Spiegellose Mittelklasse-Systemkamera

Testbericht: Canon EOS M50

Seite 2 von 2, vom 2018-06-20 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Als erste spiegellose Systemkamera von Canon und als überhaupt erste APS-C-Kamera von Canon in diesem Preisbereich zeichnet die M50 Videos in 4K-Auflösung auf. Allerdings gibt es dabei einige Einschränkungen. Einerseits arbeitet lediglich der Kontrast-AF – der Dual-Pixel-CMOS-AF ist nur bis Full-HD-Auflösung aktiv. Zum anderen ist der Crop-Faktor mit 1,56 gegenüber Fotos enorm. Man verliert also deutlich an Weitwinkel, gewinnt dafür aber an Tele. Das ist technisch gesehen auf dem Niveau der ersten 4K-fähigen spiegellosen Systemkameras von vor vier Jahren.

Weitere Einschränkungen ergeben sich, wenn man zusätzlich zum optischen den digitalen Bildstabilisator verwenden möchte, was immerhin geht, wenn auch von der Effektivität mit leichten Einschränkungen gegenüber Full-HD-Videoaufnahmen. Dabei steigt der Crop-Faktor je nach Stabilisatormodus sogar auf 1,75- bis 2,2-fach. Die Krönung ist, dass man zur Aufnahme von 4K-Videos in den Videomodus wechseln muss, im Fotomodus arbeitet die Videoaufnahme, die auch dann auf Knopfdruck funktioniert, nur in Full-HD-Auflösung. Zugutehalten kann man der M50 den externen Mikrofonanschluss samt Pegelanzeige und der Möglichkeit einer manuellen Aussteuerung (auch für das interne Stereomikrofon), zudem ist eine Funktion zur Extraktion von Standbildern vorhanden.

Weitere Spezialfunktionen umfassen die Zeitrafferfunktion, die aus Fotos automatisch ein 4K-Video erstellen kann sowie die Highspeed-Videofunktion mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde, allerdings nur in HD-Auflösung (720p) und ohne Ton. Die Zeitrafferfunktion bietet sogar eine Auswahl an verschiedenen Szenarien, sodass man sich nur dann mit den Feineinstellungen wie etwa dem Aufnahmeintervall beschäftigen muss, wenn man es möchte. Dadurch gelangt man ohne viel Ausprobieren zu beeindruckenden Zeitraffervideos. Wer jetzt gehofft hat, mit der M50 könne man auch Intervallaufnahmen mit Einzelfotos anfertigen, der hat sich leider geirrt.

Wer gerne im Rohdatenformat fotografiert, die M50 hat da übrigens ein neues Format, das sich mit älterer Software nicht öffnen lässt, kann dieses auf Wunsch direkt in der Kamera konvertieren. Das neue CR3-Format bietet immerhin 14 Bit Farbtiefe und lässt sich mit der Canon Digital Photo Professional Software (DPP) bearbeiten. M-Raw und S-Raw wiederum werden durch C-Raw ersetzt, das für 30 bis 40 Prozent kleinere Bilddateien sorgt. Aber auch JPEGs lassen sich direkt in der Kamera bearbeiten. Neben Standardfunktionen wie dem Schützen, Bewerten, Beschneiden, Drehen und Reduktion der Auflösung lassen sich auch Kreativfilter wie ein Weichzeichner, ein körniger SW-Effekt und andere anwenden.

Sehr gut gibt sich die Canon EOS M50 auch bei der drahtlosen Konnektivität. Sie bietet neben WLAN auch Bluetooth und NFC. Über Letzteres lässt sich die WLAN-Verbindung besonders einfach herstellen. Die Bluetooth-Funktion bietet hingegen die Möglichkeit, die Standortdaten des Smartphones (beispielsweise per GPS) direkt an die Kamera zu übertragen. Zudem ist eine Fernauslösung per Bluetooth möglich. Über WLAN gibt es hingegen eine richtige Fernsteuerung mit Livebildübertragung auf das Smartphone und umfangreiche Steuermöglichkeiten. Auch das Übertragen von Bildern auf das Smartphone ist kein Problem. Das kann auf Wunsch sogar automatisch direkt nach der Aufnahme erfolgen. Wenn die Canon-Software auf dem PC läuft, ist zudem ein automatisches drahtloses Versenden der Bilder per WLAN zum PC möglich.

