzeste Belichtungszeit liegt bei 1/2.000 Sekunde, die längste bei 30 Sekunden. Noch längere Verschlusszeiten erlaubt der Bulb-Modus. Die Blende des F1,8 bis F2,8 lichtstarken Objektivs lässt sich maximal auf F11 schließen. Dank des einschwenkbaren Graufilters, der drei Blendenstufen Licht schluckt, kann auch in hellen Umgebungen mit geöffneter Blende gearbeitet werden. Bei geschlossener Blende lassen sich mit Hilfe des Filters selbst bei Tageslicht lange Verschlusszeiten verwirklichen, etwa um Fließeffekte bei Wasser zu erzeugen oder andere Bewegungen verschwimmen zu lassen.

Neben der Reihenaufnahmefunktion bietet die G5 X auch eine Serienbildfunktion. Während sie in JPEG recht schnell arbeitet, kann man bei Speicherung im Raw-Format nicht von einer schnellen Serienbildfunktion sprechen. Nur die ersten beiden Fotos werden halbwegs flott hintereinander aufgenommen, bevor weniger als ein Bild pro Sekunde im Dauerlauf folgt. Der Autofokus arbeitet mit unter 0,3 Sekunden übrigens recht schnell; dennoch verlangsamt sich die Serienbildgeschwindigkeit, wenn mit Nachführ-Autofokus fotografiert werden soll. Eine Sportkamera ist die G5 X nicht.

Die Canon PowerShot bietet einen kleinen Einbaublitz, der allerdings von Hand hochgeklappt werden will. Da der Platz im Buckel fast vollständig für den Sucher Verwendung findet, bleibt dem Blitz nicht mehr viel Raum. Er klappt nicht besonders hoch auf und besitzt nur eine Leitzahl von knapp über fünf. Dennoch taugt er zum Aufhellen von Szenen, zumal er auch mit der kürzesten Verschlusszeit von 1/2.000 Sekunde synchronisiert. Wahlweise zündet der Blitz erst am Ende statt am Anfang der Belichtung, zudem lässt sich eine Blitzbelichtungskorrektur aktivieren. Wer möchte, regelt die Blitzleistung in den Programmen Tv, Av und M sogar manuell in einer von drei Leistungsstufen; dabei entfällt auch der typische TTL-Vorblitz. Dank des TTL-Systemblitzschuhs lassen sich große Systemblitzgeräte auf der G5 X verwenden. Oder man nimmt einen besser zur Kamera passenden kleinen Blitz oder greift auf einen Speedlite-Transmitter zurück und zündet die großen Systemblitze drahtlos. Trotz der kleinen Kamera stehen dem Fotografen also alle kreativen Wege offen.

Die G5 X ist außerdem in der Lage, Filme als MP4-Dateien aufzunehmen. Einerseits ist dies dank der Filmaufnahmetaste jederzeit möglich. Die maximale Auflösung beträgt Full-HD. Wer allerdings schnellere Bildwiederholraten als 25 oder 30 Bilder pro Sekunde wünscht, muss mittels Programmwählrad auf den Filmmodus umschalten. Welche Bildwiederholraten hier zur Verfügung stehen, hängt von der Wahl des Videosystems in den Kameraeinstellungen ab. In PAL sind 50 und 25 Bilder pro Sekunde in Full-HD möglich, in NTSC 60, 30 und 24 Bilder pro Sekunde. Auch Parameter wie Blende, Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit lassen sich im Videomodus anpassen. Der Ton gelangt indes ausschließlich über das eingebaute Stereomikrofon in das Video, denn einen Mikrofonanschluss besitzt die G5 X nicht. Eine Pegelaussteuerung fehlt ebenso wie eine entsprechende Anzeige, nur ein Windgeräuschefilter ist zuschaltbar. Den Autofokus führt die Canon sanft und geräuschlos nach, auch das optische Zoom lässt sich verwenden. Es arbeitet sehr sanft und langsam, Zoomgeräusche sind dennoch ganz leise vernehmbar, was aber nur in ruhigen Umgebungen stört. Zusätzlich zum optischen 4,2-fach-Zoom arbeitet ein digitales, das die Auflösungsreserven des Sensors für ein verlustfreies Digitalzoom nutzt.

Via WLAN lässt sich die G5 X mit mobilen Geräten verbinden. Dank aktivem NFC muss die Kamera vorher nicht einmal eingeschaltet werden. Hält man das NFC-Tag der Canon an das des Android-Smartphones, so schaltet sich die Kamera von selbst ein, während auf dem Smartphone die App Canon Camera Connect startet. Mit dieser kann die PowerShot ferngesteuert werden. Neben der Livebildübertragung mit Touchfokus und Auslöser können auch bestimmte Funktionen beziehungsweise Aufnahmeparameter eingestellt werden. Ein Wechsel des Aufnahmeprogramms erfordert hingegen das Trennen der Verbindung und anschließendes Neuverbinden, nachdem an der Kamera das Aufnahmeprogramm gewählt wurde. JPEGs lassen sich im Gegensatz zu Raw-Aufnahmen drahtlos übertragen. Da sich Raws nicht kameraintern nachträglich in ein JPEG wandeln lassen, kommt man unterwegs ohne Laptop oder Kartenleser nicht an diese Bilder heran. Videos können zwar übertragen werden, vorher erfolgt jedoch eine verlustbehaftete Neukomprimierung, um Übertragungskapazität einzusparen.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.