Bildqualität

Um die Bildqualität der Canon EOS M50 zu testen, haben wir sie nicht nur in der Praxis ausprobiert, sondern auch in unserem Labor getestet. Die gesamten Ergebnisse mit allen Diagrammen können über die weiterführenden Links gegen ein kleines Entgelt abgerufen werden, was uns im Übrigen auch bei der Finanzierung der kostenlosen Inhalte wie diesem Testbericht hilft. Beim Labortest kam das Standardobjektiv EF-M 15-45 mm 1:3,5-5,6 IS STM zum Einsatz, mit dem die Kamera für knapp 700 Euro erhältlich ist. Es verzeichnet recht stark, vor allem im Weitwinkel mit 2,5 Prozent Tonnenform. Bei mittlerer Brennweite reduziert sich die tonnenförmige Verzeichnung auf weniger sichtbare ein Prozent, bei langer Brennweite ändert sich die Verzeichnung in eine ebenfalls weniger sichtbare 0,5-prozentige Kissenform.

Auch die Randabdunklung ist im Weitwinkel am deutlichsten und beträgt bis zu 1,4 Blendenstufen. Beim Abblenden oder Zoomen reduziert sie sich jedoch deutlich. Farbsäume hingegen spielen praktisch keine Rolle. Wer möchte, kann übrigens eine digitale Objektivoptimierung in der Kamera aktivieren, die auf Wunsch neben der Verzeichnung und Randabdunklung sogar Beugungseffekte auszugleichen versucht.

Bei der Auflösung erreicht die EOS M50 mit dem 15-45 STM bei 50 Prozent Kontrast ein Maximum von 63 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent, was ein sehr guter Wert für einen 24 Megapixel auflösenden Bildsensor ist. Erreicht wird dieser Wert im Weitwinkel bei 15 Millimetern (24 Millimeter entsprechend Kleinbild) in der Bildmitte leicht abgeblendet auf F4. Bereits beim weiteren Abblenden reduziert die Beugung die Auflösung, jedoch wird der Effekt erst jenseits von F8 stärker. Selbst F11 lässt sich noch problemlos einsetzen, denn hier erreicht die Auflösung mit über 50 lp/mm noch einen guten Wert. Am Bildrand hingegen liegt die Auflösung leicht abgeblendet lediglich bei 40 lp/mm, was mehr als ein Drittel weniger ist als im Bildzentrum. Dabei handelt es sich um ein typisches Problem günstiger Zoomobjektive. Am Bildrand wird im Weitwinkel erst bei F8 das Auflösungsmaximum mit 47 lp/mm erreicht. Da die Auflösung hier im Bildzentrum "nur" noch 57 lp/mm beträgt, ist der Randabfall nicht mehr so dramatisch – eine gute Blende für Landschaftsaufnahmen.

Je weiter man zoomt, desto mehr nimmt die Auflösung im Bildzentrum ab. Bei 26 Millimetern (42 Millimeter entsprechend Kleinbild) sind es maximal noch 56 lp/mm, bei 45 Millimetern (72 Millimeter Kleinbildäquivalent) nur noch gut 49 lp/mm. Der Randabfall ist bei mittlerer Brennweite ebenfalls hoch, solange man nicht abblendet. Bei F8 hingegen werden am Bildrand mit 50 lp/mm kaum weniger Details aufgelöst als im Bildzentrum mit 52 lp/mm. Bei langer Brennweite ist sogar kaum noch ein Randabfall der Auflösung zu beklagen.

Obwohl es sich um ein einfaches Setobjektiv mit gewissen optischen Schwächen handelt, sind mit dem 15-45 mm STM und der EOS M50 also hohe Auflösungen möglich. Doch das sagt noch längst nicht alles über die Bildqualität einer Kamera aus. Der Signal-Rauschabstand erreicht bis ISO 200 einen guten Wert von über 40 dB und bis ISO 1.600 einen ausreichenden Wert von über 35 dB. Bei höheren Empfindlichkeit hebt sich das Bildsignal immer schlechter vom Rauschen ab. Entsprechend wird Helligkeitsrauschen ab ISO 3.200 leicht und oberhalb von ISO 12.800 stark sichtbar, das Farbrauschen hingegen hat die M50 gut unter Kontrolle. Die Rauschunterdrückung führt oberhalb von ISO 400 zunehmend zu einem Verlust von Bilddetails. Dieser setzt zunächst sanft ein und wird immer stärker, je weiter man die ISO-Empfindlichkeit erhöht. Bis ISO 1.600 löst die Canon noch ausreichend feine Details auf, aber spätestens ab ISO 3.200 werden die Verluste sichtbar. Oberhalb von ISO 6.400 wird der Detailverlust drastisch, die Bilder wirken eher wie gemalt.

Der Dynamikumfang erreicht mit bis zu 11,5 Blendenstufen sehr hohe Werte, vor allem bei niedrigen ISO-Empfindlichkeiten. Bis ISO 1.600 sind immerhin bis zu elf Blendenstufen messbar, darüber hinaus nimmt der Dynamikumfang jedoch deutlich ab. Bei ISO 6.400 sind es weniger als zehn und ab ISO 25.600 sogar nur noch knapp über sieben Blendenstufen. Helle Bildbereiche fressen deutlich aus, während in den Schatten ebenfalls keine Details mehr erkennbar sind.

Die Tonwertkurve verläuft typisch für eine Kamera mit knackiger Bildaufbereitung sehr steil und betont damit insbesondere Mittenkontraste stark, was zu einem knackigen Bildeindruck führt. Auch die Schärfeartefakte sind mit bis zu über zehn Prozent nicht allzu niedrig und sorgen an starken Kontrasten für leichte Überschwinger, aber an dieser Stelle trägt die Nachschärfung ja auch zum knackigen Bildeindruck bei. Die JPEG-Bilder der M50 sind weniger zum Nachbearbeiten gedacht, sondern eher für Fotografen, die diese direkt betrachten oder drucken möchten. Anspruchsvolle Fotografen mit Bildbearbeitungsambitionen sollten dagegen besser auf das Rohdatenformat zurückgreifen, bei dem man zudem viel feinere Helligkeitsabstufungen bekommt und die Bilder optimal auch für großformatige Drucke, bei denen Schärfeartefakte weniger angebracht sind, optimal aufbereiten kann.

Der Ausgangs-Tonwertumfang nimmt fast linear mit einer steigenden ISO-Empfindlichkeit ab. Bei ISO 100 werden fast alle der 256 im JPEG enthaltenen Helligkeitsabstufungen auch tatsächlich verwendet. Bei ISO 200 sind es ebenfalls sehr gute über 224 Abstufungen, bei ISO 400 noch etwas über 190. Bis ISO 800 ist der Wert mit über 160 Stufen noch gut, kritisch wird es ab ISO 6.400 mit weniger als 100 Helligkeitsabstufungen. Die Farbtreue der M50 ist insgesamt recht gut, die meisten Farben werden sehr exakt wiedergegeben. Abweichungen gibt es hauptsächlich im Gelb-Grün-Bereich mit einer leichten Entsättigung und im Rotbereich mit einer etwas stärkeren Sättigung. Das sorgt für weniger knalliges Gras und anderes Grün in Landschaftsaufnahmen, aber für leuchtendes Rot und subjektiv angenehm warme Farben. Die tatsächliche Farbtiefe ist ebenfalls gut bis sehr gut. Bis ISO 1.600 werden über vier Millionen Farbnuancen aufgezeichnet, bei ISO 100 sind es sogar über acht Millionen.

Fazit

Die Canon EOS M50 ist insgesamt eine gelungene spiegellose Systemkamera mit einer guten Ausstattung. Man merkt, dass Canon mit dem Modell Marktanteile in diesem Segment erobern will, was angesichts sinkender DSLR-Verkäufe auch dringend notwendig ist. Insbesondere hierzulande ist der Preis mit unter 600 Euro ohne und 700 Euro mit Objektiv sehr attraktiv. Das M-System weist jedoch noch gewisse Schwächen auf, etwa das magere Objektivprogramm. Hier sollte Canon sich nicht auf dem günstigen und gut funktionierenden Adapter ausruhen, denn der ist vor allem für DSLR-Umsteiger sinnvoll, jedoch weniger für Neueinsteiger in die Fotografie mit Wechselobjektivkameras.

Ein wenig merkt man der M50 dennoch den Rotstift und teilweise sogar eine gewisse technische Rückständigkeit an. Das Gehäuse ist zwar gut verarbeitet, besteht aber fühlbar aus Kunststoff. Der Serienbildpuffer ist etwas knapp bemessen, vor allem, wenn man im Rohdatenformat arbeitet. Die 4K-Videofunktion bringt zudem eine ganze Latte an Einschränkungen mit, die einem den Spaß daran schon ein wenig verderben können. Auch die Beschränkung des HDR-Modus sowie des lautlosen elektronischen Verschlusses auf bestimmte Automatikprogramme dürften manchen ambitionierten Fotografen mit schmalem Geldbeutel stören.

Punkten kann die Canon EOS M50 jedoch vor allem mit dem flexiblen Bildschirm, der guten Bedienung und dem schönen elektronischen Sucher. Auch die Drahtlosfunktionen sind vorbildlich implementiert. Vor allem aber, und darauf kommt es bei einer Kamera an, ist die Bildqualität sehr gut, insbesondere bei niedrigen Empfindlichkeiten. Bis ISO 1.600 bekommt man noch eine annehmbare Bildqualität, darüber hinaus muss man aber mit gewissen Einschränkungen leben. 

Kurzbewertung

  • Gute Ausstattung
  • Flexibler, heller Touchscreen
  • Gute Bedienbarkeit
  • Vor allem bei niedrigen ISO-Empfindlichkeiten sehr gute Bildquialität
  • 4K-Videoaufnahmen mit großem Crop
  • Keine USB-Ladefunktion
  • Aktuell noch kleine Objektivauswahl
  • Kleiner Serienbildpuffer
Kommentare

2 Kommentare aus dem alten Forum anzeigen

sting111 2018-06-20

cRAW benutzend erhoeht sich der Buffer auf 16 Bilder.

Fuer Einsteiger ohne Canon Objektive empfehle ich ein Kit mit dem EF M 18 - 150 mm. Da kommen dann nicht mehr so wahnsinnig grosse Wuensche nach weiteren Brennweiten auf.

Benjamin Kirchheim 2018-06-21

[quote user="sting111"]Fuer Einsteiger ohne Canon Objektive empfehle ich ein Kit mit dem EF M 18 - 150 mm. Da kommen dann nicht mehr so wahnsinnig grosse Wuensche nach weiteren Brennweiten auf.

Das kommt auf die Ansprüche an. Wenn man mehr Bildqualität, Lichtstärke, Tele, Weitwinkel oder Makro will, gerne auch in beliebigen Kombinationen, kommen durchaus weitere Wünsche auf.

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Steckbrief

Hersteller Canon
Modell EOS M50
Sensor CMOS APS-C 22,5 x 15,0 mm (Cropfaktor 1,6)
25,8 Megapixel (physikalisch)
24,1 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,7 µm
Auflösung (max.) 6.000 x 4.000 (3:2)
Video (max.) 3.840 x 2.160 25p
Objektiv Canon EF-M 15-45 mm 3.5-6.3 IS STM (Zoom-Objektiv)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.360.000 Bildpunkte Auflösung, Dioptrienausgleich
Monitor 3,0" (7,5 cm)
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar
  drehbar ja
  schwenkbar ja
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 11
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion nein
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (384 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Blitz eingebauter Blitz
  Synchronzeit 1/200 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Canon, Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC ja
GPS extern, dauerhafte Smartphone Verbindung
Fernauslöser ja, Bluetooth-Auslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
  automatisch ISO 100-25.600
  manuell ISO 100-51.200
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 49
  Geschwindigkeit 0,30 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 116 x 88 x 59 mm
Gewicht (betriebsbereit) 387 g (nur Gehäuse)
512 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 235 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.